Protocol of the Session on March 9, 2017

Für die CDU-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Kollegen Haser.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits mehr fach erwähnt, geht es bei der Änderung des Rundfunkstaats vertrags um die Umsetzung des Urteils vom 25. März 2014 und die darin geforderte Staatsferne. Ich möchte die Debatte aber nicht dafür nutzen, noch einmal vorzulesen, was in dem Urteil steht, sondern möchte drei grundsätzliche Punkte, die mir wichtig sind, herausstellen.

Zum einen geht es im Wesentlichen um das Thema Staatsfer ne. Da müssen wir uns auch einmal genau anschauen, warum wir das überhaupt wollen und wie wichtig das gerade in die ser Zeit ist. Der zweite Punkt ist die Neuordnung der Finan zen; denn die AfD wird die Debatte wahrscheinlich wieder nutzen, um zu sagen, dass wir keine Gebühren brauchten. Der dritte Punkt ist das, was wir gemeinhin als Digitalisierung be zeichnen.

Künftig gilt die Ein-Drittel-Quote; das ist auch konsequent. Das heißt, auch wenn jemand von der Staatsbank für das Deut sche Rote Kreuz oder die evangelische oder die katholische Kirche in diesen Gremien sitzt, gehört er trotzdem zur Staats bank. Seien wir einmal ehrlich: Das ist auch richtig so, weil man in dem Moment als Abgeordneter nicht entscheiden kann, ob man nun für das Deutsche Rote Kreuz oder für die evan gelische bzw. die katholische Kirche abstimmt oder als Mit glied einer Fraktion oder Vertreter des staatlichen Systems. Insofern halte ich das für richtig.

Warum ist die Staatsferne an sich so wichtig? Wir sehen das gerade bei unseren Nachbarn. Wir hatten gestern eine interes sante Diskussion über eines unserer europäischen Nachbar länder, in dem das Ganze nicht so gesehen wird,

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

in dem eine von staatlicher Seite aus gelenkte und gesteuerte Medienwelt eben genau dazu dient, eine Autokratie aufzubau

en. Denn irgendwann ist niemand mehr da, der etwas anderes sagt, weil sich in diesen Kommunikationsblasen, die dann ent stehen, niemand mehr traut, etwas entgegenzuhalten. Plötz lich bekommt man eben auch ein demokratisches Land dazu, sich selbst die Demokratie vom Hals zu schaffen – so, wie wir es in diesem Land auch schon einmal erlebt haben. Das ist der Grund, weshalb die Staatsferne richtig ist.

Der zweite Punkt, um den es geht, ist das Thema Finanzie rung. Ich möchte hier nicht wiederholen, was wir im Dezem ber gesagt haben, als die AfD beantragt hat, alles abzuschaf fen, was den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausmacht. Wir brauchen unabhängige, sauber recherchierte und unabhängig kommentierte Nachrichten.

Es ist schon zur Sprache gekommen: Sie, die AfD, waren ges tern mit fast 20 Abgeordneten beim Parlamentarischen Abend des SWR. Ich habe ihre Zurückhaltung, was den Zugriff auf das Buffet anbelangt, nicht bemerkt.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Hört, hört! Sehr interessant! – Zuruf von der AfD: Jetzt hören Sie mal auf!)

Sie werden uns nachher sagen, dass man auch mit der Hälfte des Geldes oder mit einem Zehntel des Geldes einen guten Rundfunk machen kann.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ist Ihnen das nicht zu pein lich? – Abg. Anton Baron AfD: Wir wollten sehen, wofür die Gelder ausgegeben wurden!)

Bevor ich eine Debatte so führe, wie Sie das nachher machen, würde ich mir vielleicht am Abend vorher überlegen, ob ich lieber ins Kino gehe.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU – Zurufe von der AfD, u. a. Abg. Rü diger Klos: Lächerlich! Das ist eine Schande für das Parlament!)

Sie dürfen gleich reden; ich habe noch drei Minuten.

Der dritte Punkt: Die Digitalisierung versteckt sich eigentlich mehr hinter dem sogenannten Wording, das in diesem Ände rungsstaatsvertrag mit enthalten ist. Es geht darum: Die Rede ist jetzt nicht mehr von Programmen, auch nicht mehr von Beiträgen, sondern schlicht und einfach von Angeboten.

Die Digitalisierung

so formuliert es der Deutschlandfunk selbst im Bericht; Herr Präsident, ich darf zitieren –

hat... für uns zwei Dimensionen: die Entwicklung eines erweiterten medienkonvergenten Angebots... und die Wei terentwicklung und Verschränkung der inhaltlichen sowie technischen Redaktions- und Produktionsprozesse.

Das heißt auf der einen Seite: Auch der Deutschlandfunk be schränkt sich nicht mehr darauf, nur etwas ins Mikrofon zu sagen und das auszustrahlen – manchmal hat man es vorher auch schon einmal auf ein Butterbrotpapier geschrieben –, sondern der Redakteur muss es niederschreiben, er muss es vielleicht mit Podcasts versehen, er muss schauen und recher chieren: Was haben wir zu diesem Thema schon einmal ge

macht? Er muss Themenwolken zu bestimmten Themen schaf fen. Wer schon mal das Internetangebot des Deutschlandfunks in Anspruch genommen hat – das kann ich nur empfehlen –, merkt, dass man sich dort sehr, sehr viel Mühe gibt, um das zu tun. Das ist eine wunderbare Chance, die wir hier in der Digitalisierung sehen.

Auf der anderen Seite kann man eben auch die Aufmerksam keit für das, was dort getan wird, erhöhen. Drei Millionen Mal im Monat werden Beiträge des Deutschlandfunks im Netz downgeloadet. Da kann man also nicht mehr von einem Spar tenprogramm reden.

(Zuruf von den Grünen: Genau!)

Es wird auch alles schön geteilt, und zwar nicht nur auf Face book, sondern auch über iTunes, Twitter, Instagram, Spotify, TuneIn, und dort wird man auch jeden weiteren Punkt mit auf nehmen.

Dass es alles auch einen Wert hat, möchte ich an dieser Stel le auch einmal sagen. Was heißt denn Unabhängigkeit? Nach dem Bericht, den ich eben zitiert habe, senden die Program me von Deutschlandradio täglich insgesamt 2 582 Minuten Eigenproduktionen. 57 % des Programms werden selbst pro duziert, werden also nicht eingekauft, sondern von den Jour nalistinnen und Journalisten selbst produziert.

(Abg. Anton Baron AfD: Zu welchem Preis?)

Das ist die inkarnierte Unabhängigkeit.

Jetzt bin ich gespannt, liebe AfD, was wir gleich zu hören be kommen, warum das alles Unsinn sei.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Dr. Merz.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren! Erst vor drei Monaten hat die AfD-Frak tion die Kündigung aller öffentlich-rechtlichen Rundfunk staatsverträge gefordert. Hiervon rücken wir nicht ab. Daher sind wir auch nicht bereit, irgendwelche kosmetischen Ver tragsänderungen mitzutragen – Vertragsänderungen, welche die Situation der Haushaltszwangsabgabe für dieses aufge blähte Medienungetüm in Deutschland namens öffentlichrechtlicher Rundfunk nicht etwa infrage stellen, sondern im Gegenteil nur immer und immer weiter zementieren.

8,3 Milliarden €, das sind – auch für diejenigen ohne Bil dungsabschluss –

(Heiterkeit des Abg. Rüdiger Klos AfD)

8 300 Millionen €. Auf diese Summe beliefen sich die zwangs eingetriebenen Gebühren im Jahr 2014 in Deutschland. Eine aktuelle Summe für 2016 ist konkret nicht veröffentlicht.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Wie viel Geld hat Ihre Fraktion durch die Spaltung bekommen?)

Diese dürfte jedoch weit höher sein. Und überhaupt: Seit 2013 wird diese Zwangsabgabe pro Haushalt eingetrieben, egal, ob dieser Haushalt nun das Angebot nutzt oder auch nicht.

(Abg. Anton Baron AfD: Darum geht es!)

Der Bezahlzwang ist seit 2013 völlig unabhängig von der et waigen Nutzung des Angebots. Das ist so, wie wenn jeder zwingend Hundesteuer zahlen muss, auch der, der überhaupt kein Haustier hat.

(Beifall bei der AfD – Heiterkeit des Abg. Rüdiger Klos AfD – Zuruf von der AfD: Das ist doch toll!)

So weit nur die Einnahmeseite.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Hat Ihre Fraktion ges tern Abend das Essen bezahlt?)

Nun die Ausgaben: elf Intendanten mit je 250 000 € bis 400 000 € Jahresgehalt plus elf Mal Pensionsverpflichtungen für diese Intendanten jeweils in Millionenhöhe; Millionenga gen für Moderatoren seichter Unterhaltungssendungen, zig, zig Hunderte von Millionen für irgendwelche Sportübertra gungsrechte verpulvert, die überhaupt erst durch das Mitbie ten von ARD und ZDF in diese astronomischen Höhen getrie ben wurden.

(Beifall bei der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Ge nau so ist es! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ein Quatsch! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das Ergeb nis kann man ja anschauen! – Abg. Sandra Boser GRÜNE: Und deswegen kommt die Bundesliga in den Öffentlich-Rechtlichen, oder?)

Denn jeder Privatsender hat eine Kosten-Nutzen-Abwägung vorzunehmen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk legt hinge gen einfach der zuständigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, kurz KEF, eine Anmeldung eines erhöhten Fi nanzbedarfs vor.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ein Käse! Das ist schmerzensgeldpflichtig, was Sie hier erzählen!)

Doch nicht nur die Chefs, die Stars und die Sportverbände werden bei ARD, ZDF & Co. reich beschenkt, nein, auch die sozusagen normalen Mitarbeiter werden fürstlich versorgt. Stand 2014 wurden über 22 000 ehemals dort Beschäftigte mit Zusatzrenten von durchschnittlich 18 900 € pro Jahr bei der ARD und 21 000 € beim ZDF beglückt –

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Lauter!)

wohlgemerkt: zusätzlich zur regulären Rente –,

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Betriebsrenten, das gibt es bei anderen auch!)