(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut!)
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich sage es einmal so: Es gibt nichts, was man nicht noch verbessern könnte. Doch ich glaube, man sollte gerade bei medienpolitischen Dis kussionen die Kirche im Dorf lassen. Ich habe das Gefühl, in dieser Hinsicht ist bei Ihnen heute einiges verrutscht.
Die Diskussion über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kann man meines Erachtens nur vor dem Hinter grund des Auftrags und der Funktion des öffentlich-rechtli chen Rundfunks führen. Das Grundrecht der Rundfunkfrei heit verlangt vom Gesetzgeber die Ausgestaltung einer Rund funkordnung, in der die Vielfalt der bestehenden Meinungen möglichst breit und vollständig Ausdruck findet.
Wir haben in Deutschland ein duales Rundfunksystem mit pri vaten und öffentlich-rechtlichen Sendern; das haben wir be wusst geschaffen. Allerdings ist nur dem öffentlich-rechtli chen Rundfunk der Auftrag zugewiesen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen und damit in be sonderem Maß auch die Meinungsvielfalt im Rundfunk si cherzustellen.
Vielleicht sind Sie schon in der Echokammer; ich weiß es nicht. – Grundversorgung heißt, alle Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich aus frei zugänglichen Quellen und zu allen wichtigen gesellschaftlichen Themen eine Meinung zu bilden.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein Grundpfeiler unse res demokratischen Gemeinwesens. Dieses lebt vom öffentli chen Diskurs und dem Wettstreit der Meinungen auf der Grundlage von verlässlichen Fakten.
Deshalb, finde ich, ist es richtig, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wegen seiner gesellschaftsübergreifenden Funkti
Nur so kann es Angebote geben, die vom Markt unabhängig und damit unabhängig von dem Mechanismus von Angebot und Nachfrage verfügbar sind.
Nur so können wir ein hochwertiges und breit gefächertes In formationsangebot ermöglichen. Es gibt u. a. – die Namen sind vorhin schon gefallen – Phoenix, arte und einen Kinder kanal, bei dem die Kinder nicht schon in jungen Jahren mit Werbebotschaften bombardiert werden.
Ich finde, das sind große Errungenschaften. Meist wird man solchen Errungenschaften erst gewahr, wenn es sie nicht mehr gibt. Ich glaube, jede und jeder, die oder der im Ausland schon einmal Fernsehen geschaut hat, weiß, was wir an unserem öf fentlich-rechtlichen Rundfunk haben.
Wenn oft auch anderes behauptet wird – der Antrag versucht ja, das zu suggerieren –: Unser öffentlich-rechtlicher Rund funk hat eine breite Verankerung in unserer Gesellschaft. Die repräsentativen Zahlen – Herr Abg. Binder hat das gerade an geführt – zeigen: Er hat auch einen stabilen Marktanteil. Die „Tagesschau“ und „heute“ sind nach wie vor die meistgese henen Sendungen täglich. Es ist auch so, dass die ÖffentlichRechtlichen bei den Fernsehangeboten mit über 70 % in punc to Glaubwürdigkeit einen hohen Zuspruch haben.
Dieser Befund korrespondiert mit den Ergebnissen der ARD- und ZDF-Langzeitstudie, wonach die öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme von über 75 % der Bevölkerung als sach lich, glaubwürdig, kompetent, anspruchsvoll und objektiv be wertet werden.
Deshalb müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht von einer Vertrauenskrise des öffentlich-rechtlichen Rund funks reden können. Ich glaube, da muss man jetzt auch nicht das gesamte System auf den Kopf stellen.
Wir wissen: Es muss auch Veränderungen geben. Dem ver stellt sich auch niemand. Hier im Hohen Haus hat auch kein Mensch Punkte wie Transparenz, Partizipation oder Fehler kultur infrage gestellt. Ich glaube, man muss sich auch immer wieder fragen: Wer schaut das Fernsehen? Vergreisen wir da? Diese Fragen muss man sich stellen. Aber ich bin der festen Überzeugung – Sie wissen das auch –, dass das schon längst angegangen wird. So wurden jüngst lineare Angebote aufge geben; stattdessen wurde für die junge Zielgruppe ein online basiertes Angebot etabliert.
Ich weiß nicht – das will ich schon einmal sagen –, ob Ihnen die Angebote für die Jugend auch immer so schmecken. Wenn ich mir „Böhmermann“ oder auch das „heute journal“ an schaue
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist nichts für die AfD! Die „heute-show“! – Glocke des Präsiden ten)
die „heute-show“, ja –, dann glaube ich, man muss auch nicht an allem Gefallen finden. Aber solche Angebote muss es gerade für die jüngeren Menschen geben, damit auch sie im öffentlich-rechtlichen System etwas finden.
Die Regelungen zur Stärkung der Unabhängigkeit, der Staats ferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und zur Transpa renz sind umgesetzt. Die Reformen, die jetzt auch noch ein mal auf der MPK zur Struktur und zum Auftrag des öffent lich-rechtlichen Rundfunks angestoßen wurden, werden von den Ländern verstärkt in den Blick genommen.
Bei aller Notwendigkeit von Reformen und Veränderungen habe ich den Eindruck, gerade jetzt ist der öffentlich-rechtli che Rundfunk in seiner gesellschaftlichen Funktion gefragter denn je. Wir haben mit der Digitalisierung und der Konver genz der Medien – Herr Abg. Haser hat das ja ausgeführt – tatsächlich den Bedarf, entsprechend seriöse Angebote zu ha ben, die auch Einordnung ermöglichen. Sie alle wissen, dass uns in den sozialen Netzwerken Menschen, die gar nicht exis tieren, Informationen geben, uns in Social Bots mit soft waregesteuerten Falschmeldungen überfluten. Deshalb glau be ich, dass es umso wichtiger ist, da im öffentlich-rechtlichen Bereich eine Orientierung zu haben.
Sie kennen doch selbst die Gefahren im Netz, wenn man mit irgendeinem Profil, das man auch noch mit Filtern verstärken kann, mehr oder weniger nur eine In-sich-Kommunikation be treibt. Da ist in diesen Bereichen dann wirklich das postfak tische Zeitalter angebrochen.
Wer klassische Medien nutzt, der läuft tatsächlich auch ein mal Gefahr, dass er auf Meldungen stößt, die dem eigenen Weltbild nicht ganz entsprechen, während dann, wenn man Informationen nur aus sozialen Netzwerken bezieht, nur die eigene Meinung bestätigt wird.
Deshalb sage ich im Namen der Landesregierung: Mit der von Ihnen vorgeschlagenen Kündigung aller Rundfunkstaatsver träge würden wir den gerade auf den Weg gebrachten Prozess, dass wir Reformen anstoßen, auch noch einmal Strukturen und Aufgaben kritisch hinterfragen, abbrechen.
Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass Sie eben zu den Sportübertragungen darauf hingewiesen haben, dass wegen weit auseinandergegangener Preisvorstellungen die ARD und das ZDF, also die Öffentlich-Rechtlichen, beschlossen haben, die Olympischen Spiele 2018 und 2020 nicht mehr zu über tragen, sondern das den Privaten zu überlassen.
Wir müssen unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer kritisch begleiten. Aber Ihr Vorschlag ist eine Holzhammer methode und gefährdet den gesamten Bestand des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Demokratie lebt nun einmal vom Aus tausch von Meinungen und vom Diskurs. Doch Meinungen
können eben nur auf der Grundlage von Fakten beurteilt wer den. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist gehalten, genau dies zu tun, und ist daher nach unserer Meinung unentbehr lich für ein demokratisches Gemeinwesen.
Für die AfD-Fraktion er teile ich in der zweiten Runde das Wort Herrn Fraktionsvor sitzenden Dr. Meuthen.
Ich versuche, einige der Punkte aufzugreifen; alle gehen in der Kürze der Zeit nicht. Zunächst: Nehmen Sie die AfD ein mal raus.
Wir beklagen uns gar nicht über ungerechte Behandlung, und ich tue das schon gar nicht. Ja, wir gehen in die Talkshows, und das ist auch richtig so.
Denn wenn die anderen hingehen, müssen wir auch hingehen. Das ist ein völlig normaler Vorgang. Das, was wir hier disku tieren, hat mit meiner Partei im Prinzip gar nichts zu tun, son dern es geht um die grundsätzliche, normative Frage der Be gründbarkeit eines solchen staatlichen Eingriffs.
Meine Damen und Herren, in einer freien Gesellschaft ist nicht die Abschaffung einer zwangsweise finanzierten Leis tung zu begründen, sondern zu begründen ist vielmehr, war um man sie beibehalten sollte.
Darum geht es: die fortdauernde Ausübung von Zwang. Da für finden Sie – da können Sie lange herumsuchen – nun ein mal keinen Grund mehr, wie sehr Sie auch suchen.