Protocol of the Session on December 16, 2020

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Und jetzt verfolgen Sie unabhängige und friedliche Menschen!)

In der Plenardebatte am 24. Juni – drei Tage später – habe ich allen Tätern zugerufen:

Wir werden euch finden. Wir werden euch aufspüren, und ihr werdet einer gerechten Strafe zugeführt.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dank einer akribischen und exzellenten Arbeit unserer Polizei Baden-Württemberg kann ich heute sagen: Wir haben euch gefunden. Wir haben euch aufgespürt, wir haben euch gefan gen, und ihr werdet einer gerechten Strafe zugeführt.

(Beifall)

Allen Beteiligten und allen künftigen Randalierern soll das ei ne Lehre sein.

Wir werden niemals akzeptieren, dass Ladengeschäfte in Stutt gart oder anderswo in unserem Land geplündert werden. Wir werden niemals akzeptieren, dass Pflastersteine auf Polizei autos oder Rettungsfahrzeuge fliegen, und wir werden niemals akzeptieren – niemals! –, dass ungeschützte Sanitäter oder Po lizistinnen und Polizisten angegriffen werden. Wir werden nie mals akzeptieren, dass man ihnen mit voller Wucht in den Rü cken tritt.

In dieser Nacht haben Einsatzkräfte für uns alle ihr Leben ris kiert. Sie haben ihr Leben riskiert, um andere zu beschützen. Deswegen ist es gut, dass wir heute eine Debatte führen auch mit der Botschaft: Wir schützen die, die uns schützen.

(Beifall – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Deswegen bin ich der CDU-Landtagsfraktion, verehrter Herr Kollege Blenke, auch dankbar, dass sie dieses wichtige The ma heute in Form einer Aktuellen Debatte auf die Agenda ge setzt hat und damit die parlamentarische und gesellschaftli che Debatte anregt.

Ich finde im Übrigen: Wir brauchen eine gesellschaftliche De batte auch darüber: Wie krank müssen eigentlich Hirne sein, die Pflastersteine auf einen Rettungswagen werfen?

(Beifall – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das wissen Sie doch am besten!)

Fast genau sechs Monate sind seit den Ausschreitungen in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 in Stuttgart vergangen.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Die intensive, akribische Ermittlungsarbeit in diesen sechs Monaten hat sich ausgezahlt. Gegen 117 Tatverdächtige be steht aktuell ein konkreter Verdacht dahin gehend, dass sie an den Ausschreitungen in der Tatnacht beteiligt waren. Gegen weitere sieben Tatverdächtige wird wegen Folgetaten ermit telt, beispielsweise Hehlerei. Somit besteht aktuell gegen 124 Personen ein Tatverdacht.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Da dür fen wir ja gespannt sein, was rauskommt!)

Wie sieht die Täterstruktur aus? Eines kann man sagen: Die Täter sind vor allem sehr jung und männlich.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das ist aber diskriminierend!)

Etwa drei Viertel der Tatverdächtigen sind 21 Jahre alt oder jünger. 92 % der Tatverdächtigen sind männlich. Von 100 Tat verdächtigen sind also 92 männlich.

(Zuruf)

Das ist im Grunde genommen die Erkenntnis, die man sagen kann. Ansonsten ist das Bild – darauf wurde von den Vorred nern richtigerweise auch hingewiesen – ein eher heterogenes. Die meisten Tatverdächtigen kommen aus Stuttgart bzw. dem näheren Umland, z. B. rund um Ludwigsburg, Geislingen an der Steige bis nach Gaildorf oder Weil der Stadt.

(Zuruf)

68 %, also mehr als zwei Drittel der Tatverdächtigen, haben die deutsche Staatsbürgerschaft.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das sagt ja gar nichts! Die wird ja verschenkt!)

Drei Viertel der deutschen Tatverdächtigen haben einen Mig rationshintergrund. 76 % – das ist eine, wie ich finde, wichti ge Zahl – der ermittelten Tatverdächtigen haben bereits in der Vergangenheit Straftaten begangen und waren somit bereits in den polizeilichen Systemen erfasst.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Drei Viertel der Tatverdächtigen sind bereits in der Vergan genheit polizeiauffällig gewesen.

(Zurufe, u. a.: Wieso laufen die dann auf der Straße rum?)

23 der 76 ausgestellten Haftbefehle sind in Vollzug. Die aller meisten sitzen in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stamm heim – und glauben Sie mir, eine Zeit in Stammheim vergisst man so schnell nicht.

(Zuruf: Das ist doch Erholung!)

Wir sind natürlich auch der Frage nachgegangen: Wie konn te es zu diesen Ausschreitungen kommen? Der bisherige Stand lässt nicht auf geplante, organisierte ausgeübte Tathandlun gen schließen.

Es gibt im Übrigen auch null Komma null Hinweise darauf, dass geschlossene Klubs oder Diskotheken die Ursache für diese Gewalt gewesen sind – auch das wurde ja hier im Land tag mal großmäulig so gesagt.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Haben Sie so was gesagt?)

Dagegen spricht aber schon die Tatsache, dass über drei Vier tel der Tatverdächtigen bereits im Jahr 2019 und davor poli zeiauffällig gewesen sind. Es haben also nicht die geschlos senen Klubs und Diskotheken dazu geführt, dass man gewalt tätig gewesen ist. Das ist eine viel zu platte Erklärung. Viel mehr gibt es offensichtlich in Wahrheit ein paar andere Grün de, die dazu geführt haben.

(Zuruf, u. a.: Das Wetter!)

In der Tatnacht war offenbar die vorläufige Festnahme eines jungen Mannes wegen eines Drogendelikts der Auslöser für die sinnlose Gewalt. Das polizeiliche Einschreiten führte zu spontanen Zusammenrottungen. Gruppendynamische Effek te dürften diese Gewalt verstärkt haben.

Mein Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren – da möchte ich mich auch beim Landtag und denen, die für die Fraktionen gesprochen haben, dafür bedanken, dass wir je denfalls in diesem Punkt Einigkeit haben; das war ja nach be stimmten Ereignissen nicht immer der Fall gewesen –, unser aller Dank gilt den Ermittlerinnen und Ermittlern bei der Po lizei

(Zuruf: Das ist deren Aufgabe!)

für ihre detaillierte, motivierte und auch erfolgreiche Arbeit

(Beifall)

und freilich den Polizistinnen und Polizisten, die nach der Krawallnacht auf Stuttgarts Straßen für Recht und Ordnung, für Sicherheit gesorgt haben und auch in Zukunft weiter da für sorgen werden.

Welche Konsequenzen ziehen wir aus dem Tatgeschehen? Der Schwerpunkt der Ermittlungen nach der Tatnacht in Stuttgart lag bei der Identifizierung möglichst aller tatbeteiligten Per sonen. „Wir werden euch fangen.“ Die Herausforderung da bei ist, aus äußerst umfangreichen Datenmengen tatrelevante Ermittlungsansätze zu generieren. Viele Bilder und Videos aus der Tatnacht waren dunkel, verschwommen und oft von schlech ter Qualität.

Um solche Ermittlungen zukünftig besser bewältigen zu kön nen, wurden verschiedene Maßnahmen identifiziert und teil weise bereits umgesetzt. Dabei geht es beispielsweise um Er mittlungsassistentinnen und -assistenten zur Entlastung von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten oder um eine Bild- und Objekterkennungssoftware, die möglichst mit künstlicher Intelligenz Zusammenhänge in Bildaufnah men erkennt.

Wir haben aber auch die Ausstattung unserer Polizistinnen und Polizisten weiter verbessert und sehr schnell beispiels weise Einsatzmehrzweckstöcke, sogenannte Tonfas, für die bestehenden geschlossenen Einheiten beschafft. Ich erinnere mich gut – –

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Gall zu?

Ich darf den Gedanken gerade noch zu Ende füh ren, Frau Präsidentin. – Der Kollege Blenke hat davon berich tet, dass wir sehr zeitnah auch Gespräche mit Polizistinnen und Polizisten, die im Einsatz waren, geführt haben. Es ist mir unvergessen, wie eine junge Polizistin ihre Schwierigkeiten mit dem Einsatzstock geschildert hat. Deswegen haben wir sehr schnell entschieden, aufgrund der Aussage dieser jungen Polizistin, neue Einsatzmehrzweckstöcke, sogenannte Tonfas, zu beschaffen. Es sind sehr, sehr schnell über 1 000 solcher neuen Einsatzstöcke direkt ausgeliefert worden.

Sie sehen also: Wir reden nicht nur – das tun wir auch –, son dern wir handeln auch ganz konkret, um unsere Polizistinnen und Polizisten in Baden-Württemberg allerbestens auszurüs ten.

(Beifall)

Lassen Sie jetzt die Zwischen frage des Herrn Abg. Gall zu?

Aber selbstverständlich, Herr Kollege Gall.

Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass wir im Präsidium eine Vereinba rung geschlossen haben mit der Bitte, mit der ausdrücklichen Bitte, dass sich die Vertreter der Landesregierung