Protocol of the Session on January 31, 2018

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP/DVP-Fraktion hat den Antrag Druck sache 16/668 – Einstufung Gambias und weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer – zur Beratung angemeldet.

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Wir haben Gesetze in diesem Land, und diese Gesetze gelten für alle, ganz gleich, ob sie Ansässige, Asylsuchende, Deutsche oder Nichtdeutsche sind. Wer sich nicht an Gesetze hält, muss mit Verfolgung durch Polizei und Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls auch mit einer Anklage rechnen.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD – Abg. Emil Sänze AfD: Gilt das auch für Regierende?)

Über Schuld und Strafe befinden Gerichte. Wir, die grünschwarze Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, statten Strafverfolgungsbehörden und Justiz auch angemes sen dafür aus.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Das Rechtskonstrukt der sicheren Herkunftsländer allerdings lehnen wir Grünen aus grundsätzlicher Überlegung und Hal tung ab,

(Zurufe von der AfD, u. a.: Grundsätzlich? – Gründe nennen!)

weil wir Zweifel an dessen Sinn haben und weil die Bewer tung von Asylsuchenden nach kollektiven Merkmalen mit dem individuellen Asylrechtsanspruch und dem rechtlichen Gebot der Einzelfallprüfung aus unserer Sicht nicht in Einklang zu bringen ist. Diese Zweifel haben wir als Fraktion und hat auch der Ministerpräsident immer wieder zum Ausdruck gebracht.

Wir halten es auch für sehr gefährlich, dass Sie hier einen Zu sammenhang zwischen der Herkunft aus einem bestimmten Staat und kriminellen Handlungen setzen wollen.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Ja!)

Wir kennen natürlich auch diese Fälle, und wir sind der Auf fassung, dass sie verfolgt und geahndet werden müssen.

(Zuruf von der AfD: Aha!)

Aber wir kennen auch die Fälle, in denen sich Ehrenamtliche an uns wenden und uns von zielstrebigen jungen Menschen berichten, die Schulabschlüsse und Ausbildungsverträge an streben. Eine Frage der individuellen Betrachtung des Men schen eben. Ich erinnere mich: Das war auch einmal ein libe raler Zugang.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Beate Böhlen GRÜ NE: Ja! – Zuruf von der AfD)

Sie beantragen, die Landesregierung solle beim Bund erwir ken, dass Gambia zum sicheren Herkunftsland erklärt werde – und generell alle Länder, bei denen die Anerkennungsquo te unter 10 % liege. Sie suggerieren, die Umsetzung der Be gehren Ihres Antrags würde Abhilfe schaffen und das Asyl system entlasten.

Dazu folgende Anmerkungen: Für die Einstufung eines Lan des als sicheres Herkunftsland ist die Bundesregierung zustän dig, und das aus gutem Grund. Deshalb hat dieses Haus ähn liche Ansinnen, die Sie vorgebracht haben, auch schon mehr fach abgelehnt. Denn für diese Entscheidung werden Infor mationen benötigt aus dem Auswärtigen Amt, aus dem diplo matischen Dienst, aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und von internationalen Organisationen und Ins titutionen –

(Zuruf von der AfD: Können wir ja mit einer Aus schussreise verbinden!)

Informationen, die uns hier gar nicht ohne Weiteres vorliegen.

Die alte Bundesregierung, die auch die neue sein wird, hat die Situation in verschiedenen Herkunftsländern immer wieder bewertet, darunter eben auch in Gambia. Offensichtlich gibt es bei der Bundesregierung und auch in den internationalen Berichten, die zugänglich sind, immer noch erhebliche Zwei fel an der Entwicklung und Stabilität in Gambia oder zumin dest Zweifel daran, dass in Gambia keine systematische und landesweite Verfolgung bestimmter Gruppen stattfindet und dass dort Recht und Rechtsanwendung rechtsstaatlichen Prin zipien folgen.

Die Gesetze der Diktatur sind in Gambia noch in Kraft. Es ist eine Kommission eingesetzt bzw. angekündigt worden, die nach ihrer Arbeitsaufnahme zwei Jahre Zeit haben soll, diese Gesetze zurückzunehmen. Das ist aber noch nicht erfolgt. Die se Zweifel, die ich eben genannt habe, auszuräumen wäre aber Voraussetzung für eine Einstufung Gambias als sicheres Her kunftsland.

Es gibt entsprechende Vorgaben des Bundesverfassungsge richts. Das ist Ihnen bekannt, wie auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Sie müssen sich schon fragen lassen, was Sie mit diesem Antrag bezwecken. Dazu haben Sie ja Ausführungen gemacht, aber Sie kennen die Rechtspre chung. Ich glaube, dass es Ihnen dabei mehr um Schein als um Sein geht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Die in Ihrem Antrag genannte Begründung genügt den Anfor derungen des Bundesverfassungsgerichts an sichere Herkunfts länder in keiner Weise. Auch das ist Ihnen bekannt. Dass die Schutzquote bestenfalls ein Indikator für die Situation im Her kunftsland sein kann, aber kein Maßstab für die Einstufung des Landes, ist Ihnen ebenfalls bekannt.

Auch wenn es in der Öffentlichkeit zum Teil anders darge stellt wird, gibt es auch kein rechtliches Problem mit Rück führungen oder Abschiebungen nach Gambia,

(Zuruf von der FDP/DVP: Doch!)

sondern ein faktisches, weil es keine Zusammenarbeit mit gambischen Behörden gibt, denn Gambia hat keine Auslands

vertretung in Deutschland. Aber rechtlich steht einer Rück führung nach Gambia nichts im Weg. Wir sollten an dieser Stelle auch nicht vergessen, dass Gambia ein Land ist, das sich auf den Weg in eine demokratischere Zukunft macht oder ma chen will – nach 22 Jahren Diktatur.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich hoffe, dass der Bundesregie rung nicht nur an einer Politik der schnellen Abschiebung ge legen ist, sondern dass sie auch daran arbeitet, den Menschen in Gambia eine Perspektive und Entwicklungsmöglichkeiten zu geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Für die CDU-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Lorek das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die Jahre 2015 und 2016 waren vor allem von der Herausforderung geprägt, die ankommenden Flücht linge angemessen unterzubringen. Mit dem deutlichen Rück gang der Flüchtlingszahlen im Jahr 2017 sind wir nun an ei nem Punkt, an dem die Integration der Asylberechtigten, aber auch die Rückkehr abgelehnter Asylbewerber stärker in den Fokus rücken. Durch die Leistungen der Kommunen und der Ehrenamtlichen gelingt die Integration in unserer Gesellschaft vielerorts sehr gut.

Es gibt aber auch Hindernisse. Straffällige und Drogendealer, die das Asylrecht ausnutzen, sind ein solches Hindernis. Mit ihren kriminellen Handlungen bringen diese Menschen alle Asylbewerber in Misskredit.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Denn Kriminalität schmälert nicht nur die Aufnahmebereit schaft unserer Gesellschaft, sie mindert auch die Integrations bereitschaft der rechtschaffenen Asylbewerber. Was bedeutet das für Menschen, die mühevoll einen Deutschkurs besuchen, die in einem Handwerksbetrieb oder in einer Gärtnerei arbei ten, wenn nebenan jemand Drogenhandel betreibt, morgens später aufsteht, dafür aber mehr Geld hat? Welche Wirkung hat das auf Jugendliche und Erwachsene?

Gegen diese Rechtsbrüche müssen wir deshalb mit allen Mög lichkeiten unseres Rechtsstaats vorgehen. Wir haben vorhin in der Regierungsbefragung bereits den „Rahmenplan gefähr liche Ausländer“ besprochen. Auch die Ausweitung der siche ren Herkunftsstaaten kann dabei ein Mittel sein. Denn die Ein stufung als sicherer Herkunftsstaat ermöglicht es unseren Be hörden, die Verfahren insgesamt zu beschleunigen, und er leichtert so auch die Rückführung.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus sorgt die Einstufung dafür, dass sich viele Menschen, die bei uns keinen Asylanspruch haben werden, erst gar nicht auf den Weg machen. Wir konnten diesen Effekt beobachten, als die Staaten des westlichen Balkans zu siche ren Herkunftsstaaten erklärt wurden. Da ging die Zahl sofort signifikant zurück.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das ist ei ne Legende!)

Die Einstufung als sicheres Herkunftsland setzt voraus, dass sich der Gesetzgeber ein Gesamturteil über die Lage im je weiligen Land bildet. Auch die Anerkennungsquoten von Asylbewerbern können für die Beurteilung herangezogen wer den.

Im Besonderen sprechen wir heute bei dem Antrag der FDP/ DVP über Asylbewerber aus dem westafrikanischen Land Gambia. Die Statistik zeigt schon, dass hier Handlungsbedarf besteht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wenn eine Bevölkerungsgruppe, die nicht einmal 1 % – ge nau gesagt: 0,06 % – der Bevölkerung ausmacht, 8,33 % der Straftaten im Bereich des Drogenhandels begeht, dann haben wir hier ein Problem. Das können wir definitiv nicht dulden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD)

Viele der straffälligen gambischen Staatsangehörigen kom men als Asylbewerber zu uns nach Deutschland. Nach Daten des BAMF betrug die Gesamtschutzquote für Asylbewerber aus Gambia im letzten Jahr nicht einmal 5 %. Der Schluss liegt nahe, dass hier teilweise unser Asylsystem zum Zweck der Drogenkriminalität ausgenutzt wird. Dem müssen wir ent gegenwirken.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD)

Die Einstufung als sicheres Herkunftsland möchte die FDP/ DVP nun hier im Landtag erwirken, wohl wissend, dass die Beurteilung eines sicheren Herkunftslands allein der Bundes regierung obliegt. In Sondierungsgesprächen zur Jamaika-Ko alition wurde bereits über die Möglichkeit diskutiert, Staaten mit einer Anerkennungsquote von unter 5 % zu sicheren Her kunftsstaaten zu bestimmen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Oha!)

Leider hat sich die FDP mit ihrem hollywoodreifen Abgang aus der Verantwortung gestohlen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Aha! – Weitere Zurufe)