Protocol of the Session on December 17, 2020

(Zuruf)

und den Gesetzentwurf Drucksache 16/9494 zur weiteren Be ratung an den Ausschuss für Soziales und Integration über weisen. – Damit sind Sie einverstanden. Ich sehe keinen Wi derspruch. Dann ist es so beschlossen.

Wir schließen damit Punkt 13 der Tagesordnung ab.

Wir kommen zu Punkt 14 der Tagesordnung:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Neufassung des Landesreisekostengesetzes (LRKG) – Drucksache 16/9448

Hierzu hat das Präsidium beschlossen, dass bei der Ersten Be ratung dieses Gesetzentwurfs auf die Aussprache verzichtet wird. Auch die Regierung verzichtet auf die Begründung des Gesetzentwurfs.

Wir können somit den Gesetzentwurf Drucksache 16/9448 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen überwei sen. – Ich sehe hiergegen keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Wir haben damit auch Punkt 14 der Tagesordnung erledigt.

Jetzt kommen wir zu Punkt 15 der Tagesordnung:

a) Beschlussempfehlungen und Berichte des Ausschusses

für Finanzen zu der Mitteilung des Rechnungshofs vom 16. Juli 2020 – Denkschrift 2020 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg – Drucksachen 16/8400, 16/8401 bis 16/8426 und 16/9001 bis 16/9026

Berichterstatter: Abg. Dr. Rainer Podeswa

b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen zu dem Antrag des Rechnungshofs vom 9. Ok tober 2020 – Prüfung der Rechnung des Rechnungshofs (Einzelplan 11) für das Haushaltsjahr 2018 durch den Landtag – Drucksachen 16/9040, 16/9347

Berichterstatter: Abg. Rainer Stickelberger

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen zu dem Antrag des Ministeriums für Finan zen vom 17. Dezember 2019 – Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2018 – Vermögensrechnung des Landes Baden-Würt temberg zum 31. Dezember 2018 – Drucksachen 16/7489, 16/9348

Berichterstatter: Abg. Karl Klein

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Zuerst darf ich das Wort Herrn Rechnungshofpräsident Gün ther Benz erteilen. – Herr Präsident.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeord nete, sehr geehrte Frau Finanzministerin Sitzmann! Der Rech nungshof hat seine Denkschrift in diesem Jahr im Juli veröf fentlicht. Sie fiel zeitlich in die Mitte der ersten Welle der Co vid-19-Pandemie, also in eine Phase, die die Vorzeichen für die Haushaltspolitik des Landes gravierend verändert hat.

Hinter uns lag ein Jahrzehnt hervorragender Steuereinnahmen. Noch im Urhaushalt war von einer Schuldenaufnahme nicht die Rede. Im März wurde für Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie schon eine Kreditaufnahme in Höhe von 5 Mil liarden € erforderlich. Im Laufe dieses Jahres wurden weite re Notlagenkredite im Umfang von 2,2 Milliarden € etatisiert. Konjunkturbedingt wurden 6,4 Milliarden € aufgenommen.

Zuletzt hat die aktuelle Steuerschätzung vom November trotz der weiterhin schwierigen konjunkturellen Situation Mehrein nahmen von insgesamt 836 Millionen € ausgewiesen. Trotz dieser gewissen Stabilisierung liegen die Steuereinnahmen des Landes weiter deutlich unter dem Niveau vor der Pande mie. Wie die Entwicklung weitergehen wird, ist ungewiss. Es ist zu befürchten, dass sich die Einnahmen des Landes nicht so rasch, wie wir alle uns das wünschen würden, auf das alte Niveau erholen werden.

Auch in der mittelfristigen Finanzplanung zeigen sich die Spu ren dieser Entwicklung: nämlich für die Jahre 2022 und 2023 ein haushaltwirtschaftlicher Handlungsbedarf von 3,6 Milli arden € bzw. 3,7 Milliarden €.

Dass die Pandemie und deren Bekämpfung einen erheblichen Finanzbedarf erfordern, ist unstreitig. Der Rechnungshof hat deshalb auch keine Einwände gegen die Aufnahme neuer Kre dite erhoben, und wir haben auch die Höhe der Kredite nicht hinterfragt. Das schnelle und konsequente Handeln des Lan des war folgerichtig.

Wir haben aber den Finanzausschuss auf einige Punkte hin gewiesen, die aus unserer Sicht wichtig sind.

Erstens: Neue Schulden sollten nur zur Finanzierung solcher Maßnahmen dienen, die in einem ursächlichen und begründ baren Zusammenhang mit der Pandemie stehen. Grund kann nicht sein, die nun bestehende Gelegenheit zur Kreditaufnah me zu nutzen und schon immer gewollte Maßnahmen, die bis lang aber im Haushalt leider keinen Platz gefunden haben, jetzt zu realisieren. Deshalb sollten Maßnahmen aus der Rück lage „Zukunftsland Baden-Württemberg“ nur dann finanziert

und umgesetzt werden, wenn tatsächlich ein Zusammenhang mit der Pandemie besteht. Dabei legen wir keinen ganz engen Maßstab an.

Wir können nachvollziehen, wenn jetzt Mittel für den Breit bandausbau bereitgestellt werden, um die Struktur für die Di gitalisierung im Land grundlegend zu verbessern. Das kann aber nicht für jedes Programm gelten, das unter Umständen über Jahre läuft und nicht diesen sachlich relevanten Bezug hat, wie aus unserer Sicht z. B. eine Sanierung landeseigener Wohngebäude oder eine Holzbauoffensive.

Zweitens: Die Mehreinnahmen aus der November-Steuer schätzung sollten aus unserer Sicht konsequenterweise, wenn es denn nach dem neuen Lockdown dabei bleibt, zur Senkung der Notlagenkredite genutzt werden.

Drittens: Wir sehen Nachbesserungsbedarf beim Tilgungsplan mit einer Laufzeit von 25 Jahren. Dieser könnte und sollte am bitionierter sein. Raten von 288 Millionen € im Jahr sind für einen Haushalt mit einem Volumen von über 50 Milliarden € keine nennenswerte Größenordnung. Das zeigt schon der Ver gleich mit den Mehreinnahmen aus der November-Steuer schätzung. Allein der Einsatz dieses Betrags würde ausrei chen, um den Tilgungszeitraum um ca. drei Jahre zu verkür zen.

Angemessen wäre aus unserer Sicht das, was sich das Land im März dieses Jahres selbst zugetraut hat: 500 Millionen € Tilgung pro Jahr. Zu dieser Kennzahl zurückzukehren wäre kein Rückschritt. Es wäre ein Fortschritt für eine nachhaltige Finanzpolitik. Denn bei der Einführung der Schuldenbremse war doch klar, dass das Ziel anspruchsvoll ist und dass es an strengend werden kann, es zu erreichen.

Gewollt war eine nachhaltige Finanzpolitik. Die zeigt sich aber gerade im restriktiven Gebrauch von Ausnahmen und in konsequenten Tilgungsplänen. Nachhaltige Finanzpolitik zeigt sich auch darin, die Ausgaben auf das Notwendige zu begren zen.

Anderes zeigen die Ausgabereste von 6,4 Milliarden €, was rund 12 % des Haushaltsvolumens entspricht. Man hat mehr etatisiert, als man in den vergangenen Jahren umsetzen konn te. Das heißt, der Handlungsbedarf nach der mittelfristigen Fi nanzplanung ist nicht nur die Folge eines konjunkturbeding ten Einbruchs bei den Steuereinnahmen, er ist auch das Er gebnis großzügiger Ausgabenansätze.

Hier könnte aus unserer Sicht eine Konsolidierung in einem ersten Schritt erfolgen. Dazu haben wir im Finanzausschuss zwei Vorschläge gemacht. Einer davon ist, im Hinblick auf die aufgelaufenen Reste gleich von vornherein 10 % bei den Sachausgaben der Ressorts zu kürzen. Allein dadurch könn ten 100 Millionen € gespart werden. Wir denken, das wäre auch durchaus verkraftbar.

Es hat uns gefreut, dass der Finanzausschuss diesen Vorschlä gen gefolgt ist. Die Lösung des Problems, das die Finanzpla nung aufzeigt, setzt allerdings voraus, dass die Konsolidie rung im nächsten Haushalt umfassender und weiter gehend angegangen wird.

Ein zweites strukturelles Thema, das wir in der Denkschrift behandelt haben, ist die Digitalisierung. Das Thema ist nicht

neu, aber dauerhaft wichtig. Gerade jetzt haben sich die Be deutung und die Dringlichkeit dieses Themas mehr als deut lich gezeigt. Eine moderne und leistungsfähige Daten- und ITInfrastruktur ist eine notwendige Voraussetzung für eine effi ziente Verwaltung, eine flexible Arbeitswelt und eine moder ne Schule. Die Förderung einer flächendeckenden Breitband infrastruktur ist deshalb strategisch wichtig und richtig.

In Baden-Württemberg besteht insbesondere bei gigabitfähi gen Anschlüssen noch deutlicher Ausbaubedarf. Fördermittel des Landes sollten deshalb künftig uneingeschränkt in giga bitfähige und damit zukunftsfähige Technologien fließen.

Im Grundsatz sehen wir die Förderung des Landes in diesem Bereich ja als zweckmäßig an. Die Kopplung an die Förde rung des Bundes war richtig und sollte deshalb auch künftig Priorität haben. Das Land sollte sich demgegenüber auf eine zielorientierte Ergänzung des Bundesprogramms konzentrie ren, beispielsweise auf die Stärkung eines Backbone-Netzes, um das ganze System leistungsfähig zu machen und zu hal ten, oder auf die Erschließung von Gebieten mit leistungsfä higem Mobilfunk.

Potenzial für mehr Wirtschaftlichkeit sehen wir auch in der bestehenden IT des Landes. Der Prozess der IT-Neuordnung und -Bündelung ist noch lange nicht abgeschlossen. Hier sto ßen wir bei unseren Prüfungen an den unterschiedlichen Stel len und Einrichtungen immer wieder auf lange bekannte und schon öfter thematisierte Defizite. Im Folgenden nur zwei Bei spiele.

Potenzial sehen wir beim Landesamt für Besoldung und Ver sorgung, z. B. beim Ressourceneinsatz für die IT-Verfahren zur Personalverwaltung. Von 88 Vollzeitäquivalenten werden allein 48 für die Entwicklung und Pflege der spezifischen Fachverfahren eingesetzt. Mit Sachausgaben verursacht dies Kosten von jährlich 14 Millionen €. Wir empfehlen deshalb, die internen Prozesse zu verbessern und vor allem die Wirt schaftlichkeit der eigenentwickelten Verfahren zu überprüfen.

Entsprechendes gilt für Einrichtungen im Kunst- und Kultur bereich. Nur als symptomatisches Beispiel: Von zwölf Ein richtungen lässt nur die Staatsgalerie Stuttgart ihre IT durch die BITBW betreiben. Alle anderen Einrichtungen machen das noch bis 2024 selbst mit der Begründung, der Betrieb durch die BITBW sei teurer als die Eigenleistung. Aus unse rer Sicht ist diese Aussage nicht schlüssig. Die Einrichtungen kennen ihre Kosten nicht, ihre Netzanbindung ist unwirt schaftlich und die Informationssicherheit verbesserungsbe dürftig. Gerade aber bei diesen Einrichtungen von überschau barer Größenordnung wäre eine schnelle Zentralisierung das Notwendige und das Richtige.

Als Dienstleister spielt die BITBW eine zentrale Rolle. Die Möglichkeit, im Zuge der Pandemie weite Teile der Arbeit der Verwaltung in das Homeoffice zu verlagern, war nicht zuletzt auch ihr Verdienst. Das zeigt: Die BITBW ist durchaus leis tungsfähig und als zentraler Dienstleister auch stärker zu nut zen im Sinne einer effizienten Konsolidierung der IT.

Ein Beispiel darf ich noch nennen, wo der Anspruch an die Ziele eines Projekts und dessen Realisierung unnötig ausein andergefallen sind. Der Klimaschutz hat für die Landesregie rung zu Recht hohe Priorität. Es ist natürlich sinnvoll, inno

vative Vorhaben, die CO2 einsparen oder energiesparend sind, aufzulegen; keine Frage. Da beharren wir vonseiten des Rech nungshofs nicht auf der in Euro und Cent billigsten Lösung. Wirtschaftlichkeit heißt bei solchen Vorhaben auch für uns, einen Umweltbonus einkalkulieren zu können.

Der Sinn solcher Vorhaben verflüchtigt sich allerdings sehr schnell, wenn der vom Land beauftragte eigene Gutachter rät, das Konzept gerade nicht so wie angedacht zu realisieren, weil weder die technischen Vorteile gegeben sind noch der CO2Einspareffekt – und schon gar keine Wirtschaftlichkeit gese hen wird. Das Projekt dennoch durchzuführen ist weder inno vativ noch wirtschaftlich.

Gute Projekte sind aber beides: Sie sind innovativ und wirt schaftlich; Letzteres liegt vor allem auch im Sinne der Lan deshaushaltsordnung. Bei der Neuausrichtung eines solchen Projekts hätte das Geld des Steuerzahlers im Endergebnis viel leicht zu einem besseren Erfolg geführt.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich mich für die gute und sachorientierte Beratung im Finanzausschuss bei allen seinen Mitgliedern bedanken, vor allem bei Ihnen, Herr Stickelberger, als Vorsitzendem. Wir haben in diesem Jahr im Finanzausschuss keine dissensorientierte Diskussion zu unse ren Vorschlägen und Empfehlungen geführt; die Vorschläge sind konstruktiv und einvernehmlich beschlossen worden. Das nährt bei mir die Hoffnung, dass auch im weiteren Verfahren die Umsetzung dieser Vorschläge gelingen kann.

Vielen Dank.

(Beifall)