Protocol of the Session on January 29, 2020

(Abg. Stefan Räpple AfD: Finanziell!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD)

Frau Abg. Wölfle, bitte. Sie sprechen für die SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! In der Begründung des vorliegenden An trags aus der Mitte des Jahres 2017 schwingt sich die AfD als Hüter von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie auf.

Ja, vielleicht erinnern Sie sich einmal selbst daran, wenn Staa ten wie Ungarn, Polen oder andere gegen Pressefreiheit agie

ren, Flüchtlinge dort per Gesetz zu Straftätern gemacht wer den

(Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

oder unliebsame Richter aus dem Amt entfernt werden. Dazu hört man von Ihnen kein Wort.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Hinzu kommt – leider keine Seltenheit bei Ihnen –, dass Sie wieder einmal keine Ahnung vom föderalen Aufbau unseres Staatswesens haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Sie wissen nicht, wer zuständig ist in der EU, im Bund und in den Ländern. Sie haben keine Ahnung davon.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Wir wissen, dass die EU für alles zuständig ist!)

Unter Umständen haben Sie auch wieder einmal nur schlecht abgeschrieben. Das ist bei Ihnen ja auch Programm, weil Frak tionen Ihrer Partei in anderen Parlamenten ganz ähnliche An träge geschrieben haben.

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Aber solche Feinheiten sind Ihnen ja in der Regel egal. Es geht Ihnen in diesem Antrag um etwas ganz anderes.

(Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Sie wollen sich, um Ihre Fanbases da draußen zu befriedigen, als Retter deutschen Steuergelds darstellen und so ganz ne benbei vor allem die finanzielle Unterstützung der Türkei durch die EU in der Flüchtlingsfrage skandalisieren. Erst jüngst hat Ihr Bundestagsabgeordneter Petr Bystron noch ge tönt: „Europa endet am Bosporus.“ Nein, das tut es nicht.

(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Haben Sie mal den At las angeschaut?)

Um das zu verstehen, ist weniger der Blick auf eine einfache – –

Frau Abg. Wölfle, einen kleinen Moment, bitte.

Wissen Sie, dass Sie von der AfD als antragstellende Frakti on doppelt so viel Redezeit haben wie die anderen?

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Vielleicht würden Sie sich einmal darauf einigen, wer von Ih nen spricht. Ich habe den Eindruck, Herr Abg. Dr. Merz möch te dringend an das Mikrofon.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das nennt man Zwischenruf, Frau Prä sident!)

Ich bitte jetzt, die Gepflogenheiten zu beachten.

(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Wir sind ein Parlament!)

Sie sind lange genug hier im Parlament. Es ist kein Dialog. Es ist auch nicht beabsichtigt, dass hier dauernd alle hereinrufen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Richtig! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Lesen Sie mal die Geschäftsordnung!)

Das Wort hat jetzt Frau Abg. Wölfle.

(Abg. Anton Baron AfD: Frau Präsidentin, Zurufe sind laut Geschäftsordnung gestattet, und darüber können Sie sich nicht hinwegsetzen! Das ist einfach Fakt!)

Das ist ja kein Zuruf mehr, was hier läuft, das ist ein perma nenter Beschallungsteppich.

(Abg. Reinhold Gall SPD: So ist es! – Abg. Bernd Gögel AfD: Subjektive Einschätzung! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das ist doch Ihre Interpretation! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Darf ich jetzt weiterreden?

Ich darf jetzt um Ruhe bit ten für Frau Abg. Wölfle, die das Wort hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Warum endet Europa nicht am Bos porus? Um das zu verstehen, ist weniger der Blick auf eine einfache Landkarte vonnöten, sondern schlichtweg die not wendige Betrachtung der Türkei aus globaler Verantwortung heraus vorzunehmen. Es geht nämlich auch darum, dass man einen NATO-Partner wie die Türkei nicht in die falsche Rich tung treibt – mit übrigens fatalen Folgen für unsere Sicher heit.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Für uns ist klar: Die Heranführungshilfen, welche Sie ja gern beenden wollen, sind eine gute und wichtige Investition. Wir fördern damit den wirtschaftlichen und politischen Austausch. So können wir vor allem bei demokratischen und proeuropä ischen Partnern in der Türkei mit dazu beitragen, dass die not wendigen Veränderungen ermöglicht werden können, auch wenn es aktuell schwierig ist und der EU-Beitritt erst einmal in sehr weite Ferne gerückt ist.

Auch ist uns klar, dass die Eintrittskarte nach Europa an Be dingungen geknüpft ist und unsere Grundwerte nicht zur Dis position stehen, gerade auch, weil die von Ihnen, der AfDFraktion, so sehr bewunderten Staaten wie Ungarn und Polen genau diese Werte permanent mit Füßen treten.

(Abg. Anton Baron AfD: Ach! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sie brechen dafür das Recht! Ständig!)

In der Stellungnahme zu Ihrem Antrag wird auf einen anste henden Prüfungsbericht des Europäischen Rechnungshofs hin gewiesen, welcher 2018 kommen sollte. Dieser liegt nun vor und ist im Internet einsehbar. Lesen Sie ihn einmal durch. Es ist ein sehr aufschlussreicher Bericht.

Aber besonders wichtig ist die Einleitung in den Empfehlun gen des Rechnungshofs. Hier heißt es nämlich:

Die an der Schnittstelle zwischen Europa und dem Nahen Osten gelegene Republik Türkei nimmt seit jeher eine füh rende Rolle in den internationalen Beziehungen ein. Das Land ist ein bedeutender Partner der EU in den Berei chen Verteidigung, Außenpolitik und Handel.

Die Heranführungshilfen sind also kein Blankoscheck, son dern sollen der Türkei helfen, sich in den Bereichen Rechts staatlichkeit, Regierungsführung, Landwirtschaft, Infrastruk tur und Verkehr weiterzuentwickeln,

(Abg. Anton Baron AfD: Krachend gescheitert!)

zudem noch in den Bereichen Humanressourcen durch Bil dung, Beschäftigung und Sozialpolitik.

Nichtsdestotrotz gab und gibt es in der EU unterschiedliche Stimmen, ob man der Türkei wegen der Einmischung in den Syrienkrieg nicht diese Mittel kürzen sollte. Auch die bereit gestellten Mittel für die Flüchtlingshilfen werden da genannt. Die Kommission hat dies aber aus sehr gutem Grund abge lehnt. Man setzt – das ist nach unserer Auffassung auch der richtige Weg – auf Kontinuität, auch bei der umstrittenen Flüchtlingshilfe.

Das mag Ihnen von der AfD nicht passen.

(Abg. Anton Baron AfD: Das ist lächerlich! Krachend gescheitert!)