Nach den Vorschlägen hat niemand gefragt, und ihre Umset zung würde auch niemandem helfen, und zwar aus drei Grün den: Die Unterbringung würde nicht effizienter gestaltet, das Rückführungsmanagement würde nicht verbessert, und die Integration würde verhindert. Darum lehnen wir diesen Ge setzentwurf entschieden ab.
Es gibt sicher Stellschrauben im Asylverfahren, an denen man drehen kann. Aber es wurden schon viele Abläufe verbessert. Die Antragszeit bei Erst- und Folgeanträgen ging von August 2019 bis August 2020 auf etwa vier Monate zurück. Wir sind also deutlich schneller geworden. Hier hat sich viel getan. Rückführungen können bereits jetzt aus Erstaufnahmeeinrich tungen erfolgen. In diesem Jahr sind 21 % der Rückführun gen aus der Erstaufnahme erfolgt.
Es ist richtig, dass wir uns diese Verfahren anschauen und be schleunigen. Ich danke der Landesregierung mit Innenminis ter Thomas Strobl und Justizminister Guido Wolf, dass an den richtigen Stellen angesetzt wurde. Die beiden Häuser haben sehr gut gearbeitet. Beim Innenminister bedanke ich mich ins besondere für die Einrichtung des „Sonderstabs gefährliche Ausländer“.
Das ist genau der richtige Weg. Wer sich nicht an die Geset ze unseres Landes hält, der muss unser Land, soweit es recht lich möglich ist, möglichst schnell wieder verlassen.
Daneben können unsere Verwaltungsbehörden auf eine Neu organisation der Unterbringung verzichten, besonders wenn man sich vor Augen führt, dass die Zahl der Asylanträge in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist. Wir lie gen jetzt noch bei etwa 20 % der Zahl von 2016. In BadenWürttemberg waren es in diesem Jahr rund 9 000 Anträge.
In der Begründung zum Gesetzentwurf schwingen Sie, die AfD, sich zum Verteidiger der Rechtsstaatlichkeit gegen –
ich zitiere – „die massenhafte Armutsmigration aus fremden Kulturen“ auf. Das ist mit Blick auf die Zahlen eine blanke Lüge.
Genauso abenteuerlich ist es, wenn die AfD-Fraktion an nimmt, dass Asylbewerber ohne Bleibeperspektive vor ihrem Aufbruch prüfen, wie lange in Baden-Württemberg der Auf enthalt durch das Regierungspräsidium oder die Landkreise geregelt wird. Diese Begründung ist einfach nur absurd.
Das K.-o.-Kriterium für diesen Gesetzentwurf ist vor allem die Stellungnahme der kommunalen Landesverbände, also ge nau der Stellen, denen Sie vorgeblich helfen wollen. Die Kom munen stellen klar, dass sie in den letzten Jahren ein wirksa mes System aufgebaut haben, bei dem Asylbewerber mit Blei beperspektive am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Diese Arbeit würde durch die Zustimmung zu Ihrem Gesetz entwurf zunichtegemacht.
Insofern kann die in der Zielsetzung des Gesetzentwurfs genannte Eindämmung der Armutsmigration mittels wei testgehender Zentralisierung der Unterbringung und grundsätzlicher Gewährung von Sachleistungen an die ser Stelle nicht überzeugen.
Dieses schlechte Zeugnis fasse ich daher zusammen: Der Ge setzentwurf überzeugt weder die Kommunen, noch überzeugt er uns, die CDU-Landtagsfraktion.
Die Umsetzung Ihrer Vorschläge würde keine neuen Lösun gen bringen, sondern neue Probleme schaffen. Wir arbeiten
weiter an einer geordneten Aufnahme und Unterbringung so wie an einem effektiven Rückkehrmanagement – an beidem. Im Gegensatz zur AfD machen wir das Ganze mit den Kom munen und nicht gegen die Kommunen.
(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Daniel Rott mann AfD)
Wer sagt: Auf deutschem Boden können nicht alle Prob leme dieser Welt gelöst werden, der hat Recht. Ich füge aber hinzu: Deutschland muss für Menschen, die um Frei heit, um Leib und Leben fürchten müssen, eine gute und eine sichere Adresse sein und bleiben.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Emil Sänze AfD: Er hat es nach geplappert!)
Dieses Vermächtnis, „Deutschland muss... eine gute und ei ne sichere Adresse sein und bleiben“ ist für uns von der SPD nach wie vor Leitmotiv sozialdemokratischer Asylpolitik, auch nach der europäischen Flüchtlingskrise 2015/2016 und trotz oder gerade wegen „Pegida“ und des Einzugs rechtsex tremer Kräfte in unsere Parlamente.
Zum Glück, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist unser schö nes Land nicht einmal unter Pandemiebedingungen und im Winter so kalt, wie es mir beim Lesen dieses Gesetzentwurfs der AfD geworden ist.
Herr Kollege Lede Abal hat schon auf die Nichtzuständigkeit und die Widersprüchlichkeiten hingewiesen. Diese Gesetzes vorlage ist der klägliche Versuch, Ihre durch und durch frem denfeindliche Gesinnung in einen rechtlichen Rahmen zu brin gen und Ihrer Hetzpropaganda einen rechtsstaatlichen An schein zu verleihen.
Aber das gelingt Ihnen nicht. Schon Ihre Sprache entlarvt, wes Geistes Kinder Sie sind: „Eindämmung der Armutsmigrati
on“ statt Hilfe für geflüchtete Menschen, „weniger attraktiv ausgestaltete Unterbringung und Versorgung“ oder „öffent lich-rechtliches Nutzungsverhältnis“ statt menschenwürdigem Wohnen, Ausschluss von privater Wohnungsnahme, kein Zu gang zu Bargeld, Gemeinschaftsunterkünfte sollen erforder lichenfalls als mobile Unterkünfte bereitgestellt werden. Sa gen Sie doch, was Sie wollen: „Flüchtlinge gehören ins Zelt lager.“ Das meinen Sie doch.
Sie versuchen, mit der Forderung nach einer zentralen Unter bringung von geflüchteten Menschen und der Übertragung der Verantwortung von der Gemeindeebene auf die Kreis- und Regierungsbezirksebene die Kommunen auf Ihre Seite zu zie hen. Aber auch dieses Manöver ist zu durchsichtig. Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen.
Außerdem sind unsere Städte und Gemeinden erstens zu selbst bewusst und zweitens vor allem zu anständig, um Ihnen auf den Leim zu gehen. Ich zitiere aus der gemeinsamen Stellung nahme der kommunalen Landesverbände – der Kollege Lo rek hat auch schon daraus zitiert –:
Die kommunale Familie hat ein sehr ausgeprägtes Inter esse an gelingender Integration und ist sich bewusst, dass es sich vor Ort entscheidet, ob die Werte unserer Gesell schaft akzeptiert und gelebt werden.
Insofern kann die in der Zielsetzung des Gesetzentwurfs ge nannte Eindämmung der Armutsmigration mittels weitgehen der Zentralisierung der Unterbringung und grundsätzlicher Gewährung von Sachleistungen nicht überzeugen.
Souveränität, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit in unserem Land werden entgegen dem, was die AfD in ihrer Gesetzesbegrün dung schreibt, nicht durch massenhafte Armutsmigration aus fremden Kulturen verletzt. Sie werden verletzt durch die Aus breitung eines völkischen, fremdenfeindlichen, rassistischen und rechtsradikalen Denkens, Sprechens und Handelns
in unserer Gesellschaft und in unseren Parlamenten, allen vo ran durch die AfD im Landtag von Baden-Württemberg.