Protocol of the Session on June 26, 2019

Aber trotzdem kein gutes Ergebnis.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Videobeweis!)

Im Sommer 2017 wurden von Innenminister Thomas Strobl die Stadionallianzen ins Leben gerufen, bei denen alle rele vanten Akteure vor Ort intensiv und institutionalisiert mitei nander zusammenarbeiten. Die Tendenz nach den zwei Jah ren ist klar: Mit den Stadionallianzen wird die Zusammenar beit vor Ort verbessert, und sie sind ein wirksames Instrument. Es ist auch richtig, dass wir die Zahl der Einsatzstunden der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nach Möglichkeit ver ringern, denn sie wie auch die Rettungsdienste leisten wirk lich hervorragende Arbeit, und dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Kollege Stickelberger, Sie führten es aus: Der Anstieg der Zahl der Verletzten ist wirklich bedenklich. Den müssen wir im Blick behalten, aber auch – was erfreulich ist – die Statis tik der verletzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Während wir in der Saison 2016/2017 noch 29 verletzte Be

amtinnen und Beamte hatten, hatten wir jetzt in der Saison nur noch elf Verletzte.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: „Nur“!)

Also hier bewegt sich etwas in die richtige Richtung. Ich ge he davon aus – wie Sie auch –, dass trotz der guten Zusam menarbeit mit den Stadionallianzen die Zahl der Einsatzstun den der Polizei im kommenden Jahr durch die Ligenkonstel lationen wieder etwas ansteigen wird.

Das Bundesverwaltungsgericht – Sie sprachen es an – hat jetzt entschieden, dass für Polizeieinsätze grundsätzlich eine Ge bühr erhoben werden kann. Sie, die SPD-Fraktion, haben ein solches Vorgehen hier auch schon einmal vorgeschlagen. Al lerdings fand ich das schon sehr interessant, da Ihr parlamen tarischer Geschäftsführer das damals als Innenminister noch abgelehnt hat.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wir sind alle lern fähig!)

Ich zitiere aus einer Pressemitteilung vom 22. Juli 2015:

Innenminister Reinhold Gall sieht den Vorschlag des Rechnungshofs, den Veranstaltern von Fußballspielen Ge bühren für Polizeieinsätze aufzuerlegen, nicht als sach gerecht an. „Denn die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Vorbeugung von Straftaten und die Straf verfolgung sind eine Kernaufgabe des Staates“...

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! – Zuruf: Aha!)

So der damalige Innenminister Reinhold Gall. Eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen.

(Zuruf: Genau!)

Ich denke aber, dass eine Gebühr aus mehreren Gründen nicht sinnvoll ist. Wenn überhaupt, dann sollten wir eine bundes weite Regelung haben. Sie würde auch vor allem die Vereine der Dritten Liga und der Regionalliga erheblich belasten.

(Zuruf: So ist es!)

Und dann: Warum nur Fußballspiele und nicht andere Veran staltungen? Also treffen wir auch die anderen Vereine, Nar rengruppen, und stellen diese vor große Schwierigkeiten.

(Vereinzelt Beifall)

Realistisch gesehen hätten wir dann ein Arbeitsbeschaffungs programm für die Verwaltungsgerichte. Wir würden nämlich nach jedem Kostenbescheid vor dem Verwaltungsgericht dis kutieren: Benötigten wir diesen einen Polizeibeamten, oder hätten wir ihn nicht benötigt?

Bei dieser Gelegenheit sei hier auch erwähnt, dass die Pro fiklubs im letzten Jahr rund 1,3 Milliarden € an Steuern und Abgaben entrichtet haben.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das tun andere auch!)

Das ist nicht nichts. Deshalb sehen wir weit bessere Potenzi ale zur Verbesserung der Situation bei Fußballspielen in den

Kooperationen vor Ort, mit den Vereinen, mit dem DFB, der DFL und der Fanszene. So erreichen wir mehr Menschen.

Klar ist auch: Was die unbelehrbaren Chaoten betrifft – die es auch gibt –, sind da meines Erachtens auch die Vereine und die DFL in der Pflicht. Straftäter müssen konsequent mit Sta dionverboten belegt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Jetzt spricht Herr Abg. Rottmann für die AfD.

(Zuruf von den Grünen: Rechtsaußen!)

Sehr geehrte Landtagspräsiden tin, sehr geehrte Kollegen! Fußball ist ein Sport, der in Deutschland seit hundert Jahren leidenschaftlich betrieben wird. Probleme mit Ausschreitungen im Zusammenhang mit Pyrotechnik erleben wir in den Stadien seit den Achtzigerjah ren. Dabei kann leider nie ganz ausgeschlossen werden, dass eine Situation außer Kontrolle gerät und Menschen hierdurch zu Schaden kommen.

Wir reden bei Pyrotechnik von grellem Lichtschein und von intensiver Rauchentwicklung – bei der sogar der Stuttgarter Feinstaub vor Neid erblassen würde. Aber das Thema ist ernst. Es geht um Temperaturen von teilweise 1 600 bis 2 500 Grad Celsius, bei denen kein Mensch in unmittelbarer Nähe sein möchte. Spätestens dann, wenn auch noch eine Massenpanik hinzukommt, haben wir es nicht mehr mit Fankultur oder mit Unterhaltung zu tun.

Nicht umsonst gibt es im Bereich Pyrotechnik klare gesetzli che Bestimmungen. Hier nicht zu reagieren ist im wahrsten Sinn des Wortes ein Spiel mit dem Feuer.

Es wird also nach Verantwortlichen gesucht, und es wird nach Lösungen gesucht. Vor zwei Jahren gab es ein öffentliches Si cherheitsgespräch im Landtag mit Vertretern von Verbänden, Vereinen sowie Polizei und Staatsanwaltschaft. Dem Innen minister war das Thema so „wichtig“, dass er fast drei Vier tel der Zeit nicht anwesend war und nahezu alle Beiträge der Fanverbände verpasst hat. Interessant: In Unkenntnis des Ge sprächsverlaufs hat er das Gesprächsklima gelobt und die Of fenheit gegenüber den Fanverbänden betont – die Fanverbän de selbst und auch einige weitere Teilnehmer haben das nach meiner Wahrnehmung etwas anders erlebt; ich habe damals bereits darauf hingewiesen.

Herr Innenminister, ich hoffe, dass Sie an diesem Punkt in zwischen Ihre Hausaufgaben gemacht haben, und bin ge spannt auf Ihren folgenden Bericht.

Was uns bei der gesamten Debatte am wichtigsten ist: Wir wollen den Schutz der Zuschauer, der Spieler, der Helfer – al ler Beteiligten. Auch wenn Fußball als Spiel mit starken Emo tionen verbunden ist, will sich niemand einer Gefahr ausset zen, und es soll sich auch niemand einer Gefahr aussetzen müssen. Hier sind die Vereine als Ausrichter und Veranstalter der Spiele in einer besonderen Verantwortung.

Für die Kontrolle von Spielstätten ist nicht in erster Linie der Staat verantwortlich. Wir müssen uns schon bewusst machen,

dass manche von denen, die im Stadion sind, manche Verur sacher, die Gefährdung Dritter billigend in Kauf nehmen, ge rade auch durch den Einsatz von Pyrotechnik. Dem Ausagie ren von Aggressionen, die letztendlich nichts mit Fußball zu tun haben, darf in Fußballstadien kein Raum gegeben werden.

Zweitens: die Fans. Wir haben großes Verständnis für die Fans, für deren Traditionen und Emotionen. Davon lebt Fuß ball. An manchen Stellen kommt die Fanszene tatsächlich zu wenig zu Wort. Das Zünden von Bengalos allerdings drückt möglicherweise Protest gegen eine Durchkommerzialisierung des Sports aus und wendet sich gegen Funktionäre oder Fi nanziers, aber damit wird eine Grenze überschritten. Und wo ist die Grenze des zivilen Ungehorsams, des Protests? Wo ist eine solche Grenze vielleicht überschritten, und es zeigt sich kriminelle Energie? Mein Appell: Nehmen Sie die Fans mit ins Boot. Andernfalls ist alles, was Sie an Absichten vorge ben, Makulatur.

Wer aber bengalisches Feuer anzündet und die Gefährdung Unbeteiligter, insbesondere von Kindern, in Kauf nimmt, der muss zur Verantwortung gezogen werden. Mein Appell an die Fanverbände ist daher: Positionieren Sie sich ganz klar: Kei ne Gewalt!

Drittens: die Situation außerhalb des Stadions. Eine hohe Be lastung kommt nach wie vor auf unsere Polizei zu, und die Polizei ist mit entsprechender – auch personeller – Ausstat tung ihren Aufgaben immer voll gewachsen. Aber aufgrund von Überstunden geht die Polizei an vielen Stellen personell auf dem Zahnfleisch und muss dann noch als Prügelknabe her halten, geht auch nur das Geringste schief. Wir dürfen die Po lizei nicht im Regen stehen lassen. Sie braucht unsere Unter stützung, und sie braucht die erforderliche Ausstattung.

Wir alle brauchen bei diesen Themen einen Zusammenhalt und müssen lösungsorientiert an die Sache herangehen. Es wird offenbar nicht möglich sein, überall zu verhindern, dass Pyrotechnik ins Stadion eingeschleust wird. Deshalb muss man schauen, wie man mit der Sache umgeht. Das erfordert auch, über schärfere Maßnahmen nachzudenken. Zuschauer ausschlüsse seitens der Verbände sind ein wirksames Mittel. Manchmal müsste es vielleicht häufiger zum Einsatz kommen, und auch die Zeiträume müssten vielleicht länger gefasst wer den und vielleicht deutschlandweit für die Stadien gelten.

Insbesondere bei Hochrisikospielen ist die Politik gefordert. Es wäre denkbar, die Vereine in einem gewissen Rahmen, zu mindest in den finanzkräftigen Ligen, an den Kosten zu betei ligen, vielleicht mit einem niedrigen Prozentsatz, der sich an den jeweiligen Etats der Vereine orientiert.

Ich komme zum Schluss: Wir alle wollen Traditionen und Ri tuale im Sport bewahren. Aber wir wollen nicht, dass jemand zu Schaden kommt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Möchten Sie noch eine Frage des Herrn Abg. Dr. Fiechtner zulassen?

(Abg. Daniel Rottmann AfD geht an seinen Platz.)

Dann hat Herr Abg. Professor Dr. Goll das Wort für die FDP/ DVP.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Vor nunmehr ziemlich vielen Jahren war ich mit meinem Bruder, einem großen KSC-Fan, im Wild parkstadion. Der KSC hatte wieder einmal schlecht gespielt, das Wetter war auch schlecht. Ein paar Minuten vor Spielen de sind wir aus dem Wildparkstadion hinausgegangen und wa ren ein paar Hundert Meter entfernt, da ging auf einmal ein Jubel durch das KSC-Stadion. Daraufhin habe ich meinen Bruder gefragt: Was ist denn jetzt los? Dann hat der ganz tro cken gesagt: Der VfB hat verloren.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Da wurden die Ergebnisse durchgesagt. Ich weiß noch, wie ich damals gesagt habe: So bescheuert muss man sein, dass man sich daran freut.