Denn die beruflichen Gymnasien in Baden-Württemberg sind zum Glück und anerkanntermaßen so breit aufgestellt, dass sie für diejenigen, die nicht auf einem allgemeinbildenden Gymnasium Abitur machen wollen, eine Perspektive in der Fläche, in der Breite darstellen.
Wir sind uns im Schulausschuss in der vergangenen Legisla turperiode auch mit der SPD-geführten Amtsspitze des Kul tusministeriums darüber einig gewesen, dass es nicht das Gel be vom Ei ist, der großen Herausforderung an den Gemein schaftsschulen nur mit neu eingestellten Gymnasiallehrkräf ten zu begegnen. Das allein ist keine Antwort auf dieses The ma.
Und zuletzt: Sie haben die Genehmigungen in Konstanz und Tübingen angesprochen. Na also! Wenn Sie von weiteren Vo raussetzungen für gymnasiale Oberstufen, die uns neu einge fallen sein sollen, sprechen, dann kennen Sie die Genehmi gungssituation bei den Eingangsstufen – Klasse 5 – für Ge meinschaftsschulen nicht. Denn auch dort gibt es die gleichen Voraussetzungen dafür, dass Schülerzahlen von anderen Stand orten eingerechnet werden können.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: „Kleinteilig“! Sie senden ein Signal nach dem nächsten aus! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Denn das Kleinteilige zeigt doch schon: Das, worüber wir hier fachlich dann auch gern diskutieren können, ist doch nicht das, was bei den Eltern ankommt, wenn es um die Frage geht, welche Schule sie wählen.
Das Zitat, das Herr Dr. Kern vorgetragen hat, hätte ich auch angeführt. Wenn selbst der Städtetag – Sie müssen es ja nicht uns glauben – nicht nur sagt, dass es daran nicht liegt, son dern anmerkt, dass man ohne all das auch schon von Anfang an davon ausgegangen ist, dass die Genehmigungspraxis zu diesem Ergebnis führt, dann zeigt das doch, dass Ihre Argu mentationslinie, wonach wir schuld an den jetzigen Zahlen seien, nicht trägt.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)
Das heißt aber nicht, Herr Dr. Balzer – ich möchte Ihre Aus führungen aufgreifen –, dass die Gemeinschaftsschule ge scheitert wäre. Das möchte ich so nicht im Raum stehen las sen.
Dass wir einer Schulart und den dortigen Lehrkräften Unter stützung bei ihrer Aufgabenerfüllung geben, heißt noch nicht, dass es dort nur selbst gemachte Probleme gibt. Denn dass wir mit Blick auf die gewachsenen Herausforderungen den Schu
Vielmehr gilt das für die Grundschulen, die Haupt- und Werk realschulen, die Realschulen, die Gemeinschaftsschulen, die Gymnasien und die beruflichen Schulen.
Die Herausforderungen haben sich verändert. Alle Schularten brauchen Unterstützung. Dass wir diese auch den Gemein schaftsschulen geben, ist kein Beleg dafür, dass sie geschei tert wären.
Ich halte es schon für bedauerlich, dass wir mit einer solchen Debatte, wie sie heute auf Antrag der SPD-Fraktion geführt wird, immer noch in Schulstrukturdiskussionen festhängen.
Nach der PISA-Debatte haben die Wissenschaftler gesagt – ich zitiere noch einmal Baumert; das habe ich hier im Haus schon oft gemacht –: Es hängt nicht entscheidend von der Schulstruktur ab. Es hängt davon ab, dass wir den Unterricht ansehen, beeinflussen und die Lehrkräfte für guten Unterricht stärken.
Das CDU-geführte Ministerium hat dies Ihnen gegenüber bis 2011 vertreten. Sie von der SPD haben gesagt: „Alles wird besser, wenn nur die Struktur geändert wird.“ Wir haben Ih nen diese wissenschaftliche Aussage entgegengehalten und Ihnen gesagt, dass Unruhe aufkommt, wenn Sie strukturelle Änderungen vornehmen, Unruhe, die auch Kräfte binden wird.
2011 sind Sie dann diesen Weg gegangen. Sie haben diese Un ruhe durch Veränderungen in das Schulsystem gebracht. Das ist nicht allein ein Garant dafür, dass sich die Schülerleistun gen verbessern. Die jüngsten Leistungsvergleiche zeigen auch deutlich, dass das allein keine Lösung und Antwort darauf sein kann.
Ich finde es bedauerlich, dass wir hier trotzdem noch Schul strukturdiskussionen betreiben müssen, obwohl von der grünschwarzen Regierungskoalition sowohl in der Koalitionsver einbarung als auch in der Regierungserklärung und der Poli tik des Kultusministeriums die klare Aussage getroffen wird: Es gilt das Schulgesetz, es gibt keine Veränderungen in der grundlegenden Schulstruktur in unserem Land. Wir kümmern uns um die Schulqualität, wir kümmern uns darum, wie wir an allen Schularten die Qualität voranbringen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das hat man heu te gehört, dass da kein Blatt mehr zwischen Grün und Schwarz passt!)
Wir haben nach wie vor das pädagogische Konzept der Ge meinschaftsschule. Es gibt weitere Genehmigungen, es gibt gymnasiale Oberstufen an Gemeinschaftsschulen. Das sind die grundlegenden Linien, die in der Öffentlichkeit wahrge
nommen werden und die von den Eltern registriert werden. Wenn Sie trotzdem behaupten, dass die Politik daran schuld wäre, dass sich die Schülerzahlen in eine bestimmte Richtung entwickeln, dann muss der Grund dafür sein, dass Sie von et was ablenken wollen.
Was ist das, wovon Sie ablenken wollen? Das hat vorhin auch Frau Boser in ihrer Rede mit der Formulierung gesagt, dass die Grünen ein Interesse an stabil aufgestellten Standorten ha ben. Die Genehmigungspraxis im SPD-geführten Kultusmi nisterium war doch so, dass Sie die Voraussetzung von 40 Schülerinnen und Schülern in vielen Fällen als erfüllt ange sehen haben, in denen es so nicht eingetreten ist. Auch der Städtetag sagt: „Zu viele sind genehmigt worden.“ Das belegt doch: Sie wollten nur Zahlen nachweisen, Sie wollten es als Erfolg verkaufen.
Sie haben vielleicht noch gedacht, dass die Schülerinnen und Schüler von allein kommen. Das ist jedenfalls nicht eingetre ten, und davon versuchen Sie jetzt abzulenken,
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
indem Sie kleinteilig und nicht mit Zitaten belegt bei anderen die Schuld suchen. Es liegt nicht an uns, dass die Situation mit den Schülerzahlen in den Eingangsklassen so ist, dass es Hin weisverfahren gibt.
Noch einmal: Entscheidend ist die Qualität in allen Schular ten. Viel wichtiger als die Diskussion über die Schularten ist, dass wir uns darum kümmern, was Ministerin Dr. Eisenmann, was dem Kultusministerium, was der Landesregierung wich tig ist: Wir wollen eine Stärkung der Basiskompetenz, ein Qualitätskonzept für unsere Schulen. Wir wollen anhand von Daten, z. B. aus Vergleichsarbeiten, aus den Schulstatistiken und aus dem sozioökonomischen Umfeld, besser und trans parenter auf die Probleme der Schulen reagieren können, und wir wollen den Herausforderungen in der Lehrerfortbildung begegnen. Das alles wollen wir angehen, um damit die Qua lität an den Schulen zu stärken und uns nicht in Schulstruk turdebatten zu verfangen.
Das ist auch das Kriterium für die Eltern: der Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler. Das wollen wir alle gemein sam für die Schülerinnen und Schüler in unserem Land.
Natürlich schauen die Eltern auf das Engagement der Lehr kräfte, natürlich schauen sie auf die Atmosphäre einer Schu le und darauf, ob die Kinder Freude daran haben, in die Schu le zu gehen. Das ist gut und wichtig, und das gelingt den Ge meinschaftsschulen in hohem Maß. Bestätigt werden muss dies an allen Schularten durch den Lernerfolg.
Als Kriterium für die Eltern wird sich auch noch entwickeln, was mit den Schülerinnen und Schülern der Gemeinschafts schulen auf der gymnasialen Oberstufe passiert, wie sie dort zurechtkommen – entsprechend ihren Zeugnisnoten von der Gemeinschaftsschule –, wie sie sich in der dualen Ausbildung
im Betrieb und in der Berufsschule zeigen, ob hierfür eine gu te Grundlage gelegt worden ist. Das wird in der Zukunft noch einmal entscheidenden Einfluss auf die Anmeldezahlen für die Gemeinschaftsschulen haben.
Dafür, dass dies gelingt und die Gemeinschaftsschulen damit zurechtkommen, brauchen Sie nicht eine Aktuelle Debatte über Schulstruktur und angebliches Schlechtreden zu bean tragen.
Was wir dafür brauchen, ist auch in der wissenschaftlichen Begleitforschung zum Ausdruck gekommen. Die Lehrkräfte stehen in den Gemeinschaftsschulen vor einer großen Heraus forderung. Weil auch nach Überprüfungen gefragt worden ist, will ich noch einmal zitieren, was auch in der Begleitstudie zum Ausdruck gekommen ist:
Die anspruchsvolle Arbeit an der Gemeinschaftsschule stellt die einzelnen Lehrkräfte und die Kollegien vor gro ße Herausforderungen, und die Aufgaben sind aus Sicht der befragten Lehrkräfte... nur unter sehr hohem Einsatz zu bewältigen.
Die Lehrkräfte, die Kollegien an den Gemeinschaftsschulen gehen die Arbeit mit großem Elan und großem Engagement an. Es hätte Ihnen gutgetan, wenn Sie früher realistisch auf diese Schulart gesehen hätten und wenn Sie die Unterstützung früher angegangen wären und sich dem nicht verschlossen hätten.
Für diejenigen Lernenden, die eher leistungsschwächer sind und deren Selbststeuerungsfähigkeit gering ausge prägt ist, könnte ein zu geringer Anteil an Inputstunden und ein zu hoher Anteil fachbezogener individueller Lern zeit kontraproduktiv wirken.
Deshalb braucht es an den Gemeinschaftsschulen das, was wir in Angriff genommen haben: Eine Fortbildungskonzeption „Tiefenstrukturen im Fachunterricht an Gemeinschaftsschu len“ ist erarbeitet und hat zum Ziel, die Fachlichkeit in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprache sowie in den Naturwissenschaften zu stärken.