Protocol of the Session on July 11, 2018

Es geht also darum, sich zu fragen, wie wir Schulbildung ins gesamt effizienter und besser gestalten können, und nicht da rum, Dinge zu ersetzen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, als ich im Jahr 1975 geboren wurde – ich weiß, einige saßen da schon im Landtag –,

(Heiterkeit)

hat Bill Gates ein Listing eines Bootstrap Loaders – das ist ein Programm, das man braucht, damit der Computer die Fest platte findet – mit 25 Bit in einer Zeitung veröffentlicht. Das konnte man dann abschreiben, und dann konnte man das zu Hause nachmachen. Als ich Abitur gemacht habe, gab es schon 91 Millionen Handys auf der Welt, und heute sind es 7,2 Milliarden Smartphones weltweit, also ungefähr so viele, wie Menschen auf diesem Planeten leben. Wie Frau Boser schon ausgeführt hat: Die JIM-Studie zeigt, dass die Digita lisierung bei uns breit angekommen ist, wenn 95 % der Zwölf- bis 19-Jährigen ein Smartphone besitzen.

Weil wir wollen, dass Baden-Württemberg auch morgen noch in Bereichen wie Mobilität, Maschinenbau oder Logistik, al so in unseren klassischen großen Bereichen, erfolgreich ist, müssen wir uns natürlich um dieses Thema kümmern. Dabei muss uns auch der Bund unterstützen, und zwar nicht durch Programme, die an unseren Programmen vorbei direkt an die Schulen gehen, sondern durch Programme, die die Program me in unserem Haushalt und in unseren eigenen Ideen unter stützen.

Dabei dürfen wir eines nicht vergessen: Auch ein Bill Gates hat das Programmieren nicht in der Schule gelernt, aber auf seinem kleinen Kieselstein stand alles drauf, was man braucht, um ein guter Programmierer, ein ausgezeichneter Unterneh mer und darüber hinaus noch ein sozial engagierter Mensch zu sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Ich rufe Herrn Abg. Dr. Balzer für die AfD auf. – Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Wis sen und Können der Schüler: Je schlechter der Kenntnisstand – Tests, Umfragen und Berichte der Hochschulen und Ausbil dungsbetriebe belegen das –, desto blumiger und bunter träu men sie, die Grünen, sich in eine andere Wirklichkeit. Daher wohl das Faible für digitale Welten, weil die so schön bunt und so schön weit weg von der Realität sind.

(Heiterkeit des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Ob der Umgang mit schönen neuen Programmen die von den Grünen mit zu verantwortende Bildungsmisere behebt, darf bezweifelt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Da haben wir sie wieder, die schöne Pippi-Langstrumpf-Welt. Merken Sie sich doch: Wischen ist nicht Lesen, auch nicht Verstehen und schon gar nicht Können.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wischen und Zoomen ersetzen nicht das mühevolle Auswen diglernen, das Lösen von Gleichungen, das Beherrschen ei nes Instruments. Und ich habe auch gewisse Zweifel, liebe Frau Boser, ob Ihnen der Unterschied zwischen analog und digital wirklich klar ist.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Gestern war ich in einem beruflichen Schulzentrum in Wies loch bei der Verabschiedung eines Schulleiters. Dort findet die Zukunft bereits statt: Produktion im Industriestandard 4.0, weitgehend automatisiert, der Erwerb von technischem Ver ständnis und das Programmieren stehen im Vordergrund.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

In der Drucksache findet sich das tolle Wort „Gamification“ – Lernen mit spieltypischen Elementen ist wohl damit ge

meint –; das, meine Damen und Herren, ist Pippi-Lang strumpf-Welt. Diese Große Anfrage und die Antwort der Lan desregierung zeigen, wie weit die Initiatoren der Großen An frage von der realen technischen Welt bereits entfernt sind, die sie wahrscheinlich nicht verstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Phrasendrescherei wie „Flipped Classroom“ – – Meine Da men und Herren, es geht hier um den Wechsel des Lernorts. Frau Boser, was war eigentlich das Ziel der Anfrage? Absatz 4 der Begründung bringt es an den Tag – endlich! –:

Die... Anfrage soll... dazu beitragen,... diesen Blick aus der „Vogelperspektive“

also wie die Biene –

auf den erreichten Stand der Dinge... zu werfen.

Interessant. Nennt man dies Selbstbeweihräucherung? Wol len Sie die Eltern informieren und deshalb die Elternbildung – Abschnitt III Ziffer 3 – fördern? Passen Sie nur auf, dass diese sich nicht besser auskennen als Sie selbst.

(Beifall bei der AfD)

Nicht die Sachverhalte stehen im Vordergrund, sondern eine bemerkenswerte Staatsgläubigkeit, die fast – fast! – an eine kommunistische Vergangenheit erinnert. Nicht nur Unter richtsdidaktik, auch Elternbildung und Verbraucherberatung sind Spielwiese oder, besser gesagt, Gestaltungsraum der Re gierung. – Meinen Sie? Man hätte auch fragen können: Wie sieht der Fünfjahresplan der Regierung im Bereich Digitali sierung denn aus?

(Abg. Raimund Haser CDU: Den gibt es nur im So zialismus!)

Ich vermisse ganz deutlich ein Bewusstsein für die Grenzen der staatlichen Zuständigkeiten. Warum überlassen wir es den Schulen und den Lehrern nicht selbst – mithilfe des neuen Bil dungsplans –, ob sie digitale Medien einsetzen möchten oder nicht?

(Abg. Raimund Haser CDU: Tun wir doch!)

Der Bezug zu den Schülern ist entscheidend. Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Aber, wie schon gesagt, der Unterschied zwischen digital und analog, zwischen Energie und Leistung, zwischen Differenzial und Integral: für viele schon immer ein Buch mit vielen Siegeln – vielleicht lieber bleiben lassen, sol che Anfragen.

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrte Damen und Herren, in meiner letzten Rede zur Digitalisierungsplattform habe ich schon die Vermutung ge äußert, dass der Bund die Bildungshoheit der Länder mithil fe des Digitalpakts stürzen wird. Diese Vermutung hat sich in zwischen bestätigt.

(Abg. Daniel Born SPD: Wie denn?)

Die Bundesregierung strebt den Abschluss einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zum Digitalpakt Schule zeitnah zum Inkrafttreten der Änderung von Artikel 104 c des Grund gesetzes an. Unterzeichnen können Bund und Länder eine Ver einbarung zum Digitalpakt Schule nach Inkrafttreten der Grundgesetzänderung und des Haushaltsgesetzes 2019. Was bedeutet das eigentlich?

(Abg. Daniel Born SPD: Das ist doch sinnvoll! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Hervorragend!)

Über die Gründe dieser Grundgesetzänderung – hervorragend aus Ihrer Sicht –

(Abg. Daniel Born SPD: Ja!)

schweigt sich die Bundesregierung aus. Interessant dabei ist: Die Grünen spielen in Berlin die Opposition, stellen dieses Vorhaben infrage, und hier spielen sie Regierung und spielen ein falsches Spiel mit – Fragezeichen. Auch das ist eine Pip pi-Langstrumpf-Welt. Merken Sie das nicht, oder ist das Ab sicht?

(Beifall bei der AfD)

In Berlin bringt die CDU eine Grundgesetzänderung ein, mit welcher die Bildungshoheit der Länder zumindest angekratzt oder gar gekippt wird. In Stuttgart verkünden Sie, Frau Dr. Ei senmann, im Brustton der Überzeugung, Sie hielten die Grundgesetzänderung für falsch. Für eine Digitalisierungsin itiative brauchen wir keine Grundgesetzänderung. Wir, die Al ternative für Deutschland, erkennen, dass das hoheitliche Han deln auf Bundesebene die Freiheit der Bildung im Land ein schränken wird. Deswegen: Wir erkennen, dass Artikel 104 c Türöffner sein wird, um die Bildungs- und Kultushoheit nach Bundesvorgabe und nach EU-Vorgaben umzugestalten.

(Abg. Daniel Born SPD: So ein Quatsch! Wir machen die Schulen stark!)

Warten Sie es ab!

Der französische Präsident Macron hat eine Ausrichtung so wohl der Hochschulbildung als auch der Sekundarschule nach EU-Standards gefordert.

Herr Abg. Dr. Balzer, bit te beachten Sie die Redezeit.

Ich weiß. – Wir erwarten, dass eine Landesregierung, die mit vollmundigen Worten die Bil dungshoheit beschwört, hier einen Gegenentwurf vorlegt. Den könnte man dann gegebenenfalls unterstützen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)