(Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD so wie Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Richtig!)
und die Wirtschaft so weit wie möglich am Laufen halten. Das heißt aber in der Konsequenz: Das Offenhalten dieser Kern bereiche der Gesellschaft erfordert in anderen Bereichen ein umso entschlosseneres Handeln, sonst funktioniert es einfach nicht. Ich denke, wer anderes behauptet, argumentiert nicht redlich. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, auf wie viele Kontakte wir bei einer Million Schülerinnen und Schü lern allein in Baden-Württemberg kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Kreis der Mi nisterpräsidenten mit der Kanzlerin in einer kollektiven Kraft anstrengung ein Gesamtpaket geschnürt, um gemeinsam eine nationale Gesundheitsnotlage abzuwehren.
Ich will mich an dieser Stelle vor allem bei meinen Amtskol legen aus den Ländern bedanken, die ein geringeres Infekti onsgeschehen haben. Sie haben diese Maßnahmen in einem Akt der Solidarität – der nationalen Solidarität – mitgetragen, obwohl der Druck bei ihnen im Moment bei Weitem noch nicht so hoch ist wie im Süden und im Südwesten. Das ver dient unseren Respekt.
Es war uns wichtig, dass wir in dieser schwierigen Lage deutschlandweit schnell, klar und einheitlich handeln, denn das bringt für die Bürgerinnen und Bürger bundesweit mehr Transparenz und schafft so Vertrauen. Das ist das wichtigste Gut, das wir in der Pandemie haben.
Vorab möchte ich außerdem betonen: Die Einschränkungen, die wir beschlossen haben, sind zeitlich befristet und gelten bis Ende November. In zwei Wochen werden die Kanzlerin und wir Länderchefs über die Wirkung der Maßnahmen bera ten und mögliche Anpassungen vornehmen.
Nun zu den konkreten Beschlüssen. Wir haben uns auf fol gende Maßnahmen verständigt, die am 2. November 2020 in Kraft treten werden – ich nenne die wichtigsten –:
Erstens: Es dürfen sich im öffentlichen Raum künftig nur noch Personen aus zwei Haushalten treffen, höchstens aber zehn Personen. In Baden-Württemberg setzen wir diese Vorgabe auch für den privaten Raum um.
Zweitens: Freizeiteinrichtungen werden geschlossen. Dazu gehören Theater, Museen, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Fitnessstudios, Schwimmbäder so wie der Freizeit- und Amateursportbetrieb in allen öffentli chen und privaten Sportanlagen.
Drittens: Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, wer den untersagt. Profisport darf nur ohne Zuschauer stattfinden.
Fünftens: Wir fordern die Bürgerinnen und Bürger auf, auf private Reisen und Besuche – auch von Verwandten – mög lichst zu verzichten, wenn diese nicht notwendig sind.
Übernachtungen in Hotels, Pensionen und ähnlichen Einrich tungen für touristische Zwecke werden untersagt. Übernach tungen bei Geschäftsreisen bleiben möglich.
wie Kosmetik- und Tattoostudios oder Massagepraxen wer den geschlossen. Medizinische Behandlungen wie Kranken gymnastik, Ergotherapie oder Fußpflege bleiben möglich.
Siebtens: Der Einzelhandel bleibt unter Hygieneregeln geöff net. Allerdings darf sich nicht mehr als ein Kunde pro 10 m2 Verkaufsfläche dort aufhalten.
Achtens: Wir fordern die Unternehmen eindringlich auf, wo immer möglich, ihren Beschäftigten Heimarbeit zu ermögli chen.
Zehntens: Wir legen ein besonderes Augenmerk auf den Schutz vulnerabler Gruppen. Krankenhäuser, Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen sind besonders gefährdet. Deshalb gibt es dort besonders strenge Regelungen.
Ich sage aber auch mit aller Klarheit: Es geht um den Schutz dieser Menschen, nicht darum, sie zu isolieren, denn das hät te ebenso gravierende Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Wir führen dort deshalb mit Hochdruck Schnelltests ein, damit An gehörige weiterhin zu Besuch kommen können.
(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD – Abg. Udo Stein AfD: Und wer bezahlt die?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns ist bewusst, dass die von uns beschlossenen Maßnahmen viele Unternehmen, Ein richtungen und Soloselbstständige treffen und verunsichern. Ich verstehe den Gastwirt, der empört ist, weil er sein Lokal
(Beifall des Abg. Raimund Haser CDU – Abg. Anton Baron AfD: Verfassungswidrig bis zum Gehtnicht mehr!)
Ich verstehe die Pianistin, die verzweifelt ist, weil sie im No vember keine Konzerte geben kann. Ich verstehe den Vorstand im Sportverein, der sauer ist, weil er den Trainings- und Wett kampfbetrieb wieder einstellen muss.
Ich sage all jenen aber: Wir haben sie nicht vergessen. Um ih nen in dieser schwierigen Zeit zu helfen, wird der Bund schnell und unbürokratisch eine Nothilfe an die betroffenen Unternehmen, Selbstständigen, Vereine und Einrichtungen auszahlen, um sie für ihre finanziellen Ausfälle zu entschädi gen. Niemand muss aufgrund der Maßnahmen um seine wirt schaftliche Existenz fürchten.
Mit einem Gesamtvolumen von bis zu 10 Milliarden € wer den für kleinere Unternehmen, Vereine und Einrichtungen bis 50 Mitarbeiter 75 % der Umsätze des Vorjahresmonats – also vor Corona – erstattet,
Ich will noch mal sagen – die Bundesminister Altmaier und Scholz haben sich ja gestern dazu erklärt –: Wir haben sehr darauf gedrungen, dass da Klarheit herrscht. Aber in der kur zen Zeit ist das wegen schwieriger beihilferechtlicher Rege lungen nicht so schnell möglich gewesen. Sie haben uns aber versichert, dass sie alles tun werden, damit die Erstattung auch für die größeren Unternehmen in einem Korridor von 60 bis 70 % erfolgen kann. Darauf müssen sich ja alle verlassen kön nen.
Hinzu kommt, dass der Bund seine Hilfsmaßnahmen für Un ternehmen verlängern und die Konditionen für hauptsächlich betroffene Branchen verbessern wird. Ich weiß, das ist natür lich nicht dasselbe wie ein Geschäft im Normalbetrieb. Denn der Mensch ist ja mit Leib und Seele Wirt, Pianistin oder Ver einsvorstand. Aber ich glaube, das ist, wenn es so gemacht wird, wirklich eine großzügige Entschädigung.
Das hätte aber nach unserer Meinung bedeutet: zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Wir waren uns deswegen einig, dass es besser ist, ihnen mit einer sehr großzügigen Entschä digung beizustehen,
als sie sozusagen in eine Situation zu bringen, in der sie ihren Betrieb zwar aufrechterhalten, die Einnahmen sich aber na turgemäß sehr stark vermindern können.