Protocol of the Session on March 7, 2018

(Abg. Anton Baron AfD: Weil Sie die Werte zu weit runtersenken!)

nicht nur am Neckartor – Tendenz fallend, aber nicht so schnell, wie man es gern hätte.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Damit will ich Folgendes sagen: Bei all den Reden habe ich immer wieder gemerkt: Sie nehmen das Problem der Luftver schmutzung nicht wirklich ernst.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Her mann Katzenstein GRÜNE: So ist es! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: So ist es! Genau!)

So werden wir auch nicht weiterkommen.

(Zuruf von der CDU)

Die Gerichte sind mehrfach von Bürgerinnen und Bürgern und der Deutschen Umwelthilfe angerufen worden. Ich finde es ziemlich billig, eine Organisation anzugreifen, die vor Gericht geht und einen Prozess nach dem anderen gewinnt.

(Beifall des Abg. Thomas Hentschel GRÜNE)

Wie kann das sein? Wenn es so eine Deppenorganisation wä re, müssten ihre Forderungen eigentlich von jedem Gericht abgelehnt werden. Mit ihren Rechtsanwälten argumentieren sie strikt bezogen auf das Umweltrecht. Deswegen wird bei jedem Gericht festgestellt, dass Gesundheitsschutz ein hohes Gut ist und dass Politik und Wirtschaft dafür sorgen müssen, dass die Luft sauber ist. Das ist unser Auftrag.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Jürgen Walter GRÜ NE: Die Einhaltung von Gesetzen ist ja auch nicht ganz unwichtig! – Abg. Anton Baron AfD: Sie sind doch sieben Jahre in der Regierung!)

Es ist aber genauso der Auftrag der Bundesregierung und der Automobilindustrie. Herr Haußmann, wenn jemand die Rote Karte verdient hat, ist es zuallererst die Autoindustrie

(Beifall bei den Grünen – Abg. Jürgen Walter GRÜ NE: Jawohl! – Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: So ist es!)

mit ihren schlechten Fahrzeugen, die an NOx das Fünf- bis Zehnfache dessen ausstoßen, was auf dem Papier steht. Die sind zuallererst schuldig, weil alle unsere Anstrengungen – auch wenn Herr Rivoir sie immer noch bestreitet –, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, von den Schlechtfahrzeu gen Euro 5 konterkariert werden. Wir wären heute schon durch, wenn die Fahrzeuge wirklich so gut wären, wie es auf dem Papier steht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die zweite Rote Karte gebührt der Bundesregierung. Es ist sehr lustig, dass Herr Rivoir unsere Regierung beschimpft und behauptet, wir seien zerstritten. Schaut doch einmal nach Ber lin!

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Oh Gott! – Abg. Reinhold Gall SPD: Da wollten Sie doch unbedingt hin!)

Die Umweltministerin von deiner Partei kämpft seit vier Jah ren für eine blaue Plakette.

(Zurufe von der SPD – Glocke des Präsidenten)

Dein früherer Wirtschaftsminister Gabriel war konsequent da gegen und hat dies verhindert. So viel zur Einigkeit in der SPD. Es gibt Streit in vielen Parteien. Deswegen ist es ganz schlecht, wenn man auf andere zeigt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Die SPD streitet doch nie intern! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Jetzt kommen wir noch einmal zu den Gründen. Wie kam es eigentlich zu so schlechten Fahrzeugen? Wir haben zum ei nen den Betrugsfall VW mit Abschaltvorrichtungen, die ille gal sind. Es wurden ungefähr 2,3 Millionen Fahrzeuge in den Verkehr gebracht, die eigentlich gar nicht zugelassen sind. Diese Fahrzeuge sind jetzt zwangsweise nachgerüstet worden. Warum? Wenn sie nicht nachgerüstet worden wären, wären sie stillgelegt worden. Das hat das Kraftfahrt-Bundesamt üb rigens schon den Ländern mitgeteilt, und unsere Behörden hätten diese Fahrzeuge stilllegen müssen. Das ist jetzt nicht geschehen, denn man hat nachgerüstet.

Aber die anderen 2,5 Millionen, bei denen auch die Nachrüs tung versprochen worden ist: Das ist sozusagen eine andere Form von Betrug. Das ist nämlich der Betrug, dass man bei dem Fahrzeug das Thermofenster, also die Abgasreinigung, öfter ausgeschaltet als eingeschaltet hat. Das ist ein zweiter Betrug. Genau dieser ist noch nicht behoben.

Viele haben gesagt: Beim Dieselgipfel hat man doch verspro chen, dies zu machen. Jetzt sind sieben Monate vergangen, und kein einziges Fahrzeug ist nach dieser Methode nachge rüstet worden, obwohl wir übrigens bei unserem Gerichtster min genau darauf Wert gelegt und gesagt haben: Wir wollen durch die Nachrüstungen Fahrverbote vermeiden – wenn sie denn gekommen wären.

Damit bin ich auch bei dem Richter des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Er hat unseren Vorschlag, keine Fahrverbote zu ma chen, sondern auf die blaue Plakette zu setzen, weitere Maß nahmen zu ergreifen und auf die Nachrüstung zu setzen, ab gewiesen mit der Begründung: „Ihr könnt uns doch nichts ver sprechen, was ihr selbst gar nicht einhalten könnt, weil das ja ein Versprechen der Automobilindustrie ist.“

Wir haben damals gesagt: „Man wird schon sehen. Wir krie gen das hin.“ Ich hatte übrigens auch die Hoffnung, weil ich dachte: Jetzt haben sie es in der Automobilindustrie kapiert. Wenn sie den Diesel, wenn sie ihr Image retten will, muss sie jetzt wenigstens bei der Nachrüstung aktiv sein.

Was ist geschehen? Nichts. Zweieinhalb Millionen Fahrzeu ge wurden nicht nachgerüstet. Heute kann man hören: „Es dauert noch einmal ein Jahr, bis wir das vielleicht schaffen.“ Geschweige denn, dass sich die Automobilindustrie an die Hardwarenachrüstung gemacht hätte. Der ADAC hat zusam men mit uns nachgewiesen, dass auch die Hardwarenachrüs tung gilt und möglich ist. Zusammen könnte man also wirk lich etwas tun. Wenn man die Diesel sauber haben will, muss man sich da engagieren. Auch da hat die Bundesregierung kläglich versagt und hat die Automobilindustrie keine Verant wortung übernommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Nun haben sich heute viele ein bisschen in der Weise geäu ßert, als gäbe es hier keinen Rechtsstaat. Wir sind in einem Verfahren. Wir haben vom Verwaltungsgericht Stuttgart den Auftrag bekommen, Fahrverbote zu machen. Dort heißt es: „Fahrverbote auf Strecken“

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

oder in Zonen. Dagegen haben wir Revision eingelegt, weil wir gesagt haben: Das Land kann das gar nicht allein. Wir sind nicht zuständig. Zuständig ist der Bund. Das Bundesverwal tungsgericht hat uns mit aller Klarheit gesagt, der Richter spruch in Stuttgart könne im Großen und Ganzen nicht kriti siert werden, den müsse man anerkennen.

Nur in einem einzigen Punkt – das ist unser Erfolg bei dieser Gerichtsverhandlung – hat der Verwaltungsrichter in Stuttgart nicht recht. Man kann, wenn man Eingriffe in die Nutzung von Eigentum macht, das nicht in kurzen Fristen machen. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht gesagt: Ihr müsst mindestens bis zum September 2018 warten, bis ihr die ältes ten Fahrzeuge rausnehmt, und ihr müsst mindestens bis Sep tember 2019 warten,

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

bis ihr das bei anderen Fahrzeugen macht. Aber die Frage, ob die kommen oder nicht, hat er überhaupt nicht mehr infrage gestellt. Er hat gesagt: Das Gericht in Stuttgart hat nach gewiesen, dass alle Maßnahmen – das ganze Paket: besserer ÖPNV, Umrüstung auf Elektromobilität, Förderung des Rad verkehrs, Förderung des Fußverkehrs, alles, was wir angesto ßen haben – in der Summe nicht so viel bringen, dass wir un mittelbar und in Kürze die Grenzwerte erreichen können. Das war die Begründung des Verwaltungsgerichts, und das war jetzt auch die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts, zu sagen:

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das stimmt doch nicht! Die Verhältnismäßigkeit wurde besonders hervorge hoben!)

„Weil das so ist, müsst ihr handeln.“ Das kann man natürlich ignorieren.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das ignoriert doch kei ner! Das ist eine Rechtsfrage!)

Aber die Verhältnismäßigkeit, hat das Gericht gesagt, hat sich eindeutig auf die Fristen und nicht auf die Maßnahme bezo gen. Sie können das nachlesen. Wir haben ja die kurze schrift liche vorläufige Begründung des Bundesverwaltungsgerichts.

(Zuruf: Gibt es die?)

Wir werden natürlich noch prüfen – da gebe ich Herrn Dörf linger recht –, was in der ausführlichen Begründung steht. Dann schaut man sich an, was genau da drinsteht. Aber wei terhin ignorieren geht nicht.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Anton Ba ron AfD)

Wir, die Landesregierung, haben klar zugesagt – wir sind auch in der Pflicht und haben da auch gar keinen Spielraum mehr –:

Wir müssen den Luftreinhalteplan überarbeiten, den Entwurf, wir müssen selbstverständlich auch die Maßnahmen darauf hin überprüfen, wie viel sie bringen, also die Maßnahmen von den Busspuren bis zur Förderung des Radverkehrs. Dafür möchte ich dann gern auch einmal die Unterstützung von de nen haben, die heute sagen: Wir wollen keine Fahrverbote. Es ist klar, dass Busspuren auch zulasten des Autoverkehrs ge hen müssen; denn wenn der Bus im Stau steht, kann er nicht wirksam werden. Auch solche Maßnahmen gehören zu die sem Paket.

Wenn unsere Maßnahmen, die wir übrigens modellhaft durch gerechnet haben, nicht dazu führen, dass wir die Grenzwerte, die wir einhalten müssen, auch wirklich einhalten, dann gilt die Ultima Ratio. Aber das ist eine Ultima Ratio: Wenn alles andere nicht ausreicht, müssen wir es machen. Wenn man das ausrechnen kann, kann man nicht hier hinstehen und sagen, das werde wahrscheinlich alles gut. Das wird sich dann wei sen, ob das gut wird.

Aber klar ist auch eines: Wir werden natürlich keine Fahrbe schränkungen anordnen, wenn wir die Grenzwerte erreicht ha ben.

(Zuruf von der AfD: Dann macht ihr neue!)

Das ist doch völlig klar. Dafür, dass wir so etwas nicht ma chen, stehe ich auch.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Aber wir werden alles tun – und damit einen ganzen Katalog umsetzen –, damit wir in Stuttgart und anderswo endlich sau bere Luft bekommen. Dafür werde ich mich sehr einsetzen. Ich kann nur darum bitten, dass mich viele dabei unterstützen.

(Abg. Anton Baron AfD: Keinesfalls!)

Denn wir alle sind in der Pflicht, den Gesundheitsschutz als Gut hochzuhalten. Wir haben ein Abwägungsgebot, auch ge genüber Wirtschaftsinteressen, aber man kann die Gesundheit nicht immer hintanstellen. Das geht eben nicht.