Bei uns lässt vor allem die Alarmglocken schrillen, dass alle drei Gewerkschaften der Polizei in einem der wenigen Fälle einhellig gegen diesen Gesetzentwurf Stimmung machen und sagen: „Wenn wir das so machen, dann kommt nichts Gutes dabei heraus.“ Daher müssen wir dringend aufpassen, dass wir in diesem Haus ein solches Gesetz nicht beschließen.
Denn wenn GdP, DPolG, BDK und noch weitere Verbände, die Ahnung haben, wie der Chaos Computer Club, und wich tige Verbände wie der Anwaltsverband oder auch der Rech nungshof als staatliche Institution hier erhebliche Bedenken sehen, dann muss man dringend nachbessern. Das ist bisher aber nicht passiert.
Die Lage ist für den Innenminister sogar so verstrickt, dass in der Stellungnahme zu einem Antrag, die vor wenigen Tagen ergangen ist – in dem Antrag haben wir gefragt, wie damit umgegangen wurde –, zugegeben wird, dass der Innenminis ter beim Landeskriminalamt eine Pressemitteilung bestellt hat, in der ebendieses Vorgehen mit der Cybersicherheitsagentur gelobt werden soll. Dumm nur, dass in dieser Pressemittei lung nicht die Einrichtung einer Cybersicherheitsagentur ge lobt wird, sondern lediglich der Einsatz für mehr Cybersicher heit im Land. Die Cybersicherheitsagentur wird dort nicht er wähnt.
Was uns auch massiv geärgert hat: Das Innenministerium spricht davon, dass es keine Stellungnahmen gebe, die z. B. vom LKA kommen könnten, die dem Landtag vorgelegt wer den können. Es ist aber komisch, dass die „Stuttgarter Nach richten“ gestern schreiben, dass ihnen eine solche Stellung nahme vom Landeskriminalamt vorliegt, in der dieser Gesetz entwurf astrein zerlegt wird, und das mit sachlichen Gründen. Das ist wirklich etwas, bei dem die Alarmglocken noch mehr und noch lauter schrillen sollten.
Wir fordern daher, dass Sie diesen Gesetzentwurf zurückneh men und wir in der neuen Legislaturperiode in diesem Haus etwas Ausgegorenes erarbeiten, damit wir nicht jetzt vor lau ter Torschlusspanik einen Schnellschuss lostreten, der dann aber voll in die Zuschauerränge geht. Das ist unsere Forde rung an dieser Stelle. Wir werden das auch noch einmal knall hart im Innenausschuss diskutieren.
Meine Damen und Herren, mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Ausspra che ist damit beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/9490 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Digitalisie rung und Migration zu überweisen. – Es erhebt sich kein Wi derspruch. Dann ist es so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Kommuna len Versorgungsverband Baden-Württemberg, des Geset zes zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts und der Ge meindehaushaltsverordnung – Drucksache 16/9491
Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Notwendigkeit zur Änderung des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württem berg ergibt sich vor allem aus der Änderung von Bestimmun gen, auf die dieses Gesetz verweist.
So verweist das Gesetz über den Kommunalen Versorgungs verband Baden-Württemberg für dessen Wirtschaftsführung auf die für die Wirtschaft der Landkreise geltenden Vorschrif ten. Diese haben sich mit der Einführung der kommunalen Doppik aber grundlegend verändert. Mit Blick darauf, dass die Vorschriften der kommunalen Doppik nicht 1 : 1 auf den Kommunalen Versorgungsverband übertragen werden kön nen, ist vorgesehen, sie an die Sondersituation des Kommu nalen Versorgungsverbands anzupassen.
Richten Sie Ihr Augenmerk auf die folgenden Punkte: Das In nenministerium wird ermächtigt, den Kommunalen Versor gungsverband unter bestimmten Voraussetzungen von der Pflicht zum Haushaltsausgleich und zur Deckung von Fehl beträgen temporär freizustellen. Dies ist erforderlich, da die Vorschriften des Gemeindewirtschaftsrechts zum Haushalts ausgleich und zur Deckung von Fehlbeträgen für den Kom munalen Versorgungsverband nicht passend sind. Dies wird aber an Voraussetzungen geknüpft. So muss die langfristige ökonomische Tragfähigkeit der Finanzierungskonzeption des Kommunalen Versorgungsverbands regelmäßig durch ein ver sicherungsmathematisches Gutachten belegt und jeweils im Rahmen der Vorlage der Haushaltssatzung durch einen unab hängigen Aktuar bestätigt werden.
Ein weiterer Punkt ist die Einführung eines Mindestvermö gens, welches die bisherige Sicherheitsrücklage ablöst.
Die gesetzlichen Vorschriften für die Anlage des Sicherungs vermögens von kleinen Versicherungsunternehmen werden für die Anlage des Vermögens, welches das Mindestvermö gen übersteigt, entsprechend angewandt, und deren Einhal tung wird durch einen unabhängigen sachverständigen Drit ten regelmäßig überwacht.
Der Kommunale Versorgungsverband und die Gemeindeprü fungsanstalt haben in einer Arbeitsgruppe an der Erarbeitung der Regelungen zur Wirtschaftsführung des Kommunalen Ver sorgungsverbands mitgewirkt und ihren Sachverstand einge bracht.
Den zweiten Schwerpunkt des Gesetzentwurfs bildet die Än derung des Gesetzes zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts und der Gemeindehaushaltsverordnung. Damit soll die Frist für die Verpflichtung zur erstmaligen Erstellung eines Ge meindeabschlusses für alle Gemeinden und Gemeindeverbän de auf das Haushaltsjahr 2025 verschoben werden. Dies be deutet, dass alle Gemeinden und Gemeindeverbände das Recht haben, bis einschließlich 2024 auf die Erstellung eines Gesamtabschlusses zu verzichten.
Die Fristverlängerung wird von den kommunalen Landesver bänden, der Gemeindeprüfungsanstalt und dem Berufsver band der kommunalen Finanzverwaltungen in Baden-Würt temberg ausdrücklich begrüßt, um nicht zu sagen: natürlich gewünscht. Damit werden Engpässe und Probleme gerade bei den Kommunen, die erst zum 1. Januar 2020 auf die kommu nale Doppik umgestellt haben, vermieden.
Die Coronapandemie und ihre Herausforderungen belasten unsere Kommunen stark, und deswegen wollen wir der kom munalen Seite auf diese Art und Weise entgegenkommen. Durch die Fristverlängerung haben die Kommunen ausrei chend Zeit für die Vorbereitung des ersten Gesamtabschlus ses.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte Sie bitten, diesen Änderungen, die für den Kommu nalen Versorgungsverband und die kommunale Praxis wirk lich von sehr großer Bedeutung sind, zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von drei Mi nuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Kommunen haben seit Beginn der Pandemie wirklich Außerordentliches geleis tet. Sie stellen die regionale Gesundheitsversorgung sicher, beantworten Fragen der Bürgerinnen und Bürger zur Pande miesituation und setzen die Coronamaßnahmen vor Ort um. Sie haben gezeigt, dass sie auch in dieser Ausnahmesituation handlungsfähig sind.
Aber mit Blick auf die Zukunft sind doch etliche Kommunen auch besorgt. Letztlich hat diese Pandemie doch gravierende Auswirkungen nicht nur auf die Finanzen des Landes, son dern auch auf die finanzielle Situation der Kommunen.
Wir Grünen setzen uns dafür ein, hier durch verschiedenste Maßnahmen Hilfe zu leisten. Die größte Hilfe war sicherlich der Stabilitäts- und Zukunftspakt, den wir mit dem Nachtrags haushalt beschlossen haben. Mit fast 3 Milliarden € haben wir den Kommunen unter die Arme gegriffen. Aber auch das heu te im Entwurf vorliegende Gesetz ist in dieser Richtung zu verstehen, auch wenn es sich hierbei nicht um eine direkte fi nanzielle Hilfe handelt. Es ist ein Unterstützungsangebot, von dem die Kommunen Gebrauch machen können.
Dadurch, dass wir die Frist für die Verpflichtung zur erstma ligen Vorlage eines Gesamtabschlusses verlängern, geben wir den Gemeinden einen finanzrechtlichen Spielraum, der in die ser schwierigen Zeit benötigt wird, damit auch jetzt Investiti onen in die Zukunft getätigt werden können. Es hilft ja auch wieder uns, dem Land, dass die Wirtschaft stabil bleibt und weiterhin laufen kann.
Die kommunale Umstellung auf die Doppik halten wir den noch grundlegend für den richtigen Weg. Denn sie sorgt für Transparenz, und sie sorgt letztlich auch für ein Stück Gene rationengerechtigkeit. Denn dort gilt das Prinzip: Was von ei ner Generation ausgegeben wird, was von ihr benötigt wird, das muss auch durch diese Generation erwirtschaftet werden.
Die Umstellung auf die Doppik bringt aber auch Kosten mit sich, und sie führt zu weniger Flexibilität. Und diese ist doch im Moment gefragt – daher eben dieses „Luft verschaffen“.
Ein weiterer Teil der Praxisanpassungen, wie der Herr Minis ter gerade ausgeführt hat, bezieht sich auf die Wirtschaftsfüh rung des Kommunalen Versorgungsverbands im Umgang mit der Doppik: Es werden dort Ausnahmeregelungen geschaffen, die notwendig sind, damit die Doppik auch für dieses Unter nehmen passt. Daher befürworten wir diese Anpassungen.
Zusammenfassend begrüßen wir den Gesetzentwurf. Wir dan ken allen Mitwirkenden, insbesondere dem Kommunalen Ver sorgungsverband und der Gemeindeprüfungsanstalt. Wir sind zuversichtlich, dass die so geschaffenen finanzrechtlichen Spielräume von den Kommunen in Anspruch genommen wer den und ihnen zugutekommen.
Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Das vorliegende Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband und des Gesetzes zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts ist et was für Insider, etwas für Freunde der kommunalen Selbst verwaltung.
Wir haben hier formale Dinge zu erledigen. Wie der Minister dargelegt hat, müssen insbesondere Anpassungen für den Kommunalen Versorgungsverband vorgenommen werden, da mit er seine Buchführung zukünftig auch doppisch machen und für die Versorgungen die entsprechenden Rückstellungen bilden kann. Dies soll gemäß dieser gesetzlichen Vorschriften beim Kommunalen Versorgungsverband möglich sein.
Dabei haben das Ministerium und der Gemeindetag zusam mengearbeitet. Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbei ter des Kommunalen Versorgungsverbands haben diesen Ge setzentwurf mitentwickelt bzw. auf die besonderen Bedürf nisse angepasst. Bei der Anhörung sind keine Verbesserungs vorschläge eingegangen, sodass ich annehme, dass es hierfür allseits – auch durch alle Fraktionen – eine Mehrheit gibt.
Beim zweiten Gesetz, dem Gesetz zur Reform des Gemein dehaushaltsrechts, haben wir – das wissen Sie – die Kommu nen vor die Aufgabe gestellt, auf die doppische Buchführung umzustellen. Das war bei den größeren Städten nicht das gro
ße Problem; das war dort auch sehr erwünscht. Bei den klei neren wurde es mit etwas Unbehagen betrachtet. Viele oder einige Kommunen bzw. ein Restteil der Kommunen haben erst jetzt umgestellt. Es ist daher angebracht, dass wir die Frist für den Gesamtabschluss des Haushalts unter doppischen Ge sichtspunkten verlängern.