Diese verständliche Verunsicherung sollte uns aber nicht da zu verleiten, Menschen unter Generalverdacht zu stellen und diese aus unserer Gesellschaft auszugrenzen. Ich habe in den letzten Tagen immer wieder gehört, dass Menschen aus Asi en Anfeindungen ausgesetzt waren. Dies ist für mich absolut inakzeptabel.
(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD – Vereinzelt Beifall bei der FDP/ DVP – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das ist jetzt albern! Das ist albern, so etwas!)
Die Zahl der Menschen in Deutschland, die nachgewiesen in fiziert sind, beträgt derzeit zwölf. Bisher wurde aber noch kein Fall in Baden-Württemberg bestätigt. Das heißt, wir sollten wachsam sein und sollten insbesondere die internationale La ge beobachten und immer wieder neu bewerten. Insbesonde re der Vergleich mit der Influenza, die sich aktuell ebenfalls ausbreitet, gibt keinen Anlass, die Gefahr für die Gesundheit durch dieses neue Virus völlig überzubewerten.
Die Gesundheitsämter in Baden-Württemberg sind vorberei tet. Das internationale Geschehen wird genau beobachtet und aktuell bewertet. Sobald ein Fall in Baden-Württemberg be stätigt werden sollte, unterstützt das Kompetenzzentrum Ge sundheitsschutz am Landesgesundheitsamt die Gesundheits ämter vor Ort und koordiniert diese im ganzen Land. Die Krankenhäuser haben ihre Notfallpläne und können innerhalb kurzer Zeit Schutzmaßnahmen ergreifen. Wir alle hoffen je doch, dass es nicht so weit kommt. Ich bin aber davon über zeugt: Sollte der Fall eintreten, werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern und den Gesundheits ämtern für diese Menschen alles in ihrer Macht Stehende tun.
Bei der Bewältigung dieser Krise, aber vor allem auch im Nachgang wird es unsere Aufgabe seitens der Politik sein, ge nau hinzuschauen, wo wir die Rahmenbedingungen in diesem für uns alle so wichtigen Sektor verbessern müssen,
wo wir die Krankenhäuser und die Gesundheitsämter mehr unterstützen müssen, damit sie ihre Aufgabe für die Bürgerin nen und Bürger in Baden-Württemberg optimal erfüllen kön nen. Dies ist wichtig, damit wir auch zukünftig für medizini sche Krisensituationen gut gewappnet sind.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Um den Titel der Aktuellen Debatte gleich aufzugreifen: Ja, auch wir denken: Baden-Württemberg ist für mögliche Coronavirus-Infektionen gut gewappnet.
Aber wir denken auch: Das hat relativ wenig mit der Landes regierung und auch relativ wenig mit der Regierungskoaliti on zu tun.
Die Institutionen, Behörden und das Gesundheitssystem in Baden-Württemberg sind gut aufgestellt, und ich räume ein, Frau Kollegin Krebs, Frau Kollegin Neumann-Martin: Es ist ein aktuelles Thema, aber ob es für eine Aktuelle Debatte taugt, sei dahingestellt.
Vielleicht ist die Erklärung dafür: Es ist einmal eine Debatte, in der sich die Regierungsfraktionen relativ einig zu sein
(Beifall bei der SPD und der Abg. Dr. Christina Baum AfD – Abg. Andreas Stoch SPD: Das macht es wert voll!)
Es wurde schon gesagt: Die WHO hat Ende Januar festge stellt, dass durch das Coronavirus in China eine gesundheit liche Notlage mit internationaler Tragweite entstanden ist. Die Tragweite insbesondere mit Blick auf China und auf Fernost ist in der Tat enorm. Das wirtschaftliche und öffentliche Le ben ist dort weitgehend heruntergefahren. Viele internationa le Verkehrsverbindungen sind gekappt. Stellen wir uns das einmal vor: In der Region Hubei, in der Metropole Wuhan, sind elf Millionen Menschen isoliert. Das ist die Bevölke rungszahl von Baden-Württemberg. Ich glaube, wir können uns gar nicht so richtig vorstellen, was das für die dortige Re gion bedeutet.
Insofern gibt es für uns alle keinen Grund, diese Pandemie zu verharmlosen. Es gibt aber mit Blick auf Baden-Württemberg auch keinen Grund, in Panik zu verfallen. Es gibt in ganz Deutschland zwölf Infizierte, noch keinen in Baden-Württem berg. Wenn man das – Frau Kollegin Neumann-Martin hat es gerade schon angesprochen – ins Verhältnis zur ganz norma len Grippe mit in dieser Saison mittlerweile 14 000 Infizier ten und 42 Toten in Deutschland setzt, kann man, glaube ich, das eine oder andere schon zurechtrücken.
Aber ich sage auch: Die Institute und Behörden in BadenWürttemberg sind gut aufgestellt, angefangen beim Robert Koch-Institut in Berlin, wo es immer wieder Hinweise zur Di agnostik und zur Prävention sowie zur Information der Be völkerung gibt, über die Gesundheitsämter in unserem Land, wobei hier auch das Kompetenzzentrum Gesundheitsschutz in Stuttgart zu nennen ist. Regierungspräsidium, örtliche Ge sundheitsämter, die Krankenhäuser und die niedergelassenen Ärzte sind gewappnet. Also: Das System funktioniert; das Land ist gewappnet.
Jetzt haben Sie, Frau Kollegin Krebs, gesagt: „Der Minister hat viele Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.“ Er ist durch das La bor beim Landesgesundheitsamt gegangen und hat eine Pres sekonferenz gemacht.
Das haben wir zur Kenntnis genommen, aber ansonsten, glau be ich, ist alles, was zu tun ist, auch schon in der Vergangen heit getan worden.
Herr Kollege Teufel, Sie haben im Oktober 2014 eine Kleine Anfrage gestellt. Damals war das Thema Ebola brisant. Ich glaube, die Antwort, die Sie damals aus dem Gesundheitsmi nisterium bekommen haben, würde heute noch ähnlich aus sehen. Also, dieses Haus war schon damals gut aufgestellt.
Drei Punkte möchte ich noch ansprechen, bei denen wir viel leicht nicht ganz so gut gewappnet sind, Herr Minister. Wir haben einmal geschaut, wo der aktuelle Seuchenalarmplan zu finden ist, und haben auch beim Gesundheitsamt nachgefragt. Es gibt einen. Da steht drauf: „Zur Überarbeitung“. In ande ren Bundesländern gibt es entsprechende Pläne, die aktuell
sind. Wir haben hier keinen gefunden. Vielleicht können Sie uns nachher auf die Sprünge helfen, ob dieser Seuchenalarm plan – er hat durchaus Relevanz, denn er sagt, wie die Alarm ketten zu funktionieren haben – mittlerweile überarbeitet und aktuell ist. Darauf sind wir gespannt.
Ein weiteres Thema haben Sie, Kollegin Krebs, angesprochen. Sie haben das Hohelied auf unseren öffentlichen Gesundheits dienst gesungen. Da sind wir mit Ihnen einig. Er hat eine wichtige Funktion und muss ausgebaut werden. In einer ak tuellen Stellungnahme der Landesregierung zu einem SPDAntrag vom September letzten Jahres schreiben Sie selbst, Herr Minister:
Die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) werden durch das Auftreten neuer Infektionserkrankungen,
In der gleichen Stellungnahme berichten Sie aber auch, dass im ÖGD insgesamt 61 Stellen derzeit unbesetzt sind. Jetzt zie hen wir einmal 20 davon ab, die für Untersuchungen nach dem Asylgesetz mit einem k.w.-Vermerk versehen sind. Dann blei ben noch immer 41 unbesetzte Stellen. Aktuell haben Sie 20 Stellen ausgeschrieben. Vielleicht können Sie uns sagen, wie es derzeit um die Personalsituation im öffentlichen Gesund heitsdienst bestellt ist.
Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen. Das sind – ich habe es eingangs schon gesagt – die enormen Auswirkun gen in China und Fernost. Sie wissen, China exportiert sehr viele Güter – Maschinen, Elektrotechnik, Autoteile, Textilien und vieles andere mehr –, aber China ist auch einer der größ ten Exporteure – und Baden-Württemberg einer der größten Importeure – von Medikamenten. Viele Wirkstoffe werden mittlerweile nur noch in Fernost produziert. Wir wissen auch: Wir haben an verschiedenen Stellen Lieferengpässe in der me dizinischen Versorgung bei den Medikamenten. Vielleicht können Sie, Herr Minister, noch einen Satz dazu sagen, ob hier größere Lieferengpässe zu erwarten sind und wie groß unsere Abhängigkeit hierbei von der Wirtschaft in China ist.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Nichts anderes hatte ich erwartet als eine Selbstbeweihräucherung der grün-schwarzen Regierung, als ich den Titel der Debatte las.
Wie besonnen und entschlossen die Landesregierung tatsäch lich auf eine solche Pandemie vorbereitet sein wird, wird sich erst im Ernstfall herausstellen. Bisher können wir, die Bevöl kerung, nur darauf vertrauen. Ich hoffe für uns alle, dass wir nicht die Probe aufs Exempel machen müssen.
Dass wir in Deutschland nicht in der Lage wären, innerhalb von zwei Wochen zwei bis vier neue Krankenhäuser zu er richten, darauf würde ich allerdings eine Wette eingehen.
Das schafft wahrscheinlich nur ein Land wie China, an das wir übrigens noch immer große Summen an Entwicklungshil fe zahlen.
Was mich jedoch sehr verärgert, ist die Tatsache, dass selbst wir Abgeordneten keine detaillierten und substanziellen Aus künfte von der Landesregierung erhalten. Auch wir sind – wie alle anderen Bürger – leider ausschließlich auf Informationen aus der Presse angewiesen. An uns gerichtete Anfragen aus der besorgten Bevölkerung können wir deshalb nur sehr un befriedigend beantworten. Das ist für mich als Abgeordnete ein untragbarer Zustand.
Persönlich war ich in meiner Praxis betroffen, da wir auch Kontakt zu einem chinesischen Zahnlabor unterhalten. Mei ne Helferinnen hatten Angst, die Post zu öffnen. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich leider auch nur auf einen Artikel einer Zeitung verweisen. Ich richtete deshalb eine Anfrage an das Ministerium. Speziell zu dieser Frage konnte ich dann in der Antwort lesen – Zitat –:
Nach der derzeitigen Bewertung des RKI ist eine Infekti on über importierte Waren sehr unwahrscheinlich.
Mit anderen Worten: unwahrscheinlich, aber auch nicht aus zuschließen. Ansonsten konnten wir im Antwortschreiben des Ministeriums auch nur die üblichen Plattitüden lesen.