Ob es da eine Zunahme aus den von Ihnen angesprochenen Kreisen gibt, kann ich nicht beantworten. Vermutlich können wir es auch gar nicht beantworten, wie ich dem Kopfschüt teln der Mitarbeiter entnehme.
Ich darf aber Ihre Frage zum Anlass nehmen, um zu sagen: Selbstverständlich ist das Thema Legalwaffenbesitz das eine – von Ihnen völlig korrekt und richtig angesprochen –, der Be sitz der illegalen Waffen das andere. Das Letztere ist natürlich eine gigantische und sehr große Herausforderung, der wir mit der gleichen Akribie und Konsequenz hinterhergehen.
Aktuelles Beispiel: Ich war gestern früh beim Landeskrimi nalamt und habe mich aktuell über die Bekämpfung der soge nannten subkulturellen Gewaltkriminalität informiert. Wir ha ben seit ungefähr zwei Jahren in Baden-Württemberg dieses neue Phänomen im Großraum Stuttgart, wo sich unterschied liche Gruppierungen auftun, die für uns zunächst einmal, was die Tätermotivation usw. angeht, sehr schwer zu fassen wa ren, die aber eine hohe Gewaltbereitschaft haben und bei de nen vor allem der Einsatz von Schusswaffen bis hin zum Wer fen einer Handgranate über eine Friedhofsmauer eine große Rolle gespielt hat.
Es ist mir aus dem Kopf noch eine Zahl erinnerlich. Wir ha ben in diesem Zusammenhang durch die BAO Fokus, die Be sondere Aufbauorganisation Fokus, in den vergangenen bei den Jahren allein in diesem Phänomenbereich, allein bei die sen beiden Gruppierungen, die hier rivalisierend tätig sind, 242 Waffen eingezogen. 242 Waffen! Das sind zu 100 % die von Ihnen angesprochenen illegalen Waffen. Das sind insbe sondere umgebaute Schreckschusswaffen, die im Ausland er worben werden und sehr viel einfacher zu einer „scharfen“ Schusswaffe umgebaut werden können, als dies mit einer PTB-gestempelten Schreckschusswaffe aus Deutschland und dergleichen mehr möglich ist.
Aus diesem Beispiel, Herr Abg. Bückner, können Sie viel leicht mitnehmen, dass uns das Thema „Illegaler Waffenbe sitz“ natürlich mindestens ganz genauso beschäftigt und dass die Sicherheitsbehörden und die Waffenbehörden selbstver ständlich mit Schärfe und ganzer Konsequenz auch den Fo kus auf dem illegalen Waffenbesitz in Baden-Württemberg haben.
(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Ich habe die gleiche Frage gehabt, zum Phänomenbereich! Hat sich erle digt!)
Vielen Dank, Herr Präsident. – Vie len Dank, Herr Minister. Wir haben bei der Anfrage jetzt eine Konzentration auf Schusswaffen – so habe ich es verstanden
gesehen. Aber es können, wie wir gesehen haben – gerade in Mannheim; wir waren ja beide dort –, auch andere Gegen stände zu sehr gefährlichen Waffen mutieren.
Wie sehen Sie denn die Möglichkeit, dass man z. B. Perso nen, bei denen Sie Anhaltspunkte haben, sei es aus dem Be reich des Extremismus, sei es aber auch, dass sie psychisch krank sind, daran hindert, sich z. B. mit einem Führerschein ein Fahrzeug zu leihen, um dann entsprechende Taten zu ver üben? Wie sind denn da die Möglichkeiten? Die Schäden sind, wie wir gesehen haben – Lkw, schweres Fahrzeug, Pkw, auch sehr schwer –, sehr erheblich.
Zum ersten Punkt. Sie haben völlig recht: Wenn wir von Waf fen sprechen, sprechen wir nicht ausschließlich von Schuss waffen. Ich habe ja versucht, Ihnen dieses Verhältnis auch dar zustellen. Bei den Waffen ist zu differenzieren zwischen dem Legalwaffenbesitz und – das hat Herr Abg. Bückner themati siert – den illegalen Waffen. Dann ist bei den Waffen natür lich zu differenzieren zwischen den Schusswaffen und dem, was ansonsten alles unter dem Waffengesetz als Waffe defi niert wird. Das ist im Einzelnen in den Statistiken auch alles so nachzulesen.
Davon würde ich unterscheiden, dass man ein Auto, einen Lkw, einen Omnibus und anderes mehr natürlich auch als Waf fe einsetzen kann. Deswegen fällt aber das Automobil nicht unter das Waffenrecht, sondern das Auto wird sozusagen als Waffe missbraucht. Das ist ein Phänomen, das uns außeror dentlich beschäftigt.
Ähnliches gilt auch für Messer. Hier ist noch mal zu differen zieren. Da gibt es Messer, die unter das Waffengesetz fallen, und es gibt Messer, die nicht unter das Waffengesetz fallen, aber durchaus als Waffe eingesetzt werden können. Es gibt Menschen, die mit einem sehr kleinen Messer, selbst mit ei nem Teppichmesser, innerhalb weniger Sekunden einen Men schen töten können. Das heißt, ein kleines Teppichmesser, im Zweifel ein kleines Küchenmesser wird dann ähnlich wie das Automobil als Waffe eingesetzt.
Das ist eine sicherheitspolitisch große Herausforderung, weil sowohl das kleine Messer als auch das Automobil leicht ver fügbare Instrumente sind, die als Waffe missbraucht werden können. Das stellt die Sicherheitsbehörden, das stellt uns vor große Herausforderungen – im Übrigen natürlich nicht nur in Baden-Württemberg und nicht nur in Deutschland. Wenn Sie den Blick nach Israel richten: Gerade was Attentate, Amok fahrten und dergleichen mehr mit Automobilen in Menschen mengen hinein angeht, ist das in Israel seit – ich weiß nicht – 20, 30 Jahren natürlich eine sehr große Herausforderung.
Ein drittes Thema haben Sie angesprochen: Das ist das The ma von Menschen, die psychisch erkrankt sind. Hier gilt auch ganz klar: Waffen haben in den Händen von psychisch er krankten Personen nichts zu suchen. Das begründet in mei nen Augen eine definitive waffenrechtliche Unzuverlässigkeit.
Deswegen dürfen solche Menschen keine Waffen bekommen. Dort, wo wir feststellen – es kann ja auch Entwicklungen ge ben –, dass eine psychisch erkrankte Person eine Waffe be sitzt, muss die Waffe konsequent eingezogen werden, die waf fenrechtliche Erlaubnis muss widerrufen werden.
Unbeschadet dessen gibt es den dritten Fall: Häufig gehen die se psychischen Erkrankungen in ihren Auswirkungen mit star ken Wellenbewegungen einher – ich sage es einmal so in mei nen Laienworten –, gibt es innerhalb dieser psychischen Er krankungen unterschiedliche Phasen, auch unterschiedliche Phasen der Allgemeingefährdung, wobei in der Rückschau immer alle alles wissen, es aber in der Vorschau auch für Fach leute außerordentlich schwer ist, einzuschätzen, wie sich so etwas entwickeln könnte. Wenn solche Personen dann nicht mit einer Waffe, sondern mit einem Automobil, das sie als Waffe missbräuchlich einsetzen, entsprechende Taten bege hen, ist das eine extrem große Herausforderung.
Ich weiß, dass ich dafür wieder viel Kritik bekommen werde, aber besonders in diesem Bereich gilt der Satz, dass es ein fach eine hundertprozentige Sicherheit nicht gibt und nicht geben kann. Selbstverständlich haben wir auch diese Fälle im Blick. Selbstverständlich haben wir Ereignisse, wenn so et was passiert, im Blick, lernen aus jedem Ereignis. Ich kann Ihnen garantieren, dass wir in Baden-Württemberg alles, al les, alles tun, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auch bei solchen Herausforderungen optimal zu gewährleis ten.
Weitere Fragen sehe ich jetzt tatsächlich nicht mehr. – Ganz herzlichen Dank, Herr Innen minister, und auch Dank an die die Frage stellende Fraktion GRÜNE.
I T - F e h l e r , v e r l o r e n e G e r i c h t s v e r f a h r e n , u n g e r e c h t e B e h a n d l u n g e n – w a n n h a t d a s C h a o s u m d i e C o r o n a h i l f e n e n d l i c h e i n E n d e ?
Ich gehe davon aus, dass Herr Abg. Professor Dr. Schweickert das Thema einbringt. – Sie haben das Wort.
Frau Ministerin, damit Sie Ihre Zeit mit Beantwortungen ver bringen können, trage ich es vor: Es waren 245 000 Fälle, 2,28 Milliarden €, größtes Förderprogramm der Geschichte des Landes, ja.
Überbrückungshilfen für BW: 265 000 bewilligte Anträge, 8,64 Milliarden € für die Ü-Hilfen I bis IV – alle zusammen – bis zu November- und Dezember-Hilfen.
Ergebnis: Bis Ende letzten Jahres hatten wir 237 000 Bewil ligungen mit einer Schlussabrechnung, die eingereicht war. Wir haben 103 000 von der L-Bank bearbeitete Fälle und 19 000 Fälle ohne Schlussabrechnung.
Wir haben fünf Klagen, davon zwei mit Übereinstimmungs erklärungen, elf Gerichtsverfahren, von denen das Land acht verloren hat – diese acht richten sich gegen die Soforthilfe, also gegen das reine Landesprogramm ganz zu Beginn der Pandemie, wo man ja mit heißer Nadel gestrickt hat. Zwei Fäl le zur Verwaltungsvorschrift, also dem Bundesprogramm, wurden abgewiesen; ein Fall ist noch offen. Und wir haben noch 1 444 Klagen offen. Dabei wissen wir nicht, wie viele davon sich auf das Landesprogramm und wie viele sich auf das Bundesprogramm beziehen.
Ich halte also fest: Fünf Jahre nach Pandemiebeginn ist beim Thema Coronahilfen noch immer kein Abschluss erreicht. Wir haben Ungewissheit, eine Salamitaktik vom Ministerium beim Vorgehen, schlechte Kommunikation; wir haben eine Stich tagsregelung zum Nachteil von baden-württembergischen Un ternehmen – darüber haben wir ja schon lange diskutiert –, Klagen etc. Das Ergebnis ist: Die Unternehmen sind sauer und von der grün-schwarzen Landesregierung mehr als enttäuscht.
Jetzt möchte ich Ihnen, Frau Ministerin, zu zwei Themen ei ne Frage stellen. Erstens: Ich habe hier einen ganz konkreten Fall von einem Unternehmen aus meiner Region, wo sich im Rahmen der Schlussabrechnung herausgestellt hat – Sie ken nen den Fall; das Ministerium hat ja auch Stellung genommen –, dass das Unternehmen jetzt 14 000 € zurückzahlen muss, weil ein bundesweiter IT-Systemfehler vorlag.
Mich würde einmal interessieren, wie man damit umgeht, dass eine fehlerhafte Berechnung der Förderhöhe nun einfach im Rahmen der Schlussabrechnung korrigiert wird. Warum, Frau Ministerin, übernimmt man bei so etwas keine Verantwor tung? Es war ja schließlich die L-Bank, die es mit bearbeitet hat. Warum werden da Betroffene nicht rechtzeitig und pro aktiv informiert? Und wie viele Fälle gibt es denn eigentlich in Baden-Württemberg oder in Deutschland, wo man jetzt auf wacht und den Unternehmen im Rahmen der Schlussabrech nung eben so sagt: „Ach, Pech, wir haben das Ding halt falsch programmiert, du bist jetzt der Dumme“?
Dann zum Thema „Wer ist der Dumme?“ die zweite Frage, die ich Ihnen, Frau Ministerin, stellen möchte: Ganz viele Un ternehmen haben darauf vertraut, dass das, was Sie sagen, richtig ist. Sie haben auf Ihre Politik vertraut und haben nicht geklagt. Diejenigen, die geklagt haben, gewinnen jetzt meist. Mich würde interessieren: Wie wollen Sie eigentlich mit den ehrlichen Unternehmen, die auf die Politik vertraut haben und die gesagt haben: „Das wird schon stimmen“, umgehen? Wer den diese jetzt bestraft gegenüber den misstrauischen, die ge sagt haben: „Das, was die in Stuttgart gemacht haben, kann doch nicht stimmen“? Ich denke, es wäre schon wichtig, dass Sie noch einmal klar darstellen, wer nun zahlen muss und wie man mit den Unternehmen umgeht, die der Politik vertraut ha ben und die nicht vor Gericht gezogen sind. Sind dann die Ehrlichen und die Vertrauenden die Dummen? Das würde ich gern wissen, Frau Ministerin.
leginnen und Kollegen! Es ist noch nicht ganz ein Jahr her, da haben Sie, lieber Herr Professor Schweickert, an derselben Stelle und im selben Format denselben Vorwurf erhoben.
„Chaos bei den Coronahilfen“, diesen Vorwurf erheben Sie nicht zum ersten Mal, und auch vor einem Jahr war es nicht das erste Mal, dass Sie diesen Vorwurf erhoben haben. Ich komme mir vor wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“.
Ich möchte Ihnen heute, wie ich das jedes Mal mache, wieder entgegnen: Seit Beginn der Coronapandemie, vor beinahe auf den Tag fünf Jahren, hat die Landesregierung wirklich erfolg reich und unaufgeregt ihr Ziel verfolgt, in einer Phase, in der sich die Unternehmen in unserem Land und wir alle uns in ei ner Ungewissheit befunden haben, zwischen dem Gesund heitsschutz der Menschen und der Freiheit, auch unternehme risch tätig zu sein, abzuwägen. Die Regierungen – das war ja nicht nur in Baden-Württemberg, in Deutschland so; es war weltweit so – waren dazu gezwungen, über Verordnungen in Teilen Einschränkungen vorzunehmen, damit sich Menschen nicht mehr begegnen und sich dadurch gegenseitig anstecken konnten. Dadurch kam es zu Schließungen in bestimmten Be reichen, die vom Staat vorgegeben wurden.
Hätten wir den Unternehmen die Coronahilfen nicht in dieser Form zur Verfügung gestellt, dann wären ganze Branchen heu te nicht mehr da. Wenn ich nur an die Hotellerie und Gastro nomie denke, an den stationären Einzelhandel, aber auch an die Schausteller in unserem Land – sie alle hätten diese Zeit nicht durchgestanden.
Deswegen war es richtig, die Coronahilfen auf den Weg zu bringen – natürlich in einer Geschwindigkeit, mit der wir un sere Förderprogramme sonst nicht aufsetzen. Der Druck war enorm. Wir mussten den Unternehmerinnen und Unterneh mern in einem gewissen Rahmen auch schnell wieder Sicher heit geben. Das ist uns auch gelungen. Es gab keine Insolvenz welle. Das war eine beispiellose Kraftanstrengung – Sie ha ben es ja auch angesprochen – vom Bund und den Ländern. Baden-Württemberg ist da wirklich vorausgegangen. Der Land tag hat da ja auch das Geld zur Verfügung gestellt, damit wir schnell Hilfestellung geben konnten. Ich denke, das muss man über alles stellen.
Natürlich gibt es bei solchen Massenprogrammen – Herr Schwei ckert, ich möchte die Zahlen jetzt nicht wiederholen; Sie ha ben sie genannt – Einzelfälle, auf die die Programme nicht in dividuell zugeschnitten werden können.
Sie haben die Bundesplattform angesprochen, die IT-Platt form: Ja, im Juni hat der Bund diese zentral zur Verfügung ge stellt. Das war ein Bundesprogramm, das von den Ländern administriert und teilweise ergänzt wurde. Baden-Württem berg hat beispielsweise über den fiktiven Unternehmerlohn die baden-württembergischen Unternehmen noch zusätzlich unterstützt, sodass viele, gerade auch Kleinstbetriebe, nicht in die Grundsicherung gehen mussten. Wir haben da also noch zusätzlich etwas gemacht. Da waren wir aber natürlich auch an dieses System gebunden, und dieses System war bei fast 300 000 Anträgen auf Soforthilfe und dann auch auf Überbrü ckungshilfe – wenn man es hochrechnet, um nur mal die Grö ßenordnung zu benennen – auch richtig. Wäre das Ganze hän
disch erfolgt, wären wahrscheinlich heute noch nicht alle Erst anträge bearbeitet. Das wäre nicht möglich gewesen.
Die L-Bank hat die Plattform des Bundes genutzt und nutzt sie noch. Die L-Bank ist die Bewilligungsstelle; alle Länder haben entsprechende Bewilligungsstellen. Und nach Auskunft der L-Bank verfügen die Bewilligungsstellen über keine Mög lichkeit, etwaige IT-Systemfehler und deren Folgen nachzu vollziehen. Denn das System wird von dem einen Dienstleis ter des Bundes betrieben. Da muss man also unterscheiden.
Die L-Bank führt auch keine Statistik. Sie haben mich auf ei nen Fall angesprochen, der jetzt im Rahmen der Schlussab rechnung aufgrund eines bundesweiten Systemfehlers aufkam. Die Schlussabrechnungen, die uns der Bund vorgegeben hat, dienen ja auch dazu, eventuelle Fehler, die entstanden sind, auszugleichen. In diesem speziellen Fall war es tatsächlich so, dass es zu einer Verschlechterung der Förderung gekommen ist. Aber aufgrund des Systemfehlers – bedingt durch den ITSystemfehler – wurde eine zu hohe Förderung ausbezahlt. Ich möchte jetzt nicht auf die Details eingehen. Sie wissen, es ging um Abschreibungen. Und im Grunde hat man das jetzt in der Schlussabrechnung korrigiert.
Der Fördersatz betrug in der Zeit, in der der Systemfehler vor lag, 90 %. Der tatsächliche Fördersatz bei den Konditionen des Programms der Überbrückungshilfen lag bei 60 %. Man hat hier also jetzt im Grunde eine Korrektur auf den nach den Förderbedingungen korrekten Betrag vorgenommen.
Sie hatten mich gefragt, wie viele solcher Fälle uns bekannt sind. In Baden-Württemberg ist das der einzige Fall, der uns bekannt ist. Wie gesagt: Die Schlussabrechnung soll ja auch dazu dienen, bei solchen Massenprogrammen auch entspre chende Abweichungen – die gibt es durchaus, auch in beide Richtungen, nach oben und nach unten – zu identifizieren, so dass – wir gehen ja mit Steuergeldern um – auf der Basis der Förderkonditionen die korrekten Beträge an die Unternehmen fließen.