Falls ja: Wie wollen Sie diesen Standard erhalten? Falls nein: Was gedenken Sie zu tun, um ihn wiederherzustellen?
Für die Landesregierung er teile ich das Wort Herrn Minister Strobl. Aber wir warten noch kurz, Herr Minister, bis das Redepult desinfiziert ist.
Frau Präsidentin! Zunächst freue ich mich, dass jedenfalls der Fragesteller, Herr Abg. Rottmann, anwesend ist,
und ich freue mich über Sie alle, die Sie anwesend sind. Es sind ja alle Fraktionen vertreten, und wenn ich so um mich schaue, sind sie exzellent vertreten.
Zweitens, Herr Abg. Rottmann, beantworte ich Ihre Frage zu nächst einmal mit Ja. Aber das will ich natürlich auch begrün
den und will Ihnen sagen: Sie haben schon recht, die Aus schreitungen in der Stuttgarter Innenstadt in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni waren ein sehr schlimmes Ereignis, das auch das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger erschüttert hat und das sie verstört hat. Da gibt es überhaupt nichts klein zureden. Das ist natürlich ein wirklich schlimmes Ereignis ge wesen, das in dieser Nacht und in den frühen Morgenstunden des Sonntags, 21. Juni, stattgefunden hat.
Fakt ist freilich auch, dass Baden-Württemberg in der aktuel len Polizeilichen Kriminalstatistik in puncto Sicherheit erneut spitze ist. Deswegen beantworte ich Ihre Frage auch mit ei nem klaren Ja. Bei der Kriminalitätsbelastung – das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger sozusagen spüren und was wir auch mit statistischen Zahlen unterlegen können –, also im Grunde bei der durch Kriminalität verursachten Gefähr dung der Bürgerinnen und Bürger, verzeichnen wir in der ak tuellen Polizeilichen Kriminalstatistik den niedrigsten Wert seit Mitte der Achtzigerjahre. Seit 35 Jahren also war die Kri minalitätsbelastung nicht so niedrig, wie sie in der aktuellen PKS, der PKS des Jahres 2019, ausgewiesen ist.
Zweitens: Bei der Aufklärungsquote liegen wir bei über 60 %. Wir sind zum Vergleich einmal zurückgegangen bis in die Sechzigerjahre, also weit über ein halbes Jahrhundert, und ha ben festgestellt, dass wir in diesem langen Zeitraum von im Grunde 60 Jahren drei Mal eine so exzellente Aufklärungsra te hatten wie in der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik. Auch da kann die baden-württembergische Polizei also einen Jahrhundertspitzenwert ausweisen.
Damit ist und bleibt Baden-Württemberg bei der inneren Si cherheit bundesweit spitze. Herr Abg. Rottmann, Sie werden auf diesem Globus sehr weit gehen müssen, bis Sie in ein so sicheres Land wie Baden-Württemberg kommen.
Bei all den Herausforderungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind unsere Polizistinnen und Polizisten im Üb rigen auch ein Aushängeschild für unser Land. Die Menschen in Baden-Württemberg leben sicher, und sie dürfen sich auch sicher fühlen.
Ich gebe keine Auskünfte über die Kriminalitätsentwicklung im Jahr 2020, weil da auch viele Dinge zusammenspielen, sta tistisch miteinander abgeglichen werden müssen. Aber ich wa ge mich einmal so weit heraus – das will ich heute einfach mal tun, nachdem das erste Halbjahr bereits verstrichen ist –: Wir haben auch im Jahr 2020 sehr, sehr positive Tendenzen, was die Kriminalitätsentwicklung und die Kriminalitätsbelastung für die Bürgerinnen und Bürger angeht. Das zeigt, dass wir auch weiter auf dem richtigen Weg sind.
Der Spitzenplatz Baden-Württembergs in Sachen innere Si cherheit ist freilich keine Selbstverständlichkeit, sondern er geht auf zwei Gründe zurück. Der erste Grund ist die hervor ragende Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten, die bes tens ausgebildet sind und über eine extrem hohe Motivation verfügen. Und der zweite Grund: Dass Baden-Württemberg diesen Spitzenplatz einnimmt – in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart und hoffentlich auch in der Zukunft –, hat auch etwas mit der politischen Schwerpunktsetzung zu tun, also mit den Fragen: Worauf konzentrieren wir uns in der polizeilichen Arbeit insbesondere? Welche auffälligen Ent wicklungen gehen wir unmittelbar, priorisiert und konsequent
an? Die Gründe sind also erstens die hervorragende Arbeit der Polizistinnen und Polizisten und zweitens eine kluge Schwer punktsetzung, was die polizeiliche Arbeit angeht, die vor al lem auch vorausschauend sein muss.
Deshalb haben wir – auch daran können Sie sehen, dass wir die Dinge nicht einfach auf sich beruhen lassen – unmittelbar nach den brutalen Ausschreitungen in den frühen Morgenstun den des Sonntags, 21. Juni, sehr schnell gehandelt. Bereits am 2. Juli habe ich mit der Stadt Stuttgart eine Sicherheitspart nerschaft abgeschlossen, also unterschrieben. Das heißt, sie ist in wenigen Tagen und Nächten ausgearbeitet und ausver handelt worden. Mit dieser Sicherheitspartnerschaft setzen wir schon ein Ausrufezeichen für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Stuttgart.
Es ist mir durchaus ein persönliches Anliegen, dass gerade auch die Bürgerinnen und Bürger in der Landeshauptstadt Stuttgart sowie die Besucherinnen und Besucher Stuttgart si cher erleben können. Hierfür unternehmen wir jetzt große An strengungen.
Ich bin froh, dass es in kürzester Zeit gelungen ist, verbindli che, durchgreifende Maßnahmen zu vereinbaren, die zu mehr Sicherheit in Stuttgart führen. Wir haben zehn Aktionsfelder identifiziert, die jetzt konsequent in die Umsetzung kommen, sodass sich eine Nacht wie die auf den 21. Juni 2020 nicht wiederholen möge. Wir wollen die bewährte und gute Zusam menarbeit der Stadt Stuttgart und des Polizeipräsidiums Stutt gart damit intensivieren, verbindlich machen.
Ich habe immer gesagt: Wenn die schlimmen Folgen auch ge sellschaftlicher Defizite offen zutage treten, sind am Ende im mer die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten diejenigen, die die Scherben zusammenkehren müssen. Wir brauchen aber viel früher einen umfassenden und integrativen Ansatz. Das alles kann nicht die Polizei lösen, sondern dazu bedarf es vie ler Akteure. Und der wichtigste Akteur ist die Kommune, ist die Stadt Stuttgart.
Und wir lösen alle Probleme. Man muss sie nur auch tatsäch lich lösen wollen und bereit sein, die entsprechenden Maß nahmen konsequent umzusetzen. Dann gehen die Passstücke sozusagen auch passgenau zusammen, dann wird das Ganze rund, und dann können wir alle Probleme, die es irgendwo gibt, auch lösen.
Wir haben in Freiburg und in Heidelberg mit unseren Sicher heitspartnerschaften unter Beweis gestellt, dass wir schwie rigste Lagen auflösen, beste Ergebnisse erzielen und das Gan ze erfolgreich machen. Klar ist: Der Polizei kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Unsere engagierten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten setzen sich täglich unermüdlich für die Sicher heit ein. Ihnen gebühren unser Dank, unser Respekt, unsere volle Anerkennung und unser ganzes Vertrauen.
Herr Abgeordneter, ich möchte Ihnen noch sagen, dass auch die Landesregierung hinter der Polizei steht und sie ausnahms los – ausnahmslos! – bei der ganzen Landesregierung Rücken deckung genießt. Auch die Debatte heute Vormittag hat erge ben, dass jedenfalls der ganz, ganz überwiegende Teil im Landtag von Baden-Württemberg zu unserer Polizei steht. Da rüber freue ich mich als Innenminister. Das repräsentiert die Bevölkerung, denn auch die Bevölkerung steht ganz, ganz überwiegend zur Arbeit unserer Polizei. Herr Abgeordneter,
ich ganz persönlich, aber auch die gesamte Landesregierung betonen es auch bei jeder Gelegenheit, dass wir zur Arbeit un serer Polizei stehen. Es ist wichtig, dass wir das immer wie der sagen.
Im Unterschied zu einem Abgeordneten, der sich heute geäu ßert hat, bin ich im Übrigen auch der Meinung, dass es nicht überflüssig oder sinnlos ist, dass wir unseren Polizistinnen und Polizisten ab und zu einmal ein Dankeschön sagen. Das ist schon auch wichtig, weil Polizistinnen und Polizisten näm lich Menschen in Uniform sind, die so etwas auch zur Kennt nis nehmen. Das Dankeschön ersetzt freilich nicht die gute personelle Ausstattung, die technische Ausrüstung, eine gute rechtliche Grundlage. Das gehört aber in einem runden Bild auch sehr dazu. Es darf auch nicht beim Dankeschön bleiben, sondern dem Dankeschön müssen immer auch die konkreten Taten folgen.
Ich glaube, Herr Abg. Rottmann, dass ich es selbst und auch für die Landesregierung nicht an Klarheit vermissen lasse. Ich habe mich etwa zum Berliner Antidiskriminierungsgesetz klar positioniert und gesagt: Es ist unter Gesichtspunkten der Nachwuchswerbung zum Schaden der Polizeiorganisation, die Polizei dem Generalverdacht auszusetzen, sie handle diskri minierend, von Polizisten zu verlangen, von sich aus zu be weisen, dass sie nicht diskriminiert haben.
Ich finde es in einem Rechtsstaat ohnehin außerordentlich fragwürdig, wenn überhaupt jemand seine Unschuld bewei sen muss. Denn mein Rechtsstaatsgedanke ist immer der, dass die Richtigkeit eines Vorwurfs bewiesen werden muss und man nicht selbst seine Unschuld beweisen muss. So etwas ge rade von Polizistinnen und Polizisten zu verlangen halte ich für unzumutbar.
Ich habe dem Kollegen Senator in Berlin auch gesagt: Wenn er nicht eindeutig klarstellt, dass dieses Gesetz nicht für die baden-württembergischen Polizistinnen und Polizisten gilt und nicht auf sie angewandt wird, werde ich ihm keine Poli zistinnen und Polizisten für Großlagen in Berlin mehr schi cken. Das ist mir schwergefallen, weil ich im Föderalismus schon der Meinung bin, dass wir uns in den Ländern unterei nander helfen sollten, wenn schwierige Lagen zu bewältigen sind. Aber einen Einsatz in Berlin kann ich unseren Polizei beamtinnen und Polizeibeamten in Baden-Württemberg dann nicht mehr zumuten.
Der Kollege Geisel hat schließlich auch öffentlich und schrift lich erklärt, dass das Gesetz nur für die Berliner Polizei gilt. Solche Regelungen finde ich auch für Berlin nicht gut. Das liegt aber nicht in meiner Kompetenz. Im Föderalismus darf man auch schlechte Gesetze machen, und in Berlin werden schlechte Gesetze für die Polizistinnen und Polizisten ge macht. Das machen wir in Baden-Württemberg nicht.
Wir haben viel getan, nicht nur mit Worten. Vielmehr haben wir die Strafschärfung bei Angriffen auf unsere Polizistinnen und Polizisten durchgesetzt. Wir fahren eine noch nie da ge wesene Einstellungsoffensive – Nachwuchs für unsere Poli zei. Die Maßnahmen reichen bis hin zur Ausstattung unserer Polizistinnen und Polizisten.
Ich wiederhole es, auch wenn es im Parlament an dieser Aus sage Kritik gibt: Gott sei Dank – das haben die Bilder in den
frühen Morgenstunden des 21. Juni gezeigt – hat unsere Po lizei eine sehr gute passive Schutzausrüstung. Den einen An griff hätte der betroffene Polizist wahrscheinlich gar nicht überlebt, wenn er nicht eine so gute Schutzausrüstung gehabt hätte.
Ich bin stolz darauf, dass wir unsere Polizei so ausrüsten kön nen, und auch dem Landtag dankbar dafür, dass er die Mittel zur Verfügung gestellt hat, um diesen wirklich sehr guten pas siven Schutz der Polizistinnen und Polizisten zu ermöglichen – bis hin zum aktiven Schutz, bis hin zur Maschinenpistole MP7. Das ist eine der besten Waffen, die es auf diesem Glo bus gibt. Ich bin dankbar, dass die baden-württembergische Polizei damit ausgestattet ist – bis hin zur Bodycam, über die wir heute Vormittag diskutiert haben, und zu vielem anderen mehr.
Herr Minister, ich darf Sie da rum bitten, sich etwas kürzer zu fassen, weil ich noch weite re Wortmeldungen habe.
Da weiß ich aber nicht, ob diese Fragen so wich tig sind wie die Frage, die Herr Abg. Rottmann gestellt hat.
Ich möchte in aller Klarheit festhalten, dass wir, die Landes regierung, hinter unserer Polizei stehen und das bei jeder Ge legenheit klar artikulieren. Aber wir belassen es nicht nur bei Worten, sondern wir machen auch konkrete Taten in den von mir dargestellten Bereichen. Wir haben heute Vormittag schon über das Polizeigesetz diskutiert. Bei diesem Thema wird sich zeigen, mit welchen Mehrheiten auch der Landtag von Ba den-Württemberg zur Arbeit unserer Polizei steht.
Moment, Herr Minister, wir sind noch nicht fertig. Ich habe Zusatzfragen von Herrn Abg. Rottmann. Das war die erste Frage.
Genau. Das war die erste Fra ge. – Die zweite habe ich noch gar nicht gestellt. Sie haben sie in Teilen schon beantwortet, aber ich würde sie nachher trotzdem noch stellen.
Meine Nachfrage ist jetzt: Sie sprachen davon, dass es 2020 auch sehr positive Tendenzen gebe. Vielleicht können Sie die se konkret benennen; sie könnten sonst unter den negativen Tendenzen untergehen. Ich bitte nochmals um Konkretisie rung.
In der Amtszeit dieses Innenministers, Herr Abg. Rottmann, sind die Kriminalitätszahlen seit 2016 zurückge
gangen. Besonders stark können Sie das im Bereich des Ein bruchdiebstahls nachvollziehen. Wir hatten in Baden-Würt temberg, als diese Landesregierung ihre Arbeit aufgenommen hat, die höchsten Einbruchdiebstahlzahlen und die größte Stei gerungsrate insbesondere bei den Wohnungseinbrüchen. Das ist heute schon fast vergessen. Damals wurde täglich darüber diskutiert, vor allem an allen Stammtischen dieses Landes.