Protocol of the Session on November 11, 2020

Insbesondere Motorräder mit Verbrennungsmotoren verursa chen erheblichen Lärm – mit Elektro natürlich nicht.

Die rechtlichen Möglichkeiten des Landes und auch der Kom munen sind nicht besonders zahlreich. In der Polizei – da bin ich dem Innenminister ganz dankbar – hat man in den vergan genen Jahren einiges getan, aber es muss noch mehr werden.

Vonseiten des Verkehrsministeriums wurden Motorradlärm displays gefördert. Inzwischen gibt es 40 Stück im Land, so viele wie nirgendwo. Wir werden im Laufe des nächsten Jah res eine Auswertung bekommen, wie sie genau wirken.

Das alles reicht aber nicht. Wir haben z. B. die „Initiative Mo torradlärm“ der Kommunen mit gegründet. Zusammen mit der Bürgermeisterin von Sasbachwalden, Sonja Schuchter, ha be ich das ins Leben gerufen. Schon nach ganz kurzer Zeit be teiligen sich – Stand vorgestern – 150 Kommunen, elf Land kreise und ein Regionalverband sowie zahlreiche Unterstüt zer über das ganze Land verteilt.

(Beifall)

Diese Initiative repräsentiert ca. 3,5 Millionen Einwohnerin nen und Einwohner von Baden-Württemberg. Ich kenne kei ne andere Initiative in Deutschland, die so viele Menschen re präsentiert wie diese. Die Initiative fordert: Motorräder müs sen leiser werden, Motorräder müssen leiser gefahren werden, und rücksichtsloses Fahren muss deutliche Folgen haben.

Die Forderungen haben wir im Bundesrat eingebracht, sie ge hen an die EU und an den Gesetzgeber. Im Bundesrat war das erfolgreich, eine große Mehrheit hat zugestimmt. Auch die Bundesregierung ist jetzt gefragt, dieses Thema aufzugreifen und die erforderlichen rechtlichen Änderungen vorzunehmen. Dass so viele Kommunen dabei sind, unterstreicht eigentlich auch die Größenordnung des Problems.

Viele andere Aspekte sind natürlich ebenfalls noch wichtig, etwa gesundheitliche Aspekte: Bei meinen Gesprächen mit den Krankenkassen sagen mir diese, dass es sich wirklich um Millionenbeträge handelt, die sich an Kosten durch Lärmfol gen anhäufen. Auch Nachbarschaftslärm, nicht nur ausgehend von Partys etc., sondern auch durch Gewerbegebiete, ist im mer wieder ein Punkt, der als Belästigung für die Bevölke rung auftaucht.

Auch die Verdichtung der Innenstädte spielt eine Rolle. Bei der Stadtplanung muss das Thema Lärm immer mitgedacht werden. Wie kann man lärmarmes Wohnen verwirklichen?

Ebenso ist „Lärm und Tourismus“ ein großes Thema. Gerade wenn man Urlaub machen möchte, steht Motorradlärm ganz stark im Fokus, was Beeinträchtigungen angeht. Auch viele Touristiker melden sich bei uns, beschweren sich und fordern Lösungen.

Es gibt also noch viel zu tun. Die Handlungsmöglichkeiten müssen wir ausreizen: alles, was geht, alles, was wir tun kön nen. Aber wir brauchen, wie gesagt, die Unterstützung des Bundes. Die bestehenden Lärmprobleme müssen abgebaut werden, neue Lärmprobleme sollen gar nicht erst entstehen. Daher ist ganz klar: Leiser ist gesünder.

Vielen Dank.

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dörflinger.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gerade gehört: Vie le Menschen leiden unter Lärm. Lärm bedeutet für den Kör per Stress und kann zu gesundheitlichen Schäden führen. Da her haben die Bundesregierung und die Landesregierung auch das getan, was Robert Koch einmal vorhergesagt hat, als er meinte:

Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso... be kämpfen müssen wie die Cholera und die Pest.

(Zurufe – Unruhe)

Ganz konkret haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, ers tens die Belastungen durch Verkehrslärm zu verringern und zweitens das Entstehen neuer Lärmprobleme zu vermeiden.

Wir haben es nicht nur aufs Papier gebracht, sondern auch um gesetzt. Bei Erhaltungsmaßnahmen an Straßen wird geprüft,

ob dabei nicht auch lärmärmere Straßenbeläge verwendet wer den können. Mit dem erst kürzlich geänderten LGVFG wer den ausdrücklich lärmmindernde Maßnahmen besser geför dert.

Wenn wir über Lärmreduktion sprechen, dann sind Umge hungsstraßen nach wie vor eine äußerst wirkungsvolle Maß nahme, um die betroffenen Anlieger vor Lärm zu schützen.

(Beifall)

Das ist auch der Grund, warum wir uns immer so sehr für Ortsumfahrungen einsetzen: nicht, weil wir Straßen bauen wollen, sondern weil wir die Menschen vor Ort von dem Lärm befreien wollen.

(Beifall – Zuruf: Sehr gut!)

Auch der Bund ist aktiv und hat die Verkehrslärmschutzver ordnung geändert. Dabei wurden die technischen Vorschrif ten zur Berechnung von Verkehrslärm auf den aktuellen Stand gebracht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jeder von uns kennt doch die Forderung: mehr Güter auf die Schiene. Doch wir alle wis sen, dass es dabei zu Konflikten kommen kann und immer wieder auch kommt. Denn gerade der Schienengüterverkehr kann eine maßgebliche Lärmquelle sein. Daher sind wir froh, dass auch hier Verbesserungen in Sicht sind. Mit dem Ende der Fahrplanperiode 2019/2020 dürfen auf dem deutschen Schienennetz keine lauten Güterwagen mehr verkehren.

Oder schauen wir uns die Neubaustrecken an, schauen wir uns die Rheintalbahn an. Hier wurden sehr hohe Summen in den Lärmschutz investiert. Ja, das ist verdammt viel Geld, aber am Ende erhöht das die Akzeptanz vor Ort und dient der Ge sundheit der Menschen.

(Beifall)

Um Akzeptanz ringen auch immer die Flughäfen, wenn es um das Thema Fluglärm geht. Aber auch da hat sich sehr viel ge tan. Alle drei baden-württembergischen Verkehrsflughäfen – Stuttgart, Karlsruhe und Friedrichshafen – haben ihre Entgelt ordnungen so ausgerichtet, dass leise Flugzeuge durch nied rigere Start- und Landeentgelte belohnt werden. Das heißt im Umkehrschluss: Laute Maschinen bezahlen deutlich mehr.

Herr Abg. Dörflinger, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Schweickert zu?

Wenn ich nachher noch Zeit habe. Aber es wird bei mir heute eng.

(Heiterkeit)

Die drei Verkehrsflughäfen gehen also verantwortungsbewusst mit dem Thema Fluglärm um. Auf diesem Weg wird sie die CDU-Landtagsfraktion natürlich weiter unterstützen.

Nach Unterstützung rufen immer mehr Gemeinden, wenn es um den Motorradlärm geht, und das ganz zu Recht. Wir ha ben großes Verständnis für die Betroffenen und haben uns da her auch mit dem Bundesverband der Motorradfahrer ausge tauscht, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dabei

möchte ich drei Dinge kurz festhalten, die in der erhitzten De batte teilweise zu kurz kommen.

Erstens: Die meisten Motorradfahrer sind keine Lärmjunkies,

(Zuruf: Genau!)

sondern sie grenzen sich deutlich von den schwarzen Schafen ab.

(Zuruf: Genau!)

Zweitens: Wir müssen zwingend den Lärm an der Quelle be kämpfen. Wir fordern daher von der Industrie technische Lö sungen wie leisere Motorräder – das haben wir gerade gehört. Auch wir unterstützen die Förderung von Motorradlärmdis plays.

Drittens – da schaue ich den Innenminister an –: Wir begrü ßen ausdrücklich alle Verkehrskontrollen der Polizei, bei de nen nach illegalen Veränderungen an den Auspuffanlagen ge schaut wird.

(Beifall)

Noch ein letzter Gedanke zum Lärm: Leider kommen immer mehr Klagen über Arten von Lärm, die für mich und die für uns alle von der CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich keine Lärmquellen sind. Wenn beim Kollegen Haser im Allgäu die Kuhglocken erklingen,

(Heiterkeit)

wenn Kirchenglocken zum Gottesdienst läuten und vor allem, wenn sich Kinder auf dem Spielplatz austoben, dann sind das Geräusche. Geräusche sind nicht mit Lärm gleichzusetzen. Kindergeräusche sind Zukunftsmusik.

Vielen Dank.

(Beifall – Zurufe, u. a.: Richtig! – Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Selcuk das Wort.

Lärm macht krank, Lärm scha det unserer Umwelt, und Lärm verstärkt die soziale Ungleich heit in unserer Gesellschaft.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Während die ersten beiden Punkte in nahezu jeder De batte über den Lärmschutz vorkommen, werden die sozialen Folgen nur selten zur Sprache gebracht. Das ist nicht verwun derlich, denn wir Abgeordneten dürften persönlich fast nie von anhaltender und schwerwiegender Lärmbelästigung be troffen sein. Warum? Weil ein signifikanter Zusammenhang zwischen einem geringen Einkommen und schlechten Wohn verhältnissen auf der einen Seite und einer starken Belästi gung durch Verkehrs- und Nachbarschaftslärm auf der ande ren Seite besteht.

Deshalb muss ich Sie, Herr Kollege Marwein, leider korrigie ren. Sie haben gesagt: Ob arm oder reich, alle sind gleich be troffen. Nein, das stimmt nicht. Es sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft, die besonders von Lärmbelästigung be