Aber vielleicht sollte ich ja gar nicht so hart Ihnen gegenüber sein, Herr Kretschmann. Sie haben es nun – das sei konzediert – auch wahrlich nicht leicht. Schließlich musste man sich di rekt nach Ihrer Wahl fragen, wer Ihnen da gleich von Beginn an die Gefolgschaft verweigert. Was ist denn das für ein Start in eine Regierungskoalition, wenn das Regierungslager aus 89 Abgeordneten besteht, Sie dann aber bei der Wahl zum Mi nisterpräsidenten schon nur mit 82 Stimmen gewählt werden? Die dröhnende Stille der langen Schrecksekunde nach Be kanntgabe des Wahlergebnisses haben wir wohl alle mitbe kommen.
Sie sprach – und sie spricht noch – Bände. Der Rückhalt, auf den Sie in dieser Konstellation bauen müssen, ist fragiler denn je. Es darf gerätselt werden, wer Ihnen denn da in nicht ganz kleiner Zahl die Gefolgschaft verweigerte.
Gehen wir doch einmal davon aus, dass die Probeabstimmun gen in den Regierungsfraktionen ein ganz gutes Bild zeich nen. Dann haben Sie ein nicht ganz geringes Problem mit Ih rem Koalitionspartner CDU – oder Teile dieser Fraktion mit Ihnen, oder beides. Da konnte Ihr stellvertretender Minister präsident Strobl gleich zu Beginn, bei der allerersten Abstim mung, schon nicht Wort halten. Nur zu gern hätte er wie an gekündigt die Stimmen aller Mitglieder der CDU-Fraktion mitgebracht. Allein, die Fraktion, die widerspenstige, sie folgt ihm nicht.
Das nimmt bei etwas genauerem Hinsehen auch nicht wirk lich wunder, weder inhaltlich noch personell. Wir haben es bei den Restbeständen der einstmals stolzen CDU-Fraktion ja doch mit einer tief in sich gespaltenen Gruppierung zu tun. Da gibt es nämlich durchaus einige, die sehr ernsthaft gern noch eine wirklich konservative und freiheitliche Politik be treiben würden
und die sich nun als Anhang eines grün dominierten und de terminierten Koalitionsvertrags fremd in der eigenen Partei fühlen und daher trotzig die Gefolgschaft verweigern. Ärger lich für die Machtgelüste eines aus Berlin eingeflogenen Thomas Strobl. Aber so sind sie, die heutigen Dinge in der 28-%-Par tei CDU.
Ein kleiner Hinweis am Rande: Vielleicht liegt es ja an den Inhalten. Es hat in der CDU eine schon bemerkenswerte Tra dition, nach dem Wahlabend inhaltliche Positionen einfach zu vergessen. Kann sich noch jemand erinnern – ich jedenfalls kann das –, wie lautstark die CDU im Wahlkampf gegen den Bildungsplan gepoltert hat und das Bild eines daraus resultie renden Untergangs des Bildungsbürgertums geradezu herauf beschworen hat? Und jetzt, liebe Kollegen, sind Sie in Regie rungsverantwortung. Stimmt das? Wie stehen Sie denn nun zum Bildungsplan? Wir haben da einige Fragen an Sie. – Aber alles zu seiner Zeit.
Also regieren Sie mal munter los, verehrter Herr Ministerprä sident und Herr stellvertretender Ministerpräsident. Wir von der Opposition freuen uns auf noch manches überraschende Abstimmungsergebnis in den vor uns liegenden Jahren der neuen Legislaturperiode.
(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Da sind die Ergebnisse ja dann auch öffentlich!)
Für die anderen Parteien hier im Landtag war diese Minister präsidentenwahl ja bereits ein trefflicher Grund zu vergnügli chem Tuscheln. Ich konnte das von hier aus beobachten. Ich blicke ja genau auf die Kollegen von der SPD.
Nun ja, es sei insbesondere der SPD gegönnt, dass sie auch mal wieder was zum Schmunzeln hat. Sonst ist da ja nicht mehr viel, worüber Sie sich in der neuen Fraktionsstärke noch amüsieren könnten, nicht wahr, Herr Schmid?
Das war aber auch eine Leistung von Ihnen, die SPD in einer beispiellosen Performance von der Regierungsbank aus der art zu versenken.
Wollen Sie mir von politischen Inhalten erzählen? Diese ha be ich in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten aber gehörig vermisst. Das finde ich jetzt interessant.
Ich habe bei der Regierungserklärung von Herrn Kretschmann bald 60 Minuten auf politische Inhalte gewartet. – Dabei dach ten Sie wohl, Herr Schmid, Sie machen alles richtig, indem Sie Ihren Vorgesetzten und Regierungspartner in Sachen In halts- und Konzeptlosigkeit einfach imitieren. Das ging mal richtig schief.
Vielleicht liegt es ja auch daran, dass bei Ihnen von der SPD zusätzlich auch noch jeglicher Stil fehlt. Ja, nicht einmal ele mentare zwischenmenschliche Höflichkeit ist manchen von Ihnen gegeben.
Ich habe das im Wahlkampf an den letztlich nur selbstbeschä digenden Herabwürdigungen meiner Person durch Nils Schmid erlebt. Nun geht das im neuen Landtag gerade so weiter.
Einer Dame, die einem freundlich die Hand zur Begrüßung reicht, sollte man den Handschlag nicht verweigern –
(Beifall bei der AfD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Egal, was sie denkt? – Abg. Reinhold Gall SPD: Für Showveranstaltungen stehen wir nicht zur Verfügung! – Weitere Zurufe – Unruhe)
auch, wenn man ihre Ansichten ganz und gar nicht teilt. Das gehört zu den elementaren Grundregeln menschlichen An stands.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja! Ihnen sind einige Bücher Ihrer Mitglieder nicht bekannt! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie denken Antisemitismus! – Ge genruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Völlig korrekt!)
Wiewohl ja doch nur Vertreter einer marginalen Partei und Fraktion im Hohen Haus, will ich doch den geschätzten Kol legen Rülke – da er mich so gern anspricht – nicht unerwähnt lassen.
Er redet ja seit einiger Zeit so furchtbar gern über mich – da will ich nicht unhöflich sein und ihm auch einmal die Ehre er weisen.
Lieber Herr Kollege Rülke, Ihre Schauergeschichten nehme ich gelegentlich ja durchaus amüsiert zur Kenntnis. Vor allem die volksschauspielerhafte Attitüde Ihrer Einlassungen, in der Sie sich etwas allzu offenkundig selbst zu gefallen scheinen,
ist possierlich anzuschauen. Es erinnert mich zuweilen ein we nig an Darbietungen der Volksschauspieler auf der Freilicht bühne Ötigheim –
Für Sie und, wie ich gerade wieder erlebe, für etliche andere Kollegen offenbar auch sind wir von der AfD