Protocol of the Session on March 8, 2017

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Neumann. Es ist übrigens die erste Rede der Kollegin Neumann. Daher bitte ich nochmals beson ders um Ruhe und darum, von Zwischenfragen abzusehen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der AfD, der SPD und der FDP/DVP)

Sehr geehrte Frau Landtags präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In vie len Ländern wird heute der Internationale Frauentag began gen, so auch hier bei uns in Baden-Württemberg. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten, gleiche Chancen und gleiche Be zahlung: Eigentlich sind das Themen, die das ganze Jahr über aktuell sind. Sie sollten nicht nur am heutigen Frauentag, son dern an 365 Tagen im Jahr bedacht und umgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der AfD, der SPD und der FDP/DVP)

Vieles von dem, was für uns heute selbstverständlich ist, mussten sich die Generationen vor uns hart erkämpfen. Ich nenne hier exemplarisch das Wahlrecht für Frauen, das erst 1918 eingeführt wurde.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Wer hat es eingeführt? Die SPD!)

Das Recht, ein eigenes Bankkonto zu eröffnen, haben Frauen seit dem Jahr 1962. 1969 wurden Frauen erstmals als ge schäftsfähig angesehen, und seit 1977 haben Frauen die freie Berufswahl ohne Einverständnis eines Ehemanns oder Vaters.

Niemand von uns, egal, ob Mann oder Frau, kann sich eine solche Situation heute noch vorstellen, und doch war sie Re alität. Realität ist aber auch, dass Frauen heute immer noch benachteiligt sind. Ich spreche jetzt nicht von Frauenparkplät zen oder Ähnlichem, sondern von grundlegenden Dingen. Na türlich gibt es noch Ungerechtigkeiten bei der Entlohnung von Frau und Mann. Diese müssen wir thematisieren; das sieht auch die CDU-Landtagsfraktion so. Aber wir dürfen sie nicht mit ideologischen Scheuklappen thematisieren, sondern müs sen sie sachlich und ruhig angehen. Frauen bekommen Chan cen; ich rede hier bewusst nicht von gleichen Chancen, aber sie bekommen Chancen. Sie bekommen Unterstützung bei Fragen rund um die Existenzgründung, Beratung beim Wie dereinstieg in den Beruf – Frauen im Handwerk oder in der Wirtschaft.

Etwas Positives zu vermelden gibt es lediglich hinsichtlich der Anzahl der Professorinnen an den Hochschulen. So konn te ihr Anteil in den letzten 13 Jahren auf jetzt 20 % verdop pelt werden. Von insgesamt 7 284 Professoren sind jetzt im merhin schon 1 455 weiblich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Der CDU-Landtagsfraktion ist es eine Herzensangelegenheit, auch jungen Müttern den Eintritt in das Erwerbsleben zu er leichtern. Hierzu unterstützt die Landesregierung die Fortfüh rung der Teilzeitausbildung, in der junge, meist alleinerzie hende Mütter die Chance erhalten, eine qualifizierte Ausbil dung in Teilzeit zu absolvieren. Dadurch können diese Frau en ihren Lebensunterhalt nahezu selbstständig verdienen, um so auch der Altersarmut vorzubeugen.

Das Thema Altersarmut trifft insbesondere auf Frauen zu, die nur ein geringes Einkommen haben und dadurch nur eine ent sprechend geringe Rente erwirtschaften können. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Altersarmut in den nächs ten Jahren vor allem ein weibliches Gesicht haben wird. Wol len wir das? Ich möchte an alle appellieren – sei es aus Poli tik, Wirtschaft oder Sozialverbänden –: Wir können nur ge meinsam dafür Sorge tragen, dass Frauen, die mehrheitlich für Familie verantwortlich waren und dies heute noch sind, in Zukunft eine ihren Aufgaben angemessene finanzielle Wert schätzung erfahren. Dies ist sicherlich im Sinne aller, nicht nur im Sinne der Frauen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der FDP/DVP und des Abg. Dr. Stefan Fulst- Blei SPD)

Es ist zu begrüßen, dass die Frauenthematik eine Querschnitts aufgabe durch die verschiedenen Ministerien darstellt,

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

und jedes einzelne dieser Ministerien engagiert und zielge richtet arbeitet. Hierfür danke ich auch im Namen meiner Fraktion allen Beteiligten.

Zum Thema „Frauen in der Politik“ sind, glaube ich, größere Unterschiede in der Haltung von Männern und Frauen zu se hen. Ich will jetzt nicht auf das Thema Quote im Einzelnen eingehen; da gibt es unterschiedliche Sichtweisen.

(Zuruf – Glocke der Präsidentin – Abg. Daniel And reas Lede Abal GRÜNE: Das galt nicht Ihnen! Das galt dem Herrn da hinten! – Abg. Nicole Razavi CDU: Ich finde schon, dass die Männer etwas aufmerksa mer sein könnten! – Beifall bei den Grünen – Glocke der Präsidentin)

Ich finde, dass heute alle – –

Gesichert ist aber eines:

(Zuruf von der SPD: Wo sind die Regierungsmitglie der?)

Eine Frau, die überlegt – –

(Glocke der Präsidentin)

Moment! Warten Sie bitte, Frau Abg. Neumann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher war die Debatte sehr sachlich, und das ist auch gut so. Es war auch sehr ruhig. Ich bitte, diese Ruhe weiterhin zu bewahren, zumal es die erste Rede der Frau Abg. Neumann ist.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der AfD, der SPD und der FDP/DVP)

Fahren Sie bitte fort.

Gesichert ist aber eines: Ei ne Frau, die sich überlegt, parallel zur Familienplanung ein politisches Mandat anzustreben, hat es schwerer als ein Mann, mit einem Kleinkind auf dem Arm Wahlkampf zu machen und glaubhaft zu versichern, dass beides ohne Einschränkung möglich ist. Ein Mann mit einem Kleinkind auf dem Arm, der Wahlkampf betreibt, gehört ohne Zweifel der neuen Genera tion der „Männer 4.0“ an.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Abg. Andre as Schwarz GRÜNE: Sehr gut! – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Begeisterung!)

Wir, die CDU-Landtagsfraktion, haben im Jahr 2010 die Lan desinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ ins Leben gerufen. Erfreulich hierbei ist, dass sich immer mehr Partner diesem Thema widmen, jedoch gilt auch hier, dass der Zuwachs deut lich gesteigert werden muss, um langfristig erfolgreich zu sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Frauenpolitik ist ein weites Feld und hat keine einfachen Lösungen parat. Die

ses Thema kann nicht auf andere Protagonisten verteilt wer den, sondern geht uns alle etwas an, gleichgültig, ob wir uns im Familienverband bewegen, ob wir Mandatsträger sind, in einem Unternehmen arbeiten, eine Führungsposition inneha ben – immer wieder treffen wir auf dieses Thema. Es wird Zeit, dass wir uns dies vergegenwärtigen, tragfähige Lösun gen erarbeiten und diese dann auch stringent umsetzen. Wir sollten sagen können: 100 Jahre nach Einführung des Frauen wahlrechts ist die Partizipation der Frauen auf Augenhöhe mit den Männern angekommen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und den Grünen – Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Dr. Baum.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kollegen! Nach dem Lesen der Stellungnahme des Sozialministeriums zum Thema Frauenpolitik muss ich eines zu meiner großen Überraschung feststellen: Ich bin ganz of fensichtlich die Traumfrau aller grün-roten und inzwischen auch schwarzen Gestalter einer modernen Gesellschaft.

(Beifall bei der AfD)

Denn ich bin eine durch und durch gleichberechtigte Frau.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aber Ihre Sorge ist völlig unbegründet!)

Ich wiederhole: gleichberechtigt und nicht künstlich gleich gemacht.

(Beifall bei der AfD)

Mein Studienjahrgang 1976 – also vor 40 Jahren – an der me dizinischen Akademie in Erfurt bestand aus 100 Stomatolo giestudenten. 90 davon waren Frauen, und das alles ganz oh ne irgendwelche teuren staatlichen Initiativen oder Förderpro gramme, ohne Gleichstellungsgesetze und ohne Gleichstel lungsbeauftragte

(Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sozialismus der DDR war das! – Große Unruhe – Glocke der Präsidentin)

genau, danke schön –,...

Liebe Kolleginnen und Kolle gen, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

(Zuruf: Erklären Sie das dem Kollegen Räpple!)

... einzig und allein deshalb, weil wir Frauen es genau so wollten.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Doch welch hohen Preis habe ich persönlich dafür bezahlt! 14 Tage vor der Entbindung stand ich noch am Behandlungsstuhl – übrigens größter Infektionsgefahr ausgesetzt, da ganz ohne Handschuhe und Mundschutz –, um meine letzten praktischen Prüfungen abzulegen, denn ich befand mich mitten im Staats

examen. Gerade einmal sechs Wochen durfte sich meine Toch ter in meinen Armen geborgen fühlen, dann musste ich sie übergeben –

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Fremdbetreut!)