Kehren wir abschließend zum Mops zurück. Loriot sagte ein mal: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“
Nicht sinnlos, sondern höchst erstrebenswert wäre hingegen ein Leben ohne Grün-Schwarz in Baden-Württemberg.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Ein Jahr Grün-Schwarz in Baden-Würt temberg – ein Jahr, in dem in Baden-Württemberg in vielen, in den entscheidenden, politisch relevanten Feldern viel zu wenig passiert ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns den Startpunkt vor einem Jahr nochmals vor Augen führen, dann sehen wir: Da war es ganz sicher so, wie der Ministerpräsi dent auch immer wieder sagt: Es war nicht Ziel beider Partei en, die jetzt in der Regierung sind, im Anschluss eine Regie rung zu bilden. Dass das nicht Ziel war, das haben wir in den letzten Jahren und gerade auch im vergangenen Jahr deutlich merken können. Denn, meine sehr geehrten Damen und Her ren, zwischen diesen beiden Parteien, zwischen Grünen und CDU, gibt es in nahezu keinem politisch relevanten Feld über haupt Übereinstimmungen.
Deswegen kann es einen eigentlich auch nicht wirklich ver wundern, dass im letzten Jahr verhältnismäßig wenig passiert ist. Es gab weniger Gesetzgebungsinitiativen der Regierung als in den Jahren zuvor. Wir haben auch nicht von der Regie rung erfahren, was sie zu tun gedenkt. Thema Regierungser klärungen: Ich kann mich an nur eine erinnern, nämlich die zu Beginn der Regierungszeit.
Deswegen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen: Verstecken Sie sich nicht hinter dieser vermeintlichen Ruhe. Sie haben keine Idee, wie Sie dieses Land in die Zukunft führen wollen.
Ich bleibe auch bei dem Bild, das Kollege Rülke vorhin ent worfen hat. Ich möchte nicht über die Frage der Winterlinde philosophieren, aber doch anmerken: Das gestrige Treffen von Grünen und Schwarzen, um gemeinsam ein Bäumchen zu pflanzen,
vermittelte laut Kommentar der „Stuttgarter Zeitung“ doch eher das Bild eines Trauerzugs. Deswegen: Nächstes Mal bit te eine Trauerweide pflanzen, liebe Kolleginnen, liebe Kolle gen.
Dass Trauer vielleicht auch ganz richtig ist, sieht man an we nigen Projekten, die die Regierung dann tatsächlich angegan gen ist. Herr Ministerpräsident, ich glaube, das ist kein Kom pliment an die Regierung, aber Sie haben die Möglichkeit, was die Finanzpolitik angeht, aus dem Vollen zu schöpfen. Sie haben gemeinsam mit Ihren Regierungsmitgliedern und mit den Regierungsfraktionen eine Einnahmesituation, wie sie noch nie zuvor im Land vorhanden war. Sie können tatsäch lich in vielen Feldern gestalten – nur ist es leider so, dass Sie nicht wirklich zum Gestalten kommen.
Nehmen wir das Thema „Finanzen und Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen“. Wir haben in Baden-Würt
temberg starke Kommunen. Wir haben Kommunen, die gera de jetzt unsere Partner sein müssen, wenn es um die Bewälti gung wichtiger Aufgaben geht, wenn es um die Frage nach bezahlbarem Wohnraum geht, wenn es um die Frage der In tegration von Menschen geht, wenn es um Bildung insgesamt geht. Aber was ist die Idee dieser Landesregierung? Sie zwingt die kommunalen Landesverbände an den Tisch, um ihnen dann im Wege der Vorwegentnahme 320 Millionen € zusätz lich wegzunehmen, und das in einer Zeit, in der die Kommu nen nicht weniger, sondern deutlich mehr Geld brauchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.
Was ist das Nächste, was Sie tun, was vielleicht auch noch in Erinnerung bleiben wird? Sie gehen in der Bildungs- und Wis senschaftspolitik einen Bereich an, den wir uns in der Vorgän gerregierung auch vorgenommen hatten, nämlich die Frage der Studiengebühren, eine Frage, die natürlich mit der Finanz ausstattung der Hochschulen zu tun hat, die aber auch mit der Möglichkeit des Zugangs zu Bildungseinrichtungen zu tun hat.
Was ist Ihre Idee, um angebliche Finanzlöcher im Haushalt zu stopfen? Ich glaube, Frau Wissenschaftsministerin, damit gehen Sie wirklich in die Geschichte des Landes, vielleicht sogar des Bundes ein: Sie haben jetzt die Idee, in einer Zeit, in der die öffentlichen Kassen vor allem des Landes gefüllt sind, Studiengebühren für ausländische Studierende einzufüh ren. Das ist ein Hohn, vor allem, wenn die Grünen überall Weltoffenheit und Toleranz predigen, liebe Kolleginnen, lie be Kollegen.
In den Bereichen, in denen die Wirtschaft unseres Landes in besonderer Weise stark ist, wie im Automobil- und im Ma schinenbau, glänzt die Regierung ja auch – aber in höchst iro nischem Sinn.
Meine sehr geehrten Damen und Herren – da richte ich mei nen Blick insbesondere auch auf die CDU –, wer es zulässt, dass in der Landespolitik eine Debatte darüber geführt wird, ob und wie lange der Verbrennungsmotor noch ein Teil der Wirklichkeit in der Produktion in Baden-Württemberg sein wird, wer so wie der Verkehrsminister den Diesel bei allen Gelegenheiten schlechtredet, der sägt an einem der wichtigs ten Stämme, auf dem die baden-württembergische Wirtschaft und damit das Wohl unserer Gesellschaft stehen. Wer so agiert, handelt wider die Interessen des Landes.
Schauen wir uns dieses Thema doch einmal ein bisschen ge nauer an. In dieser Branche sind – wie übrigens in anderen Branchen auch – im Moment extrem dynamische Verände rungsprozesse im Gang. Viele dieser Veränderungsprozesse werden mit dem Wort „Globalisierung“ überschrieben, ande re stehen unter der Überschrift „Digitalisierung“. Gerade in Mobilitätsfragen geht es auch um die Veränderung hin zu al ternativen Mobilitätskonzepten.
Was passiert aber? Wenn ich heute mit Fahrverboten ab dem 1. Januar 2018 operiere oder wenn ich, wie es die grüne Par
tei tut, ab 2030 – so Beschluss des Bundesparteitags – Ver brennungsmotoren von den Straßen verbannen möchte, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, dann schade ich dem Wirt schaftsstandort Baden-Württemberg nachhaltig, und dann set ze ich mutwillig und fahrlässig Hunderttausende von Arbeits plätzen in diesem Land aufs Spiel.
Deswegen sollte sich diese Landesregierung ein Wort einmal durch den Kopf gehen lassen. Das Wort, das ich in dieser Lan desregierung nicht verankert sehe, ist das Wort „Teilhabe“. Menschen brauchen, wenn sie das Gefühl haben wollen und sollen, Teil dieser Gesellschaft zu sein, einige wichtige Eck punkte, auf denen ihre Existenz fußt.
Zu diesen Eckpunkten gehört u. a. die Frage: Womit ernähre ich meine Familie? Angesichts der dynamischen Verände rungsprozesse sehe ich bei dieser Landesregierung, auch bei der Wirtschaftsministerin und vor allem auch beim grünen Re gierungspartner, keine Sensibilität für die Frage: Wie muss Weiterbildung funktionieren, damit Menschen auch in Zukunft in Baden-Württemberg arbeiten können und ihre Familien er nähren können?
Ein weiterer Bereich, auf dem die Menschen in ihrer Existenz fußen – Herr Kollege Reinhart, da möchte ich auch auf Sie und auf Herrn Kollegen Schwarz zurückkommen –: Wenn wir wissen, dass heute Menschen Probleme haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden, wenn wir wissen, dass gerade bei der Verfügbarkeit von Wohnraum nicht der Markt das Allheilmit tel ist, dann brauchen wir auch staatliche Mittel, die unterstüt zen, dass wir bezahlbaren Wohnraum generieren. Die Fehler der letzten 15, 20 Jahre kann man nicht auf Knopfdruck be seitigen. Aber wenn der Bund die Mittel verdreifacht, dann erwarten wir vom Land auch, dass es nicht nur die Mittel des Bundes weitergibt, sondern dass das Land eigene Akzente setzt.
Ein Thema möchte ich auch noch ansprechen, weil das hier schallplattenartig kommt, Herr Kollege Reinhart: Wenn wir uns das Thema Bildungspolitik anschauen und wenn wir uns auch z. B. – Sie zitieren es gern – die Ergebnisse der IQB-Ver gleichsstudie aus dem Jahr 2016 anschauen, dann hören Sie doch auf, sich hier in die eigene Tasche zu lügen! Die Schü ler, die dort geprüft wurden – das müssten eigentlich die Kol leginnen und Kollegen von den Grünen und auch der Minis terpräsident wissen –, waren Schüler, die im Jahr 2015 geprüft wurden. Da war noch kein einziger Gemeinschaftsschüler in der neunten Klasse.
Die Schüler, die dort geprüft wurden, sind letztlich Schüler des alten Systems. Wir brauchen Schülerinnen und Schüler, die Ganztagsschulen besuchen können,
die mit modernster Pädagogik unterrichtet werden und die in einer lebensfähigen Schulstruktur unterrichtet werden. Das haben Sie Jahre und Jahrzehnte verschlafen, liebe Kollegin nen und liebe Kollegen.
ist es eine Erwartung, die nicht nur die Oppositionsfraktionen haben, sondern eine Erwartung, die die Menschen im Land Baden-Württemberg haben: Wir brauchen eine Landesregie rung, die diese Prozesse nicht nur geschehen lässt. Wir brau chen eine Landesregierung, die Impulse für Weiterbildung setzt, die Impulse für mehr Bildungschancen setzt und nicht Lehrerstellen streicht.
Wir brauchen vor allem eine Regierung, Herr Ministerpräsi dent Kretschmann, die nicht den Ausspruch prägt – wie vor wenigen Tagen von Ihnen im Interview zu lesen –, der Kom promiss sei ein Wert an sich.
Ich habe es eingangs beschrieben: Wenn zwischen diesen Re gierungsfraktionen wenige inhaltliche Schnittmengen sind, dann befürchte ich, dass der Kompromiss, der nach Ihrer An sicht ein Wert an sich ist, etwas Inhaltloses ist, das nur den Frieden, nur den Machterhalt in den Mittelpunkt stellt, aber nicht das Wohl der Menschen in Baden-Württemberg.