Protocol of the Session on March 11, 2020

Die beruflichen Gymnasien eröffnen eine attraktive Perspek tive für den Erwerb der Hochschulreife in G 9.

Die CDU stand und steht für ein gegliedertes Schulsystem mit Angebotsvielfalt, mit Durchlässigkeit und mit begabungsge rechten Bildungswegen für die Schüler. Ein breiteres G-9-An gebot könnte einen qualitativen Mehrwert bieten: vertiefte schulische Bildung, vermehrte Projektarbeit, Teilnahme an Schülerwettbewerben, mehr Raum für die Persönlichkeitsent wicklung und mehr Berufsorientierung für Schüler in einer komplexer werdenden Lebenswelt.

Gleichwohl: Ginge es nur um die Abiturnoten, so zeigen wis senschaftliche Studien, dass es zwischen G-8-Schülern und G-9-Schülern keine signifikanten Unterschiede gibt. Das ver deutlicht: Für den Bildungserfolg ist vor allem die Qualität des Unterrichts von Bedeutung. Im Mittelpunkt steht der Leh rer als Persönlichkeit und als Pädagoge.

Die Stärkung der Qualität ist d a s Leitmotiv für die Bil dungspolitik dieser Landesregierung. In unseren Gymnasien haben sich engagierte Kollegien bei der Einführung von G 8 aufgemacht, Strukturen und Ziele neu auszurichten. Deshalb funktioniert G 8 in unserem Land. Dieses Engagement, diese Leistung und die daraus erwachsenden Erfolge stellen Sie in frage, wenn Sie mit dem Rasenmäher G 8 rückabwickeln. Das ist weder sinnvoll noch zielführend.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Damit Schule funktioniert, benötigt sie Vertrauen – Vertrau en zwischen Lehrern, Schülern und Eltern. Sie benötigt auch das Vertrauen, dass das heute Gesagte morgen noch gilt und dass die Politik nicht im Jahrestakt die Strukturen ändert. Die Schulen im Land benötigen gute und verlässliche Rahmenbe dingungen, um sich auf ihre Kernaufgabe konzentrieren zu können, nämlich guten Unterricht.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Das ist eine Lehre aus der letzten Legislaturperiode: Wir brau chen keinen Reformeifer, sondern Qualität.

Schule ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und muss sich mit ihr verändern können. Der vorliegende Gesetzentwurf wird dem nicht gerecht; wir lehnen ihn also ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei.

Vielen Dank. – Sehr geehr te Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wer mich kennt, weiß, dass ich ein großer Befürworter von G 9 bin. Die

SPD fordert die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 – das war übrigens bereits 2011 ein zentrales Moment unseres Wahl kampfprogramms.

Diesen Gesetzentwurf muss man aber ablehnen, auch, weil er handwerklich völlig unzureichend ist. Zwei weitere Beispie le zu dem, was bereits ausgeführt worden ist:

Wer Klasse 11 überspringen will, müsste sich nach dem Wil len der AfD bereits in Klasse 8 dazu entscheiden, um Extraför derung zu erhalten; zusätzliche Förderstunden sollen aber wie derum den Stoff aus Klasse 11 umfassen. Schüler sollen vor lernen – ohne das nötige Grundlagenwissen. Wie soll das ei gentlich funktionieren? Für das Überspringen einer Klasse – es geht beim G 9 dann um eine Verkürzungsmöglichkeit auf G 8 – soll ein Notendurchschnitt von 3,0 ausreichen. Ich glau be kaum, dass das eine pädagogisch angemessene Vorausset zung für eine so maßgebliche Schulzeitverkürzung ist.

Ich verweise des Weiteren auf meine Ausführungen vom 16. Mai letzten Jahres.

Dass die AfD keine normale Partei ist, zeigt sich auch in die sem Gesetzentwurf. Ich habe es bereits in der ersten Lesung ausgeführt: Dieser Gesetzentwurf ist ideologisch hoch aufge laden.

(Abg. Anton Baron AfD: Ach!)

Den geplanten Boden dafür bereitet eine Erhöhung der Stun denzahl im Fach Geschichte. Für das Fach soll nicht nur die Stundenzahl erhöht werden, es soll auch qualitativ eingegrif fen werden. Ich zitiere:

Anzustreben ist eine gleiche Gewichtung aller Zeitepo chen.

Klingt harmlos, ist es aber nicht. Googeln Sie doch einfach mal die Begriffe „Verharmlosung“ und „Nationalsozialismus“. Bei der Bundeszentrale für politische Bildung finden Sie dann z. B. eine Definition von Revisionismus vom Politikwissen schaftler Richard Stöss. Ich zitiere:

Revisionismus bedeutet im Ergebnis also Verdrängung der historischen Realität, Verharmlosung und Relativie rung der Vergangenheit, Ablenkung von eigener Schuld und eigenem Versagen durch Aufrechnung von vermeint lichem oder tatsächlichem Unrecht der anderen und da mit nicht zuletzt auch die Rehabilitierung rechtsextremis tischer... Bestrebungen.

Was das mit dem AfD-Gesetzentwurf zu tun hat? Ich zitiere:

Anzustreben ist eine gleiche Gewichtung aller Zeitepo chen.

Das verlangt die AfD. Der Nationalsozialismus also genauso gewichtet wie die Biedermeierzeit? Die Schoah genauso ge wichtet wie das Rokoko? Wer das will, will die Schwere des historischen Bruchs der NS-Zeit relativieren und verharmlo sen. Auch hier gilt, dass wir einen Blick auf andere Anträge dieser rechtsextremen Partei vornehmen sollten.

Hier einige weitere Belege, wie die AfD versucht, die NS-Ver gangenheit und die daraus resultierende Verantwortung bei seitezuwischen.

(Abg. Anton Baron AfD: Sie sind ein übler Hetzer! – Zuruf des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Werfen wir einen Blick auf den Antrag 04/40 – ich nenne die Ziffern, damit Sie es nachlesen können – in dem Bericht zur Beschlussempfehlung Drucksache 16/1304: Ersetzen der Be zeichnung der Haushaltsposition „Gedenkstätten nationalso zialistischen Unrechts“ im Kultusetat. Die AfD fordert, diese umzubenennen in „bedeutsame Stätten der deutschen Ge schichte“.

(Lachen der Abg. Thomas Hentschel und Thomas Po reski GRÜNE)

Hier geht es um Verharmlosung und Relativierung.

Nehmen wir den Antrag Drucksache 16/3304-31. Hier geht es um die Fördertatbestände für Schülerfahrten – übrigens Ti telposition 684 72. Ausgerechnet bei der Ziffer 7 soll ein Buchstabe c eingefügt werden: Förderung für „Studienfahr ten zu bedeutsamen Stätten der deutschen Geschichte“. Nicht bei 1, nicht bei 5, sondern bei 7 c. Warum? 7 a: „Studienfahr ten zu Stätten nationalsozialistischen Unrechts“, 7 b: Förde rung für Fahrten nach Auschwitz, und 7 c. Auch hier ein Ver such der Verharmlosung, der Nivellierung.

Oder nehmen wir den Antrag 04/38 gemäß der Drucksache 16/1304, der nichts weniger verlangte als die Streichung der Fördermittel des Landes für die KZ-Gedenkstätte im franzö sischen Gurs, jene Stätte, wohin die badischen Juden 1940 verschleppt worden sind – zurückgezogen nur nach massiver Kritik.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Haben Sie auch was zum Thema? – Gegenruf des Abg. Daniel Born SPD: Das sind Ihre Anträge! – Abg. Anton Baron AfD: Sie sind ein übler Hetzer, sonst nichts!)

Es passt alles zur „Vogelschiss“-Aussage von Herrn Gauland.

(Zuruf von der AfD: Eine Hassrede! – Weitere Zuru fe von der AfD)

Meine Damen und Herren, Herr Abg. Dr. Fulst-Blei hat das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Prä sidentin. – Die AfD will mit kleinen Schritten das Geschichts bewusstsein in diesem Land verändern. Es geht ihr um Ver drängen und Verharmlosen. Sie will den Weg bereiten für das Sauberwaschen rechtsextremer Ideologie. Um es klar zu sa gen: Mir ist es auch egal, ob allen AfD-Funktionsträgern ei ne direkte Verbindung zum rechtsextremen Lager nachgewie sen werden kann. Bei vielen ist dies der Fall. Bei allen ande ren gilt aber: Wer ist schlimmer, der Nazi oder der Bieder mann, der ihm die Tür in die gesellschaftliche Mitte öffnen will? – So nicht. Wir sind mehr: Keinen Fußbreit rechter Ideo logie.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Balzer.

Also, wenn hier die Begriffe „Hetze“ oder „Hass“ oder das Nichtreden zum Thema noch weitere Beispiele benötigen, dann haben wir eben eigentlich genug Unsinn gehört.

(Beifall bei der AfD)

Man kann versuchen, aus allen möglichen Texten irgendwie einzelne Bausteine herauszuklauben und sich dann so etwas zusammenzuzitieren.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Das sind Ihre Anträge! – Abg. Daniel Born SPD: Ihre Anträge!)

Ich bevorzuge sachliche Politik und möchte zum Thema spre chen. Das hätten Sie besser auch getan.

(Beifall bei der AfD)

Die Kritik des Philologenverbands an den Zuständen in den Gemeinschaftsschulen und die abwehrende Reaktion des Mi nisterpräsidenten haben eines deutlich gemacht: Das Gymna sium, so, wie wir es kennen, ist für diese Landesregierung an scheinend ein Auslaufmodell.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Ach Quatsch!)

Für linke Parteien war das Gymnasium seit Jahrzehnten die Schule der Etablierten, das Symbol einer überlebten Bourgeoi sie.

In der Tat war der grünen Landesregierung die Gemeinschafts schule wichtiger. Dorthin gehen die Personalressourcen. In klusion war wichtiger. Dort wurden neue Stellen geschaffen. Nun ist Grün-Rot wahrscheinlich genau deswegen 2016 ab gewählt worden,