Zur Gewinnung qualifizierten Personals haben wir für Absol venten eines IT-Studiums die Sonderlaufbahn der Cyberkri minalistinnen und Cyberkriminalisten im gehobenen Dienst eingeführt. Seither haben mehr als 30 Quereinsteiger diese kriminalpolizeiliche Laufbahn eingeschlagen. Es ist sehr wichtig für uns, dass wir bei der Polizei in Baden-Württem berg hervorragende IT-Fachleute haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir tolle junge motivierte Leute gerade in diesem Bereich bei der baden-württembergischen Polizei haben.
Um den Anschluss an die informationstechnischen Innovati onen nicht zu verlieren, sind wir im Moment dabei, auch ei ne Sonderlaufbahn für Cyberkriminalistinnen und Cyberkri minalisten im höheren Dienst zu schaffen. Landesweit verfügt der gesamte Aufgabenbereich „Cybercrime und Digitale Spu ren“ aktuell über 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sehen: Wir stellen uns neu auf.
Für Behörden und Unternehmen, aber auch für Bürgerinnen und Bürger betreibt das Landeskriminalamt die Zentrale An sprechstelle Cybercrime, ZAC. Damit steht im Kampf gegen Cybercrime ein zentraler Ansprechpartner bei der Polizei zur Verfügung.
Eines mussten wir jedoch feststellen: Gerade Wirtschaftsun ternehmen sind von IT-Angriffen in hohem Maß betroffen, wenden sich aber nur selten an die Polizei.
Aus diesem Grund erweitern wir die bestehende Sicherheitsar chitektur mit einem Pilotprojekt „Cyberwehr Baden-Württem berg“, das Teil unserer Digitalisierungsstrategie „digital@bw“ ist. Wir können schnell Hilfe leisten, wenn diese Einrichtung zum Laufen kommt. Damit wird in der Technologieregion Karlsruhe in Kooperation mit dem Forschungszentrum für In formatik und u. a. dem CyberForum eine zentrale Anlaufstel le für Unternehmen eingerichtet.
Kommt es zu einem Sicherheitsvorfall, also z. B. zu einer Cy berattacke, wird die Cyberwehr über eine Notfallrufnummer den Kontakt zu speziell ausgebildeten Notfallteams vermit teln. Damit wollen wir betroffenen Unternehmen aktive Hil festellung an die Hand geben und eine wesentliche Angebots lücke schließen. Cyberwehr, das ist die kleine Feuerwehr in der virtuellen Welt.
Im Herbst dieses Jahres wird das Innenministerium zudem ein Symposium zum Thema „Cybercrime und Cybersicherheit“ ausrichten. So treiben wir auch den Informationsaustausch auf diesem Gebiet weiter voran.
Wir verfolgen in Baden-Württemberg bei der Bekämpfung der Kriminalität von Rocker- und rockerähnlichen Gruppie rungen eine klare Nulltoleranzstrategie.
Vor diesem Hintergrund standen auch die Mitglieder der ro ckerähnlichen Gruppierung „Osmanen Germania Boxclub“ seit ihrer Gründung im Jahr 2015 im Fokus. Der 2016 aufkei mende Konflikt mit einer kurdisch geprägten Gruppierung er reichte Ende 2016 nach mehreren Aufmärschen und körper lichen Auseinandersetzungen besonders im Raum Ludwigs burg und Stuttgart seinen Höhepunkt. Diese Auseinanderset zungen auf deutschem Boden lassen wir nicht zu.
Die Polizei hat darauf mit der Gründung der Ermittlungsgrup pe Meteor beim Landeskriminalamt reagiert, die über 100 Er mittlungsverfahren geführt hat – mit Erfolg: Seit Mai 2017 sind keine Auseinandersetzungen mehr zwischen den Grup pierungen bekannt geworden. Wir haben diese Auseinander setzungen erfolgreich beendet. Es konnten insgesamt 31 Haft befehle, u. a. gegen den Weltpräsidenten und den Weltvize präsidenten der Osmanen Germania, erwirkt werden.
Mitte März hat Baden-Württemberg das vereinsrechtliche Er mittlungsverfahren des Bundes aktiv unterstützt. Insgesamt waren für Durchsuchungen und Beschlagnahmen über 100 Beamtinnen und Beamte der Landespolizei im Einsatz. Vor wenigen Tagen nun begann der Strafprozess gegen die Ver antwortlichen der Osmanen Germania, und zwar hier in Ba den-Württemberg, nicht irgendwo anders.
Dazu wurden Stimmen laut, die eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz verlangten. Dessen Aufgabe ist jedoch, ins besondere verfassungsfeindliche Bestrebungen zu beobach ten. Hierfür müssten u. a. hinreichende tatsächliche Anhalts punkte dafür vorliegen, dass sich eine Organisation zielge richtet gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder wendet.
Diese Voraussetzung ist nach Einschätzung der Experten des Verfassungsschutzes bei den Osmanen Germania derzeit nicht gegeben. Es handelt sich im Kern um eine Gruppierung, die wegen ihrer Bezüge zur organisierten Kriminalität in BadenWürttemberg in den Zuständigkeitsbereich der Polizei fällt. Dort wird erfolgreich gearbeitet, und das ist gut so – erfolg reicher im Übrigen als in allen anderen Bundesländern.
Taten der politisch motivierten Kriminalität zielen auf die de mokratischen Grundwerte unserer Gesellschaft ab. Auch hier gibt es eine klare Ansage: Für politisch motivierte Gewaltde likte gibt es in Baden-Württemberg keinen Platz – völlig un abhängig von der zugrunde liegenden Ideologie.
Zwar konnten wir 2017 bei der politisch motivierten Krimi nalität einen deutlichen Rückgang um rund 12 % verzeichnen, allerdings gibt es nicht den geringsten Grund zur Entwarnung.
Die rechtsmotivierten Straftaten bilden trotz Rückgangs den größten Anteil innerhalb der politisch motivierten Kriminali tät. Die Mehrzahl dieser Straftaten sind nach wie vor Propa gandadelikte wie beispielsweise Hakenkreuzschmierereien. Außerdem versucht die rechtsextreme Szene weiterhin, die Flüchtlings- und Asylpolitik für ihre Interessen zu instrumen talisieren.
Auch die linksmotivierte Kriminalität müssen wir scharf im Blick behalten. Das zeigen nicht zuletzt die Ereignisse rund um den G-20-Gipfel in Hamburg im vergangenen Jahr sowie das vom Bundesinnenministerium ausgesprochene Verbot der Internetplattform „linksunten.indymedia.org“.
Besorgniserregend ist auch die Zunahme der Fallzahlen im Themenfeld Islamismus. Diese nahmen im Vergleich zum Vor jahr um 16 % auf insgesamt 116 Delikte zu. Die weltweite Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus ist eine der größten Herausforderungen für die Sicherheitsbehörden in der Nachkriegsgeschichte. Nur zur Verdeutlichung: Seit dem Jahr 2013 hat sich die Anzahl der sogenannten islamistischen Ge fährder in Baden-Württemberg mehr als verzehnfacht auf ei ne insgesamt niedrige dreistellige Zahl.
Wir treten den Gefährdungen durch den islamistischen Extre mismus auf vielfältigen Ebenen entgegen. Im Rahmen eines sogenannten Gefährdermanagements versucht die Polizei, ent sprechende Radikalisierungstendenzen frühzeitig zu erken nen, und bewertet bundesweit einheitlich das Risikopotenzi al der Gefährder.
Mit dem im Juli 2016 verabschiedeten Sofortprogramm, dem sogenannten Antiterrorpaket III, habe ich vor dem Hintergrund der aktuellen Lageentwicklung die Pakete aus dem Jahr 2015 ergänzt und eine weitere Schwerpunktsetzung in der Terroris musbekämpfung vorgenommen. Wir haben eine „Fahndungs- und Observationseinheit Staatsschutz“ beim Landeskriminal amt geschaffen und dessen Staatsschutzabteilung gestärkt. Teil des Pakets war auch eine Verstärkung des Bereichs Cyber crime bei den Polizeipräsidien um insgesamt 36 Beamtinnen und Beamte. Zudem werden Stellen im Nichtvollzug für drin gend benötigte IT-Experten geschaffen.
Wir haben aber nicht allein polizeiliche Maßnahmen im Blick. Im Jahr 2017 wurden insgesamt sechs Gefährder in ihre Hei matländer zurückgeführt.
Bei all dem muss uns aber bewusst sein, dass es keinen hun dertprozentigen Schutz vor Terrorismus geben kann. Aber klar ist auch: Unsere Sicherheitsbehörden tun mit größtem und un ermüdlichem Einsatz alles, aber auch wirklich alles, um in Ba den-Württemberg einen Anschlag zu verhindern.
Wir haben viel dafür getan, damit das Leben in Baden-Würt temberg objektiv sicher bleibt und sich die Bürgerinnen und Bürger auch sicher fühlen können. Wir haben eine gut ausge stattete, schlagkräftige Polizei mit einem effektiven rechtli chen Instrumentarium.
Mit der in der Landesgeschichte einmaligen Einstellungsof fensive und der Novellierung des Polizeigesetzes haben wir
im vergangenen Jahr die notwendigen Rahmenbedingungen entscheidend verbessert. Doch klar ist: Unsere Polizistinnen und Polizisten sind das Kapital der Polizei im Land, und ge nau in dieses Kapital werden wir vor allem weiter und in Zu kunft gewaltig investieren.
So haben wir im Koalitionsvertrag die Schaffung von 1 500 Neustellen verankert. Diese wollen wir möglichst schnell be setzen. Deshalb bilden wir deutlich mehr junge Menschen aus, als das ursprünglich geplant war.
Mit den jeweils 1 800 Einstellungen in den Jahren 2018 und 2019 geht es um nichts weniger als die größte und umfang reichste Einstellungsoffensive der Polizei in Baden-Württem berg.
Auch dazu eine Bemerkung: Die Polizei Baden-Württemberg ist ein attraktiver Arbeitgeber. Das belegt u. a. die anhaltend gute Bewerberlage. Allein im Jahr 2017 gab es rund 5 600 Be werbungen beim Arbeitgeber Polizei. Reden wir das doch bit te nicht schlecht.
Damit kann die Polizei Baden-Württemberg eine qualitativ angemessene Bewerberauswahl treffen und weiterhin ein ho hes Niveau bei den Anwärterinnen und Anwärtern gewähr leisten. Alles andere ist unwahr.
Dass wir bei dieser demografischen Entwicklung und bei die ser gewaltigen Steigerung der Zahl der Einstellungen immer noch die Qual der Wahl haben, die Möglichkeit der Auswahl unter qualifizierten und sehr qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern, das ist so schön, weil es zeigt, dass es hinreichend viele junge Frauen und Männer gibt, die im Polizeiberuf et was Sinnstiftendes sehen.
Wir tun einiges dafür, um auch gute Bedingungen zu bieten. Dabei spielt finanziell die von der Koalition beschlossene und bereits zum 1. Januar 2018 umgesetzte Rücknahme der Ab senkung der Eingangsbesoldung eine Rolle. Das macht für junge Frauen und Männer den öffentlichen Dienst finanziell schon etwas attraktiver. Aber auch im Koalitionsvertrag ver einbarte Vorhaben wie beispielsweise spürbare Strukturver besserungen im Personalbereich samt Stellenhebungen spie len hier eine Rolle.
Dass junge Menschen, junge Polizistinnen und Polizisten, sich dennoch umentscheiden, dass sie beispielsweise einen Studi enplatz annehmen oder feststellen, dass der Polizeiberuf doch nicht das Richtige für sie ist oder sie den hohen Anforderun gen, die der Polizeiberuf zweifellos stellt, nicht gewachsen sind, all das kommt freilich vor und ist auch immer schon vor gekommen.
Aber auch bei den Zahlen derjenigen, die die Polizeiausbil dung abbrechen, stehen wir nicht nur gut, sondern sehr gut da. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat kürzlich berichtet, jeder vier te Auszubildende würde abbrechen; in manchen Bereichen liege die Abbrecherquote sogar bei rund 50 %.
Demgegenüber bewegt sich die Zahl der Abbrecher bei der Polizei seit Jahren auf einem konstant niedrigen und üblichen Niveau. Es ist kein prozentualer Anstieg der Zahlen, beispiels weise im Zusammenhang mit der aktuellen Einstellungsoffen sive, feststellbar. Alles andere ist die Unwahrheit.
In den Jahren 2011 bis heute verließen im Durchschnitt 6,55 % vorzeitig die Ausbildung, also mitnichten „jeder Zehnte“, wie das vergangene Woche fälschlicherweise verlautbart wurde.
Von rund 1 400 Auszubildenden, die 2017 im mittleren und im gehobenen Dienst begonnen haben, verließen 62 auf eige nen Wunsch die Ausbildung vorzeitig. Da nehmen wir jetzt mal das Fingerle zum Rechnen: 62 von 1 400, das sind nicht einmal 5 %, schon gar nicht 10 %. Um 100 % daneben! Das sollten wir mit der baden-württembergischen Polizei nicht ma chen.