Protocol of the Session on March 11, 2020

(Beifall bei der FDP/DVP)

Im „Badischen Tagblatt“ vom 6. März dieses Jahres wird über die Kultusministerin wie folgt berichtet – Zitat –:

Eisenmann bekannte sich in ihrer Rede klar zu den „Zwergschulen“ nach dem Prinzip „kurze Beine, kurze Wege“ und räumte Fehler in der Vergangenheit ein, die zu einem Aussterben der Werkrealschulen geführt hätten.

Nun, zu diesen Fehlern muss die Kultusministerin zukünftig auch die Ablehnung des FDP/DVP-Gesetzentwurfs durch die grün-schwarze Regierungsmehrheit zählen.

Dass die Kooperationsklassen von Haupt-, Werkrealschulen und beruflichen Schulen im selben Atemzug abgeschafft wer den, spricht Bände. Die FDP/DVP-Fraktion hatte im Gesetz entwurf zur beruflichen Realschule eine Ausweitung der Ko operation mit beruflichen Schulen gefordert. Wir halten es nach wie vor für erforderlich, das berufspraktische Profil der

Haupt- und Werkrealschulen zu stärken und ihnen dadurch ei ne echte Zukunftsperspektive zu geben.

Zu den schwerwiegendsten Fehlern, die die der CDU ange hörende Kultusministerin nicht ständig wiederholen sollte, ge hört, dass sie den Koalitionsfrieden offenbar über Sacherwä gungen oder auch eigene Überzeugungen stellt; das sollte sie nicht tun.

Im Übrigen können wir Freien Demokraten es nicht oft genug sagen: Was das baden-württembergische Bildungssystem braucht, sind nicht faule grün-schwarze Kompromisse. Denn BadenWürttemberg kann sich kein zweitklassiges Bildungssystem leisten. Wir brauchen mutige, kraftvolle Entscheidungen in die richtige Richtung, damit wir im Bildungsbereich endlich wieder spitze werden. Da gehören wir nach unserer Auffas sung auch hin.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nun darf ich Herrn Staats sekretär Schebesta ans Redepult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich als Erstes auf den Begriff „Gemischtwarenladen“ einge hen.

(Abg. Klaus Dürr AfD: Er hat Ihnen gefallen?)

Es ist Ihnen ja wohl recht, dass wir Änderungen am Schulge setz, die durch politische Entscheidungen auf der Strecke ei ner Legislaturperiode notwendig werden, in einem Schulge setzänderungsentwurf gemeinsam einbringen und nicht mehr mals kleine Regeländerungen am Schulgesetz – mit Erster Be ratung, Ausschussberatung und Zweiter Beratung – vorneh men.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf: Sehr gut!)

Deshalb müssen kleinere Änderungen manchmal warten, bis eine größere Maßnahme den Bedarf für eine Änderung des Schulgesetzes auslöst, um dann in einem entsprechenden Ge setzentwurf mit behandelt zu werden. Das ist ein völlig nor maler Umgang mit dem Schulgesetz. So verfahren wir auch in Bezug auf diesen Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Herr Dr. Balzer, weil wir vorhin über den Geschichtsunter richt gesprochen haben, kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen. Sie haben die frühere Einschulung und auch die Einführung des achtjährigen Gymnasiums als Konsequenz der PISA-Ergebnisse dargestellt. Das ist schwierig, weil diese Ent scheidungen getroffen worden sind, bevor die erste PISA-Un tersuchung vorgenommen worden ist.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Sie haben ganz andere Gründe. Deshalb ist es gut, wenn Sie sich intensiv mit dem Geschichtsunterricht beschäftigen, Herr Dr. Balzer.

(Beifall des Abg. Raimund Haser CDU)

Sie haben an mehreren Stellen grundsätzliche Punkte zum Qualitätskonzept angesprochen, die Bestandteil dieses Gesetz entwurfs sind.

Auch meine erste Bemerkung hierzu geht an Sie, Herr Dr. Bal zer. Sie haben die Wissenschaftlichkeit angesprochen und von ihr so gesprochen, als solle sie überhaupt nicht Grundlage un serer politischen Entscheidungen sein. Es ist gerade umge kehrt. Damit, nur mit dem Bauchgefühl zu argumentieren und aus den Rückmeldungen nur das, was man passend findet, wahrzunehmen, ist es in der Bildungspolitik gerade nicht ge tan. Wir legen bei unseren politischen Entscheidungen großen Wert darauf, diese evidenzbasiert aufzustellen. Deshalb ha ben wir einen wissenschaftlichen Beirat, und deshalb kom men wir nicht nur mit Eindrücken aus den Gesprächen in den Schulen hierher und sagen: „Dies und jenes meinen wir, wahr genommen zu haben“, sondern wir prüfen dies auch fachlich. Dazu braucht es den wissenschaftlichen Beitrag und die wis senschaftliche Prüfung, ob das, was wir aus der Praxis mit nehmen, fundierten Entscheidungen zugrunde gelegt werden kann.

Herr Dr. Fulst-Blei, Sie haben die Struktur der Lehrerfortbil dung angesprochen. Völlig klar ist, dass es in einem Verände rungsprozess an der Schnittstelle, an der große Veränderun gen vorgenommen werden, immer eine Phase gibt, in der sich diejenigen, die das praktisch anwenden, vorstellen könnten, etwas anderes zu tun, als sich mit dieser Strukturveränderung beschäftigen zu müssen; denn dies bindet natürlich Kräfte. Aber wir haben gute Gründe dafür, die Lehrerbildung umzu stellen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Nämlich?)

Das wissen Sie auch ganz genau. Bei einer Befragung der Lehrerinnen und Lehrer gab es entsprechende Rückmeldun gen. Wir hatten viele verschiedene Ansprechpartner, die Fort bildungsangebote verantworten.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Die haben sich ge gen, nicht für Ihre Reform ausgesprochen!)

Es ist eben besser, wenn diese Fortbildung auf etwas aufbaut, was schon der Ausbildung zugrunde gelegt worden ist. Es ist besser, wenn die unterschiedlichen Fortbildungsangebote in den Grundlagen und Grundzügen durch ein gleiches Konzept gebildet werden, sodass man nicht, wenn man eine regionale Fortbildung hat, auf einer anderen Grundlage aufbaut, als wenn man es in einer zentralen Fortbildung nachfragt.

Dafür ist der Prozess wertvoll, und deshalb ist eine Verbesse rung im Bereich der Lehrerfortbildung auf Dauer durchaus absehbar und nicht, wie Sie es formuliert haben, nicht abseh bar.

Sie, Herr Abg. Dr. Fulst-Blei, haben den Punkt mit der Verän derung in der regionalen Schulentwicklung, der im Gesetz entwurf zur Änderung des Schulgesetzes jetzt beinhaltet ist, angesprochen und haben gesagt: Es ist ja schon jetzt möglich, Ausnahmen von der Schülerzahl in der Eingangsstufe dann vorzunehmen, wenn ein entsprechender Abschluss in erreich barer Nähe nicht möglich ist.

Nur: Was macht es mit diesen Schulen, wenn sie in einem Hin weisverfahren stecken und einen ersten Hinweis erhalten, in

welchem gesagt wird: „Die Schule liegt unter 16 Schülerinnen und Schülern, und ihr seid jetzt in einem Verfahren, an des sen Ende möglicherweise die Schließung der Schule steht“? Es ist doch nicht so, dass so etwas an dieser Schule dazu bei tragen würde, dass im nächsten Schuljahr Schülerinnen und Schüler in vermehrter Zahl in Klasse 5 angemeldet werden. Vielmehr verliert diese Schule wegen der Unsicherheit wei ter Schülerinnen und Schüler.

Deshalb ist es richtig, dass wir diese Frage an den Anfang des Prozesses stellen und auch in Zukunft völlig absehbar in deut lich mehr Fällen eine Feststellung treffen werden, dass die ent sprechenden Abschlüsse nicht in erreichbarer Nähe angebo ten werden, weil die Zahl der Haupt- und Werkrealschulen in den letzten Jahren weiter deutlich nach der Zahl der Schulen, die eine Eingangsstufe haben, zurückgegangen ist.

Dies werden wir auf der Grundlage der Veränderungen – wenn sie vom Landtag so beschlossen werden – an den Beginn des Verfahrens mit einer Prüfung durch die oberste Schulauf sichtsbehörde stellen.

Was ich gar nicht verstanden habe, Herr Dr. Kern, ist, dass Sie ein Element der Kooperation im Bereich der Berufsorientie rung und der Kooperation mit beruflichen Schulen herausge griffen haben und gesagt haben: „Wir brauchen eigentlich mehr, und das Beispiel belegt, dass ihr weniger macht.“

Das ist eine der Möglichkeiten der Kooperation; wir machen aber für den Bereich der Haupt- und Werkrealschulen gerade mit alldem, was wir zur Stärkung der Haupt- und Werkreal schulen auf den Weg gebracht haben, ganz anderes – Praxis tage seien als Beispiel genannt –, wo die Kooperation mit den beruflichen Schulen sehr wohl eine Rolle spielt und wo wir gerade die Tatsache nutzen wollen, dass die beruflichen Schu len Werkstätten haben, in denen die Schülerinnen und Schü ler auch anders, als es an den Haupt- und Werkrealschulen der Fall ist, mit berufspraktischen Dingen in Berührung kommen können – also nicht nur in Praktikumsbetrieben, sondern eben auch an den beruflichen Schulen.

Das ist ganz wichtig für die Haupt- und Werkrealschulen. Des halb stärken wir dieses Element auch. Denn dort, wo sie Schü lerinnen und Schüler halten können, können sie sie gerade deshalb halten, weil sie eine gute Orientierung für den Über gang nach dem Haupt- oder Werkrealschulabschluss in die du ale Ausbildung haben.

Mit dem Gesetzentwurf wird dem Anliegen Rechnung getra gen, den Einschulungsstichtag zu verschieben. Ich will das auch vonseiten der Regierung hier noch einmal ansprechen. Der Einschulungsstichtag wird monatsweise über die nächs ten Schuljahre verlegt. Damit ist es möglich, dass Eltern in größerer Zahl nicht auf das Verfahren der Zurückstellung an gewiesen sind und wir die Schulen auch von der Durchfüh rung von Zurückstellungsverfahren entlasten. Nach dieser Phase wird der Einschulungsstichtag dann eben Ende Juni und nicht mehr Ende September liegen.

Weitere Punkte sind in der Aussprache genannt worden. Sie sind Gegenstand des Gesetzentwurfs und wurden im Aus schuss behandelt. Wir freuen uns über jede Unterstützung und hoffen, dass sie möglichst breit für alle Maßnahmen gilt. Aber

wenn sie zumindest zu einzelnen Maßnahmen auch geschlos sen erfolgt, ist uns das für diese Punkte natürlich recht.

Vielen Dank für die Unterstützung der Maßnahmen im Schul gesetz.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Meine Damen und Her ren, gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/7603. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Kultus, Jugend und Sport, Drucksache 16/7709. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen

(Ministerin Edith Sitzmann und Ministerin Theresia Bauer unterhalten sich auf der Regierungsbank.)

meine Damen Ministerinnen, bitte! – in Ziffer 1 der Be schlussempfehlung, dem Gesetzentwurf unverändert zuzu stimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg

mit den Nummern 1 bis 17.

Mir liegt der Wunsch der AfD vor, über die Nummern einzeln abzustimmen.