Protocol of the Session on May 6, 2020

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unser Ziel in der Pandemie, hier die Opfer sowie die sozialen und ökonomi schen Folgen so gering wie möglich zu halten und selbstver ständlich auch einen Zusammenbruch, der bei einer solch gro ßen Pandemie durchaus im Raum steht, so weit wie möglich zu verhindern. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind tief greifend. Sie werden uns noch lange beschäftigen – vor allem auch in der Haushaltspolitik.

Unternehmen, Selbstständige, Arbeiternehmerinnen und Ar beitnehmer brauchen jetzt Unterstützung, um die Krise wirt

schaftlich zu überstehen. Es ist Aufgabe der Politik, den Fol gewirkungen dieser Pandemie entgegenzuwirken. Das haben wir getan, und das werden wir auch weiterhin tun, meine Da men und Herren.

(Beifall)

Was haben wir haushaltswirtschaftlich gemacht? Wir haben ein umfangreiches Soforthilfeprogramm gestartet. Wir haben einen finanziellen Rettungsschirm in Höhe von bis zu 6,2 Mil liarden € gespannt. Wir haben einen Nachtragshaushalt auf gestellt, und wir, der Landtag, haben die Landesregierung er mächtigt, falls erforderlich, Kredite bis zu einer Höhe von 5 Milliarden € aufzunehmen.

Das konnten wir auch tun, weil wir in den vergangenen Jah ren eine solide Haushaltspolitik betrieben haben. Wir konn ten über die entsprechenden Rücklagen verfügen. Wir sind fi nanziell voll handlungsfähig, und deswegen konnten wir eben auch die Landesregierung ermächtigen, in der genannten Hö he Kredite aufzunehmen, ohne gegen die Schuldenbremse zu verstoßen.

Und was tut die AfD? Als es am 19. März 2020 hier darum ging, die notwendige Kreditermächtigung für den Rettungs schirm zu verabschieden, wollten Sie die Sondersitzung des Landtags mit allen Mitteln verhindern.

(Zurufe)

Und heute beantragen Sie eine weitgehende allgemeine Haus haltssperre, von der nur Stellenbesetzungen bei der Polizei und in Bereichen der Landesverwaltung, die direkt in die Pan demiebekämpfung involviert sind, ausgenommen werden sol len. Politisch will die AfD also mitten in einer hochgefährli chen Pandemie, mitten in einem nie da gewesenen wirtschaft lichen Lockdown,

(Zurufe)

zu Beginn einer der größten Rezessionen der Nachkriegszeit den Landeshaushalt einfrieren. Die Ausnahmen von der Haus haltssperre sollen auf Titel begrenzt werden, die wegen ge setzlicher oder vertraglicher Auflagen in voller Höhe ausge zahlt werden müssen.

(Zuruf)

Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, was das ganz konkret be deutet: Eine Haushaltssperre bedeutet, dass Beschaffungen von Schutzkleidungen, Beatmungsgeräten, medizinisch not wendigen Materialien für die Pandemie nicht mehr getätigt werden können. Eine allgemeine Haushaltssperre, so wie Sie sie gefordert haben,

(Zurufe)

bedeutet, dass hier Soforthilfen für Unternehmen, Selbststän dige, Hilfspakete für Kommunen, Familien usw. nicht verab schiedet werden könnten. Dazu würde Ihr Antrag führen.

(Beifall – Zurufe)

Ganz nebenbei würde das Land in einer massiven Abwärts bewegung der Wirtschaft eine verheerende wirtschaftspoliti sche Botschaft aussenden, nämlich:

(Zurufe)

„Jetzt ist brutalste Sparpolitik angesagt.“ Das wollen wir nicht. Das wird es mit uns nicht geben. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall)

Um es klar zu sagen: Selbstverständlich wird es notwendig sein, haushaltswirtschaftlich und politisch auf die einbrechen den Einnahmen zu reagieren. Wir werden den Doppelhaushalt natürlich punktuell auch auf den Prüfstand stellen. Dabei muss man mit Maß und Mitte vorgehen, und dies natürlich auf ei ner soliden Zahlenbasis. Diese haben wir erst mit der MaiSteuerschätzung; sie liegt uns jetzt gar nicht vor. Deswegen sind Ihre Forderungen jetzt auch nicht mit Zahlen unterlegt.

(Beifall – Zurufe)

Ich will es noch einmal ganz klar sagen – das ist für mich auch das stärkste Argument –: In einer massiven Rezession ist wirt schaftspolitisch das Gegenteil eines rigiden Sparprogramms angesagt. Wir werden hier in den nächsten Wochen und Mo naten intensive Debatten über Konjunktur- und Investitions impulse führen müssen. Das ist eine Herausforderung, der sich natürlich alle politischen Ebenen werden stellen müssen, von den Ländern über den Bund

(Zuruf)

bis hin zur Europäischen Union.

Ich möchte an dieser Stelle jetzt nicht auf einzelne Forderun gen in diesem Zusammenhang eingehen, aber zwei Punkte sind mir an dieser Stelle wichtig, wenn es um Konjunkturpro gramme geht, die unseren Haushalt und auch nachfolgende Generationen enorm und sehr massiv belasten werden. Da geht es mir um zwei Kriterien.

Das erste Kriterium heißt: Jedes Konjunkturprogramm, das wir heute auflegen, muss die Wirtschaft nachhaltiger machen und aktiv zur Bewältigung der zentralen Menschheitsheraus forderung der Klimakrise beitragen. Das ist der erste Punkt.

(Lachen – Beifall – Zuruf: Oje!)

Zweitens: Der Weg aus der Krise muss europäischer sein als der Weg in die Krise. Wir werden wirtschaftliche Rezessio nen nur dann erfolgreich überwinden, wenn Europa zusam menhält.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Schütte das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegen den Antrag möchte die AfD-Fraktion die Landesausgaben so weit wie möglich einschränken und in der Konsequenz unse re Konjunktur endgültig abwürgen. Da die Ergebnisse der Wirtschaftspolitik der Dreißigerjahre bekannt sind, frage ich mich: Haben Sie im Geschichtsunterricht überhaupt nicht auf gepasst, oder ist das Absicht?

(Lebhafter Beifall – Abg. Bernd Gögel AfD: Fragen Sie mal die Kommunen im Land, fragen Sie mal die Bürgermeister im Land!)

Bisher ist Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen seit Wochen doppelt so viele Menschen sterben wie üb lich, glimpflich durch diese Krise durchgekommen. Dafür danke ich unserem medizinischen Personal. Wir können stolz auf unser Gesundheitssystem sein.

Wir haben aber auch rechtzeitig einschränkende Maßnahmen ergriffen. Auch wenn es deutlich weniger Maßnahmen waren als in anderen Ländern – rufen Sie einfach einmal in Italien an –, weiß jeder, der das beschließt, welche konjunkturellen Folgen das hat.

Man kann auf solch eine Sache auch völlig falsch reagieren. 1930 hat man das getan. Die Reichsregierung Müller, gefolgt von der Reichsregierung Brüning, hat Sparprogramm nach Sparprogramm aufgelegt – genau so, wie Sie es vorschlagen. Es wurden Gehälter gekürzt, Investitionen zusammengestri chen, Gehälter nur noch halbmonatlich ausgezahlt. Das Land Baden hat die Lehrerstellen nicht nachbesetzt – genau so, wie Sie das wollen. Die Kommunen haben die Unterstützung der Wohlfahrtsempfänger gekürzt usw.

Was war das Ergebnis? Der Umsatz in den Geschäften ging zurück. Die Steuereinnahmen nahmen rapide ab. Die Abwärts spirale setzte sich unaufhaltsam in Gang. Neben den wirt schaftlichen Folgen hat man den jungen Menschen die Zu kunft geklaut. Ein junger Lehrer aus meiner Gemeinde schrieb über diese Zeit:

Wir wurden von Jahr zu Jahr vertröstet. Sofern möglich, arbeitete man in der Fabrik. So war es jedenfalls bei mir. Die Aussicht auf Anstellung als Lehrer wurde von Jahr zu Jahr ungewisser.

Genau das wollen wir nicht.

(Zurufe von der AfD)

Die Sparmaßnahmen ab 1930 – wenn Sie es nirgendwo sonst gelernt haben – kosteten in der Konsequenz einen Haufen Geld und führten in die größte Katastrophe der deutschen Ge schichte. Noch einmal: Denken Sie nach – oder ich muss Ih nen wirklich Vorsatz unterstellen.

(Beifall)

Richtig ist jetzt also, möglichst viele Unternehmen und Ar beitsplätze zu erhalten und die Konjunktur zu stützen. Nach der Soforthilfe, die wir gemeinsam mit der Landesregierung beschlossen haben, wird es weitere Unterstützung insbeson dere für stark betroffene Unternehmen geben. Das Land in vestiert weiter auch in Sanierung und Ausbau der Infrastruk tur, und in Partnerschaft mit den Kommunen wird die CDUFraktion dafür sorgen, deren Investitionskraft und -tätigkeit zu erhalten und so die Konjunktur zu stabilisieren. Das geht übrigens nur, wenn man keine Haushaltssperre hat. Sonst kann man nämlich der Kommune keinen einzigen Euro geben.

(Beifall)

Zudem setzen gerade die Länder und insbesondere wir, das Land Baden-Württemberg, mit ihren Haushalten auf Zukunft. Oder sollen wir gemäß Ihrem Antrag tatsächlich keinen Infor matikunterricht mehr einführen, die Lehrervertretungsreser ve kappen, die Forschung bei der Wasserstofftechnologie strei

chen und den Breitbandausbau nicht weiter fördern? Das steht in Ihrem Antrag.

(Zurufe)

Alle Ausnahmen. Lesen Sie den eigenen Antrag!

(Beifall)

Da gilt der Satz von König Christian VIII. von Dänemark.