Protocol of the Session on July 18, 2018

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der AfD – Zuruf: Sehr gut!)

Nun hat die Regierung das Wort. – Herr Staatssekretär Dr. Baumann, ich nehme an, dass Sie dazu sprechen wollen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sonst ist ja niemand von der Regierung da!)

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon gehört: Vor rund vier Wochen verurteilte der Europäische Ge richtshof Deutschland wegen einer nicht ausreichenden Um setzung der europäischen Nitratrichtlinie. Als „Ohrfeige mit

Ansage für die deutsche Landwirtschaftspolitik“ stufte der BDEW, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirt schaft, das Urteil des EuGH ein. „Klatsche mit Ansage“ ur teilte und titelte der VKU, der Verband kommunaler Unter nehmen.

Dass wir in Deutschland – ich bin noch nicht in Baden-Würt temberg – ein Problem mit Nitrat haben und es Nachholbe darf im Kampf gegen die Nitratbelastung gibt, war und ist hin länglich bekannt. Insofern kam die Verurteilung durch den Eu ropäischen Gerichtshof nicht überraschend.

Schon lange plädieren wir in Baden-Württemberg für stren gere Regelungen im Düngerecht, um die Belastung für das Grundwasser und der Oberflächengewässer durch den Eintrag von Nitrat zu reduzieren. An dieser Stelle bin ich Ihnen dank bar, Herr Rombach, dass Sie darauf hingewiesen haben – ich möchte das betonen –: Das Urteil bezieht sich auf das alte Düngerecht in Deutschland aus dem Jahr 2006.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl Rom bach CDU: Genau!)

Bereits 2013 hat die EU-Kommission ein Mahnschreiben an Deutschland gerichtet, der Nitratbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2012 mache deutlich, dass sich die Wasserqua lität im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum nicht ver bessert habe. Damit sei – so die Kommission – die Unwirk samkeit der alten Düngeverordnung hinreichend belegt.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Bundesre gierung handeln und die bestehende Düngeverordnung nach schärfen musste. Leider wurde erst 2017 eine neue Düngever ordnung in Deutschland verabschiedet. Im Bundesratsverfah ren haben wir zähneknirschend zugestimmt, weil der vorge legte Minimalkonsens der Bundesregierung den Status quo zumindest in Teilen verbessert – zähneknirschend, weil wir in manchen Bereichen deutlichere Verbesserungen gewollt ha ben.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Ja!)

Wir hatten also die Wahl, entweder einer ungenügenden Dün geverordnung zuzustimmen oder jegliche Fortschritte zum Schutz unserer Umwelt, zum Schutz des Lebensmittels Num mer 1, des Wassers, zu verhindern.

Auf unsere Initiative hin wurde jedoch eine Entschließung ge fasst, in der wir die wesentlichen Schwachpunkte festgehal ten haben. Es bleibt also abzuwarten, ob die neue Düngever ordnung überhaupt den Anforderungen der Kommission ge nügt oder ein neues Klageverfahren droht.

Nun komme ich zu Baden-Württemberg. Da sieht die Welt schon deutlich besser aus, aber sie ist noch nicht ganz in Ord nung. Es bleibt festzuhalten: In Baden-Württemberg ist die Situation deutlich besser als im Bundesdurchschnitt. Während sich in Niedersachsen 60 % der Grundwasserkörper in einem schlechten chemischen Zustand in Bezug auf Nitrat befinden, in Schleswig-Holstein 50 %, in Nordrhein-Westfalen 40 %, sind es in Baden-Württemberg lediglich 9 % – 8,6 %, um ge nau zu sein.

Das ist im Wesentlichen auf unsere langjährige und erfolgrei che Grundwasserschutzpolitik zurückzuführen. Das machen

wir mit der Landwirtschaft, nicht gegen sie. Trotzdem müs sen wir feststellen: Es ist für viele Landwirte eine Herausfor derung. Aber wir machen es mit der Landwirtschaft und nicht gegen sie.

Dank der SchALVO, der Schutzgebiets- und Ausgleichs-Ver ordnung, des Agrarumweltprogramms FAKT – früher MEKA –, aber auch der Landschaftspflegerichtlinie LPR haben wir es geschafft, dass die Nitratbelastung des Grundwassers seit 1994 über die Jahre um 23 % abgenommen hat. Das ist ein großer Erfolg, und andere Bundesländer schauen neidisch auf Baden-Württemberg,

(Abg. Karl Rombach CDU: Richtig!)

dass wir es geschafft haben, dies über die Jahre hinweg wei terzugeben.

Ich möchte noch mal auf den heutigen Tagesordnungspunkt 2 zurückkommen. Wir haben eben über die zukünftige Gemein same Agrarpolitik gesprochen. Es ist besonders wichtig

(Unruhe bei der SPD)

es wäre schön, wenn zugehört würde –, dass auch zukünf tig ausreichende Finanzmittel in der zweiten Säule der GAP vorhanden sind, um diese erfolgreichen Programme, die über die Jahre erfolgreich gewirkt haben, fortzusetzen, dass wir über die SchALVO, über FAKT, über die LPR Mittel bereit stellen können, um in der Landwirtschaft auch das Thema „Ni trat im Grundwasser“ anzugehen. Wir müssen die Landwirt schaft hier an die Hand nehmen. Das haben wir in den ver gangenen Jahren gemacht. In den vergangenen Jahren wur den rund 80 Millionen € pro Jahr über FAKT und SchALVO in Bezug auf Nitrat ausgegeben. Das ist sehr wichtig und ist gut angelegtes Geld für das Lebensmittel Nummer 1, das Trinkwasser.

Aber ungeachtet der Erfolge dürfen wir uns nicht zurückleh nen. Wir müssen die bestehenden Defizite konkret und ziel gerichtet angehen, denn 9 % sind 9 % und nicht 0 %. Deswe gen werden wir weiter voranschreiten, und deswegen brau chen wir die Mittel aus der zweiten Säule. Jetzt gilt es, die SchALVO an die Vorgaben der neuen Düngeverordnung an zupassen und fortzuentwickeln, weil die Länder nach § 13 der neuen Düngeverordnung verpflichtet werden, in Belastungs gebieten zusätzliche Maßnahmen vorzuschreiben.

Bei uns werden das die Grundwasserkörper in schlechtem Zu stand und die Sanierungsgebiete der SchALVO sein. Hier gilt es, die Gebiete so abzugrenzen, dass auch die richtigen Ge biete abgegrenzt werden und nicht diejenigen Landwirte ge troffen werden, die gut wirtschaften und wo es keine Nitrat probleme gibt. Hier gilt es, gut und möglichst zeitnah abzu grenzen.

Schließlich bleibt die spannende Frage, ob die neue Dünge verordnung überhaupt den Anforderungen der Kommission genügt. Sollte das nicht der Fall sein, muss aus gewässeröko logischer, immissionsschutzrechtlicher und naturschutzfach licher Sicht nachgebessert werden.

Ich darf zusammenfassend feststellen: Die Nitratbelastung, gerade im Grundwasser, bleibt eine Herausforderung. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass wir weniger Nitrat in un

serer Umwelt haben. Wir sind auf einem guten Weg – noch nicht am Ziel –, aber es gilt, diesen guten und vertrauensvol len Weg weiterzugehen, damit wir das Trinkwasser, das Le bensmittel Nummer 1, in Baden-Württemberg weiterhin gut fördern.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl Rombach CDU: Sehr gut! Bravo!)

Ich habe eine weitere Wortmeldung von Herrn Abg. Dr. Murschel.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Geräuschpegel im Raum ist ziemlich hoch. Vielleicht können wir diesen wieder etwas absenken. – Bitte.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: In Relation zu der Anwesenheit!)

Ich will mich einfach nur in einer Minute noch einmal zusammenfassend äußern, und ich danke allen Rednern, dass sie das Thema ernst neh men.

Frau Reich-Gutjahr, Sie sagen, das Ganze sei kein Problem. Wenn aber alle anderen in Europa meinen, Deutschland habe ein Problem, dann nützt es nichts, wenn wir sagen: „Wir sind eigentlich Umweltweltmeister, und die anderen kapieren das bloß nicht.“ Wir müssen etwas tun, und wir tun auch etwas.

Herr Rombach, der EuGH konnte verfahrenstechnisch nur auf den Stand aus dem Jahr 2014 eingehen. Er kann nicht plötz lich die neue Verordnung nehmen und sagen: „Jetzt switch ich mal da rüber.“ Deswegen ging das gar nicht anders.

Deswegen hat die DUH die aktuelle Klage auf das neue Dün gerecht bezogen und dies auch ausführlich begründet, auch mit ausführlichen Gutachten, beispielsweise von der Univer sität Kiel, die noch mal ausführlich dargelegt haben, warum die neue Düngeverordnung nicht in der Lage ist, das Nitrat problem zu lösen. Wir werden sehen, wohin dies führt.

Insofern brauchen wir die Situation bei uns nicht schlechtzu reden – keine Frage –, aber wir müssen das Problem angehen, und wir müssen das Problem auch zunehmend stärker lösen. Dazu brauchen wir auch die Kooperation mit der Landwirt schaft. Das muss über das, was wir im Prinzip als Möglich keit in der neuen GAP-Runde haben, hinausgehen – darüber werden unsere Möglichkeiten nämlich eher eingeschränkt; wir hatten es heute Morgen davon –, sodass wir von der Landes seite hier mit Programmen und Kooperationen fahren müs sen, die es ermöglichen, dass die Landwirte, die darauf ein steigen, nachher keinen finanziellen Schaden haben, sondern etwas bekommen. Gesellschaftliche Leistungen wollen wir bezahlen, und da ist Nitrat ein Thema.

Danke.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Jetzt will ich noch fragen: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Nein.

Dann kommen wir zur geschäftsordnungsmäßigen Behand lung des Antrags Drucksache 16/1507. Es ist ein reiner Be richtsantrag, und Sie stimmen zu, dass dieser für erledigt er klärt wird.

Damit ist auch Tagesordnungspunkt 6 erledigt.

Ich darf jetzt noch einmal um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Sie können für die Gespräche auch gern nach außerhalb des Ple narsaals gehen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau – Transformationsprozess in der Automobilindustrie – Drucksache 16/1363

Auch hierfür hat das Präsidium fünf Minuten Redezeit für je de Fraktion und fünf Minuten zusätzlich für die Begründung festgelegt.

Zur Begründung erteile ich das Wort Herrn Abg. Dörflinger von der CDU. – Ich bitte noch einmal um etwas Ruhe im Raum.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fahrzeugindustrie ist mitsamt ihren zahlreichen Zulieferern eine Schlüsselindus trie in Baden-Württemberg. Viele Arbeitsplätze und ein gro ßer Teil unseres Wohlstands hängen davon ab. Hinzu kommt, dass die Mobilität eine Grundvoraussetzung für das Leben und Arbeiten in unserer heutigen Welt ist. Dies alles außer Acht zu lassen wäre höchst fahrlässig und würde unser Land schwä chen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Die pauschale Verbannung des motorisierten Individualver kehrs, wie sie uns zuweilen mit missionarischem Eifer aufge tischt wird, kann nicht der Anspruch unseres Landes der Tüft ler und Denker sein.