Herr Staatssekretär, Sie schaffen es in dieser Koalition nicht, statt der vielen faulen Kompromisse mit Ihrem grünen Koa litionspartner eine mutige Bildungspolitik zu machen, die über homöopathische Veränderungen hinausgeht.
Doch der Reihe nach. Im Gesetzentwurf wird klargestellt, dass Schulen informationstechnisch gestützte Systeme einsetzen können, um längerfristig erkrankte Kinder und Jugendliche am Unterricht teilhaben zu lassen, wenn diese die Schule nicht besuchen können. Die Klarstellung an dieser Stelle ist richtig. Wir Freien Demokraten reden die damit verbundenen Fragen zu Datenschutz und Datensicherheit nicht klein. Im Gegen teil, Herr Staatssekretär: Ein paar wenige Datenschutzbeauf tragte in der Schulverwaltung, die oft weit entfernt von den Schulen sind, reichen für die zahlreichen Datenschutzproble me vor Ort nicht aus. Die Schulen brauchten mehr Unterstüt zung.
Wir Freien Demokraten freuen uns, dass langfristig erkrank te Schüler zukünftig mit ihrer Klasse über einen sogenannten Avatar in Verbindung bleiben und am Unterricht teilhaben können. Ich erinnere aber gern daran, dass wir Freien Demo kraten im Mai 2018 einen Antrag eingebracht haben, um solch einen Avatar möglich zu machen. Immerhin, nach 21 Mona ten ist nun auch die grün-schwarze Koalition so weit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Damit ist der positive Teil des Gesetzentwurfs leider aber auch schon zu Ende. Einen Fehlgriff der Ministerin stellt nämlich ihr Qualitätskonzept dar. Der von ihr gewählte Weg ist aus un serer Sicht höchst problematisch. Eine neue Zentralbehörde wird auf Kosten der bisherigen Schulverwaltung ausgebaut. Die Seminare für Didaktik und Lehrerbildung werden dem ZSL und seinen Außenstellen untergeordnet und sind künftig nicht mehr für die Konzeption, sondern nur noch für die Um setzung der Lehreraus- und -fortbildung zuständig.
Diese künstliche Trennung von operativen und konzeptionel len Arbeiten stößt nicht nur die erfahrenen Praktiker in den Schulen und Seminaren vor den Kopf, sondern lässt auch de ren oft langjährige Expertise bei der konzeptionellen Entwick lung außen vor. Dadurch droht die konzeptionelle Arbeit ein seitig auf die Theorie ausgerichtet zu werden, und die Orien tierung an der Praxistauglichkeit im Unterricht droht ins Hin tertreffen zu geraten.
Aus der Sicht der FDP/DVP-Fraktion ist das Qualitätskonzept eindeutig ein Fall für eine Prüfung durch den Rechnungshof. Denn ein funktionstüchtiges Bildungswesen ist auf eine effi ziente Schulverwaltung angewiesen.
Ein ebenso großer Fehler dieses Gesetzentwurfs sind die Re gelungen zur regionalen Schulentwicklung. Das angekündig te Programm zur Unterstützung der Haupt- und Werkrealschu len ist eine bittere Enttäuschung. Diese bewährten Schularten ringen um ihre Existenz, und Grüne und CDU lassen sie im Regen stehen. Denn die entscheidende Bestimmung bleibt doch bestehen: Unterschreitet eine Schule in zwei aufeinan derfolgenden Schuljahren die Mindestschülerzahl von 16 in der Eingangsklasse, ist sie zu schließen.
Wäre Ministerin Eisenmann die Rettung der noch bestehen den 235 Hauptschulen ein wirkliches Anliegen gewesen, hät te ihre grün-schwarze Regierungsmehrheit erst vor Kurzem unserem FDP/DVP-Gesetzentwurf zustimmen müssen.
Es wäre nur fair gewesen, nicht die Schülerzahl 16 in der Klasse 5, sondern die durchschnittliche Schülerzahl 16 in den Klassen 5 bis 9 als Mindestgröße einer weiterführenden Schu le vorzugeben.
Denn gerade infolge der Abschaffung der verbindlichen Grund schulempfehlung wechseln viele Schüler nicht schon in Klas se 5, sondern erst in den Folgejahren auf eine Haupt- und Werkrealschule.
Unterm Strich braucht Baden-Württemberg keinen solchen Gemischtwarenladen voller Klein-Klein von Grün-Schwarz. Unser Land braucht einen mutigen Kraftakt für weltbeste Bil dung. Einen solchen Kraftakt haben wir, die FDP/DVP, neu lich vorgestellt. Wir sind davon überzeugt, dass wir mutigere Formen im Bildungsbereich brauchen, um so mehr Qualität in den Bildungsbereich zu bekommen.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/7603 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Da mit ist das so beschlossen. Vielen Dank.
Europa und Internationales zu der Mitteilung des Mi nisteriums der Justiz und für Europa vom 23. Januar 2020 – Bericht über aktuelle europapolitische Themen – Drucksachen 16/7619, 16/7620
Europa und Internationales zu der Mitteilung des Mi nisteriums der Justiz und für Europa vom 27. Januar 2020 – Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegen heiten; hier: Der europäische Grüne Deal – Drucksa chen 16/7636, 16/7637
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che zu den Punkten 8 a und b eine Redezeit von fünf Minu ten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Schluss das Beste, könnte man vielleicht sagen. Der europäische Grüne Deal ist ein wichtiges Thema. Frau von der Leyen hat am 1. Dezember des letzten Jahres als neue Kommissionspräsi dentin eine neue Ära für Europa eingeleitet. Sie hat ein gan zes Paket auf die Agenda genommen, hat hier viele Themen genannt – von der Wirtschaft bis zu mehr Demokratie. Aber einen Punkt hat sie deutlich herausgehoben. Das ist das The ma, das jetzt landauf, landab stark diskutiert wird, nämlich der europäische Grüne Deal.
Als Grüner fragt man sich, was das ist. Es ist sicherlich eine Antwort Europas darauf, in einem mittelfristigen Rahmen bis 2050 eine Klimaneutralität hinzubekommen.
Insofern kann man sagen: Das Thema Klima ist auch in Eu ropa angekommen und wird jetzt von Europa aus forciert. Wir Grünen unterstützen das stark.
„Klimaneutralität bis 2050“: Die Überschrift ist gesetzt. Eu ropa nimmt eine globale Vorreiterrolle ein und schafft die Rah menbedingungen für diesen sozial-ökologischen Wandel in Europa. An der Spitze angekommen – das finde ich prima, fin de ich wichtig. Das gibt uns, dem Land Baden-Württemberg,
„Baden-Württemberg braucht Europa, und Europa braucht Baden-Württemberg“, könnte man ein bisschen pathetisch sa gen.
Der Weltklimarat hat im letzten Jahr auch noch einmal betont, wie wichtig die Antworten auf den Klimawandel und den Strukturwandel sind. Der steigende Meeresspiegel ist dabei nur ein Thema. Der Green Deal wirft die Frage auf, wie wir aus Kohle, aus Gas – also aus den fossilen Energien – heraus kommen und zu alternativen Energieformen kommen – auch das Thema Atomausstieg, bei dem wir uns gemeinsam auf den Weg gemacht haben, ist hier angesprochen –, und gibt nun Antworten darauf.
Bis 2021 sollen konkrete Maßnahmen vorliegen. Ein Klima schutzgesetz auf europäischer Ebene soll schon jetzt disku tiert und sehr zeitnah verabschiedet werden.
Eines ist sicher: Dieser Grüne Deal hat Auswirkungen. Er hat Auswirkungen auf die Automobilindustrie, auf den Verkehrs sektor, auf regenerative Energien, auf den Landwirtschafts sektor, auf den Bereich Ernährung und auf den Bausektor.
Ich möchte nur ein paar Punkte davon ansprechen, weil ich denke, man muss diesen Green Deal auch als eine Diskussi onsgrundlage für die Politik in unserem Land nehmen. Er wird vieles forcieren, er wird vieles anstoßen, aber er wird auch nicht 1 : 1 übernommen werden können. Er wird jedoch un ser politisches Handeln und auch das Leben in unserem Land stark beeinflussen.
Es heißt z. B. in dem Grünen Deal, dass auch der Sektor Emis sionen/Luftschadstoffe davon beeinflusst sein wird. Das heißt, Europa möchte sich dem Thema Grenzwerte/Luftschadstoffe mehr von der Seite der gesundheitlichen Betrachtung nähern. WHO-Grenzwerte sollen angesetzt werden. Wir haben heute die großen Probleme mit den 40 Mikrogramm Stickstoffdi oxid pro Kubikmeter Luft. Wir werden es in Zukunft als He rausforderung ansehen, wie wir mit einem Wert von 30 Mik rogramm umgehen.
Die Themen Mobilität, Fahrverbote werden deutlich mehr zum Tragen kommen. Nachhaltige Kraftstoffe, Ladestationen, Tankstellen sind Themen, die uns angehen.