Protocol of the Session on April 6, 2017

Ein Jahr später, im Jahr 2012, war es dann so, dass doch noch einige Grundschullehrerinnen und -lehrer die Beratungslö sung der verbindlichen Empfehlung vorzogen. Dies hat auch mit Entscheidungskraft zu tun. Übrigens konnte auch schon damals beobachtet werden, dass manche Eltern gar nicht mehr zum Beratungsgespräch kommen wollen. Und Pädagogen kri tisierten diese Gespräche als zu schön und zu harmonisch. Heute begrüßt der VBE – der Verband Bildung und Erziehung – den vorliegenden Gesetzentwurf.

Also viel heiße Luft, mangelnde Leistungsbereitschaft, man gelnde Bereitschaft zum klaren Wort oder einfach nur Nei gung zu einem falschen Lebens- und Berufsbild bei den Par teien, die die letzte Regierung gestellt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

„Ich mache mir die Welt,“ – die grüne Welt – „wie sie mir ge fällt.“

Meine Damen und Herren, Tests und Beurteilungen – auf Neu deutsch Evaluationen genannt – sind heute eine Selbstver ständlichkeit in jedem Bereich der Arbeitswelt. Gern sprechen wir ja hier von der Exzellenz – speziell bei der Universität. Aber in der Schule sagen Sie zur Auswahl nach Leistung durchaus gern „Nein, danke“. Leider ist die Auswahl nach Leistung – das sage ich insbesondere zu Ihnen, die Sie hier schon mal für längere Zeit an der Regierung waren und die Sie Verantwortung tragen sollten – weltweit verbreitet. Es nützt nichts, sich die Welt so zu basteln, wie sie einem gefällt – frei nach der hübschen Schwedin Pippi Langstrumpf.

Wie nicht viel anders zu erwarten war, unterstützt die Gewerk schaft Erziehung und Wissenschaft die Positionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen gegen die Wiedereinführung der Grundschulempfehlung und sagt, das sei eine Misstrau enserklärung. Meine Damen und Herren, seit wann ist das Vorlegen eines Zeugnisses eine Misstrauenserklärung?

(Beifall bei der AfD)

Es wäre das Einfachste und Logischste, bei der Anmeldung für eine weiterführende Schule das letzte Zeugnis, das Halb jahreszeugnis, vorlegen zu müssen. Natürlich setzt das ver nünftige, aussagekräftige Noten voraus.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Zusätzliche Papiere und Gespräche könnten auf sinnvolle Um fänge reduziert werden. Natürlich passt dies ideologisch ge prägten Menschen, die Märchen von verloren gegangenen Pässen gern glauben wollen und die sich für anonyme Bewer bungsverfahren starkmachen wollen, nicht. Frei nach Pippi Langstrumpf: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Heiterkeit des Abg. Anton Baron AfD)

Insofern unterstützen wir diesen wichtigen und richtigen Schritt von Frau Ministerin Eisenmann ebenso wie die Rückkehr zum vernünftigen, gebundenen Schreiben, zur Fehlerkorrektur beim Schreibenlernen, und wir stützen die Forderung einiger Ver bände bezüglich der Verbindlichkeit des Termins für die An meldung an den Schulen. Wir brauchen und wollen Verbind lichkeit, Klarheit und Ehrlichkeit. Dazu gehört natürlich auch, dass der Anmeldetermin einzuhalten ist und dieser nicht so, wie es viele Eltern meinen, eine Option darstellt.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

Danke. – Zur SPD: Helmut Schmidt, ein sozialdemokratischer Bundeskanzler, war es üb rigens, der auf die Wichtigkeit dieser Sekundärtugenden hin gewiesen hat.

Ich möchte verkürzen. Die gezeigten Schritte im Bildungswe sen gehen in die richtige Richtung: Mut zur Erziehung und zur Leistung, Fördern durch Fordern und dabei Halt geben, dabei Konzentration auf das Wesentliche.

Frau Ministerin, werfen Sie Ideologie, Genderpolitik – die ist weltweit belanglos – mitsamt der Kompetenzorientierung über Bord. Dann können wir wieder gute Bildungspolitik für die jungen Leute in unserem Land machen.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Kollegen Kleinböck.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf macht mich schon nachdenklich. Dass die Grünen diese Kehrtwen de, diesen Kurswechsel mitmachen, stimmt mich ebenfalls sehr nachdenklich. Kurz zusammengefasst: Die verbindliche Vorlage der Grundschulempfehlung ist in der Tat ein Ausdruck von Misstrauen gegenüber den Eltern und hat absolut keinen pädagogischen Mehrwert.

(Abg. Anton Baron AfD: Ach Gott! Quatsch! – Zu rufe von der CDU)

Ich erinnere nur an die Diskussion, die wir vor vier oder fünf Jahren dazu geführt haben.

Zweitens: Das neue Realschulkonzept ermöglicht eine äuße re Differenzierung. Damit manifestiert es die stille Rückkehr zur starren Dreigliedrigkeit.

Die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes wäre der richtige Weg gewesen. Stattdessen will die Landesregierung zu rück zum Schubladendenken von vorgestern. Ich habe Zwei fel, dass das eine Qualitätssteigerung ist. Ich denke, diese Zweifel sind an dieser Stelle auch berechtigt.

(Beifall bei der SPD)

Zunächst zur Grundschulempfehlung: Wir haben in der letz ten Legislaturperiode die Verbindlichkeit der Grundschulemp fehlung aus gutem Grund abgeschafft. An der Sachlage hat sich überhaupt nichts geändert. Aktuell werden die Über gangsentscheidungen von den Eltern nach Gesprächen mit der Grundschule getroffen. Es folgt eine intensive Begleitung bis Klasse 6. Mit Lernstand 5 haben wir ein effektives Diagnose instrument.

Die Eltern werden seit dem Zeitpunkt der Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung erstmals auch als Partner bezogen auf die Bildung ihrer Kinder verstanden. Ich denke, das war ein sehr wichtiger Schritt. Das haben wir 2012 in der Diskussion ganz bewusst mehrfach betont.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung behauptet, dass die Grundschulempfeh lung eine gezielte Förderung von Anfang an ermögliche und zu mehr Bildungsgerechtigkeit führe. Diese Hoffnung zu we cken ist nicht nur laut GEW unehrlich. Ehrlich dagegen ist: Die Grundschulempfehlung, die ja nur noch ein unkommen tiertes Kreuz ist, hat keinerlei diagnostischen Mehrwert und ist deshalb auch keine sinnvolle Ergänzung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da finden doch Ge spräche statt, Herr Kollege!)

Das ist übrigens keine neue Erkenntnis, sondern schon seit Jahren aus Studien wie IGLU und PISA bekannt. Ebenfalls bekannt ist, dass Grundschulempfehlungen soziale Ungleich heit manifestieren. Die Lehrkräfte sollten den neuen Schüle rinnen und Schülern aber vollkommen unvoreingenommen begegnen.

Für die Eltern ist der Gesetzentwurf ein Schlag ins Gesicht – und das vollkommen ohne Anlass. Aktuelle Übergangszahlen zeigen deutlich, dass die Eltern mit dieser Entscheidungsfrei heit verantwortungsvoll umgehen. Die verbindliche Vorlage der Grundschulempfehlung hilft daher weder den Kindern noch den Eltern oder den Lehrkräften.

Worum geht es also wirklich? Der zweite Teil des Gesetzent wurfs hilft uns dabei ein Stück weiter.

Zunächst vorweg: Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt aus drücklich den schrittweisen Ausbau der Poolstunden an den Realschulen. Die zusätzlichen Ressourcen ermöglichen es, die Potenziale des neuen Bildungsplans für Individualisierung und Differenzierung sowie für die passgenaue Förderung voll aus

zuschöpfen – zumindest in der Theorie. Aber praktisch hat die CDU ganz andere Pläne. Sie lenkt unser Bildungssystem weg von einem integrierten Ansatz mit mehr Durchlässigkeit zu rück in die starre Dreigliedrigkeit, und das mit Unterstützung der Grünen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ist das Starre, wenn von Klasse 9 nach Klas se 10 gewechselt werden kann?)

Lieber Kollege, wir haben im Ausschuss und hier in der Zweiten Beratung ebenfalls noch hinreichend Zeit zur Vertie fung.

Ab der siebten Klasse können in Realschulen wieder leis tungsdifferenzierte Klassen gebildet werden, mit anderen Wor ten: Hauptschulzüge an Realschulen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, machen wir!)

Damit sind wir zurück beim Unterricht, der im Gleichschritt vorangeht, ohne Rücksicht auf das einzelne Kind. Für uns klingt das nach einer Einladung zur Einrichtung von Haupt schulzügen, und zwar nicht erst ab der siebten Klasse, son dern bereits ab Klasse 5. Im Kampf gegen herkunftsbedingte Stigmatisierung und Chancenungleichheit waren wir eigent lich schon ein ganzes Stück weiter.

Wie bereits erwähnt, ist die Stärkung der Realschulen durch mehr Poolstunden eine Chance und hätte unsere Zustimmung verdient. Der SPD-Kultusminister der Vorgängerregierung hat ja überhaupt erst damit begonnen, den Realschulen Poolstun den zuzuweisen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Grünen geben kräftig mit Gas, wie wir gehört haben, aber ich habe den Eindruck, dass sie nicht gemerkt haben, dass die CDU den Rückwärtsgang ein gelegt hat. Da machen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das haben wir auch nicht erwartet!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Kern.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zunächst, lieber und geschätzter Kol lege Röhm, herzlichen Dank für Ihr Koalitionsangebot an die FDP/DVP. In der Tat könnte die FDP das vorliegende Schul gesetzpaket eigentlich unterstützen. Aber leider haben die Grünen wohl auf manchen Paragrafen bestanden, denn diese wurden ganz offensichtlich mit grüner Schrift geschrieben. Dabei hätte es den Grünen gut zu Gesicht gestanden, sich nach der völlig vergeigten Bildungspolitik ihrer ersten Amtszeit nun ein wenig in Zurückhaltung und Bescheidenheit zu üben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Stefan Räpp le AfD)

Denn bei Licht betrachtet handelt es sich bei beiden Teilen des Schulgesetzpakets um nachträgliche, Schaden begrenzende Korrekturen grün-roter Schulgesetze.

Da ist zum einen die überstürzte und unvorbereitete Abschaf fung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung. Noch einmal zur Erinnerung: Die Zahl der Sitzenbleiber stieg an den Realschulen um 500 % und an den Gymnasien um 300 % an. Über die Einzelschicksale der betroffenen Schüler sah Grün-Rot damals großzügig hinweg. Wir haben ja gehört, dass der SPD diese Einzelschicksale nach wie vor egal sind.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD – Zuruf von der SPD)