Protocol of the Session on November 15, 2017

erfolgreich abgeschlossene Verhandlungsrunden oder Pak te mit einvernehmlichen Empfehlungen an Landtag und Landesregierung zur Umsetzung gemeinsamer politischer Ziele unterstreichen dies eindrucksvoll“, betonen die drei Präsidenten.

Kehren Sie zurück zu einem kommunalfreundlichen Kurs, statten Sie die Kommunen so aus, dass sie die Zukunftsauf

gaben gut bewältigen können. Das liegt im Interesse der Men schen in diesem Land, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist es aus unserer Sicht blanker Hohn, wenn Sie in Ihrer Haushaltsrede davon sprechen, dass starke Kommunen unverzichtbar für ein starkes Baden-Württemberg seien, und gleichzeitig nicht darauf eingehen, wie die stetig wachsenden Aufgaben der Kommunen von diesen bewältigt werden kön nen.

Ich möchte an dieser Stelle an eine Äußerung des ehemaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestags, Herrn Hermann Schmitt-Vockenhausen, erinnern, der sagte:

Die Gemeinden sind der eigentliche Ort der Wahrheit, weil sie der Ort der Wirklichkeit sind.

Vor dieser Wahrheit verschließen Sie in der Landesregierung, in den Regierungsfraktionen die Augen, meine Damen und Herren. Diese Regierung lässt die Kommunen und damit auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes trotz voller Kas sen im Stich.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

Deswegen ist es aus unserer Sicht dringend notwendig, dass wir aufseiten der Kommunen stärker in die Zukunft investie ren. Die Städte und Gemeinden haben im Durchschnitt heute hohe Einnahmen. Das ist überhaupt keine Frage und wird auch von überhaupt niemandem in Abrede gestellt. Sie haben aller dings auch starke und steigende Ausgaben; denn sie haben Aufgaben vor der Brust, die gewaltig sind:

Junge Familien erwarten zu Recht mehr Betreuungsplätze in Kitas und Schulen, die baulich und von der Ausstattung her auf der Höhe der Zeit sind. Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer erwarten, dass sie mit dem Auto oder mit Bussen und Bahnen gut zur Arbeit kommen. Ältere Menschen erwarten ein menschliches Angebot, wenn sie krank oder pflegebedürf tig sind. Gerade in den Ballungsräumen – aber nicht nur dort – besteht ein unglaubliches Defizit an bezahlbaren Wohnun gen, an bezahlbarem Wohnraum. Die Menschen erwarten zu Recht, dass hier mehr getan wird, und das kostet schlicht und einfach Geld.

Um diesen Erwartungen gerecht zu werden, müssen die Kom munen investieren. Der Städtetag beziffert allein den Sanie rungsbedarf bei den Schulen auf mindestens 3 Milliarden €. Um ihre dringend notwendigen Investitionen zu finanzieren, müssen die Städte und Gemeinden Überschüsse in ihren Er gebnishaushalten erwirtschaften.

Sie sind darauf stolz, den Kommunen im kommunalen Sanie rungsfonds für das Jahr 2018 108 Millionen € und für das Jahr 2019 136 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Das klingt zunächst nach sehr viel Geld. Dieses Geld wird aber leider allein dem Bedarf für die Renovierung von Klassenräu men, Schultoiletten und Turnhallen bei Weitem nicht gerecht. Unterschätzen Sie diese Probleme nicht. Sie betreffen die meisten Menschen in unserem Land.

Es war deshalb ein Riesenfehler, den Vorwegabzug im FAG wieder deutlich zu erhöhen, weil dadurch die Investitionskraft der Kommunen nachhaltig geschwächt wurde.

Wir Sozialdemokraten schlagen daher vor, dass das Land zu sätzlich zu dem, was in der bisherigen Finanzplanung ohne hin vorgesehen war, 1 Milliarde € für kommunale Investitio nen zur Verfügung stellt. Meine Damen und Herren, das ist ein wichtiges Zeichen für die Zukunft.

(Beifall bei der SPD)

Wir schlagen vor, den Kommunen 500 Millionen € zusätzlich für ihre Schulen zur Verfügung zu stellen. Wir schlagen vor, die Krankenhäuser der Stadt- und Landkreise mit zusätzlich rund 130 Millionen € zu unterstützen. Wir wollen in den bei den kommenden Jahren 270 Millionen € mehr in die Woh nungsbauförderung investieren. Weitere 100 Millionen € sol len in die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs fließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, drei Viertel aller öf fentlichen Investitionen werden in Baden-Württemberg durch die Kommunen getätigt, nur ein Viertel durch das Land selbst. Unser kommunales Investitionsprogramm ist deswegen die richtige Antwort auf die Herausforderungen, vor denen unse re Städte und Gemeinden heute stehen.

(Beifall bei der SPD)

Aber was ist die Antwort der Landesregierung? Was ist die Antwort der Finanzministerin? Sie machen, wie man der Zei tung entnehmen kann, den Kommunen ein Angebot, das bei genauem Hinsehen nicht wirklich ernst genommen werden kann.

Großzügig erklären Sie, dass das Land nicht die Absicht hat, die Mittel für die Gemeindeverkehrsfinanzierung ab 2020 zu streichen. Dazu muss man wissen, dass der Bund hierfür auch ab 2020 das Geld zur Verfügung stellt, zwar nicht mehr zweck gebunden, aber in gleicher Höhe zweckungebunden über die Umsatzsteuerbeteiligung der Länder. Kein Wunder also, dass die Kommunen diese Absichtserklärung als tatsächliches Nicht angebot und als indiskutabel bezeichnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren in der Landesregie rung – das sage ich an die Frau Finanzministerin und auch an den Herrn Ministerpräsidenten gerichtet –, die partnerschaft liche Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen hat in den beiden vergangenen Jahren seit dem Regierungswechsel deutlich gelitten. Sie haben – das wird Ihnen von den Kom munen auch kommuniziert – die Kommunen im Land wieder zu Bittstellern degradiert.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ach!)

Das ist kein angemessener Umgang mit den Kommunen in diesem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Von einem partnerschaftlichen Miteinander, wie wir es in un seren gemeinsamen Regierungsjahren praktiziert haben – ja, wir haben um Geld gerungen –, ist nichts mehr übrig. Es

macht eben doch einen Unterschied, ob die SPD an der Re gierung beteiligt ist oder nicht.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE – Abg. Tobias Wald CDU: Oje, oje! – Abg. Winfried Mack CDU: Die Frage ist, ob das positiv oder negativ ist!)

Hören Sie zu: Wir Sozialdemokraten haben im Bund ein 5-Milliarden-€-Entlastungspaket durchgesetzt, von dem die Kommunen im Land ab 2018 mit über 600 Millionen € jähr lich profitieren. Wir Sozialdemokraten haben im Land durch gesetzt, dass der Vorwegabzug im FAG in der vorigen Regie rungszeit kontinuierlich zugunsten der Kommunen verbessert wurde.

(Abg. Tobias Wald CDU: Die Steuern habt ihr er höht!)

Die erste Amtshandlung von Grün-Schwarz war nichts ande res als die Erhöhung dieses Vorwegabzugs um 321 Millio nen €. Wer also gegenüber dem Bund die goldenen Zügel be klagt, die man dem Land anlegt, der sollte doch im Verhältnis zu den Kommunen nicht genau das Gegenteil machen, näm lich den Kommunen das Geld wegnehmen und ihnen dann die goldenen Zügel anlegen. Das ist höchst unglaubwürdig, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Das glauben Sie doch selbst nicht, Herr Kollege!)

Sie haben das damit begründet, dass der Landeshaushalt ein hohes strukturelles Defizit aufweisen würde. Liebe Kollegin nen, liebe Kollegen in den Regierungsfraktionen, Sie werden dieses Argument doch nicht ernsthaft weiterführen wollen.

Was die Frage der Studiengebühren angeht – ich habe es ein gangs erwähnt –, standen Sie hier vor uns und haben behaup tet, Sie wollen diese Studiengebühren für ausländische Stu dierende nicht einführen, aber Sie müssen es tun, um einen strukturell verschuldeten Haushalt ausgleichen zu können.

(Abg. Sascha Binder SPD: Märchen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei diesem Haushalt Studiengebühren einzuführen ist schlicht und einfach ein Zei chen gegen die Weltoffenheit Baden-Württembergs und ge gen die Universitäten und Hochschulen in unserem Land.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen wäre es jetzt schön, Frau Ministerin, wenn Sie den Landtag bereits im November 2017 über den zu erwar tenden Überschuss 2017 informieren würden.

(Lachen der Ministerin Edith Sitzmann)

Ich glaube, das ist tatsächlich ein Faktum, das für die Haus haltsberatungen von großer Bedeutung wäre.

(Zuruf: Ja!)

Dann könnten wir nämlich sehr viel besser über den Haushalt beraten als ohne diese Information. Allein die Steuermehrein nahmen liegen nach der Mai- und der November-Steuerschät zung bei 1,5 Milliarden €. Minderausgaben bei Zinsen und

Flüchtlingen – ich habe es bereits erwähnt – kommen noch hinzu.

Es geht aber nicht nur um eine bessere Ausstattung der kom munalen Finanzierungsbasis bzw. um den kommunalen Inves titionsbedarf. Es sind auch weitere wichtige Themen relevant wie z. B. die Krankenhausförderung, die gelingende Integra tion, die Wohnraumförderung sowie die Förderung der Ver kehrsinfrastruktur und des ÖPNV. Meine sehr geehrten Da men und Herren, diese Themen betreffen unmittelbar die Le bensbedingungen und die Lebenswirklichkeit der Menschen in diesem Land.

Die Krankenhausförderung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist im Umbruch. Wir haben eine Krankenhausversor gung, die sich derzeit stark verändert; denn viele Krankenhäu ser befinden sich in einer schwierigen Lage. Sie schreiben ro te Zahlen und können nicht mehr wirtschaftlich betrieben wer den. Diese tiefgreifenden Veränderungen erfordern auch den Umbau der bestehenden Krankenhäuser.

Aber was macht die Landesregierung in dieser schwierigen Phase des Umbruchs? Sie kürzt die Landesförderung, anstatt den Investitionsstau im Krankenhausbereich abzubauen. Wir stellen uns gegen eine strukturelle Unterfinanzierung durch die Landesregierung. Wir setzen uns gleichzeitig für eine be darfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähi gen Krankenhäusern ein, wie dies auch vom Landkreistag ge fordert wird.

(Beifall bei der SPD)

Die Umwandlung der Krankenhauslandschaft, vor allem die Konzentration auf leistungsfähige Klinikstandorte und Digi talisierung, kann nur dann erfolgreich gestaltet werden, wenn Sie nicht länger die notwendigen Fördermittel zurückhalten.

Minister Lucha hat bereits im letzten Haushalt die Landesmit tel für das Krankenhausprogramm um 60 Millionen € gekürzt. Er führt diesen Sparkurs im jetzigen Doppelhaushalt fort. Hier kann ich mich ebenfalls nur der Meinung des Landkreistags präsidenten anschließen, der sagte:

Dass in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen die Axt an die Wurzeln unseres Krankenhauswesens gelegt wird, ist mir unbegreiflich.

(Beifall bei der SPD)