und frage Sie deshalb, ob ich recht in der Annahme gehe, dass Sie ihn aufgrund seiner Vergangenheit als Anhänger von Mao als Nazi identifizieren. Wenn nicht, bitte ich Sie, uns mitzu teilen, auf wen sich Ihre Aussage sonst bezogen hat, und auch, mit welchen konkreten Erkenntnissen Sie dies begründen.
Noch eine Frage zum Flüchtlingsrat: Ich habe gestern eine Antwort Ihres Ministeriums zu den linksextremen Umtrieben des Flüchtlingsrats erhalten. Darin legen Sie dar, dass es für Sie, Herr Strobl, kein Problem darstelle, wenn Organisatio nen wie der Flüchtlingsrat mit vom Verfassungsschutz beob achteten und gewalttätigen Gruppierungen Demonstrationen durchführten, auf denen Sie, Herr Minister, auch noch persön lich beleidigt werden.
Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass Sie es anders beur teilen würden, wenn eine Partei etwa mit der gewaltfreien Identitären Bewegung demonstrieren würde. Wie erklären Sie uns diese unterschiedliche Bewertung?
Wie sind Sie damit umgegangen, dass auf einer Demonstrati on unter Beteiligung des Flüchtlingsrats unsere Polizisten wahrnehmbar auf einem Transparent als „Mörder“ und „Ras sisten“ bezeichnet wurden? Was haben Sie diesbezüglich un ternommen? Was unternehmen Sie gegen den Flüchtlingsrat, wenn Polizisten, die für unsere Sicherheit täglich ihren Kopf hinhalten, als „Rassisten“ und „Mörder“ bezeichnet werden?
(Abg. Thomas Blenke CDU: Da klatscht noch nicht mal die eigene Fraktion! – Gegenruf von der AfD: Wieso sollte man da klatschen? – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Ja, das frage ich mich auch! Da gibt es nichts zu klatschen! Da haben Sie recht!)
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Die Fragen, warum ich mich veranlasst gesehen habe, meinem Bedauern darüber Ausdruck zu geben, dass in diesem Parlament wieder Nazis vertreten sind, und die Tatsache, dass ich mir vor einigen Jahren und Jahrzehnten nicht hätte vor
stellen können, dass dies in deutschen Parlamenten der Fall ist, haben damit zu tun, dass in der Fraktion der AfD – nicht bei allen; schon gar nicht gilt dies für alle Wählerinnen und Wähler der AfD – der Rassismus, der Antisemitismus und lei der auch Nazis ihren Platz haben. Das bedaure ich sehr.
Darüber hinaus, Frau Abg. Dr. Baum, haben Sie die Sicher heitslage in unserem Land angesprochen. Unser oberstes Ziel in Baden-Württemberg ist es, Anschläge zu verhindern. Das ist uns jede Anstrengung wert. Dass wir in Baden-Württem berg in den letzten Jahren von einem schweren Anschlag ver schont geblieben sind, das verdanken wir auch der exzellen ten Arbeit unserer Sicherheitsbehörden, bei denen ich mich an dieser Stelle erneut bedanken möchte.
Eine besonders aktuelle Herausforderung ist im Übrigen, Frau Abg. Dr. Baum, der Rechtsextremismus, der weiterhin geprägt ist durch Agitation gegen „Überfremdung“ und „Islamisie rung“. Die jüngsten Anschläge von Halle und von Hanau so wie der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Lüb cke belegen auf blutige Art und Weise die anhaltend hohe Ge fahr durch rechtsterroristische Ereignisse. Auf diese Gefahr habe ich seit vielen Jahren immer und immer wieder hinge wiesen.
Gleichzeitig findet eine Entgrenzung des Rechtsextremismus statt. Mischszenen mit Öffnung zum Rechtsextremismus ent stehen, neurechte und islamfeindliche Bewegungen bekom men immer mehr Auftrieb. Das Internet wird zunehmend für rassistische und antisemitische Hetze, für Hasskommentare und Gewaltaufrufe missbraucht. An die Stelle traditioneller rechtsextremistischer Organisationsformen tritt zunehmend ein virtueller Rechtsextremismus, der die Verfassungsschutz behörden vor enorme Herausforderungen stellt.
Auch jeder Form des Antisemitismus, Frau Abg. Dr. Baum, begegnen wir seitens der Landesregierung mit aller Konse quenz. Für die Polizei hat der Schutz jüdischen Lebens höchs te Bedeutung, sowohl hinsichtlich der Sicherheitslage als auch des Sicherheitsgefühls der hier lebenden Menschen jüdischen Glaubens.
Der Schutz jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger ist mir ein persönliches Anliegen, und ich weiß: Bei unseren Polizis tinnen und Polizisten und unseren Sicherheitsbehörden ge nießt diese Aufgabe – zu Recht – eine besondere Priorität. Wir halten auch einen engen Kontakt zu jüdischen Organisatio nen.
Ich selbst habe nach dem Anschlag in Halle veranlasst, dass der Ministerrat sofort, unverzüglich in einem Kabinettsbe schluss außerhalb des normalen Haushaltsplans – das machen wir nur in ganz besonderen Situationen; aber das war eine sol che besondere Situation – 1 Million € als Sofortmaßnahme für Sicherheitsmaßnahmen genehmigt. Dieses Geld ist im Üb rigen zwischen den Israelitischen Religionsgemeinschaften in Baden und in Württemberg entsprechend verteilt worden; es ist dort angekommen.
Das zeigt – das Parlament hat es ja jedenfalls mit großer Mehr heit dann auch so genehmigt –, dass wir in einer solchen La ge auch außerplanmäßig und schnell handlungsfähig sind. Das war wirklich etwas, wo schnelle Hilfe gute Hilfe war. Dafür bin ich sehr dankbar. Es ist auch in den israelitischen Gemein den sehr positiv aufgenommen worden, dass wir das so tun konnten.
Mit dem Sonderprogramm Rechtsextremismus wurden 25 zu sätzliche Stellen beim Landesamt für Verfassungsschutz und 30 Stellen bei der Polizei geschaffen, jährlich 5 Millionen € und einmalig weitere 1,3 Millionen € zur Verfügung gestellt.
Die Konsequenz daraus, dass – ich sagte es eingangs schon – unsere Sicherheitsbehörden konkrete Anschläge verhindern, zeigte sich erst in diesen Tagen wieder: Am 14. Februar wur den wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristi schen Vereinigung 13 Wohnobjekte im ganzen Bundesgebiet durchsucht und zwölf Personen festgenommen. Das aktuelle Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts, welches fe derführend durch das Landeskriminalamt Baden-Württem berg bearbeitet wird, zeigt: Wir haben das relevante Personen spektrum fest im Blick und gehen konsequent dagegen vor.
Weiterhin gibt es natürlich Gefahren durch islamistisch moti vierten Terror in Deutschland und damit auch in Baden-Würt temberg. Das bleibt unverändert eine Daueraufgabe für unse re Sicherheitsbehörden. Trotz leicht sinkender Fallzahlen in diesem Bereich liegt die Anzahl der islamistischen Gefährder in Baden-Württemberg derzeit weiter im hohen zweistelligen Bereich.
Ganz entscheidend, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Bekämpfung des Terrorismus – unabhängig von der politi schen Motivation – sind wirksame Instrumente für unsere Sicher heitsbehörden. Diese reichen von der Früherkennung extre mistischer Gewalttäter über die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen einer intensiven Gefährderüberwachung bis hin zu Deradikalisierungsmaßnahmen. Selbstverständlich schöp fen wir auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen in diesem Be reich vollumfänglich in Baden-Württemberg aus. Der „Son derstab gefährliche Ausländer“, den ich im Januar 2018 im In nenministerium eingerichtet habe, leistet diesbezüglich eine exzellente Arbeit.
Froh und dankbar bin ich auch, dass wir in Baden-Württem berg beim Thema Waffen vorangekommen sind. Es war und ist meine klare Ansage: Keine Waffen in die Hände von Ver fassungsfeinden!
Gegenüber Reichsbürgern und Selbstverwaltern haben wir das in Baden-Württemberg wie kein anderes Land in Deutschland konsequent gemacht und solchen Leuten inzwischen über 300 Schusswaffen
Auf Initiative des Landes Baden-Württemberg wurde in die aktuelle Waffenrechtsnovelle eine Regelung aufgenommen,
wonach Mitglieder verfassungsfeindlicher Vereinigungen au tomatisch als unzuverlässig gelten. Darüber hinaus wird die Regelanfrage bei der zuständigen Verfassungsschutzbehörde gesetzlich verankert. Zukünftig können wir damit noch wirk samer als bisher verhindern, dass Extremisten Zugang zu le gal erhältlichen Waffen erhalten. Das ist ein wichtiges Anlie gen von mir gewesen. Damit setzen wir in der behördlichen Praxis seit einigen Jahren in Baden-Württemberg um, was die richtige Maxime ist. Wir haben jetzt auch im Bundesrecht auf meine Initiative hin verankern können, dass Extremisten kei nen Zugang zu „Legalwaffen“ haben.
Zudem, verehrte Kolleginnen und Kollegen, widmen wir uns auch der schwierigen Aufgabe, Extremisten aus der Szene he rauszuholen. Deswegen gewinnt die Arbeit des konex immer mehr an Bedeutung. Die Ausstiegsberatung bildet hier neben der Sensibilisierung von Multiplikatoren und der Vernetzung ein Herzstück unserer Arbeit. Wir haben neben der Ausstiegs beratung Islamismus auch mit der Ausstiegsberatung Rechts extremismus begonnen. Wir wollen das auch auf den linksex tremistischen Bereich – gegebenenfalls auch auf weitere Phä nomene – erweitern.
Sie sehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind auf vielen Feldern bereits mit Hochdruck dabei, ein klares Signal gegen Extremismus – woher auch immer – zu senden.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen klar sagen: Gegen Extre misten, egal, welcher Couleur, gehen wir seitens der Landes regierung mit aller Konsequenz vor. Wir haben die Sicher heitslage fortlaufend im Blick und passen unsere Maßnahmen den aktuellen Entwicklungen entsprechend an, egal, ob es sich um linksextremistischen, rechtsextremistischen oder islamis tischen Terror und die damit verbundenen Gefahren handelt.
Moment, Frau Abg. Dr. Baum, Sie sind noch nicht dran. Warten Sie bitte einen Moment. Es gibt mehrere Wortmeldun gen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Seit meiner Wortmeldung sind einige meiner Fragen vom Innenminister schon beantwortet worden.
Herr Innenminister, ich möchte Sie aber – auch zur Erhellung der Fragestellerin – bitten, uns noch einmal darzulegen, was die grün-schwarze Koalition seit 2016 unter Ihrer Federfüh rung getan hat, um das Landesamt für Verfassungsschutz als Frühwarnsystem der Demokratie gegen Extremismus jegli cher Art und aus jeglicher Richtung strukturell besser aufzu stellen.
(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Das hat er schon ge tan! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das hat er doch ge rade!)
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Das hat er schon gesagt! Einen Teil nochmals umfassender! – Abg. Andreas Stoch SPD: Er soll es noch einmal erklären! Die Wiederholung, dass es sich besser setzt! Altes pädagogisches Prinzip! – Abg. Anton Baron AfD: Diese Scheinfragen! – Weitere Zurufe – Unruhe)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Abg. Blen ke, wir haben das Landesamt für Verfassungsschutz seit 2016 beständig gestärkt, im Übrigen auch dank der Unterstützung der Koalitionsfraktionen, die uns die entsprechenden perso nellen und sächlichen Mittel nicht im vollen gewünschten Umfang, aber doch sehr ordentlich zur Verfügung gestellt ha ben.