Protocol of the Session on December 19, 2018

Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Kollege Nemeth schon ange sprochen hat, ging am letzten Wochenende in Kattowitz nach rund zwei Wochen die 24. Weltklimakonferenz zu Ende. Die Verhandlungen über die Umsetzung des Ende 2015 in Paris

geschlossenen Weltklimaabkommens, in denen es um die Fra gen des Messens, des Erhebens, des Kontrollierens gegangen ist, sind damit abgeschlossen worden. Man kann auch sagen: In diesem Punkt war die Weltklimakonferenz – die COP 24 – erfolgreich. Das sollte man nicht geringschätzen.

Am Ende eines Jahres mit einem endlosen Sommer, mit Dür re, mit Wasserknappheit, mit Niedrigwasser in unseren Flüs sen,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das war nur bei uns, Herr Untersteller!)

was Auswirkungen hatte auf die Industrie, die Versorgung von BASF und anderen mit Rohstoffen, mit Brennstoffen flüssi ger Art, mit Kohle in Süddeutschland, sollte man, denke ich, eigentlich wissen, wie wichtig der Schutz unseres Klimas ist.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das war Wetter, Herr Minister! Das sollten Sie unterscheiden können!)

Die Fachleute, beispielsweise der LUBW, sagen uns deutlich, dass wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten solche Sommer öfter erleben werden.

Den Ernst der Lage, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat in Kattowitz, finde ich, am eindrücklichsten ein 15-jähriges Mädchen aus Schweden beschrieben.

(Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Oh Jesses!)

In einer aufrüttelnden Rede hat Greta Thunberg den Delegier ten ins Gewissen geredet.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Sie hat sich gefragt, wie die Welt aussehen wird, wenn sie ein mal 75 Jahre alt ist, und was sie dann ihren Kindern und En keln antworten soll auf die Frage: Was habt ihr damals eigent lich unternommen, als noch Zeit zum Handeln war?

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Vielleicht sollte sich der eine oder die andere hier im Haus auch einmal überlegen, was er oder sie eigentlich unterneh men will, um aus der fossilen Welt auszusteigen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Die Frage müssen Sie beantworten!)

Denn, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir werden aus der fossilen Welt aussteigen müssen. Daran führt nun wirklich kein Weg vorbei.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Die alte Energiewelt geht zu Ende. Wer aus etwas aussteigt – in diesem Fall in Deutschland zum einen aus der Kernener gie; es wird aber in den nächsten Monaten verstärkt auch die Debatte um die Frage geben, wie wir auch aus der Kohle, zu nächst aus der Braunkohle, anschließend dann aus der Stein

kohle, aussteigen können –, der muss auch irgendwo einstei gen.

(Beifall des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr richtig!)

Das gilt umso mehr in einem Bundesland wie Baden-Würt temberg, das einen Stromverbrauch von jährlich rund 74 oder 75 Milliarden kWh hat. Das will ich auch einmal an die Kol legin und die Kollegen der FDP/DVP sagen – in diesem Fall nur Kollegen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das stimmt nicht! – Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Hinter mir sitzt die Kol legin!)

Entschuldigung, stimmt. – In einem Industrieland, wie ge sagt, mit 74 Milliarden kWh jährlichem Stromverbrauch könnte man eigentlich von einer Partei, die sich in der Ver gangenheit gern auch als Wirtschaftspartei und wirtschaftsna he Partei bezeichnet hat, erwarten, dass sie, wenn sie etwas ablehnt, auch sagt, wo der Strom herkommen soll, den die In dustrie in diesem Land auch in Zukunft brauchen wird.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Das gilt umso mehr, wenn es um die Elektrifizierung des Ver kehrs, um Strom auch im Wärmesektor und all diese Themen geht. Ich meine, das ist schon jämmerlich, was man da von Ihnen zu hören bekommt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Herr Minister, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Abg. Dr. Fiecht ner.

Nein. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir arbeiten an einem Energiesystem der Zukunft, das sich aus zeichnet durch Versorgungssicherheit.

(Abg. Stefan Herre AfD: Das Gegenteil ist der Fall! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das stimmt doch nicht! Orwell lässt grüßen!)

Das ist auch in Zukunft zu gewährleisten, ebenso wie Kosten günstigkeit. Vor allem muss es natürlich ein Energieversor gungssystem sein, das klimafreundlich ist. Das ist das bekann te Zieldreieck. Dazu gehört dann, dass in diesem Zieldreieck insbesondere auf der Versorgungsseite auch die Windenergie – das sage ich ausdrücklich dazu – in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Ich werde gleich noch erläutern, warum.

Wir bauen in Baden-Württemberg die Windkraft auch deshalb aus, weil sie letztlich eine der kostengünstigsten Formen der Energieerzeugung ist

(Abg. Stefan Herre AfD: Wieso sind dann die Strom preise so hoch?)

und weil sie klimafreundlich und damit generationengerecht ist.

Ich will aus einer Pressemitteilung der Fachagentur Windener gie zitieren. Sie hat ihren Sitz in Berlin und wird vom Bun

deswirtschaftsministerium finanziert. Diese Fachagentur hat am 22. November eine Pressemitteilung herausgegeben. De ren Überschrift lautet:

Windenergieanlagen verursachen die wenigsten Umwelt kosten der Stromerzeugung in Deutschland.

(Abg. Stefan Herre AfD: Das haben Sie selber dik tiert!)

Da wird eine Studie des Umweltbundesamts zur Grundlage gemacht. Die Schäden pro Ausstoß von einer Tonne Kohlen dioxid werden auf 180 € beziffert. Bei diesem Kostensatz von 180 € pro Tonne hat das Umweltbundesamt errechnet, dass die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom mit Braunkohle mit ca. 20,8 Cent zu Buche schlägt. Bei Steinkohle sind es 18,8 Cent.

Ich zitiere:

Die geringsten Umweltkosten verursacht die Stromerzeu gung in Windrädern.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wind kraft, Herr Minister!)

Mit nur 0,28 Cent/kWh liegt Windstrom um das 74-Fache unter den gesamten Umweltkosten von Braunkohlestrom.

(Abg. Stefan Herre AfD: Dann sollten die Stromprei se sinken! – Zuruf: So ein Schwachsinn!)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Balzer zu?

Nein. – In den vergangenen Jahren haben wir durch eine Vielzahl von Maßnahmen erreicht, dass der Wind kraftausbau in Baden-Württemberg überhaupt erst in einem nennenswerten Umfang möglich geworden ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Dabei sind wir stets mit Augenmaß vorangegangen, und wir haben klare Regeln vorgegeben. Durch die Änderung des Lan desplanungsgesetzes im Jahr 2012 haben wir die Flächenku lisse für die Windenergie zunächst grundsätzlich geöffnet und damit auch die Grundlage für den Windenergieausbau in Ba den-Württemberg gelegt. Gleichzeitig haben wir den Kom munen bzw. den Planungsverbänden die Steuerung des Aus baus ermöglicht und ihnen sowie anderen Beteiligten dafür umfangreiche Hilfestellungen an die Hand gegeben, beispiels weise den Windenergieerlass oder auch die zahlreichen Hin weise zum Artenschutz.

Herr Kollege Gruber, ich bitte Sie einfach, einmal in den Windenergieerlass hineinzuschauen. Dann stellen Sie fest, dass dort nicht „700 m“, sondern „mindestens 700 m“ steht. Was heißt das? Die Gemeinden, die Planungsträger, die damit zu tun haben, können auch nach oben abweichen, wenn sie dies mit den Gegebenheiten vor Ort begründen. Die Realitä ten der letzten Jahre haben gezeigt, dass es eine ganze Reihe von Fällen gab, in denen Gemeinden, Planungsträger, Regio nalverbände nach oben abgewichen sind – auf 800, 900 oder

1 000 m –, weil es Situationen vor Ort gegeben hat, die das planungsrechtlich rechtfertigten.

Ich weiß gar nicht, wieso das so schwer zu verstehen ist. Da her finde ich, dass das eigentlich eine gute Herangehenswei se ist. 700 m mindestens sind deshalb gewählt, weil somit im mer die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen, die in deutschen Gesetzen nun einmal drinstehen, eingehalten wer den. Das ist der Grund und kein anderer. Das hat nichts mit Höhe oder irgendetwas anderem zu tun, sondern das sind die Erfahrungswerte, die wir heute mit den Anlagen haben, die in Deutschland eingesetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)