Protocol of the Session on April 12, 2018

Über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm beispielswei se ist zu Recht schon viel gesagt worden. Dabei unterstützen wir die Tierhalter, höhere Tierwohlstandards umzusetzen. Ich sage Ihnen, Herr Gall: 40 % aller neu gebauten Rinder- und Milchviehställe in den letzten zwei Jahren waren Ställe mit Premium-Tierwohl-Angebot, also nicht Standard entspre

chend den gesetzlichen Normen, sondern Premiumstandard. Bei den Schweineställen war ein einziger Stall dabei, der nach Standard gebaut wurde, alle anderen haben nach Premium standards gebaut, und zwar freiwillig. Natürlich haben sie von uns dafür eine etwas höhere Förderung erhalten. Das erfolg te bewusst und war von uns gewollt.

(Zuruf des Abg. Martin Hahn GRÜNE)

Beim Geflügel ist es das Gleiche. Insofern muss man sagen: Wir tun etwas dafür, dass wir gerade in der Haltung höhere Standards erfüllen. Die Tierhalter und die Landwirte tun das auch. Der Wille ist unverkennbar. Wir stärken und stützen die jenigen, die höhere Standards erhalten und einhalten wollen. Aber wir müssen sie auch schützen, wenn es darum geht, sie vor ungerechtfertigten Angriffen zu bewahren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Ich sage Ihnen ganz offen: Das gehört für mich schon dazu, weil mittlerweile die Landwirte, insbesondere die Tierhalter, zu einer Minderheit in dieser Gesellschaft zählen und auch den besonderen Schutz der Politik verdient haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: Das müssen Sie Herrn Gall sagen!)

Auf einer solchen Minderheit – dagegen wehre ich mich – las se ich nicht einfach herumhacken von mediengewandten Or ganisationen und solchen, die letztendlich einen Zugang zu Medien haben. Mich ärgert auch – ich sage das ganz offen –, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk – das ZDF und der SWR; die ursprüngliche Sendung kam vom ZDF und trug den Titel „Geheimsache Tiertransporte“ – wiederholt einen Film beitrag ausstrahlt, wobei der SWR in der letzten Sendung den Eindruck erweckte, es seien Schlachttiere aus Baden-Würt temberg, die auf die Reise geschickt werden, und als lägen Missstände bei uns vor.

Ich habe aufgrund der ZDF-Sendung einen runden Tisch ein berufen, weil ich wissen wollte – Exporte sind nicht verbo ten; um das klar zu sagen –: Gibt es überhaupt diese nennens werten Schlachttierexporte in Baden-Württemberg? Man kann es ja nachvollziehen. Es sind weniger als 100 von zigtausend Tieren gewesen, die jährlich geschlachtet werden, unter 100, die nach außerhalb der Grenzen der Europäischen Union ex portiert werden. Wir haben erreicht – es ist eben nicht verbo ten –, dass sich die Verbände selbst verpflichten, keine Schlachttierexporte mehr aus Baden-Württemberg durchzu führen – immerhin eine Selbstverpflichtung. Wir können es den Menschen gar nicht verbieten, zu exportieren. Also, es ist weitaus mehr als das, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Ich hätte mir gewünscht, das wäre früher schon einmal passiert.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Aber angeblich wurde es auch vorher nicht gemacht!)

Nein. Ich hätte es mir auch gewünscht.

Noch einmal zu diesem Filmbeitrag: Wir haben versucht, jetzt akribisch nachzuvollziehen, welche Kühe da eigentlich zu se

hen sind. Sie wissen, dass die Kühe nach EU-Norm Ohrmar ken tragen müssen, und die Ohrmarken geben Rückschluss auf die Herkunft der Kühe. Unter allen Kühen, die dort zu se hen waren, war eine, die keine Ohrmarke hatte; das war ille gal. Jetzt wissen wir nicht, wer der Transporteur war. Der war nicht zu sehen. Ich glaube, man sah nur einen schwarzen Lkw. Es war eine Kuh dabei, die einen Bezug zu Baden-Württem berg hatte, nämlich mit der Ohrmarke Nummer DE0816284455. Ich erwähne das deshalb, weil man jede Kuh an der Ohrmarke identifizieren kann.

Bei diesem Tier handelte es sich um eines, das in Baden-Würt temberg geboren wurde. Man kann das mittlerweile ja auf grund der Daten sehr gut nachvollziehen. Das Tier hat den Be trieb im Mai 2017 verlassen, wurde an die Rinderunion abge geben und im Juni 2017 wieder an einen Betrieb in Rhein land-Pfalz verkauft.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Im August 2017 hat es diesen Betrieb in Rheinland-Pfalz ver lassen und wurde in die Türkei exportiert.

Das war das einzige Tier mit einem Bezug zu Baden-Würt temberg. Alle anderen Tiere hatten keinen Bezug zu BadenWürttemberg. Ich will das nur einmal feststellen. Aber es wur de so getan und es konnte der Eindruck entstehen, das wären alles Tiere aus Baden-Württemberg, wir hätten eine Riesen schlachttierexportindustrie und würden nichts dagegen tun, um diese Schlachttiertransporte auf ein vernünftiges Maß ein zudämmen bzw. sie tierschutzgerecht durchzuführen.

Wir kontrollieren Schlachttiertransporte oder generell Tier transporte. Da gibt es ein klares, ein strenges Reglement in nerhalb der Europäischen Union. Es soll niemand glauben, an der Ostgrenze Bulgariens würde schlechter kontrolliert als mitten im Herzen Deutschlands oder anderswo. Auch Bulga rien und Rumänien kontrollieren. Aber außerhalb der Euro päischen Union hat man eben keinen Einfluss mehr.

Was wir haben, sind Zuchttierexporte. Wir exportieren viele Kühe – vor allem sind es Kühe – zum Zwecke der Zucht, und die sind auch viel teurer. Deshalb sind es Ammenmärchen, wenn gesagt wird: „Die Zuchttiere werden als Zuchttiere de klariert, um sie dann zu schlachten.“ Weil sie einfach viel, viel teurer sind, wird kein Mensch ein Zuchttier zu diesem Preis kaufen, wenn er auch ein Schlachttier erwerben könnte. Wa rum auch? Es ist ja nicht verboten, Schlachttiere zu kaufen.

Wir exportieren Zuchttiere – und zwar in nennenswertem Um fang; das sind mehrere Hundert –, vor allem in osteuropäische Länder, in die ehemalige Sowjetunion – das sind die Haupt abnehmer –, aber auch in arabische Länder. Auch dorthin wer den Zuchttiere exportiert.

Ich will nur noch einmal festhalten, dass ich mich auch gegen den Anschein verwahre, der durch manche Dinge erweckt wird. Ich habe das auch deshalb einmal akribisch aufarbeiten lassen, um klarzustellen, dass wir in Baden-Württemberg das Problem eben nicht haben, das in Bildern über die Fernseh schirme flimmert, wobei die Leute natürlich – – Ich habe den Beitrag auch gesehen. Da zieht es einem die Hose aus. Da bleibt einem die Spucke weg, weil das keine Zustände sind, die wir im 21. Jahrhundert akzeptieren können.

Herr Kollege Stein, Sie von der AfD machen Vorhaltungen und machen den Tierschutz und das Schächten an dem The ma Muslime fest. Nennen Sie mir bitte einmal Ross und Rei ter dieses Betriebs. Das muss nicht öffentlich sein. Aber nen nen Sie sie einmal. Die haben Sie bis zum heutigen Tag nicht genannt. Wir gehen der Sache auch nach. Ich vermute – wenn es so ist –, dass der Betrieb ganz regulär eine Ausnahmege nehmigung hat. Die kann er erhalten,

(Zuruf des Abg. Udo Stein AfD)

weil auch das politische Handeln in der Tat so sein muss, dass Verfassungsgüter gegeneinander abgewogen werden müssen,

(Beifall des Abg. Martin Hahn GRÜNE – Abg. Mar tin Hahn GRÜNE: So ist es!)

wenn es Fälle gibt, bei denen Güter in Konflikt zueinander stehen. Es ist so. Mir brauchen Sie keine Vorträge zu halten. Ich bin kein Jurist. Das sollen Juristen untereinander disku tieren. Ich kann Ihnen nur sagen: Es ist so. Auch das politi sche Handeln hat so zu erfolgen, dass zum Zweck der Religi onsausübung auch geschächtet werden können muss,

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

wenn ansonsten die Tierschutzvorschriften eingehalten wer den. Dazu kann es Ausnahmegenehmigungen geben. Aber die se Fälle sind mit Sicherheit nicht die Regel; um das einmal klar zu sagen.

(Zuruf des Abg. Udo Stein AfD)

Übrigens, was das Thema Koran angeht: Es sind nicht nur die Muslime, die nach solchen Vorschriften leben. Auch die Ju den leben danach. Insofern: Seien Sie bitte vorsichtig mit Pau schalurteilen. Ich meine, Ihnen geht es ja nicht um Religions freiheit.

(Abg. Udo Stein AfD: Um Tierschutz!)

Nein, nein. – Ihnen geht es doch nur darum,

(Abg. Carola Wolle AfD: Das ist eine Unterstellung!)

eine gesellschaftliche Gruppe, nämlich Zuwanderer, Musli me, auszugrenzen, aber nicht darum, sie zu integrieren.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

Nein.

Dafür den Tierschutz als Vorwand zu nehmen, das ist mehr als schäbig; um das einmal klar zu sagen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Bernd Grimmer AfD: Das ist eine Unverschämtheit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Umgang mit Tieren, aber auch das Vom-Leben-in-den-Tod-Bringen ist kei ne angenehme Sache. Deshalb ist das Thema Ernährung im mer von Verantwortung geprägt. Wer sich ernährt, und gera de, wer sich mit Fleisch ernährt – das ist die Mehrzahl der Be völkerung –, dem muss klar sein, dass die Grillwurst nicht vom Himmel fällt und nicht auf dem Acker wächst, sondern über ein Tier veredelt wird.

(Abg. Carola Wolle AfD: Es geht um die Art und Wei se des Tötens!)

Da die Grillwurst nicht auf dem Acker wächst, geht auch Ver antwortung damit einher und das Bewusstsein, dass wir es als Verbraucherinnen und Verbraucher mit unserer Kaufentschei dung auch in der Hand haben, unter welchen Umständen Tie re gezüchtet, ernährt und schließlich auch geschlachtet wer den.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Um es auch klar zu sagen: All das ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wer den Billigheimer mimt und meint, man müsse im mer den neuesten Preisschnäppchen nachjagen, leistet dem Vorschub, dass am Rande der Legalität Tiere in einer Art, die nicht mehr unseren Vorstellungen von Tierwohl entspricht, gezüchtet, gehalten und schließlich geschlachtet werden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Wir haben in Baden-Württemberg noch drei sehr große Schlachtbetriebe, die international im Wettbewerb stehen und international mithalten, und 40 mittlere Betriebe.

(Zuruf von der AfD: Zu wenig!)

Mittlerweile herzlich wenig; eigentlich schon zu wenig, weil wir auch unnötige Tiertransporte vermeiden wollen. Wir brau chen also eine ausreichend große Schlachthofdichte; um dies klar zu sagen.

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: Ja! Ja! Das ist ein rich tiges Problem!)

Aber damit kein falscher Eindruck entsteht: Der Landwirt schaftsminister und der Minister für den ländlichen Raum und für den Tierschutz schaut jetzt nicht weg nach dem Motto: „Machen wir bei den Schlachthofauflagen einen maßvollen Vollzug, damit wir die Betriebe halten.“ Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass auch die Schlachthofbetreiber durch Inves titionen immer wieder auf dem Stand der Tierschutzanforde rungen bleiben. Und das haben wir getan.