Ich will aber festhalten: Beide Regierungsfraktionen haben bislang kein einziges glaubhaftes oder triftiges, nachvollzieh bares Argument vorgebracht, warum sie diese Nebenabreden getroffen haben und warum bestimmte Dinge Inhalt der Ne benabreden waren, aber nicht im Koalitionsvertrag stehen. Die Antwort sind Sie bis heute schuldig geblieben.
Sie, Frau Walker, haben heute auch wieder vom Instrumen tenkasten gesprochen. Es war die Rede – der Ministerpräsi dent hat es gesagt – von der Notwendigkeit, Vertrauen zu schaffen. Es galt den Zusammenhalt der Koalition zu gewähr
leisten. All das waren Begründungen von Ihnen für diese Ne benabreden, um Zustimmung zum Koalitionsvertrag zu erhal ten, ohne die Parteigliederungen entsprechend vollumfäng lich zu informieren – wohl auch deshalb, weil es Widersprü che gibt zwischen dem, was in den Nebenabreden steht, und dem, was im Koalitionsvertrag dann öffentlich gemacht wor den ist.
Ich muss schon sagen: Wie Geheimniskrämerei, wie das Vor enthalten von wichtigen Inhalten solcher Nebenabreden Ver trauen schaffen soll, bleibt der eigenartigen Interpretation des Ministerpräsidenten vorbehalten. Dass mit dieser Vorgehens weise aber auch die eigenen Fraktionen und Parteigliederun gen hinters Licht geführt wurden, kann doch eigentlich nie mand ernsthaft bestreiten.
Ich muss sagen: Das könnte mir und uns eigentlich egal sein. Es sind Ihre Fraktionen, und es ist Ihre Partei.
Was mich dabei aber wirklich stört, ist, dass dieses Verhalten und diese Handlungsweise auch in krassem Widerspruch zu bestimmten Ausführungen – Vorredner haben darauf hinge wiesen – im Koalitionsvertrag steht. Staatliches Handeln bür gernah und transparent gestalten, Bürgerinnen und Bürger früh, umfassend und offen über das informieren, was die Lan desregierung will – so haben Sie es im Koalitionsvertrag for muliert. Aber bei den ersten schriftlichen Fixierungen haben Sie sich schon nicht mehr daran gehalten. Ich will ausdrück lich sagen: Das, was Sie mit diesen Nebenabreden gemacht haben, war nicht bürgernah. Es war intransparent, und die In formation erfolgte auch nicht früh genug. Sie haben erst dann reagiert, als parlamentarischer und öffentlicher Druck Sie da zu gezwungen haben.
Das Erstaunliche hierbei, meine Damen und Herren, ist, dass sich dies auch gestandene Parlamentarier Ihrer Fraktion ge fallen lassen. Es treibt mich tatsächlich um, dass Sie sich als Statisten in diesem Spiel generieren,
dass Sie dies nicht nur akzeptieren, sondern auch heute wie der verteidigen. Ich finde, das schadet letztendlich der Legis lative. So etwas sollte sich nicht wiederholen.
Ich will ausdrücklich sagen: Ich finde es schon in Ordnung, wenn man bestimmte Dinge verabredet. Ich habe auch Ver ständnis dafür, dass man als Ministerpräsident, als Minister, als Ministerin in seinem originären Umfeld Personen seines Vertrauens beschäftigt. Ich habe aber kein Verständnis dafür, wenn diese Beschäftigung von Parteigängern über diese Ver trauensrunden hinausgeht. Auch das ist passiert. Auch das ha ben Sie letztendlich in Nebenabreden festgehalten. Vor allem haben Sie es nicht transparent gemacht.
Jetzt komme ich noch ganz kurz auf die unbeantworteten Fra gen zu sprechen. Die Fragen unter den Ziffern 8, 9 und 10 fu ßen seitens der FDP/DVP-Fraktion auf Erklärungen des Mi nisterpräsidenten in seiner Regierungspressekonferenz am
19. Juli des letzten Jahres. Da hat er ausgeführt: Es geht um Ressourcensteuerung, die man verbessern muss, um Geld zu sparen, und es geht darum, die Verwaltung zu modernisieren.
Zu diesen Fragen in dem Antrag der FDP/DVP haben Sie jetzt schlicht und ergreifend geantwortet, hierzu gebe es keine Überlegungen. Also nicht einmal „keine Ergebnisse“, auch nicht „keine Gespräche“, sondern „keine Überlegungen“. Auch das ist ein großes Geheimnis des Ministerpräsidenten, wie „keine Überlegungen“ zur Haushaltskonsolidierung beitragen sollen.
Deshalb, meine Damen und Herren, will ich ausdrücklich sa gen: Dieses Verhalten macht mir ernsthaft Sorgen. Das steht Parlamentarierinnen und Parlamentariern nicht gut, und es ge hört sich eigentlich nicht, dass Sie sich dies gefallen lassen. Dass Mauscheln auch noch zum Regierungsstil gehört, halte ich auch für höchst fragwürdig. Also mal dezent ausgedrückt: Betrügen beim Kartenspiel nennt man gelegentlich auch mau scheln. Also muss man schon vorsichtig sein, wenn man mit dem MP einmal Skat oder Binokel spielt.
Aber für Mauscheln gibt es auch andere Begrifflichkeiten. Wir jedenfalls sind der Auffassung: Mauscheln, undurchsichtiges Verhalten, die Menschen – auch die Beschäftigten in der Lan desverwaltung – im Unklaren lassen, das ist nicht der Regie rungsstil, den wir von einer Landesregierung in Baden-Würt temberg erwarten.
Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor ge nau zehn Monaten hat die FDP/DVP den Antrag eingebracht und nach den haushaltspolitischen Verabredungen gefragt so wie die Nebenabreden noch einmal parlamentarisch in die De batte eingeführt. Ich denke, wir haben umfassend auf diese Fragen geantwortet.
Einiges, was Herr Kollege Gall angeführt hat, war zu dem Zeitpunkt, als diese Anfrage zu Nebenabreden beantwortet wurde, eben noch gar nicht politisch bearbeitet worden, so dass ich Ihnen sagen kann: Zu den Punkten, die Sie da mo niert haben, sind ja durchaus auch Schritte erfolgt.
Ich würde dazu nur anführen: Die Finanzministerin hat den Finanzpakt mit den Kommunen abgeschlossen, der Sozialmi nister hat den Integrationspakt mit den Kommunen abge schlossen, wir haben den Haushalt – Kollegin Walker hat es angesprochen – entsprechend verabschiedet. Wir haben dort 800 Millionen € strukturell eingespart. Also da ist schon eini ges passiert, was wir sozusagen in der langen Zeit zwischen
Ich glaube, es hat jetzt auch niemand von den Regierungsfrak tionen „kalter Kaffee“ oder „Teebeutel“ gesagt; das waren Sie selbst.
Ich glaube, die Zeit, die dann nach Ihrer Anfrage vergangen ist, kann man in einem Satz zusammenfassen: Grün-Schwarz regiert seit gut einem Jahr, und ich würde doch sagen, wir re gieren sehr erfolgreich. Ich habe mich schon gefreut, welche Fantasien in Gang gesetzt werden, wie Koalitionsverhandlun gen ablaufen – von paffenden Ministerpräsidenten über ir gendwelche Freunde. Ich freue mich ja, dass Sie da irgendwie ein Kopfkino ins Spiel bringen, aber ich glaube, das entspricht bei Weitem nicht der Realität.
Sie sorgen sich auch um die Ehe, die Sie den beiden Koaliti onsfraktionen anheimstellen. Ich glaube, wir zeigen in der Re alität Tag für Tag, dass wir gut zusammenarbeiten und dass diese Koalition gut funktioniert.
Ich möchte Ihnen noch einmal versichern – nachdem ja tat sächlich schon einige Zeit vergangen ist – und noch einmal Ihre Neugier befriedigen: Es gibt keinen neuen Sachstand zu dem, was an Nebenabreden sonst noch da wäre.
Dazu haben wir hinreichend Stellung genommen. Die Partei en, die die Regierung tragen, haben damals ja einen Koaliti onsvertrag erarbeitet, die politischen Prioritäten benannt und bezeichnet, in welche Zukunftsbereiche man investieren will. Der Koalitionsvertrag bekennt sich deutlich zur Haushalts konsolidierung und zur Schuldenbremse. Dieser Koalitions vertrag gilt in allen möglichen Bereichen. Wir arbeiten ihn sukzessive ab. Die Parteien, die den Koalitionsvertrag über haupt gemeinsam verabredet haben – die Parteien unterschrei ben ihn auch –, haben ebendiese Absprachen auch noch dazu eingebracht, um in interner Verständigung noch einmal klar zumachen, wie der Koalitionsvertrag umgesetzt werden kann.
Sowohl Kollegin Walker als auch Kollege Mack haben deut lich gemacht: Es handelt sich um einen Instrumentenkasten. Dieser steht mittlerweile im Internet. Es sind auch entspre chende Schreiben an die Präsidentin des Landtags ergangen. Somit sind alle Abgeordneten umfassend informiert. Ich glau be, es wäre doch auch unverantwortlich gewesen, wenn sich die Koalitionspartner keine Gedanken gemacht hätten, wie wir das Ganze in der Zukunft umsetzen.
Das muss man entsprechend klarmachen. Die Haushaltskon solidierung wird auch im nächsten Doppelhaushalt – die Be ratungen stehen an – klar und deutlich. Die Worst-Case-Sze narien sind Gott sei Dank in vielem nicht eingetroffen. Sie wa ren auch der Hintergrund dafür, wie man es macht.
Frau Staatssekretärin, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Fraktionsvorsitzen den Stoch? – Bitte schön, Herr Fraktionsvorsitzender.
Frau Schopper, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben mich jetzt, indem Sie das Wort Haushaltskonsolidierung innerhalb von zwei Minuten fünfmal, glaube ich, benutzt haben, schon zur Nachfrage pro voziert.
An einer Stelle möchte ich dann doch nachfragen: Halten Sie es nicht für einen eklatanten Widerspruch und für eine Täu schung Ihrer Parteien und der Öffentlichkeit, wenn der Koa litionsvertrag mit den Worten endet, dass alle Maßnahmen, die zwischen den Partnern vereinbart sind, unter Finanzie rungsvorbehalt stehen und die Nebenabrede
Herr Kollege Hermann hat auch wieder ein Mitteilungsbe dürfnis –, die nur von wenigen unterschrieben wurde, die zum Zeitpunkt der Parteitage, als über das Eingehen dieser „Ehe“ gesprochen wurde, nur wenigen bekannt war, mit den Worten beginnt: Vom Finanzierungsvorbehalt ausgenommen sind fol gende – Klammer auf: 43; Klammer zu – Maßnahmen?
Könnten Sie mir bitte erklären, wie Sie diesen Widerspruch im Angesicht dessen, dass Sie ständig von Haushaltskonsoli dierung reden, auflösen möchten?
Das Königsrecht des Haushalts liegt beim Landtag. Das ist auch immer wieder ganz klar formuliert worden. Auch die Nebenabreden sind eine kla re Priorisierung – je nachdem, wie viel Geld in der Kasse ist –: Was können wir machen, was können wir nicht machen? Es ist das Allerwichtigste, dass der Haushalt nicht zulasten der Kinder und Kindeskinder überzogen wird.
(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Andreas Stoch: Das war nicht die Frage! – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Das kann sie doch gar nicht beantwor ten! Sie ist doch Regierung!)
Daher, denke ich, ist das ein Grund. Die Frage ist, ob wir das dem Parteitag vorgelegt haben. Das hat Frau Walker als da malige Landesvorsitzende klargemacht – auch die weiteren Beratungen auf dem Parteitag, bei dem ich gar nicht zugegen war. Ich glaube, da gab es noch nicht einmal eine Abstimmung über den Antrag insgesamt.
Nichtsdestotrotz: Im Koalitionsvertrag ist klar festgelegt wor den, was wir machen. Der Finanzierungsvorbehalt gilt. Die Nebenabreden enthalten einen Instrumentenkasten, was wir gern machen wollen.