An dieser Stelle wäre noch etwas zu Wildtieren zu sagen, zur Haltung in Zoos, zum Spannungsfeld zwischen Arterhaltung und artgerechter Haltung, ebenso zu Zirkussen, die aus der Sicht des Tierschutzes besonders kritisch betrachtet werden. In Anbetracht der Zeit beschränke ich mich jedoch auf we sentliche Punkte.
Im Mittelpunkt des Tierschutzes muss das Wohl des Tieres stehen. Ob im heimischen Umfeld, in Tiergehegen oder in der Landwirtschaft – überall braucht es klare Regeln. Das Land muss deshalb mit Nachdruck am Ball bleiben und kriminel len Strukturen, wie dem illegalen Welpenhandel, entschieden entgegentreten. Mit Beratungsangeboten muss Tierhaltern ge holfen werden, artgerechte Haltung umzusetzen. Bei den gro ßen ethischen Fragen von Tierversuchen müssen wir Alterna tiven erforschen und so weit wie möglich Tierversuche ver meiden.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Landesre gierung hat im April 2012 die Stelle einer Landesbeauftrag ten für Tierschutz geschaffen. Organisatorisch handelt es sich um eine Stabsstelle, die dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unterstellt ist.
Diese Stabsstelle umfasst neben der Landesbeauftragten noch eine Tierärztin, eine Juristin und zwei Teilzeitkräfte im Sekre tariat. Diese personelle Ausstattung ist mit Blick auf die Auf gabenfülle und die nötige fachliche Tiefe der Arbeit sicher an gemessen. Das Arbeitspensum der Stelle geht aus der Bilanz hervor. Eine ganz andere Frage ist, ob man der Landesbeauf tragten nicht von vornherein mehr Unabhängigkeit hätte ein räumen können; denn sowohl vor als auch nach der Landtags wahl 2016 hatte man den Eindruck, dass sich die damalige Landestierschutzbeauftragte, Frau Dr. Jäger, nicht so äußern durfte, wie sie es gern getan hätte.
Frau Dr. Jägers Idee einer Bundesverordnung für Sachkunde in der Heimtierhaltung wurde von dem grünen Landwirt schaftsminister Bonde im Sommer 2015 ausgebremst. Zu Frau Dr. Jägers Idee einer Heimtierschutzordnung ließ Bonde ge genüber den „Stuttgarter Nachrichten“ im Juli 2015 knapp er klären:
Nach der Wahl erklärte der Amtsnachfolger Peter Hauk sinn gemäß: „Einen Katzenführerschein wird es mit mir nicht ge
ben.“ Ich gebe dem Minister so weit recht, dass es eine Über treibung wäre, von jedem Katzen- und Hundehalter einen Sachkundenachweis zu fordern. Ich glaube aber, dass es Heim tierarten gibt, bei denen eine gewisse Sachkunde bzw. ein Sachkundenachweis sinnvoll und vertretbar wären,
beispielsweise bei Reptilien, Amphibien oder bestimmten Vo gelarten. In jedem Fall wäre ein stufenweiser Sachkundenach weis für Heimtiere sinnvoller als strenge Haltungsverbote, denn Verbote kann letztlich niemand zu 100 % kontrollieren, und das gibt immer einen illegalen Markt.
Ich denke, dass wir bei Tierschutz, Tierwohl und Tiergesund heit insgesamt mehr über Haustiere sprechen müssen als bis her; denn leider beschränkt sich die öffentliche Debatte oft mals zu sehr auf die Nutztiere, obwohl diese – im Gegensatz zu den Haustieren – amtlich kontrolliert werden. Insofern noch einmal ein Dankeschön an Frau Dr. Jäger für ihren da maligen Vorstoß bei der Haustierhaltung.
Wenn ich über Nutztiere spreche, dann bin ich schon bei ei nem Thema, das inzwischen die neue Landesbeauftragte, Frau Dr. Stubenbord, aufgegriffen hat. Auch wir Freien Demokra ten sprechen dieses Thema in diesem Haus seit Jahren an. Es geht um die amtlichen Kontrollen der Nutztierbetriebe. Es ist mir bewusst, dass es neben den amtlichen Kontrollen noch viele andere, teils freiwillige Kontrollen gibt. Dennoch hat der Antrag meines ehemaligen Fraktionskollegen Dr. Bullinger zum Thema „Tierschutz-Vollzug in Baden-Württemberg“ vom Herbst 2016 Folgendes zutage gebracht:
Es gab in den letzten zehn Jahren einen massiven Anstieg von Aufgaben in der Veterinärverwaltung, während die Personal ausstattung nahezu gleich blieb.
Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP wurde festgestellt, dass kontrollpflichtige Betriebe in Ba den-Württemberg, statistisch gesehen, nur alle 19 Jahre und in Bayern sogar nur alle 48 Jahre kontrolliert werden.
Mir ist bewusst, dass statistische Mittelwerte nur eine be grenzte Aussagekraft haben. Dennoch müssen wir darüber re den, ob staatliche Pflichtaufgaben im Tierschutz und im Ver braucherschutz ausreichend erfüllt sind oder nicht. Deswegen haben wir Freien Demokraten seit 2017 immer wieder Vor schläge vorgelegt, wie man mehr Amtstierärzte finanzieren könnte.
Der Landkreistag spricht von knapp 200 fehlenden Amtstier ärzten. Der Landesbeirat für Tierschutz fordert ebenfalls mehr Stellen in diesem Bereich. Auch die Landesbeauftragte für den Tierschutz, Frau Dr. Stubenbord, hat im Mai 2018 erklärt, dass mehr Kontrollen und daher mehr Personal in den Ämtern nö tig sind.
Ich fordere Grün und Schwarz auf: Legen Sie zum nächsten Haushalt endlich ein Konzept vor, das aufzeigt, wie Sie den massiven Mangel bei den Verbraucherschutzkontrollen im kommenden Jahr abschmelzen wollen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen, wir teilen bei Weitem nicht alles, was die beiden grün ge führten Landesregierungen zum Tierschutz auf den Weg ge bracht haben oder nicht auf den Weg gebracht haben. Die Stel le der Landesbeauftragten für den Tierschutz jedoch hat sich bewährt. Man sollte ihr allerdings hin und wieder politisch mehr Beinfreiheit und Unabhängigkeit geben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolle ginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank an Frau Kollegin Walker und die grüne Fraktion für den Antrag, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Dadurch bietet sich die Gelegenheit zu einer Beurteilung der Tätigkeit der Stabsstelle für Tierschutz.
Die Stabsstelle für Tierschutz ist unter der Vorgängerregie rung eingerichtet worden. Ich glaube, sie hat sich bewährt.
Ich denke beispielsweise an das Thema Kuhwohl. Hier gab es eine Initiative der Amtsvorgängerin von Frau Dr. Stubenbord, von Frau Dr. Jäger, die sich eines großen fachlichen Tiefgangs befleißigt hat. Diese Initiative ist mittlerweile zu einem Vor bild in der Milchviehhaltung geworden. Man muss sagen, dass hier wichtige Impulse von der Stabsstelle ausgegangen sind.
Ich kann nur dazu ermuntern, dass das auch weiterhin der Fall ist. Deshalb gibt es eine Ausstattung für die Stabsstelle, und deshalb ist diese Stabsstelle, Herr Kollege Hoher, auch unab hängig. Da gibt es keine Maulkörbe. Die Stelleninhaberin kann sich jederzeit öffentlich oder nicht öffentlich – wie auch immer – zu den Angelegenheiten im Tierschutz äußern.
Ich bin aber auch dankbar für die Gelegenheit, einiges zum Thema Tierschutz zu sagen. Ich will nicht alles ansprechen. Frau Kollegin Walker, Sie haben mir eine Steilvorlage an The men geliefert, die ich jetzt gar nicht in der Tiefe beackern, vielleicht aber doch zumindest mal anreißen will.
Zum einen zum Thema Tierschutzlabel. Da haben Sie recht: Das tragen wir jetzt staatlicherseits – das muss der Bund ma chen, das können nicht die Länder organisieren –, damit es am Ende zu einem wirtschaftlichen Erfolg kommt. Ich war im mer positiv gestimmt und habe immer gesagt: Wenn der Staat dort vorangeht – – Er muss das freiwillig machen; denn wenn es nicht freiwillig gemacht wird, muss erst ein Konsens auf EU-Ebene – im EU-Ministerrat, im Europäischen Parlament – erzielt werden.
Da sehe ich im Augenblick noch keine Mehrheiten. Das ist halt nicht so einfach wie bei der Eierkennzeichnung. Das muss man ganz realistisch sehen. Wenn man es schnell machen will, muss man Vorreiter sein, dann muss es freiwillig sein. Aber ich hätte mir ausrechnen können, dass es auch gelingt, wenn es zügig passiert.
Ich hatte mit dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung ei gentlich die Hoffnung, dass es auch zügig passiert. Das ist lei
der Gottes nicht der Fall gewesen. So begrüße ich ausdrück lich die Initiative des Handels, der jetzt vorprescht und sagt: „Vier Stufen gibt es, und in diesen vier Stufen wird alles ver packte Fleisch, das in den Kühltheken angeboten wird, auch entsprechend gekennzeichnet.“ Ich glaube, das ist ein richti ger Weg. Dem kann man sich auch anschließen.
Das entspricht nicht ganz dem, was der Bund vorhatte. Es bleibt dem Bund jetzt unbenommen, etwas zu tun. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass der Verbraucher am Ende erken nen kann, wie die Bedingungen bei der Haltung der Nutztie re waren, bevor sie ihrem bestimmungsgemäßen Ende, näm lich der Schlachtung, zugeführt wurden. Ich glaube, das kann man erwarten. Nachdem man dem Fleisch die Haltungsbedin gungen nicht ansehen kann, muss man eine Kennzeichnung vornehmen können. Dazu braucht es ein gewisses Labelling. Das war überfällig.
Dass der Handel das jetzt selbst in die Hand genommen hat, ist dem Handel nicht zu verdenken. Da war der Handel ein fach schneller und die Politik zu langsam. Das muss ich in Richtung Bundesregierung sagen. Das betrifft jetzt auch die eigene Partei. Es hilft halt nichts: Nach einem Jahr muss man auch einmal ein Stück weit etwas vorzeigen. Aber ich bin ge spannt, wie sich das auswirkt. Denn die ersten drei sind gar nicht so hoffnungsfroh.
Herr Weber, Sie sagen, das sei alles uninteressant; wichtig sei die Haltung. Bei Nutztieren stimmt das halt nicht. Natürlich ist die Haltung wichtig. Aber der Bauer, der von der Nutztier haltung lebt, muss natürlich auch den entsprechenden Preis dafür erzielen. Denn von Luft und Liebe kann er nicht leben und von lobenden Worten auch nicht,
sondern die Haltung muss sich selbstverständlich im Preis des Produkts niederschlagen. Es wird die Probe auf das Exempel sein, wenn das Labelling einmal da ist, wie viel die Verbrau cher zu zahlen bereit sind. Das eine sind Lippenbekenntnisse. Jeder sagt: „Natürlich Fleisch von Rindern, die glücklich sind, Fleisch von Schweinen, die glücklich sind, die Auslauf haben, die im Stroh spielen können.“ Alles in Ordnung! Aber wenn man dann merkt, dass das Fleisch eines solchen Schweins das Doppelte, das Zweieinhalbfache dessen kostet, was in der bil ligsten Variante erzeugt wird – das ist halt ein Teil der Reali tät –, dann wird sich zeigen, ob der Verbraucher bereit ist, da für tatsächlich das Mehr an Preis zu zahlen. Das muss der Bauer haben. Das ist der entscheidende Punkt. Dann kommt es schon darauf an, wie die Sache aussieht.
Deshalb ist es so wichtig, dass das Thema europaweit einge führt wird, weil wir europäische Wettbewerber sind.
Der Schweinemarkt ist nicht auf Deutschland begrenzt, der Rindermarkt, der Rindfleischpreis ist nicht auf Deutschland begrenzt – bei Lammfleisch ist das genauso wenig der Fall. Da haben wir einen globalen Markt. Deshalb nützt es nichts, wenn die Gutmenschen in Deutschland meinen: „Wir machen hier unsere nationalen Vorschriften“, wenn wir insgesamt die mittelständischen Produzenten, die mittelständischen Bauern in unserem Land damit an den Rand des Existenzminimums drängen, weil sie ihre Produkte nicht mehr absetzen können,
weil sie Haltungsbedingungen vorfinden oder vorgeschrieben bekommen, die keine Rentabilität mehr ermöglichen. Dann ist das wieder angenehm, dann hat man ein gutes Gewissen: „Wir haben hier prima Vorschriften.“ Und auf einmal stellt man fest: Es gibt nur noch ganz wenige, die sich daran hal ten; die anderen produzieren im Ausland. Das ist genau die selbe Situation, Frau Kollegin Walker, wie bei den Themen Ferkelkastration und Kastenstandhaltung.
Herr Minister, Moment noch bitte, weil Herr Abg. Weber noch eine Frage zum vor herigen Komplex stellen wollte. Lassen Sie diese zu?
Dann kommen die nächsten Themen, die Ferkelkastration und die Kastenstandhaltung, die genau zum Thema Wirtschaftlich keit passen. Ich bin sehr dafür, dass wir das Urteil des Ober verwaltungsgerichts Magdeburg berücksichtigen. Das müs sen wir auch tun. Aber es hat überhaupt keinen Wert, so zu verfahren wie die Kollegin aus Hessen – dort gibt es nämlich keine Schweinehalter mehr; die sind schon alle ausgewandert – oder die Kollegin aus Sachsen-Anhalt – dort werden die Schweinehalter demnächst alle auswandern; der Rest, den es noch gibt – und zu sagen: „Ab dem Tag gilt das Urteil.“ Viel mehr brauchen wir doch für die mittelständischen Betriebe in unserem Land Übergangszeiten.
Hier haben wir nicht die Großagrarindustrien wie in Nieder sachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Dort gibt es Großagrarindustrie. Dort steht Schweinestall an Schwei nestall an Schweinestall – keine Flächen für die Gülleausbrin gung, keine Wirtschaftskreisläufe. Das alles haben wir bei uns.
Wir haben bei uns geordnete Verhältnisse, wir haben eine Kreislaufwirtschaft – wirklich im wahrsten Sinn des Wortes –; die wichtigen Nährstoffe Stickstoff, Kalium, Phosphor wer den immer wieder in den Kreislauf ausgebracht, in der Dün gung. Wir haben Gott sei Dank einen Kreislauf, und zwar so, dass die Bauern das Futter noch selbst anbauen und nicht fremd einkaufen müssen. Das ist doch der Riesenvorteil der mittelständischen baden-württembergischen Landwirtschaft. Ich will diese Mittelständler halten, ich will diese Struktur hal ten,
und ich fordere jeden hier auf, dass wir gemeinsam dafür kämpfen, diese mittelständischen, überschaubaren Kreislauf strukturen auch um der Ökologie willen zu erhalten und ih nen nicht durch schnelle Schwenks in den Haltungsverord nungen und Haltungsbedingungen im Prinzip klammheimlich die Luft abzudrücken.
Deshalb bin ich für eine stringente Umsetzung, aber ich bin auch für eine Umsetzung, die Investitionszeiträume und da mit Abschreibungszeiträume berücksichtigt. Das braucht halt Zeit. Da muss man auch Zeit geben. Investitionszeiträume sind nicht fünf und nicht zehn Jahre, sondern Investitionszeit räume sind 15, 20 oder 25 Jahre. Darum geht es doch am En de.