Wenn man sich die Liste mit den Namen der Kollegen an schaut, wird einem ganz anders. Allein Ministerin Dr. Hoff meister-Kraut bringt es auf stattliche sechs Posten. Dabei ist
sie nicht immer einfach nur Mitglied des Aufsichtsrats, son dern teilweise sogar dessen Vorsitzende.
Der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Manuel Theisen hat einmal durchgerechnet, dass ein einfaches Aufsichtsrats mandat mindestens 20 Arbeitstage im Jahr erfordert, die Po sition eines Aufsichtsratsvorsitzenden das Doppelte bis Drei fache. Im Fall von Frau Dr. Hoffmeister-Kraut – exemplarisch – wären das folglich, wenn man es zu ihren Gunsten rechnet, 200 Arbeitstage. Da stellt sich die Frage, ob sie die Verant wortung als Aufsichtsrat wirklich ernst nimmt bzw. überhaupt ernst nehmen kann.
Es ist auch bei den Ministern Untersteller, Frau Bauer, Frau Sitzmann und den meisten anderen kaum anders. Allein schon aufgrund der Anzahl der Posten und der Verantwortung ihrem Amt als Minister gegenüber ist eine ernsthafte Wahrnehmung einer solch verantwortungsvollen Aufgabe gar nicht möglich.
Sie müssen sich schon entscheiden: Wollen Sie in die Wirt schaft, oder wollen Sie ein Land regieren? Beides parallel geht, zumindest als Aufsichtsrat, für meine Begriffe nicht.
Wie fraglich Politiker in Aufsichtsräten sind, haben übrigens nicht zuletzt Aussagen Ihres Parteifreunds Peer Steinbrück ge zeigt, als er mit den Mitgliedern des Aufsichtsrats von thys senkrupp zusammensaß und gesagt hat: „Ich bin gern zur po litischen Unterstützung bereit.“ Das war ein wörtliches Zitat. Das ist nicht seine Aufgabe.
Natürlich erscheint es erst einmal lobenswert, wenn sich die öffentliche Hand für die Verwendung von Steuergeldern inte ressiert; das ist ja richtig. Aber wie schnell handelt man ei gentlich nicht mehr im allgemeinen Interesse, sondern be ginnt, Sonderinteressen durchzusetzen, ob nun aus Kalkül oder aus Naivität? Wir dürfen die Macht, die wir als Politiker haben, nicht unterschätzen. Deshalb ist es immer zweifel haft – –
(Abg. Winfried Mack CDU: Landesstiftung Baden- Württemberg! Das haben wir als Landtag von Baden- Württemberg uns erkämpft, dass da jemand von uns drinsitzt!)
Ich habe mit Politikern in Aufsichtsräten vielleicht gerade, weil ich Ökonom bin, so meine Nöte, und es gibt genügend Beispiele, wo das tüchtig schiefgeht.
Für uns, die Alternative für Baden-Württemberg, ist die Tä tigkeit von Politikern im Aufsichtsrat eine Einladung zum Machtmissbrauch.
(Abg. Winfried Mack CDU: Was? – Zuruf von der SPD: Was für ein dummes Geschwätz! – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)
Denn wenn Sie Ihr politisches Mandat wirklich ernst nehmen, dann würden Sie eine solche Tätigkeit schon aus zeitlichen Gründen ablehnen.
Doch, gerade weil ich die habe, habe ich auch keine Neben tätigkeit. Die habe ich nämlich alle gecancelt.
Wir fordern darum, wenn nicht einen vollständigen Verzicht auf solche Zugehörigkeiten zu Aufsichtsräten – dieser wird nicht immer gehen –, so doch zumindest – das ist eine ver gleichsweise moderate Forderung – eine äußerst restriktive Handhabung und eine sehr strikte quantitative Begrenzung.
Eine wirklich verantwortungsbewusste Aufgabenwahrneh mung gebietet das zwingend. Ein Ministerposten in einer Lan desregierung ist kein Nebenjob, der zahlreiche weitere Ne bentätigkeiten als Aufsichtsrat zulässt.
Die einschlägigen Resultate – ich habe ja Beispiele genannt; denken Sie einmal an den BER-Skandal – haben sehr viel mit völlig fehlerhafter Aufsichtsratstätigkeit von Politikern zu tun.
Das sind Beispiele, die eine deutliche Sprache sprechen. Wir fordern Sie deshalb auf, sich schnellstmöglich von dieser un guten und schädlichen Praxis zu verabschieden.
(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten und Abge ordneten der AfD – Abg. Sandra Boser GRÜNE: Sol len wir die Landesunternehmen verkaufen?)
Bitte? Ich sage es noch einmal: Sie müssen nicht zwingend Abgeordnete dort hineinsetzen. Das ist der Punkt.
Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich darf unmittelbar an das gerade Gesagte anknüpfen. Die Landesre gierung oder das Land Baden-Württemberg hat überhaupt nicht die Wahl, Herr Abg. Dr. Meuthen, die Sie unterstellen, da die landesbeteiligten Unternehmen zu den Pflichtaufgaben der Landesregierung gehören –
wegen des beachtlichen Teils des Landesvermögens, den sie darstellen, wegen der unmittelbaren Auswirkungen auf den Staatshaushalt, sei es durch Dividendenzahlungen, Ausschüt tungen oder andere Zahlungen.
Bei der Beteiligung an Unternehmen in einer privaten Rechts form schreibt § 65 Absatz 1 Nummer 3 der Landeshaushalts ordnung daher ausdrücklich vor, dass das Land einen ange messenen Einfluss insbesondere im entsprechenden Überwa chungsorgan erhalten muss. Das heißt, wenn wir so handeln würden, wie Sie es uns empfehlen, würden wir gegen die Lan deshaushaltsordnung verstoßen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Martin Rivoir SPD: Schöne Vorlesung, Herr Professor!)
Ich meine, man darf doch mal auf Fakten hinweisen, wenn diese in der Argumentation offensichtlich nicht bekannt sind. Das ist doch auch einmal ganz nett.
Die Regierungsmitglieder müssen daher wissen, was in den Unternehmen operativ vor sich geht. Sie müssen auf die Kon troll- und Aufsichtsaufgaben für das Land als Miteigentümer achten. Sie haben die strategischen Entscheidungen der Un ternehmen zu überwachen und haben damit sehr komplexe und vielfältige Aufgaben.