Protocol of the Session on December 15, 2017

Zu diesem Antrag fordern wir im Übrigen eine Stellungnah me von Ihnen, Frau Kultusministerin, ein.

Der Kultushaushalt für die Jahre 2018/2019 ist ferner ein Ma nifest der Mutlosigkeit der Regierung Kretschmann II im Um gang mit der völlig verkorksten Bildungspolitik der Regie rung Kretschmann I.

(Beifall bei der FDP/DVP)

So geht die Privilegierung der Gemeinschaftsschule einfach munter weiter. Nach wie vor gilt für sie der Klassenteiler 28; bei allen anderen Schulen liegt er bei 30.

Nach wie vor erhält die Gemeinschaftsschule zusätzliche Leh rerwochenstunden zur individuellen Förderung.

Nach wie vor ist die Schulbauförderung auf die Gemein schaftsschule zugeschnitten. Rund die Hälfte der Mittel flos sen in die Gemeinschaftsschulen.

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Nach wie vor ist die Gemeinschaftsschule automatisch ver bindlich rhythmisierte Ganztagsschule und erhält neben dem Baukostenzuschuss den entsprechenden Zuschlag an Lehrer wochenstunden.

Und nach wie vor hält die Landesregierung daran fest, dass die Gemeinschaftsschulen eigene gymnasiale Oberstufen be kommen können.

(Abg. Anton Baron AfD: Genau! Unglaublich!)

Sie starten zum Schuljahr 2018/2019 wohl an zwei Standor ten.

(Abg. Anton Baron AfD: Das ist unverantwortlich!)

Angesichts dieser fortgesetzten Privilegierung ist es kein Wun der, wenn die Gemeinschaftsschule trotz rückläufiger Nach frage nicht nur weiter auf Kosten anderer Schularten hoch wächst,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

sondern auch zusätzliche Mittel von ihnen beansprucht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie der Abg. Anton Ba ron AfD und Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

So werden im Haushaltsjahr 2018/2019 laut Bericht des Kul tusministeriums 1 239 Lehrerstellen von anderen Schularten in die Gemeinschaftsschulen fließen, und dies alles, obwohl die Zahl der Anmeldungen an den Gemeinschaftsschulen zum Schuljahr 2017/2018 um rund 1 200 Schüler gegenüber dem Vorjahr sinkt.

(Zuruf des Abg. Thomas Poreski GRÜNE)

Wir Freien Demokraten dagegen wollen einen fairen Wettbe werb zwischen den Schulen und beantragen, den Klassentei ler für die Gemeinschaftsschulen von 28 auf 29 Schülerinnen und Schüler heraufzusetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Die frei werdenden Personalmittel werden auf alle Schular ten verteilt, um die Reserven für Vertretungslehrkräfte zu stär ken,

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Sehr gut! End lich sagt das mal jemand!)

die allgemeine Unterrichtsversorgung zu verbessern sowie den Ethikunterricht, den islamischen Religionsunterricht und den Informatikunterricht an allen Schularten ausbauen zu können.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] – Zuruf von der FDP/DVP: Jawohl!)

Am grundlegenden Ziel eines Klassenteilers von 28 Schülern für alle Schularten halten wir selbstverständlich fest.

Darüber hinaus haben wir folgende Korrekturen an der von Kultusministerin Eisenmann übernommenen grün-roten Bil dungspolitik beantragt:

Erstens: den Verzicht auf die Oberstufe an den Gemeinschafts schulen und den Verzicht auf die Fortsetzung des sogenann ten Schulversuchs G 9. Denn beides stellt eine unnötige Kon kurrenz zu den beruflichen Gymnasien dar. Deshalb sollen die beruflichen Gymnasien auch die frei werdenden Mittel erhal ten, sodass jeder Bewerber mit den entsprechenden Voraus setzungen dort auch einen Platz erhalten kann – wenn mög lich, in der gewünschten Fachrichtung.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Kern, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Poreski zu?

Nein. – Das wäre eine haus haltspolitische Maßnahme, liebe Frau Eisenmann, die Ihrem Schwerpunkt „Berufliche Bildung“ im Vorsitz der Kultusmi nisterkonferenz auch tatsächlich entsprechen würde.

Zweitens: einen behutsameren Ausbau der Inklusion, der vor allem auf Qualität setzt. Die für die Inklusion zur Verfügung stehenden Mittel sollten besser auf wenige Inklusionsangebo te entfallen, dafür aber eine hohe Qualität gewährleisten, wie wir sie von den Sonderschulen bzw. den SBBZ gewöhnt sind.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Drittens: die Verankerung der offenen Ganztagsschule im Schulgesetz. Diese Form droht bei der Regierung Kretsch mann II eine Ganztagsschule zweiter Klasse zu werden. Die offene Ganztagsschule bindet weniger Mittel als die verpflich tend rhythmisierte Ganztagsschule. Die frei werdenden Mit tel wollen wir für die Kooperation aller Schulen mit außer schulischen Partnern in Musik, Sport, Kunst und Jugendarbeit einsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der mehr als fragwürdige Umgang mit den außerschulischen Partnern zeigt sich insbe sondere bei den Kunstschulen. Zum zweiten Mal schon wer den sie zu Bittstellern degradiert, indem die Mittel im Haus haltsentwurf zuerst nicht eingestellt, aber kurz vor Laden schluss dann noch gönnerhaft zugesagt werden. Die Kunst schulen brauchen wir aber als wichtige Kooperationspartner der Schulen, und sie brauchen von der Politik Planungssicher heit. Grün-Schwarz nutzt sie lieber für eine schöne Fotokulis se der Regierungsfraktionen. Das geht gar nicht, liebe Kolle ginnen und Kollegen von Grün-Schwarz.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich fordere Sie im Namen der Freien Demokraten auf, diese unwürdige Schatullenpolitik endlich zu beenden und Pla nungssicherheit und Verlässlichkeit ins Stammbuch des Haus halts zu schreiben.

Die FDP/DVP-Fraktion würdigt dagegen ausdrücklich die Be reitschaft der Regierungsfraktionen zu interfraktionellen An trägen auf einen höheren Zuschuss an den Friedrich-Böde cker-Kreis für seine vermehrten Aufgaben im Bereich der Le seförderung sowie an die Deutsch-Amerikanischen Zentren für ihren Einsatz im Interesse des transatlantischen Dialogs.

Gerade in Zeiten eines Präsidenten Trump und des latent vor handenen Antiamerikanismus in Teilen der Gesellschaft sind die Brückenbauer der Deutsch-Amerikanischen Institute noch wichtiger. Zukünftig sollten aber auch diese Zuschüsse von vornherein in den Haushalt gestellt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Außerdem sollen nicht abgerufene Mittel der Musikschulen diesen auch in den kommenden Jahren für ihre wertvolle Ar beit zur Verfügung stehen.

Loben möchte ich ausdrücklich die, wenn auch sehr späte, Lernfähigkeit der grün-schwarzen Koalition im Bereich der frühkindlichen Bildung. 84 Millionen € jährlich für ein bei tragsfreies letztes Kindergartenjahr, obwohl 99 % der Vor schulkinder den Kindergarten besuchen – das war eine völlig falsche grün-schwarze Prioritätensetzung beim sogenannten Kinderbildungspass.

Dringend erforderlich sind vielmehr Investitionen beim Ori entierungsplan, der Sprachförderung und den Tageseltern. Dass Grün-Schwarz sich in den Beratungen über einen FDP/ DVP-Antrag zu einem Verzicht auf den Kinderbildungspass durchgerungen hat, begrüße ich ausdrücklich. Wir helfen der Koalition gern auch ein weiteres Mal und beantragen, bis Mit te 2018 darzulegen, wofür denn nun die frei gewordenen 84 Millionen € jährlich ausgegeben werden sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter dem Strich sind wir mehr als skeptisch, ob der kleingeistige grün-schwarze Kom plementäregoismus

(Oh-Rufe von den Grünen)

die großen Zukunftsaufgaben im Bildungsbereich zu meistern vermag.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Jetzt tun Sie uns aber weh, Herr Kollege!)

Wie diese Komplementärkoalition in der Praxis funktioniert, konnten wir in diesen Haushaltsberatungen beobachten. Zu nächst legte die CDU-Fraktion vor: 1 500 zusätzliche Stellen für Polizisten. Die Grünen legten nach: wenigstens 256 Stel len für die Umweltverwaltung; ein überdimensionierter Stel lenaufwuchs, aber Hauptsache irgendwie in einem grünen Ressort. Wichtige übergeordnete Aufgaben in den Blick zu nehmen – wie beispielsweise die, dem Ressourcenmangel im Bildungsbereich wenigstens teilweise abzuhelfen – kam für Sie aber nicht in Betracht. Denn schließlich liegt Kultus ja im Bereich der CDU und ist ein CDU-Ressort. Dabei ist die Be kämpfung des Lehrermangels wohl unstrittig eine solche über geordnete Aufgabe.

Diesen Politikstil hat Arnold Rieger gestern auf den Punkt ge bracht – Zitat –:

Denn Grün-Schwarz hat zwar viel Geld zur Verfügung, verteilt es aber mit der Gießkanne, ohne die dürren Land striche gezielt zu bewässern.... Aber auch bildungspoli tisch mangelt es an Prioritäten. Angesichts der miserab len Noten bei den Vergleichsstudien sind die Reparatur maßnahmen viel zu lasch.

Mit den Steuermilliarden ist der Koalition der Sinn für das weniger Wichtige verloren gegangen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)