Protocol of the Session on March 12, 2025

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen. Vielen Dank.

Ich eröffne die 117. Sitzung des 17. Landtags von BadenWürttemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Frau Abg. Erikli, Herr Abg. Mettenleiter und Herr Abg. Stächele.

Seitens der Regierung haben sich aus dienstlichen Gründen entschuldigt: Herr Ministerpräsident Kretschmann, Frau Staatsrätin Bosch, Herr Staatssekretär Braun und bis 13:45 Uhr Frau Staatssekretärin Dr. Splett.

Außerdem ist Herr Staatssekretär Dr. Baumann entschuldigt.

Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung der Landes regierung vom 25. Februar 2025 – Information über Staats vertragsentwürfe; hier: Staatsvertrag zur Änderung des Staats vertrags über den Südwestrundfunk (SWR-ÄStV) –, Druck sache 17/8442. Ich schlage vor, diese Mitteilung an den Stän digen Ausschuss zu überweisen. – Sie sind damit einverstan den. Vielen Dank.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestern, am 11. März, be gingen wir in Deutschland den nationalen Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt, für die Opfer von Gewalttaten, die öffentlichen Schrecken auslösen, um individuelle oder po litische Ziele zu erreichen. Dies ist ein wichtiger Gedenktag, der uns mahnt, als Gesellschaft im Gedenken an die Opfer zu sammenzustehen. Gewalt erschüttert uns, und wer sie ausübt, will erschüttern.

Mannheim ist zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres von ei ner Gewalttat erschüttert worden. Am vergangenen Rosen montag raste ein Amokfahrer mit seinem Pkw in eine Men schenmenge. Zwei Menschen wurden dabei getötet, aus dem Leben gerissen. Der Schmerz ist für die Angehörigen uner messlich; wir können ihn nur erahnen. Ihnen gilt unsere tiefe Anteilnahme. 14 Menschen wurden verletzt, etliche mehr trau matisiert.

Die Ermittlungen, ob und inwiefern der Täter mit seinem An schlag politische Ziele verfolgte, sind noch nicht abgeschlos sen. Sicher ist: Es war ein Anschlag, der die Stadtgesellschaft in Schock versetzte. In der öffentlichen Diskussion wurde die Tat mit Terroranschlägen der jüngsten Vergangenheit vergli chen – in Magdeburg, Aschaffenburg und München.

Die Täterprofile scheinen allerdings sehr unterschiedlich zu sein, die Motivation auch. Doch ob islamistisch, rechtsextrem

oder keines von beidem: Mit jedem dieser Fälle stehen wir vor der Frage, wie wir uns als Gesellschaft zu solchen An schlägen verhalten, ob wir uns spalten lassen, ob der Schre cken triumphiert oder ob wir zusammenrücken und dem Ter ror keine Chance lassen.

Mannheim hat sich für das Miteinander entschieden. Dafür bin ich Herrn Oberbürgermeister Specht sehr dankbar, der so fort die richtigen Worte gefunden hat, um die Stadtgesellschaft zusammenzuführen und zu trösten.

Mit vielen Gesten des Zusammenhalts wurden im stillen Ge denken oder mit einem interreligiösen Gebet starke Zeichen des Zusammenhalts gesendet.

Mannheim gilt unsere uneingeschränkte Solidarität und unser Mitgefühl. Allen Polizeikräften, allen Rettungskräften, allen Menschen in der Notfallseelsorge gilt unser allergrößter Dank. Mit ihrer zu einem großen Teil ehrenamtlichen Arbeit lindern sie auf bewundernswerte Weise das Leid ihrer Mitmenschen. Diese Hilfe ist von unschätzbarem Wert.

Meine Damen und Herren, den Opfern dieser grausamen Tat gilt unsere tiefe Trauer. Wir sind bei ihren Angehörigen in Bei leid und Solidarität.

Nun bitte ich Sie, sich zu erheben für die Opfer der Amok fahrt von Mannheim und für alle Opfer terroristischer Gewalt.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Vielen Dank.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Auch wenn es nicht leichtfällt, treten wir jetzt in die Tages ordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Debatte aus Anlass des Internationalen Frauentags am 8. März 2025 – Frauen. Macht. Politik.

Deshalb haben wir auch das schöne Foto gemacht: um zu zei gen, wie viele Frauen hier im Landtag sind, und vor allem, wie viele noch fehlen.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass die Fraktio nen übereingekommen sind, heute eine frauenpolitische De batte zu führen.

Das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.

(Präsidentin Muhterem Aras)

Bevor wir zur Aussprache kommen, weise ich Sie noch dar auf hin, dass wir heute ein Geburtstagskind unter uns haben. Frau Kollegin Petra Krebs feiert heute ihren Geburtstag mit uns. – Liebe Frau Krebs, alles erdenklich Gute zum Geburts tag!

(Beifall bei allen Fraktionen und auf der Regierungs bank)

In der Aussprache erteile ich für die Fraktion GRÜNE Frau Abg. Seemann das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hand aufs Herz: „Frauen. Macht. Politik.“ Da haben wir noch ein ordentliches Stück Arbeit vor uns. Schauen wir uns die Zahlen an: Bundesweit sind nur et wa ein Viertel der Führungspositionen von Frauen besetzt – ein Wert, der sich seit über einem Jahrzehnt kaum verändert hat. In den Parlamenten sieht es nicht besser aus: Im Bundes tag sank der Frauenanteil durch die Wahl vor gut zwei Wo chen wieder auf weniger als ein Drittel, in den Landesparla menten sieht es ähnlich aus, und auf kommunaler Ebene liegt der Frauenanteil bei knapp 30 %. Dabei muss doch mittler weile eigentlich allen klar sein: Egal, ob in Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft, die Vielfalt der Perspektiven macht den Un terschied und bringt bessere Entscheidungen.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Hier gleich eine besonders ernüchternde Zahl, die mich auch immer wieder fassungslos macht: Frauen leisten pro Woche fast 30 Stunden unbezahlte Sorgearbeit, Männer dagegen nur knapp 21 – ein Gender-Care-Gap, also die Lücke in der Sor gearbeit, von fast 45 %. Kein Wunder, dass wir noch immer eine deutliche Lohnlücke und eine noch größere Rentenlücke haben. Die Gleichberechtigung existiert zwar auf dem Papier, aber nicht in der Realität.

Wer meint, diese Zahlen seien feministischer Quatsch, dem empfehle ich dringend einen Blick in die Statistiken des Sta tistischen Bundesamts. Dabei ist doch ganz klar: Quoten wir ken. Der Beweis: Unsere grüne Bundestagsfraktion hat dank Frauenstatut und konsequenter Frauenförderung aktuell einen Frauenanteil von über 60 %. Hier im Landtag sind wir Grünen bei rund 50 %. Auch in den kommunalen Gremien in BadenWürttemberg machen wir den Unterschied. Etwa die Hälfte der grünen Kommunalmandate sind mit Frauen besetzt.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Der Internationale Frauentag erinnert uns jedes Jahr daran, wie zäh der Kampf für Gleichberechtigung ist – ein Kampf, der seit Jahrhunderten geführt wird und der heute wieder an Schärfe zunimmt. Denn während wir hier debattieren, orga nisiert sich bereits eine antifeministische Bewegung, die uns zurück in vergangene Jahrhunderte katapultieren möchte.

Es gibt Momente in der Geschichte, in denen wir innehalten und feststellen: Der Fortschritt, für den wir so lange gekämpft haben, ist nicht selbstverständlich. Jedes Frauenwahlrecht, je de Gleichstellungspolitik, jede Reform zur besseren Verein barkeit von Familie und Beruf musste hart erkämpft werden.

Immer wieder gab es Gegenbewegungen, die diesen Fort schritt zurückdrehen wollten.

Und gegenwärtig ist solch ein Moment. In einer Zeit, in der Frauen so präsent und so sichtbar sind wie nie zuvor, sehen wir gleichzeitig international, aber eben auch bei uns in Deutsch land einen erstarkenden Antifeminismus, der genau das be droht. Aber Frauen und damit alle FLINTA-Personen – also Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, transge schlechtliche und agender Personen – gehören in die Politik. Frauen gehören in die Spitzenämter von Wirtschaft, Wissen schaft, Verwaltung und Institutionen. Und Frauen haben ein Recht auf gleiche Chancen, auf Sicherheit, auf Sichtbarkeit und echte Teilhabe.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Eine Selbstverständlichkeit!)

Das ist keine Verhandlungsmasse. Was wir aktuell erleben, ist ein gefährlicher Mix: Antifeminismus als Einstiegsdroge in demokratiefeindliche Ideologien. Es beginnt mit abwertenden Witzen über Feministinnen und endet bei organisierten Kam pagnen gegen Gleichstellungsbeauftragte oder Politikerinnen. Die Feinde der Gleichberechtigung sind häufig auch die Fein de der Demokratie.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Aber wir lassen uns nicht einschüchtern; im Gegenteil. Hier in Baden-Württemberg handeln wir. Seit Dezember haben wir endlich unsere neue Fachstelle gegen Antifeminismus und Queerfeindlichkeit in Baden-Württemberg, kurz FAQ BW. Mit 200 000 € ausgestattet ist sie mehr als nur ein symboli sches Feigenblatt. Sie ist ein kraftvolles Instrument im Kampf gegen antifeministische Strömungen.

(Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Isabell Hu ber CDU und Sascha Binder SPD)

Was macht diese Fachstelle? Sie unterstützt Betroffene, ver netzt Akteurinnen und Akteure, beobachtet antifeministische Entwicklungen und klärt auf. Denn wir wissen: Die besten Waffen gegen antifeministische Hetze sind Bildung, Vernet zung und Solidarität.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Isabell Huber CDU)

Damit knüpfen wir auch an die erfolgreiche Arbeit der Fach stelle mobirex an, die bis Ende letzten Jahres wertvolle Bil dungsarbeit geleistet hat.

Es wird noch konkreter: Nach den Kommunalwahlen im letz ten Jahr haben wir gezielt neu gewählte Kommunalpolitike rinnen im Umgang mit digitaler Gewalt und Antifeminismus fit gemacht. Es ist ganz wichtig, gerade diejenigen zu unter stützen und zu schützen, die neu in die politische Arbeit ein steigen. Denn mal ehrlich: Welche Frau hat noch Lust auf ein politisches Amt, wenn sie dafür täglich mit Hass und Hetze überschüttet wird?

Aber der Kampf gegen Antifeminismus ist nicht eine reine Frauensache. Wir müssen auch Männer dafür gewinnen. Des

halb fördern wir seit Oktober 2023 das Projekt „Männlichkei ten 2.1: My actions count. Every day!“ Ein etwas sperriger Ti tel – zugegeben –, aber mit wichtigem Inhalt. Dieses Projekt nimmt toxische Männlichkeitsbilder in den Blick und zeigt Alternativen auf.

(Lachen des Abg. Anton Baron AfD)

Denn natürlich sind nicht alle Männer Antifeministen. Viele wollen Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sein. Die se Männer brauchen wir als Verbündete.