Protocol of the Session on February 1, 2018

Ich würde lieber dafür um Unterstützung werben als um Un terstützung für eine Schar weiterer Kontrolleure, die am En de den letzten Missbrauchsfall auch nicht verhindern.

(Zuruf von den Grünen: Ja!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Bürgerliche Ge setzbuch bzw. das Strafgesetzbuch ist auch etwa um 1900 ver abschiedet worden. Auch darin stehen viele Tatbestände, die von Anfang an Straftatbestände waren, die schon in der Bibel geahndet wurden bzw. im Katalog der Zehn Gebote standen, und die kommen vereinzelt trotzdem noch bis zum heutigen Tag vor. Dass man daraus aber schließen könnte, die innere Sicherheit stünde auf dem Spiel, wage ich zu bezweifeln. Das kann man nun wirklich nicht sagen. So ist es beim Thema Tierschutzkontrollen letztendlich auch.

Bei der Aufarbeitung des Falles im Alb-Donau-Kreis ist das zuständige Landratsamt im Wege des Verwaltungsvollzugs tä tig geworden. Der Bestand wurde dann auch geräumt; gegen den Halter wurde ein Verbot der Schweinehaltung verhängt. Darüber hinaus wurden von der Staatsanwaltschaft Strafver fahren eingeleitet, deren Ausgang noch abgewartet werden muss. Das Gerichtsverfahren steht an. Gegen den entsprechen den Amtstierarzt wurde ein Strafbefehl verhängt, wogegen er Einspruch eingelegt hat. Das heißt, der Fall wird jetzt auch gerichtlich verhandelt.

Da kann man nicht sagen, da würde vertuscht oder es käme nicht zur Ahndung. Das alles geht den gesetzlich vorgeschrie benen, geordneten Weg. Ich wäre der Letzte, der diesen Fall nicht ahnden würde.

Je nach Ausgang des Falles kommen für den betreffenden Amtstierarzt auch noch disziplinarische Maßnahmen hinzu.

Eines will ich in diesem Zusammenhang aber auch klar zum Ausdruck bringen: Tierhaltende Betriebe werden von den zu ständigen Behörden kontrolliert. Ich habe deshalb kein Ver ständnis für Organisationen, die nachts in Tierhaltungen ein brechen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

um heimlich zu filmen, und die Ergebnisse ihrer Recherchen dann Monate später bestimmten Medien zur Verwertung an bieten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Ich habe auch den Eindruck, dass hier im Fall von Missstän den häufig die Sensation und die Einnahmen über mögliche Spenden und nicht die Interessen der Tiere im Vordergrund stehen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Ein solches Vorgehen lehne ich entschieden ab.

Ich hätte heute noch auf die Anzeige eines dieser Einbrecher zu warten, die behaupten, sie würden es gut mit den Tieren meinen. Die Richter verfolgen diese Einbrüche nicht einmal. Auch die baden-württembergische Justiz verfolgt diese Ein brüche nicht. Es liegt immer im Ermessen der örtlichen Be hörden, ob sie einen Straftatbestand verfolgen oder nicht, ob sie Ermittlungen einleiten oder nicht. Das ist eine Ermessens entscheidung vor Ort. Aber es sei von der Exekutive einmal gesagt: Einbruch bleibt Einbruch. Deshalb ist klar: Auch das ist ein Straftatbestand, und als solcher müsste er genauso ge ahndet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Daniel Rottmann AfD: Gut, dass die CDU das so sieht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben nach die sem Vorfall einen runden Tisch einberufen. Das ist jetzt kein Arbeitskreis, in dem man sich beraten hat, weil man nicht wei terwüsste. Das wird immer unterstellt. Vielmehr ging es dar um, dass wir einfach die Experten hören wollten und versucht haben, noch irgendwelchen Dingen auf die Spur zu kommen, um zu erkennen, wo wir vielleicht noch intensiver den Finger in Prozesse hineinlegen können.

Wir haben dann einen Ansprechpartner als Vertrauensperson für Problembetriebe definiert, der zur Verfügung stehen soll, um als unvoreingenommerer Gesprächspartner Hilfestellung geben zu können. Das war ein Wunsch vieler Beteiligter am runden Tisch. Sie haben gesagt, man brauchte jemanden, der letztendlich eine Vertrauensperson ist und an den man sich auch wenden kann. Ziel war es dabei, Hemmschwellen abzu bauen, Problemfälle frühzeitig zu erkennen und geeignete Ver besserungen im Betrieb einzuleiten.

Ich habe daraufhin die Landräte angeschrieben und um die Benennung solcher Vertrauenspersonen gebeten. Zahlreiche Landräte haben den Vorschlag aufgegriffen und auch bereits solche Vertrauenspersonen benannt. Andere Landratsämter haben darauf verwiesen, dass es innerhalb des Landratsamts bereits Strukturen gebe, die in solchen Fällen zum Tragen kommen – umso besser.

Darüber hinaus hat das MLR die Thematik in Dienstbespre chungen mit den RPs und den unteren Verwaltungsbehörden mehrfach angesprochen und auch entsprechend sensibilisiert.

Aber wir wollen auch die Beratung verstärken. Im August 2017 hat das Ministerium für Ländlichen Raum eine Dienst leistungskonzession für Beratungsleistungen für ein modular aufgebautes Betriebsberatungssystem ausgeschrieben. Im Fe bruar 2018 ist der Abschluss des Verfahrens. In die Ausschrei bung wurden Module aufgenommen, die sich speziell dem Tierwohl bzw. dem Tierschutz widmen, z. B. die Spezialmo dule „Optimierung Tierwohl“, „Tierwohlmanagement – Tier basierte Indikatoren“, „Umstellung auf höhere Tierschutzstan dards“ und „Tiergesundheit“ oder das Einstiegsmodul „Schweine haltung“.

Weil wir gemerkt haben, dass wir die Beratung verstärken müssen, und das Beratungssystem von meinem Amtsvorgän ger auf Module umgestellt worden war, was ich dem Grunde nach für richtig halte, haben wir auch versucht, in dieses Sys tem neue Bereiche, neue Module zu etablieren. In der Bil dungsarbeit der Landwirtschaftsverwaltung werden die The men Tierwohl und Tierschutz aufgegriffen, insbesondere im Bildungs- und Wissenszentrum in Boxberg und im Landwirt schaftlichen Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei, dem LAZBW in Aulen dorf.

Zur Information der Amtsleitungen hat im November 2017 ei ne gemeinsame Dienstbesprechung der Landwirtschafts- und der Veterinärverwaltung stattgefunden, bei der Fragen des Tierschutzes und des Tierwohls im Mittelpunkt standen. In das Fortbildungsangebot 2018 für Beratungskräfte und Be dienstete der Landwirtschaftsverwaltung wurden die genann ten Themen ebenfalls aufgenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Nutztier halter können die Initiative ergreifen. Das Qualitätszeichen Baden-Württemberg steht seit vielen Jahren für Lebensmittel mit besonderer Prozess- und Produktqualität, für neutrale Kontrollen sowie für eine gesicherte Herkunft. Wenn ein Be trieb dieses Prädikat trägt, zeigt er von sich aus sein Bemü hen, dem Anspruch an das Tierwohl gerecht zu werden.

Das Qualitätssicherungssystem des QZBW ist dreistufig: ei ne Eigenkontrolle, eine neutrale Kontrolle und auch noch ei ne Kontrolle der Kontrolle. Die Grundanforderungen des QZBW und damit die Basis für das Qualitätsprogramm wer den in der Regel durch das QS-System als durchgängiges Qua litätssicherungssystem der Branche abgesichert.

Ich muss auch sagen: Der QS-Kontrolleur war es, der uns auch auf den Fall im Alb-Donau-Kreis aufmerksam gemacht hat. Es war also nicht so, dass das nur der Einbrecher war, sondern der QS-Kontrolleur hat insistiert, und daraufhin hat das Mi nisterium die örtlich zuständige Behörde, das Landratsamt, gebeten, einen Blick in den Schweinestall zu werfen.

Einen Tag später kam die Rückmeldung – das fand ich dann doch ein bisschen dreist –, es sei alles so weit in Ordnung. Dann gab es über das Wochenende weitere Hinweise, und als am Montag eine Delegation von Mitarbeitern des Ministeri ums auf dem Hof erschien, hat man diese Missstände wirk lich festgestellt. Ich frage mich, was der Amtstierarzt bei sei nem ersten Besuch dort gesehen hat oder wo er eigentlich war. Das kann man sich wirklich fragen.

Nach dem Besuch der Delegation des Ministeriums hat sich dann einen Tag später noch herausgestellt, dass sich neben ei ner Scheune – bei der man noch gefragt hat, ob sie zum Un terstellen alter Geräte und dergleichen genutzt werde, worauf die Antwort kam, ja, das sei so – noch ein zweiter Stall be fand, in dem die Verhältnisse mindestens genauso schlecht waren wie in dem ersten Stall. Das hat dem Ganzen dann doch noch die Spitze gegeben. Deshalb bin ich wirklich gespannt, was das Gerichtsverfahren am Ende erbringt.

Anlässlich des Tierschutzfalls im Alb-Donau-Kreis wurden die Frage des Erfordernisses der Weiterentwicklung des Qua litätssicherungssystems, die Intensivierung der Vertragsbezie hungen zwischen Zeichenträger, Erzeuger, Zeichennutzer und Dienstleister sowie die weitere Vernetzung von Daten in den Gremien des QZBW beraten, um gegebenenfalls entsprechen de Anpassungen vornehmen zu können.

Den Zeichenträgern ist dabei natürlich auch bewusst, dass lü ckenlose Kontrollen nicht möglich sind. Stets sind die Eigen kontrollen der erste Weg. Die Kontrollen erfolgen in enger Abstimmung mit dem QS-System auf der Basis von Stichpro benziehungen; die Durchführung der Audits durch neutrale Zertifizierungsstellen soll im zweiten Quartal 2018 gestartet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Baden-Württem berg hat sich in der Vergangenheit für ein verbindliches Sys tem der Haltungskennzeichnung bei frischem Fleisch stark gemacht. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag so festge halten. Ich unterstütze auch die Bemühungen des Bundeser nährungsministers um ein staatliches Tierwohllabel – oder zwei; das eine davon mit besonders hoher Qualität –, weil ich der festen Überzeugung bin, dass ein staatliches Label, das dann auch staatliche Kontrollen induziert, dazu beiträgt, das Vertrauen der Verbraucher in Fleisch, das aus Deutschland stammt, deutlich zu erhöhen. Man kann dieses Fleisch dann mit Genuss essen und weiß, die Tiere hatten zu ihren Lebzei ten ein anständiges, tierwürdiges Leben.

Im Koalitionsvertrag haben wir auch festgehalten, dass wir uns für die Haltungskennzeichnung bei frischem Fleisch stark machen. Die Bundesregierung hat die freiwillige Tierschutz kennzeichnung auf den Weg gebracht. Die rechtliche Umset zung stockt derzeit wegen der Neubildung der Bundesregie rung. Jetzt hoffen wir mal, dass dieser Prozess bald abge schlossen ist.

(Abg. Klaus Dürr AfD: Was da alles stockt!)

Mein Gott, Sie haben doch von vornherein gesagt, Sie woll ten sich an einer Regierung nicht beteiligen. Dann hat die FDP erklärt, sie wolle sich nicht beteiligen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Fragt halt noch mal!)

und dann hat die SPD erklärt, sie wolle sich nicht beteiligen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die einzigen staats tragenden Parteien in Deutschland sind derzeit doch CDU und Grüne – die Einzigen, die dieses Land noch regieren wollen. Das müssen wir doch auch mal festhalten, sorry. Das ist doch wahr.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf: Tätä, tätä, tätä! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD – Leb hafte Unruhe)

Das ist doch wahr! Ich lasse mich doch in ein Parlament wäh len, um nach Möglichkeit, wenn ich die Chance habe, auch gestalten zu können und Verantwortung zu übernehmen. Das ist doch der entscheidende Punkt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir reden gerade über Ih re Defizite! – Abg. Klaus Dürr AfD: Ist das ein Koa litionsangebot, Herr Hauk? – Gegenruf des Abg. Da niel Rottmann AfD: Ich habe gestern schon Nein ge sagt! – Glocke des Präsidenten)

Wie bitte?

Herr Minister, ich weiß, Sie haben unbegrenzte Redezeit. Ich weise Sie aber darauf hin, dass ich, wenn Sie noch länger reden, den Fraktionen ei nen Zuschlag erteilen muss.

(Beifall des Abg. Thomas Hentschel GRÜNE)

Das weiß ich. Das wollte ich eigentlich auch ganz gern machen; denn vorhin kam der Kollege Grath ja nicht mehr zu dem einen Schlusssatz, und dies kann ich ihm auf diese Weise ermöglichen. Das würde ich also doch noch ganz gern machen.

(Unruhe)

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich gern noch auf das Thema Personal eingehen,

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

von dem die SPD und auch Herr Dr. Bullinger meinen, dies sei das Allheilmittel für den Tierschutz in Baden-Württem berg.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das sagen wir nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir das Tier wohl gewährleisten möchten, dann muss auf der Ebene der Veterinärämter, bei den unteren Verwaltungsbehörden quali fiziertes Personal zur Verfügung stehen, und zwar ausreichend. Aber ich sage Ihnen auch: Wer nur den Rufen der Veterinär beamtenverbände folgt, der irrt. Seit wann folgen Sie, Herr Dr. Bullinger, als Vertreter einer liberalen, freien Partei den Rufen von Beamtenverbänden? Dass die Arbeitnehmerpartei dies macht, das kann ich noch nachvollziehen.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Wie kann es kommen, dass Sie deren Aussagen ungeprüft übernehmen? Das finde ich schon ein bisschen merkwürdig. Die fordern 180 zusätzliche Veterinäre.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der Land kreistag!)