Protocol of the Session on July 19, 2017

Das entbehrt nicht einer gewissen Tragikomik.

(Beifall bei der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Das aus Ihrem Mund! Sie sind der Oberphrasen drescher!)

Ja, natürlich aus meinem Mund, Herr Kollege Sckerl. Sie hören mir ja so gern zu.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Reden Sie doch mal mit Frau Petry!)

Ist das zum Thema, Herr Sckerl? Es ist ja erstaunlich, was Sie für Assoziationen haben. Sie werfen mir immer vor – –

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das war nicht Herr Sckerl!)

Ach, Sie waren das.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ich war das!)

Überlegen Sie mal, ob das zum Thema war.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aber wir wissen, worum es Ihnen geht!)

Natürlich wissen wir, worum es uns geht, allerdings. Uns geht es um dieses Bundesland.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ihre Be werbungsrede für den Vorsitz können Sie woanders halten!)

Ihre Politik, Herr Ministerpräsident, ist – das sei konzediert – tatsächlich nachhaltig. Das ist eine Ihrer Phrasen. Es ist der Weg einer nachhaltigen Deindustrialisierung durch unsinnige Regulierung. Das nehmen wir hier zur Kenntnis.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zuruf: Das war aber auch ein langer Applaus! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Le de Abal GRÜNE)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Gestatten Sie mir erneut eine Vorbemerkung. Denn ich denke doch, es ist auffällig, dass der Herr Minister präsident heute in dieser Aktuellen Debatte persönlich ans Re depult getreten ist.

Ich schätze es, dem Herrn Ministerpräsidenten zuzuhören. Aber was mir dann doch auffällt, ist die Tatsache, dass eine von der CDU beantragte Aktuelle Debatte zum Thema „Au tomobile Zukunft in Baden-Württemberg“ dazu genutzt wird, klarzumachen, dass quasi die Deutungshoheit bei diesem The ma nicht bei der CDU, nicht bei der Wirtschaftsministerin und schon gar nicht bei Herrn Strobl als stellvertretendem Minis terpräsidenten liegt.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Abwarten!)

Deswegen: Es wird deutlich, wer hier in diesem Land die Ho sen anhat.

(Beifall bei der SPD und der AfD sowie Abgeordne ten der FDP/DVP – Abg. Nicole Razavi CDU: Sie von der SPD auf alle Fälle nicht! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr untauglicher Versuch, Herr Stoch!)

Herr Ministerpräsident, das, was Sie heute hier am Redepult zu diesem äußerst wichtigen Thema dargelegt haben, ist in weiten Teilen eine Beschreibung von Prozessen

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

ich kann die Aufregung nachvollziehen –, die sowohl im Be reich der Industrie als auch der Technologieforschung bereits seit einiger Zeit laufen. Das sind Prozesse, die aus unserer Sicht auch Veränderungen für Baden-Württemberg bedeuten. Ich glaube, kaum jemand – ich sage bewusst: kaum jemand – in diesem Haus sieht nicht die dringende Notwendigkeit, dass wir die richtigen politischen, industriepolitischen und wirt

schaftlichen Weichenstellungen vornehmen müssen, damit un ser Land zukünftig noch erfolgreich ist. Das stellt überhaupt niemand in Abrede, Herr Ministerpräsident.

Aber dann ist es wichtig, darauf zu schauen: Mit welchen An nahmen geht die Politik in diese Veränderungsprozesse? Da wird es durchaus schwierig. Denn die Annahmen – ich habe es vorhin einleitend gesagt – sind durchaus unterschiedlich. Ich glaube nicht, dass diese Landesregierung aus Grünen und CDU eine gemeinsame Idee von industrieller Zukunft in Ba den-Württemberg hat. Und genau da liegt das Problem, mei ne sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Herr Ministerpräsident, auf Nachfrage insbesondere vom Herrn Kollegen Glück haben Sie natürlich relativiert. Aber die Fra ge allein darauf zu konzentrieren, ob das Fahrzeug – vermeint lich – emissionsfrei ist oder nicht, was seinen Betrieb angeht, bildet nur einen kleinen Teil der Wirklichkeit ab. Wenn wir ausblenden, mit welchem Energieaufwand ein Fahrzeug her gestellt wird,

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

wenn wir ausblenden, woher die Energie kommt, mit der das Fahrzeug betrieben wird, dann liegt keine vollständige Be trachtung der Wirklichkeit vor, Herr Ministerpräsident. Dann kann nur ein Beschluss herauskommen, wie ihn die Grünen auf ihrem Bundesparteitag gefasst haben. Das ist das Ausblen den eines großen Teils der Wirklichkeit.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Sie haben auch vom Ende der Verbrennungsmotoren gespro chen. Sie haben China als einen Konkurrenten auf dem Welt markt beschrieben – genauso wie die USA. Die Chinesen – das hat auch eine durchaus wichtige industriepolitische Kom ponente – haben sich in den letzten Jahren angeschaut, ob sie überhaupt in der Lage wären, beim Verbrennungsmotor kon kurrenzfähig zu sein. Die Chinesen haben ganz schnell eines erkannt: Sie werden im Vergleich mit anderen Herstellern, ins besondere deutschen Herstellern, bei den Verbrennungsmoto ren nie konkurrenzfähig sein. Deswegen muss China einen anderen Weg beschreiten.

Deswegen ist doch die Frage, ob wir in diesem Bereich eines Wirtschaftskriegs, der entsteht, quasi versuchen, China mit den eigenen Mitteln zu schlagen, oder ob wir versuchen, durch eine maximale Effektivitätssteigerung bei den Motoren, bei denen wir führend sind, den Marktanteil für deutsche Produk te hoch zu halten. Ich glaube, das ist eine richtige Antwort.

(Beifall bei der SPD und der AfD sowie Abgeordne ten der FDP/DVP)

Niemand hier wird sagen können, wann man im Rahmen ei ner solchen technologischen Entwicklung sagen kann: „Das Ende des Verbrennungsmotors ist gekommen.“ Sie haben vor hin davon gesprochen, dass das Ende des Verbrennungsmo tors, der von fossilen Brennstoffen angetrieben wird, irgend wann kommen wird. Dem wird in der Automobilindustrie auch niemand widersprechen. Aber, Herr Ministerpräsident,

die Instrumente, mit denen die Politik diesen Wandel beglei tet, sind das Entscheidende.

Wenn diese Maßnahmen von wirtschaftsrelevanten Personen als unklug, als wirtschaftspolitisch verheerend und umwelt politisch fragwürdig gebrandmarkt werden – das ist z. B. in der Diskussion um Fahrverbote in Baden-Württemberg der Fall, für die Sie die Verantwortung tragen, jedenfalls für die Beschlüsse zu einem Fahrverbot –, dann sind die Instrumen te, wie Sie diesen Wandel begleiten, falsch. Denn Sie werden diesen Wandel damit nicht befördern, sondern Sie werden ihn verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Ja, der Verbrennungsmotor, insbesondere der Diesel, ist in Verruf geraten, und ja, dafür gibt es Verantwortliche, die die se Fehlentwicklungen, gerade auch, was die tatsächlichen Ausstöße angeht, zu verantworten haben. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Verantwortlichen für die Ver trauenskrise um den Diesel und auch um den Verbrennungs motor sind eben nicht die Zehntausende, Hunderttausende Ei gentümer dieser Fahrzeuge, und es sind auch nicht die Zehn tausende, Hunderttausende Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer, die in dieser Branche ihr Geld verdienen. Wenn wir diese Menschen bestrafen – so, wie es mit Ihrer Politik ge schieht –, dann bestrafen wir genau die Falschen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Und wenn Sie hier sagen, die Fahrverbote seien ja eigentlich nie wirklich gewollt gewesen – Herr Ministerpräsident, ich glaube, Sie haben nach wie vor ein nachhaltiges Problem, und das können Sie hier auch nicht wegdiskutieren: Der Verkehrs minister hat im April letzten Jahres einen Vergleich abge schlossen, und zwar, indem er eine Verpflichtung eingegan gen ist, die er rechtlich und technisch gar nicht umsetzen kann. Er hat nämlich die Verpflichtung übernommen, ab dem 1. Ja nuar 2018 im Bereich des Neckartors das Verkehrsaufkom men um 20 % zu reduzieren.

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Das ist der Punkt!)

Dass das aus seiner Sicht, aus der Sicht von Winfried Her mann, am besten durch Fahrverbote geschieht, das haben wir ja jetzt mehrfach hier erlebt. Aber, Herr Ministerpräsident, dieser Vergleich besteht nach wie vor, und diesen Vergleich kann das Land nicht einseitig aufkündigen. Wir haben immer noch keine Antwort darauf, was Sie mit den Fahrverboten ma chen, die in diesem Vergleich stehen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wer hat ihn im April 2016 beraten?)

Es stimmt eben nicht: Im April 2016 war der Verkehrsmi nister vor Gericht. Genehmigt hat diesen Vergleich aber das Kabinett im Juni 2016.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Unstreitig! Wer hat im April denn den Verkehrsminister beraten?)

Und da haben bereits CDU und Grüne gemeinsam regiert, Herr Reinhart.

Aber wenn wir dann über die Frage von Fahrverboten disku tieren, kommen wir der Wahrheit wahrscheinlich ein Stück näher, wenn wir Herrn MD Lahl aus dem Verkehrsministeri um zitieren. Er hat nämlich vor wenigen Wochen noch gesagt: Fahrverbote sind unausweichlich.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: So ist es! Genau!)

Wenn also hier der Ministerpräsident steht und seine Position vertritt, dann frage ich mich schon – wir alle kennen das Vi deo, das vorhin schon Thema war –: Wie kann eine grüne Fraktion, deren Mitglieder ganz sicher zu einem großen Teil beim Bundesparteitag waren und für ein Ende des Verbren nungsmotors im Jahr 2030 gestimmt haben, lang anhaltenden Applaus spenden, nachdem der Ministerpräsident gerade das Gegenteil von dem gesagt hat, was grüne Parteitage beschlie ßen? Das ist doch die Frage.

(Beifall bei der SPD, der AfD und der FDP/DVP)