Meine Damen und Herren, für die Aussprache zu dem Gesetzentwurf und dem Antrag hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt. Der Fraktion der SPD steht für die Begründung ih res Antrags eine zusätzliche Redezeit von fünf Minuten zu.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutie ren heute das Ausführungsgesetz des Landes zum Prostituier tenschutzgesetz und darüber, inwiefern das Land die Spiel räume bei der Umsetzung auf Landesebene genutzt hat.
Kernelemente des Prostituiertenschutzgesetzes hat Minister Lucha bereits ausgeführt. Ich möchte zunächst darauf hinwei sen, dass die Prostitution nicht irgendein Gewerbe ist, sondern es in vielen Fällen um die sexuelle Ausbeutung der Frauen und Zwangsprostitution sowie Menschenhandel geht. Bei spielsweise werden Frauen, insbesondere ganz junge Frauen, bevorzugt aus Osteuropa und Afrika unter Angabe falscher Tatsachen hierher gelockt. Dadurch entsteht für die jungen Frauen ganz, ganz großes Leid und Not, aus der sie dann in der Regel gar nicht selbst herauskommen. Deshalb müssen wir dem entschieden entgegentreten und für den bestmögli chen Schutz der Prostituierten allgemein eintreten.
Drei Punkte sind für mich in diesem Zusammenhang beson ders wichtig. Zunächst einmal geht es um die Prostituierten selbst. Sie müssen sich nach dem neuen Gesetz künftig bei
den Landratsämtern anmelden – gebührenfrei – und vorab ein verpflichtendes Informations- und gesundheitliches Beratungs gespräch wahrnehmen. Das Informations- und Beratungsge spräch findet in geschützter Umgebung mit fachlicher Exper tise statt, sodass die Prostituierten Informationen über ihre Rechte, aber auch ihre Pflichten sowie vor allem ihre Aus stiegsmöglichkeiten bekommen. Wir begrüßen das sehr.
Wir begrüßen aber auch die gesundheitliche Beratung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst, die jedoch zeitlich und räumlich getrennt von der Anmeldung sowie auch im ge schützten Raum stattfinden muss. Denn nur so ist ein vertrau licher Austausch überhaupt möglich.
Das Ministerium für Soziales und Integration erarbeitet der zeit eine mehrsprachige App für Prostituierte, die als Wegwei ser für Behörden, für Beratungsstellen und das Hilfesystem überhaupt in Baden-Württemberg dienen soll. Auch das be grüßen wir sehr. Das ist ganz sicher ein ganz gutes Hilfsmit tel.
Beim zweiten Punkt geht es um die Qualifizierung der Mitar beiter in den Behörden. Fachkenntnisse, die ja nicht automa tisch vorhanden sind, und die Sensibilisierung der Mitarbei terinnen und Mitarbeiter in den Behörden sind von größter Wichtigkeit bei der erfolgreichen Umsetzung und zum Schutz der Prostituierten. Es ist wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sensibilisiert sind in Bezug auf das Erkennen von Anhaltspunkten, z. B. bei Zwangsprostitution, und das Eingreifen.
Das Ministerium für Soziales und Integration hat zusammen mit den Fachberatungsstellen einen Leitfaden und eine Ori entierungshilfe für einheitliche Standards bei den Beratungs gesprächen erarbeitet. Vorab wird es dazu eine Informations veranstaltung für alle in diesem Bereich Zuständigen geben. Wünschenswert wäre aber darüber hinaus, dass diese Mitar beiterinnen und Mitarbeiter weitere Schulungen und Fortbil dungen bekommen, weil diese Aufgabe nämlich eine ganz, ganz hohe Verantwortung innehat, aber für diese Arbeit auch eine hohe Empathie notwendig ist, die eben nicht von vorn herein vorhanden ist.
Der dritte und für mich ganz wichtige Punkt bezieht sich auf die Anforderungen für die Betreiberinnen und Betreiber von Bordellen. Neu in diesem Zusammenhang ist die Einführung einer Erlaubnispflicht für diese Prostitutionsstätten. Hier muss verschärft bei der Prüfung der Zuverlässigkeit des Betreibers oder der Betreiberin angesetzt werden. Dabei ist z. B. zu prü fen, ob die Betreiber oder die Betreiberinnen schon einmal kriminell auffällig waren oder eine rechtskräftige Verurteilung in den letzten Jahren vorliegt. Auch das ist ja nicht nur selten der Fall. In der Konsequenz muss, wenn so etwas heraus kommt, die Betriebserlaubnis natürlich verweigert werden.
Dazu kommt noch, dass die gesetzlichen Mindestanforderun gen an Hygiene, an Sicherheit und natürlich an die Arbeitsbe dingungen der Prostituierten eingehalten werden müssen, dass dazu Kontrollen durchgeführt werden müssen und dass man dazu auf den Polizeivollzugsdienst zurückgreifen kann und zurückgreifen muss. Ziel von diesen Anforderungen an die Prostitutionsstätten ist die entschlossene Bekämpfung der Kri minalität in Bezug auf Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung
und im Besonderen der Zuhälterei. So etwas muss aufgedeckt bzw. verhindert werden. Bei Zuwiderhandlung gegen eine die ser Anforderungen muss das Bordell natürlich geschlossen werden, und der Betreiber oder die Betreiberin muss dann zur Rechenschaft gezogen werden.
Ja. – Wichtigster Grund satz ist für mich zum Schluss, dass die Hürden für die Anmel dung und die Beratungsgespräche mit den Prostituierten so niederschwellig wie möglich gehalten werden müssen. Im Ge genzug müssen die Hürden für die Betriebserlaubnis einer Prostitutionsstätte und die Intensität der damit einhergehen den Kontrollen zum Schutz der Prostituierten umso höher an gesetzt werden.
In diesem Sinn werden wir Grünen die Verabschiedung des Ausführungsgesetzes zum Prostituiertenschutzgesetz grund sätzlich befürworten.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Prostitution ist ein Thema, mit dem sich die Öffentlichkeit nicht gern beschäftigt, das aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt wird. Es gibt wenige Menschen, in der Hauptsache Männer, die zugeben würden, bereits einmal Dienste von Pro stituierten in Anspruch genommen zu haben. Wir wissen noch nicht einmal, wie viele Prostituierte es in Baden-Württemberg überhaupt gibt. Schätzungen gehen von 25 000 und mehr aus. Aber wir haben dazu leider keine gesicherten Erkenntnisse. Wir können aber davon ausgehen, dass die Dunkelziffer er schreckend hoch ist – mit allen Nachteilen, die in diesem schwierigen Gewerbe mit teils menschenverachtenden Struk turen existieren.
Nach einem langen und zähen Ringen sind sich die Verant wortlichen aus Bund, Ländern und Kommunen aber nun ei nig geworden. Auch für diesen Bereich benötigen wir endlich Regeln, und Prostituierte benötigen Sicherheiten, Schutz vor Menschenhandel und Ausbeutung. So hat nun der Bund im Herbst 2016 das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsge werbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Per sonen erlassen. Zum ersten Mal werden damit umfassende Re gelungen für das Prostitutionsgewerbe geschaffen und damit auch Rechte und Pflichten maßgeblich geregelt.
Worum geht es überhaupt in diesem Gesetz? Die Ausübung von Prostitution bleibt grundsätzlich erlaubnisfrei. Aber die Prostituierten müssen sich verpflichtend beim Landratsamt bzw. örtlichen Ordnungsamt anmelden und erhalten dort eine Bescheinigung zur Ausübung ihres Gewerbes, die sie bei der Ausübung ihrer Arbeit bei sich tragen müssen.
Teil dieses Anmeldeverfahrens ist ein verpflichtendes Infor mations- und Beratungsgespräch. Außerdem wird eine ge
Mit dieser Maßnah me haben wir zuerst einmal die Möglichkeit, gesicherte Zah len über die Anzahl der Prostituierten in Baden-Württemberg zu erhalten. Vor allem haben wir die Chance, mit ihnen direkt zu kommunizieren und sie über ihre Pflichten, vor allem aber auch über ihre Rechte aufzuklären. Dies halte ich für einen entscheidenden Schritt – nein: Fortschritt – in die richtige Richtung, um Ausbeutung und Menschenhandel dauerhaft be kämpfen zu können.
Wir sollten aber nicht nur die Arbeitnehmer im Blick haben, sondern auch die Arbeitgeber. Das Gesetz regelt nämlich auch die Pflichten für Gewerbetreibende in diesem Bereich. Es wird eine Erlaubnispflicht eingeführt. Diese Erlaubnis ist an die Er füllung gesetzlicher Mindestanforderungen und an die Zuver lässigkeit des Betreibers gekoppelt. Die Kosten für diese Be triebserlaubnis richten sich nach der Landesgebührenordnung.
Heute beraten wir in erster Lesung darüber, wie das Gesetz in Baden-Württemberg ausgeführt werden soll, insbesondere da rüber, welche Behörden zuständig sein werden. Das Sozial ministerium in Baden-Württemberg schlägt vor, die Aufga ben nach Abschnitt 2 des Prostituiertenschutzgesetzes für die jeweiligen Gebiete der Landkreise den Landratsämtern und für die Stadtkreise den Gemeinden als untere Verwaltungsbe hörden zu übertragen. Bei denjenigen Stadtkreisen, die über keine untere Gesundheitsbehörde verfügen, sind in diesem Fall die Landratsämter, die dort jeweils ihren Sitz haben, zu ständig.
Mit der Umsetzung dieses Gesetzes sind erhebliche Kosten verbunden. Dies gilt sowohl für die Anmelde- und Beratungs verfahren als auch für den Bereich der Kontrolle und Über wachung. Dies ist uns allen klar. Wie hoch die Kosten im Ein zelnen für das Land und die jeweilige Kommune sind, darü ber können wir heute nur spekulieren. Das Ministerium hat hier Berechnungen vorgelegt. Als Grundlage für die Kosten folgenabschätzung wurden die Zahlen des Bundesgesetzes zu grunde gelegt.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Schutz der Menschen aus diesem Gewerbe, ihre Würde und der Respekt vor ihnen sollten und dürfen nicht in Zahlen und Kosten gegeneinander aufgewogen werden.
Uns muss aber trotz allem klar sein, dass all diese Zahlen Schätzungen sind, die auf Datenangaben des Bundes beruhen. Erst in den nächsten Monaten und Jahren werden wir sehen, wie hoch die Kosten tatsächlich sind und wo nachjustiert wer den muss.
Deshalb ist es zielführend, dass der Gesetzentwurf vorsieht, zeitnah eine Evaluierung durchzuführen, um bis Ende 2019 erste verlässliche Zahlen zu erhalten. Dann wird das Land Ba den-Württemberg die Zahlung an die Landkreise und Gemein den entsprechend anpassen.
Um dieses Gesetz zu einem Erfolg zu führen, ist gerade am Anfang eine enge Abstimmung und Kommunikation zwischen den Akteuren notwendig, um zügig reagieren zu können. Ich bin mir aber sicher, dass wir alle uns der Verantwortung be wusst sind, die wir gerade auch den Prostituierten gegenüber haben, denen wir ein Stück Sicherheit geben wollen.
Das Land hat bei diesem Gesetz einen sehr geringen Spiel raum. Wir sind dazu verpflichtet, die vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Regelungen auf Landesebene umzusetzen. Gleich wohl bin ich davon überzeugt, dass es gelungen ist, ein Aus führungsgesetz auf den Weg zu bringen, das die Prostituier ten schützt.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Wie in allen anderen Bereichen der Krimi nalität hat auch der Menschenhandel, vor allem der Handel mit jungen Frauen aus Osteuropa, durch die offenen Grenzen und die damit einhergehende unkontrollierte Einwanderung – nicht erst seit 2015 – ungeahnte Dimensionen erreicht
Alle Maßnahmen und Gesetze, die diese untragbare Situation verbessern sollen, bekämpfen höchstens die Symptome, aber nicht die Ursachen.
Eine Grenzschließung und damit einhergehende Kontrollen an unseren eigenen Außengrenzen würden den Menschenhan del sofort am wirksamsten und effektivsten bekämpfen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: So ein Unfug! Das ist innerhalb Europas und nicht außerhalb Europas!)