Das ist unsere Haltung. Diese Position werden wir in der täg lichen Zusammenarbeit mit ruhigem Selbstbewusstsein, aber auch mit klarer Haltung markieren und vertreten.
In der Elektrotechnik gilt bekanntlich: Energie entsteht nur, wo es Spannung gibt. Und diese produktive Spannung wer den wir versprechen. Ich bin sicher: Wir können damit ge meinsam große Energien freisetzen und viel für unser Land bewegen.
Der Koalitionsvertrag ist dafür eine gute und eine tragfähige Grundlage. Er beschreibt die vielen gewachsenen Stärken des
Landes, benennt seine enormen Potenziale, adressiert aber vor allem die zentralen Herausforderungen, die uns auf der Schwel le zur digitalen und auch zu einer immer diverseren Gesell schaft begegnen. Er schlägt eine bereite Brücke zwischen Er halt und Modernisierung und steht damit in bester baden-würt tembergischer Tradition.
Dieser Vertrag besteht eben nicht aus flammender Liebesly rik. Er ist vielmehr ein solides, ein ehrliches Arbeitsprogramm, dessen Stärke in seinem beherzten Pragmatismus liegt. Er ist sozusagen unsere Roadmap für die kommenden fünf Jahre. Das ist auch richtig so.
Kollege Rülke, über Liebeselegien kann man sich dann noch unterhalten, wenn man einen Rückblick hat. Am Anfang ste hen die Erwartungen, und unsere Erwartungen sind positiv.
Es ist, wie Kollege Schwarz gesagt hat: „Nur wer Mut hat, macht Mut.“ Wir haben diesen Mut, und diesen bringen wir auch ein.
„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, ließ uns Helmut Schmidt einst wissen. Mit ihren historischen Entstehungsum ständen kann und will diese Koalition nicht zuständig sein für den Bau irgendwelcher visionärer Luftschlösser. Es muss statt dessen um die tatsächliche Substanz gehen. Wir gehen aus von dem, was ist, was dieses großartige Land zu bieten hat und was nötig ist, damit wir uns unseren Wohlstand auch in zehn, auch in 20 Jahren noch leisten können. Wir wollen das Bild „Baden-Württemberg 2025“ malen, und daran werden wir al le mitwirken.
Herr Kollege Meuthen, gestatten Sie mir an dieser Stelle ei nen Satz: Wissen Sie, ich gehe davon aus, dass Ihr Beitrag weit unter Ihren Fähigkeiten lag.
Ich will Ihnen wirklich sagen: Was einerseits die Überheblich keit, andererseits die Belehrung in Ihren Beiträgen betrifft, würde ich einfach empfehlen: Gehen Sie auf die Chancen, auf die Inhalte ein. Wir werden dieses Spiel der Märtyrer- und der Opferrolle, in die Sie sich ständig begeben, nicht mitmachen.
Ich möchte nicht weiter auf Ihre Rede eingehen – Sie hätten gern, dass sich der Landtag ständig mit Ihren Ausführungen befasst; das werde ich aber nicht machen –, aber ich sage Ih nen eines: In der Urbanstraße haben unsere Kollegen als di
und sie waren hochzufrieden. Deshalb finde ich es einfach nicht in Ordnung, dass Sie aus einer Präsidiumssitzung erzäh len und behaupten, Sie würden schon wieder an den Rand ge drängt. Das ist einfach nicht wahr, Herr Kollege Meuthen.
Ich will aber zum Koalitionsvertrag zurückkommen. Dieser Koalitionsvertrag ist ein Dokument der Zukunftsfähigkeit für unser Land. In diesem Sinn werden wir aus der von manchen als „ungewollt“ beschriebenen Koalition eine Koalition der ungeahnten Möglichkeiten machen. Dazu starten wir heute, liebe Freundinnen und Freunde.
Das ist ein Angebot und auch eine Zusage an diese Regierung. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir machen diese Zusa ge mitten in einem rasanten gesellschaftlichen Wandel. Wir sehen, wie soziale Lebenswelten auseinanderdriften, wie sich unser Gemeinwesen segmentiert, auch wie unterschiedliche Wertevorstellungen zusammentreffen. Das schafft zunehmend Konflikte, Verunsicherung, auch Polarisierung, die wir nicht unterschätzen und schon gar nicht verschweigen dürfen.
Fakt ist: Unsere Gesellschaft differenziert sich. Sie wird plu raler, sie wird vielfältiger, sie wird auch komplexer. Diese Plu ralität müssen wir gestalten. Auch eine bunte Gesellschaft braucht gemeinsame Normen und – das füge ich hinzu – auch eine klare Ordnung mit gemeinsamer Wertevorstellung.
Auch das ist wichtig in einer gemeinsamen Wertevorstellung, die unsere Gesellschaft tragen muss und die dazugehört.
Wir wollen in diesem Land nicht anonym nebeneinander her leben, sondern wir wollen zusammenleben. Wir können nicht akzeptieren, dass sich ganze Milieus innerlich aus unserer Ge sellschaft verabschieden, sich abgekoppelt fühlen und sich von einer rückwärtsgewandten Systemopposition verführen lassen. Auch das werden wir nicht zulassen.
Deshalb müssen wir den Fliehkräften unserer Gesellschaft ei ne starke, eine attraktive und auch eine integrative gesell schaftliche Mitte gegenüberstellen. Die Aufgabe heißt heut zutage natürlich: Wir müssen Integration umfassender den ken. Es geht nicht nur darum, Menschen fremder Herkunft in unser Land zu integrieren. Wir müssen auch viele Einheimi sche wiedergewinnen, die wir aus der Mitte der Gesellschaft vielleicht verloren haben. Auch das gehört zur heutigen Be schreibung.
Wenn wir in einer intakten, in einer integrierten Gesellschaft leben wollen, dann müssen wir zeigen, dass es sich für jeden lohnt, an dieser Gesellschaft mitzuarbeiten. Wir müssen da für sorgen, dass in unserem Land jedem Chancen offenstehen, dass sich Anstrengung immer auszahlt, dass jeder Einzelne Teil davon sein kann. Dafür treten wir ein.
Das ist in diesem Moment der Geschichte die eigentliche Mis sion auch dieser Koalition. „Mission Zukunft“ heißt unser Auftrag. Wo sonst als in Baden-Württemberg mit seinem star ken Arbeitsmarkt, mit seiner lebendigen Kultur des Ehren amts, mit seinem immer noch großen sozialen Zusammenhalt sollte das möglich sein? Das ist doch der Kitt, der die Gesell schaft zusammenhält. Das Ehrenamt ist unbezahlt, aber unbe zahlbar, und es ist eine Stärke unseres Landes.
Wo sonst sollten wir zeigen können, dass Identität und Zuge hörigkeit auch unter den Bedingungen der Globalisierung funktionieren können? Gerade Menschen, die als Flüchtlinge auf Dauer bei uns bleiben werden, müssen das schnell erfah ren. Es wird doch keine Lösung sein, diese Menschen nur aus zugrenzen, sie zu diffamieren oder die Angst vor den anderen zu schüren. Das kann nicht die Lösung sein.
Vielmehr muss es doch heißen, sie für unser Gemeinwesen in die Pflicht zu nehmen, sie einzubinden und zu fordern. Das ist das Gebot der Stunde, und das ist der eigentliche patriotische „Call of Duty“ in dieser Krise. Deshalb ist uns in der Union und in unserer Fraktion klar: Wer keine Aussicht auf ein Blei berecht hat, der muss unser Land ohne Wenn und Aber auch wieder verlassen.
Wer aber eine Zukunft bei uns hat, muss ein vollberechtigter und auch ein voll verpflichteter Teil unserer Gesellschaft wer den können. Das ist doch der Auftrag. Wir wollen kein ande res Land, weder das naive Multikultiidyll von links noch ei ne Chauvirepublik von rechts, weder romantischen Idealis mus noch rechten Populismus. Wir stehen für Realismus, lie be Freundinnen und Freunde.
Wir wollen ein starkes, ein lebenswertes Baden-Württemberg, und zwar für alle, die bereit sind, daran mitzuwirken.
So wie die Gesellschaft selbst werden auch die Bedrohungen vielschichtiger. Nicht nur die herkömmliche Kriminalität – wie etwa die viel zu hohe Zahl der Wohnungseinbrüche – macht uns Sorgen. Auch neue Aufgaben wie der Schutz sen sibler Infrastrukturen, die zivile Cybersicherheit oder die Ter rorismusbekämpfung verlangen volle Wachsamkeit.
Die innere Sicherheit unseres Landes muss sich heute in neu en, globalen Strukturen bewähren. Hier muss der Staat hand lungsfähig bleiben und darf den Gefahren nicht hinterherlau fen.
Wenn ich an die Silvesternacht auch hier in Stuttgart denke: Vielleicht müssen wir in Zukunft die Toleranz und die Frei heit in unserem Land auch dadurch schützen, dass wir gera de auch die Grenzen der Toleranz klarer ziehen.