bei der wir diejenigen Hühnerhalter, die männliche Küken auf ziehen und, wenn sie dann schlachtreif sind, zum Verkauf an bieten, fördern.
Herr Kollege Dr. Bullinger, unterlassen Sie die dummen Be merkungen. Das tut in dieser Frage jetzt wirklich nichts zur Sache.
Aber ich sehe auch eine ökologisch bedenkliche Komponen te, weil der Nahrungsverbrauch der Bruderhähne ungleich hö her ist als der der weiblichen Hühner. Man muss auch in der Frage der Ökologie und damit in einer Gesamtschau betrach ten, ob das wirklich der Weg der Zukunft sein kann. Um es klar zu sagen: Ich habe die Bruderhahn Initiative aktiv unter stützt. Aber man muss dann schon mal eine ökologische Ge samtbilanz ziehen, ob das letztendlich die Lösung sein kann. Das ist, glaube ich, entscheidend und notwendig.
Vielen Dank, dass Sie noch ein paar Takte zum Tierschutz ge sagt haben. Dieses Thema ist mir schon wichtig. Denn ich glaube, dass wir die Themen eigentlich vorsorgend im Griff haben. Das Lamento, es gäbe zu wenige Kontrollen, kann ich nicht nachvollziehen. Warum? Weil – Respekt gegenüber der Vorgängerregierung – die Stellen für Lebensmittelkontrolleu re aufgestockt wurden, aber vor allem auch weil wir Kontrol len risikoorientiert durchführen; das ist der entscheidende Punkt. „Risikoorientiert“ heißt, dass wir Verdachtsfällen be sonders nachgehen und dort, wo schon etwas auffällig war, wiederholt kontrollieren. Damit können wir viel effektiver kontrollieren, als wenn wir pauschal 5 %, 10 % oder 20 % der Betriebe in jedem Jahr kontrollieren würden.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schwarze Schafe! – Abg. Georg Nelius SPD: Aber nicht alle zwölf Jahre!)
Mein Gott! Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt renommierte Betriebe, bei denen wirklich alles in Ordnung ist. Da brauchte man eigentlich nur alle 20 Jahre zu kommen – wenn es so wäre. Aber der Durchschnitt sagt über solche Fragen wie immer gar nichts aus. Das ist der entscheidende Punkt. Die Effizienz wird durch andere Parameter beurteilt.
Äcker, Weiden, Wiesen, Streuobst, Steillagenweinbau, Wald – die Kulturlandschaft ist vielfältig. Wir erfahren sie, wir ge nießen sie. Wir müssen auch respektieren, dass durch die Nut zung der Kulturlandschaft unzählige Tierarten dort Schutz und Nahrung finden. Unzählige Tierarten! Ich betone das deshalb, weil es um die Frage der Biodiversität, um die Vielfalt geht. Aber klar ist: Die Vielfalt ergibt sich aus der kulturellen Nut zung der Landschaft
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)
Deshalb strengen wir uns an, dass beispielsweise das Murg tal durch Beweidung offen gehalten wird, dass die Wachol derheiden auf der Schwäbischen Alb durch Schafbeweidung
offen gehalten werden, dass es uns gelingt, die früheren und damals wirtschaftlich notwendigen Möglichkeiten der Ein kommensbeschaffung und der Nahrungsbeschaffung, die heu te unwirtschaftlich sind, zu erhalten, damit die Artenvielfalt erhalten bleibt. Uns liegt etwas daran. Sie ist wichtig als Grundlage der menschlichen Existenz schlechthin. Wir kön nen es uns nicht leisten, dass in jedem Jahr Arten verschwin den.
Aber ich sage auch dazu – ich will die Landtagsdebatte dazu nicht noch mal aufgreifen; ich habe das in einer vorherigen Landtagsdebatte schon mal gesagt –: Um der Artenvielfalt wil len muss man sich dann schon überlegen, was der Zuwachs von Arten für diejenigen Arten, die schon da sind, bedeutet.
Diese Güterabwägung muss man halt auch vornehmen. Das ist ein verantwortungsvoller Umwelt- und Naturschutz. Der gehört dazu.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Stichwort Wolf!)
Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass Biodiversität und Artenvielfalt nur gemeinsam mit den Landwirten, den Verbänden und Kommunen hinzubekommen sind. Deshalb bin ich auch sehr dankbar, dass wir gemeinsam mit dem Umweltministerium einen Katalog von Maßnahmen entwickelt haben – die Regierungsfraktionen haben das be fördert und unterstützt – und ein wirklich schlagkräftiges Bio diversitätsprogramm auflegen konnten. Ich bin auch sicher, dass die Auswirkungen davon in dieser Legislaturperiode spürbar, sichtbar und messbar sein werden. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Zum Thema Messbarkeit: Umweltminister Franz Untersteller hat umfangreiche Monitoringmaßnahmen vorgesehen, damit wir die Messbarkeit der Erfolge auch des politischen Tuns in den Mittelpunkt rücken können.
Hinzu kommt ein deutliches Mehr an Agrarumweltmaßnah men beim Klimaschutz und beim Tierwohl und erstmals auch im Steillagenweinbau.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vom Markgräfler land bis zum Taubergrund, vom Odenwald bis Oberschwaben – der ländliche Raum und die dortige Bevölkerung machen unser Land zu unserer Heimat. Hier treffen sich Tradition und Mitmachgesellschaft, Lebenslust und Leistung. Hierzu brau chen wir aktive Dorfgemeinschaften. Wir brauchen lebens werte Ortskerne, wir brauchen Nahversorgung, wir brauchen Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen.
Der ländliche Raum zeichnet sich aber vor allem auch durch das Gesellschaftsbild aus. Da sind es eben nicht die Ewiggest rigen und die Hinterwäldler, sondern – ich sage das ganz selbstbewusst hier in der Mitte der Landeshauptstadt – das sind die Vorbilder für die Stuttgarter, die Mannheimer, die Freiburger und die Ulmer – um das einmal klar zu sagen.
Warum ist das so? Weil diese Menschen sich noch ganz an ders für sich und ihre Mitmenschen engagieren und einsetzen als die Menschen hier in der Anonymität der Großstadt. Es mag sein, dass die Stadt das Vorbild für die Technik ist, der Vorreiter für Lifestyle –
alles in Ordnung. Aber die Vorbilder der Gesellschaft und des sozialen Zusammenhalts finden wir nicht in der Stadtmitte von Stuttgart, sondern die finden wir in den kleinen Dörfern im Schwarzwald, im Odenwald, auf der Schwäbischen Alb. Das ist die Wahrheit.
Deshalb geht es nicht nur darum – ich habe vorhin die Wirt schaftszahlen genannt –, dass ländliche Räume und städtische Räume den gleichen Anteil des Bruttosozialprodukts erwirt schaften, sondern es geht auch darum, das Gesellschaftsbild und die Vorbilder des menschlichen Miteinanders zu bewah ren und dieses Rollenbild zu erhalten. Auch das ist wertvoll und ist es wert, dass sich Politik darum kümmert. Daher ist das auch eine Motivation, weshalb wir uns so sehr um die ländlichen Räume und um die kleinen Orte kümmern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir stocken deshalb das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum bis 2019 um 40 % gegenüber 2017 auf. Im Kabinetts ausschuss „Ländlicher Raum“ haben wir in den Bereichen Pflege, Bildung und Mobilität bereits nach einem Jahr einige gemeinsame Projekte vorangebracht. Ich habe das vorhin schon erwähnt. Damit wollen wir die im Koalitionsvertrag vereinbarten Verstärkungen gemeinsam zum Wohl des länd lichen Raums umsetzen. Wir kommen auch dem Verfassungs auftrag nach gleichwertigen Lebensverhältnissen in Stadt und Land nach.
Herr Minister, ich kann Sie beruhigen: Nach der Geschäftsordnung, die wir in der letzten Legislatur gemacht haben, wird die Uhr angehal ten, solange die Frage gestellt wird.
Aufstockung des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum. Das ist wirklich ein Erfolgsprogramm aus den Achtzigerjah ren von Minister Weiser, einem ihrer Amtsvorgänger. Aber ich habe vor allem eine Sorge: Vermehrt kommen Klagen. Denn das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum betrifft zum ei nen Infrastrukturmaßnahmen,
aber auch andere Dinge wie vor allem Arbeitsplatzsicherung und Arbeitsplatzschaffung, sodass viele Betriebe aufgrund des Staus nicht bedient werden können.
Ich erlebe das teilweise an der Landesgrenze, wo die Gefahr besteht, dass die Menschen dann in das andere Bundesland gehen.
Das heißt, diese Wohnungsbauförderung wird wieder etwas zurückgenommen, und es wird wieder verstärkt die Sicherung der Arbeitsplätze und der Modernisierung im ländlichen Raum bei der Vergabe der Mittel vor allem gegenüber den Kleinge werbetreibenden ins Auge gefasst. Werden diese Mittel auf gestockt?
Weil es den Unternehmen gut geht, investieren sie kräftig und haben deshalb natürlich Förderbedarf. Das ist vollkommen klar. Der Förderbedarf hat natürlich zugenommen, weil die wirtschaftliche Prosperität hoch ist, auch im ländlichen Raum.
Aber gleichermaßen haben wir ein reales Problem. Wir haben auch ein Problem, die Menschen derzeit und in der Zukunft adäquat in modernen Wohnungen unterzubringen. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Dieses Problem haben wir nicht nur in Stuttgart-Stadtmitte, sondern das Problem haben wir auch im ländlichen Raum. Der Wohnraumbedarf wird zuneh men. Da sage ich Ihnen ganz klar: Wenn das so ist, kann man nicht sehenden Auges alles ignorieren, weil jetzt ein paar Be triebe kommen und ein paar Landräte gern Einweihungsfei erlichkeiten machen. Vielmehr ist es notwendig, einen brei ten Ansatz zu wählen, auch einen ökologischen Ansatz. Denn unser Bestreben ist es, nicht ständig Flächen zuzubauen, son dern die Flächen, die da sind, zu aktivieren. Wir wollen dafür natürlich alles tun.