Protocol of the Session on December 16, 2020

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Zweites Gesetz zur Änderung von Vorschriften zur An erkennung ausländischer Berufsqualifikationen in BadenWürttemberg – Drucksache 16/9193

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für So ziales und Integration – Drucksache 16/9329

Berichterstatterin: Abg. Sabine Wölfle

Hierzu hat das Präsidium, wie Sie wissen, für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von drei Fraktionen festgelegt.

Zuerst spricht Herr Abg. Lede Abal.

(Zurufe: Drei Minuten!)

Das habe ich doch gesagt, oder? Drei Minuten.

(Zuruf: „Drei Fraktionen“, haben Sie gesagt!)

Drei Fraktionen. Gemeint sind drei Minuten je Fraktion.

(Zuruf: Wir können auch drei Fraktionen machen!)

Manchmal dauert es dann doch länger, wenn man es schnell machen will.

(Zurufe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob die Geschäftsordnung eine Aussprache von nur drei Fraktionen zulässt; das wäre aber mal eine innovative Handhabung.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Wir beschäftigen uns heute mit dem Gesetzentwurf zur Än derung von Vorschriften zur Anerkennung ausländischer Be rufsqualifikationen in Baden-Württemberg. Diese Änderung ist aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen not wendig geworden. Das ist in erster Linie dem Fachkräfteein wanderungsgesetz des Bundes zuzuschreiben, aber auch an deren Vorschriften wie beispielsweise der Datenschutz-Grund verordnung.

Die Änderungen betreffen im Wesentlichen folgende Punkte:

Erstens: Mit diesem Gesetz werden die Verfahrensfristen für das Fachkräfteverfahren verkürzt und mit bundesgesetzlichen Regelungen synchronisiert.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich wollte Ihnen nur et was Ruhe verschaffen.

Danke schön. – Zweitens: Es wird die Möglichkeit eines förmlichen Feststel lungsbescheids über die Gleichwertigkeit einer Ausbildung geschaffen. Denn es kommt immer wieder vor, dass eine Aus bildung im Ausland zwar nicht völlig gleichartig, aber nach objektiven Kriterien gleichwertig ist.

(Zuruf)

Drittens: Es werden verschiedene Korrekturen vorgenommen, so z. B. die Zuständigkeitsregelung im Sinne von § 2 des Pfle geberufegesetzes, die aufgrund eines redaktionellen Versehens unterblieben war.

Viertens: Es gibt an verschiedenen Stellen Korrekturbedarf, weil verschiedene Gesetzesbezüge nicht mehr stimmen. Die se Anpassungen werden hier vorgenommen.

Fünftens wird durch diesen Gesetzentwurf eine neue Syste matik statistischer Erhebungen im Rahmen der Anerkennungs verfahren der im Ausland erworbenen beruflichen Qualifika tionen eingeführt. Für diese Anpassung gibt es sehr gute Grün de. Diese liegen auch auf der Bundesebene. Der Sinn einer bundesweit einheitlichen statistischen Erfassung ist, glaube ich, für jeden einsichtig.

Deshalb bringt dieses Gesetz die notwendigen Anpassungen des Landesrechts an das Fachkräfteeinwanderungsgesetz des

Bundes. Zudem werden die Vorschriften veränderter rechtli cher Rahmenbedingungen eingearbeitet, notwendige Korrek turen vorgenommen und die rechtlichen Bezüge auf den neu esten Stand gebracht.

Das dient der Klarheit und der Anwendung des Gesetzes. Da mit dienen wir dem Ziel einer zügigen, zuverlässigen und qua litativ anspruchsvollen Anerkennung von im Ausland erwor benen beruflichen Qualifikationen. Das liegt im Interesse der betroffenen Personen; es liegt aber auch im Interesse der Wirt schaft und damit im Interesse des Landes Baden-Württem berg. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen und bitten wir Sie, das insgesamt auch zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall – Zuruf: Da ist im Grunde alles gesagt, Herr Kollege! – Vereinzelt Heiterkeit)

Für die CDU spricht Frau Abg. Martin.

(Zurufe – Heiterkeit – Vereinzelt Beifall)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Exportland ist BadenWürttemberg in besonderem Maß auf ausländische Fachkräf te angewiesen. Mit der Fachkräfteallianz Baden-Württemberg und mittlerweile zehn regionalen Welcome-Zentren unterstützt die Landesregierung die Unternehmen tatkräftig beim Wett bewerb um engagierte Mitarbeiter aus aller Welt.

Trotzdem beobachten wir seit mehreren Jahren aufgrund des demografischen Wandels Fachkräfteengpässe, besonders in den MINT-Berufen, aber in großem Maß auch im sozialen und im medizinischen Bereich. Die Bertelsmann Stiftung beziffert den Bedarf an ausländischen Arbeitskräften für ganz Deutsch land auf ca. 260 000 im Jahr. Allerdings wird dieser nur zur Hälfte durch europäische Binnenmigration gedeckt; deswe gen ist es notwendig, auch Menschen aus Drittstaaten die Möglichkeit zu geben, bei uns zu arbeiten.

Vor über 70 Jahren sagte Walt Disney:

Du kannst den allerschönsten Ort der Welt planen, er schaffen, erstellen und bauen – aber man benötigt Men schen, um den Traum wahr werden zu lassen.

(Zuruf)

Das bedeutete damals das Gleiche, was es auch heute für uns bedeutet. Wir brauchen ausreichend Fachkräfte auf allen Qua lifikationsstufen.

Die Bundesregierung hat mit dem neuen Fachkräfteeinwan derungsgesetz nun wichtige Maßnahmen zur Steigerung und zur bedarfsgerechten Steuerung der Migration von Fachkräf ten ergriffen. Damit einhergehend wird die teilweise schwie rige und oft langwierige Anerkennung von im Ausland erwor benen Qualifikationen erheblich vereinfacht.

Besonders wichtig ist hierbei die Möglichkeit einer verkürz ten Frist für die Gleichwertigkeitsfeststellung im Rahmen des neuen, beschleunigten Fachkräfteverfahrens.

(Beifall)

Bislang genossen lediglich Hochschulabsolventen aus NichtEU-Ländern unbeschränkten Arbeitsmarktzugang. Mit der neuen Gesetzgebung wurde der Begriff „Fachkraft“ nun zum ersten Mal legal definiert. Somit können seit März auch Fach kräfte mit einer beruflichen Qualifikation ein Visum oder ei nen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung erhalten. Damit stehen berufliche und akademische Ausbildung in diesem Rahmen gleichberechtigt nebeneinander. Denn wir brauchen sie beide: die Ingenieurin genauso wie den Altenpfleger.

Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir nun un sere landesrechtlichen Regelungen an die bundesrechtlichen Vorgaben anpassen. Diese tragen dazu bei, das vorhandene Fachkräftepotenzial besser zu erschließen und die qualifizier te Fachkräfteeinwanderung aus dem Ausland zu erleichtern.

Die Wirtschaftsgeschichte unseres Landes war und ist immer mit Menschen verbunden, die aus anderen Ländern zu uns kommen, und das wird auch in Zukunft so sein. Wer fleißig ist, das entsprechende Know-how mitbringt und etwas aus sich machen möchte, ist hier genau richtig, und vor allem: Er ist herzlich willkommen.

(Beifall – Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut!)

Frau Abg. Wölfle, Sie ha ben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Unser aktuelles Recht zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen beruht zu einem großen Teil auf Richtlinien der Europäischen Union. Anlass für den nun hier vorliegenden Gesetzentwurf ist jetzt aber keine neue Richtlinie aus Brüssel, sondern das im letzten Jahr im Bund beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Mit diesem Ge setz hat vor allem die SPD im Bund einen wichtigen und lan ge überfälligen Schritt zur Fachkräftesicherung erreicht, hin zu einem modernen Selbstverständnis von Deutschland als Einwanderungsland.

(Zurufe, u. a. Abg. Dr. Christina Baum AfD: Nein!)

Beim gleichzeitig verabschiedeten Duldungsgesetz konnten wir zudem die Ausbildungsduldung dauerhaft verankern und eine Beschäftigungsduldung neu schaffen.

(Abg. Anton Baron AfD: Das können Sie sich in Stuttgart anschauen!)

Ein Teil des Gesetzgebungspakets für das Fachkräfteeinwan derungsgesetz war die Änderung des Berufsqualifikationsfest stellungsgesetzes des Bundes. Wir haben nun unsere landes rechtlichen Regelungen an die Regelungen im Bund ange lehnt.