Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Artensterben, Skandale in der Nutztierhaltung, Belastungen in Boden und Grundwasser und
die Klimakrise – diese Aufzählung lässt erahnen, mit welchen Nachrichten die Bäuerinnen und Bauern im Land jeden Tag zu kämpfen haben. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt und an den Pranger gestellt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Grünen und CDU, ich kann mir schon vorstellen, dass Sie das gern ein wenig verdrängen wollen; aber 2018 haben Biobau ern im Land gegen Sie protestiert, und 2019 – vor wenigen Wochen – haben wieder Bauern protestiert. Insofern ist die Welt nicht nur grün und schön, sondern es gibt massive Pro bleme.
Herr Pix, hören Sie doch erst einmal zu. – Dieser Druck dürfte noch weiter steigen, da die Europäische Union ihre Ag rarpolitik ab 2020 neu ausrichten wird. Sie wird Mittel kür zen und zugleich im Arten- und im Klimaschutz sowie bei der Tierhaltung allen Beteiligten mehr abverlangen.
Gab es 1970 im Land noch 190 000 landwirtschaftliche Be triebe, so sind es heute nur noch knapp 40 000. Die Mehrheit der Landwirte arbeiten im Nebenerwerb. In Zeiten eines gro ßen Wandels, der jetzt gerade stattfindet – wer wollte das be streiten? –, brauchen Landwirte Begleitung und Unterstüt zung. Wir wollen dabei Partner der Landwirtschaft sein. Der dramatische Rückgang der Artenvielfalt betrifft uns alle und verlangt von uns allen eine Kehrtwende. Aber dies bedeutet eben auch, dass wir der Landwirtschaft helfen müssen, Arten schutz zu verwirklichen.
Das bedeutet zunächst eine deutliche Reduzierung des Pesti zideinsatzes. Mit Blick auf die Verkaufszahlen stellen wir je doch fest, dass der Einsatz von Pestiziden in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Ja, wir müssen Schluss machen mit Gly phosat und anderen Stoffen, die unsere Umwelt nachhaltig vergiften.
Ein Forschungsprojekt an der Uni Tübingen hat neue Ideen erarbeitet. Mitten in Baden-Württemberg wird an der Zukunft gearbeitet. Und was macht der zuständige Minister? Sie ver lagern die Diskussion um Glyphosat in die Vorgärten, fordern von der ehemaligen Bundesumweltministerin wegen eines Plakats mit der Aufschrift – halten Sie sich fest – „Ohne Blu men auf der Wiese geht’s der Biene richtig miese“ den sofor tigen Rücktritt.
Doch damit nicht genug, Herr Hauk. Die Verbraucherinnen und Verbraucher ginge es Ihrer Ansicht nach nichts an, was auf die Felder aufgebracht wird. Statt an der Zukunft zu ar beiten, verharren Sie in der Vergangenheit. Mit Blick auf die Änderungen im Jahr 2020 auf europäischer Ebene ist keinem Landwirt geholfen, wenn in unserem Land nicht an Lösungen gearbeitet wird.
Selbstverständlich brauchen die Obst- und Weinbauern in un serem Land Pflanzenschutzmittel. Die Sicherung ihrer Exis tenz muss uns jede Anstrengung wert sein. Daher braucht es mutige Schritte in Richtung Innovation. Kluge Ideen, liebe Kolleginnen und Kollegen, finden wir mitten in Baden-Würt temberg; ich habe die Uni Tübingen bereits erwähnt. Im Kraich
gau beispielsweise erleben wir seit etlichen Jahren pestizid freien Getreideanbau. Knüpfen wir an diese Leuchttürme an, und folgen wir ihrem Vorbild!
Auf dem Weg in eine moderne und zukunftsfähige Landwirt schaft wird die SPD-Landtagsfraktion Partner sein. Wir woll ten daher mit großen Schritten von 20 Millionen € pro Jahr FAKT deutlich stärken und diesen Wandel unterstützen. Es ist sehr bedauerlich, dass Sie diesen Schritt abgelehnt haben.
Einen weiteren Skandal möchte ich Ihnen ebenfalls in Erin nerung rufen, der auch die Landwirtschaft betrifft. Nach Rastatt und Mannheim hat nun auch die Ortenau ein PFC-Problem. Die Umweltsauerei weitet sich aus. Wann fangen Sie endlich mit der Sanierung der wertvollen Böden in Mannheim, der Ortenau und Rastatt an?
Grundsätzliche Einigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht in diesem Haus mit Blick auf unseren Wald. Das ver änderte Klima wird diesem wichtigen Lebensraum dramatisch zusetzen.
Es wäre doch schön, wenn wir das einfach hier vorn disku tieren könnten, Herr Untersteller, und nicht von der Regie rungsbank aus, oder?
Die Waldbegehungen sind vielerorts keine romantischen Spa ziergänge mehr, sondern handfeste Krisentreffen. Einzigarti ge Naturlandschaften wie etwa der Rastatter Auenwald sollen auch in Zukunft Natur- und Lebensraum sein. Trockenheit und Schädlinge setzen landauf, landab unserem Wald immens zu. In dieser schwierigen Lage steckt die Forstverwaltung in der größten Strukturreform ihrer Geschichte. Wir begrüßen es, wenn das Land über Forstämter mehr kostenlose Beratung an bietet, die Forschung intensiviert oder ein Entwicklungskon zept erarbeitet. Auch sind Genehmigungen bei Trocken- und Nasslagerung und ein gutes Borkenkäfermanagement wichti ge Schritte.
Jedoch zeigt sich gerade jetzt, dass Einfalt statt Vielfalt unse rem Wald geschadet hat. Unsere Devise „Vielfalt im Baum bestand“ ist die Ansage der Stunde, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Eine wichtige Aufgabe des Ministeriums ist der Verbraucher schutz. Er hat einen besonders hohen Stellenwert, könnte man vermuten, da der Verbraucherschutz sogar im Namen des Mi nisteriums verankert ist. Aber bei näherem Hinsehen erweist sich der Name des Ministeriums als plumper Etikettenschwin del. Im achtseitigen Vorwort des Ministers mit politischen Schwerpunktsetzungen, liebe Kolleginnen und Kollegen – so der Titel –, sucht man das Thema Verbraucherschutz verge bens. Auf acht Seiten politischer Schwerpunktsetzungen fin det sich kein einziges Wort zum Verbraucherschutz.
Verbraucherinnen und Verbraucher können nur dann richtige Entscheidungen treffen, wenn sie informiert sind und alle Fak
ten auf dem Tisch haben. Es ist daher gut, dass wir mit der Verbraucherzentrale eine unabhängige Anlaufstelle haben. Die Verbraucherzentrale ist jedoch unterfinanziert, und für die Flä che unseres Landes ist das Netz von Beratungsstellen zu dünn. Telefon- und Onlineberatungen können diese Lücke zum Teil schließen, aber nichts ersetzt die Beratung vor Ort.
Im Ländervergleich – Kollege Hoher hat das auch abgefragt – liegt Baden-Württemberg auf einem hinteren Platz, was die Finanzierung betrifft. Verbraucherschutz, Herr Kollege Hauk, geht uns alle an, und wir erwarten hier ein größeres Engage ment.
Ich möchte den Fleischskandal bei der Firma Wilke in Hes sen in Erinnerung rufen. Sie kritisieren die hessischen Behör den wegen – ein wörtliches Zitat von Ihnen – „mangelnder Transparenz“. Sie sind in Baden-Württemberg statt Verbrau cherschutzminister eher ein Minister der Verschleierung. Ich will Ihnen dies an einem Beispiel vorführen.
Im Zuge dieses Skandals, Herr Kollege Hauk, haben Sie uns im November, nachdem der SPIEGEL darüber berichtet hat, mitgeteilt, dass bereits im Januar – also zehn Monate vorher – das gefährliche Bakterium des Typs Pi 4 festgestellt worden ist. Zehn Monate später informieren Sie uns und die Öffent lichkeit über diesen Lebensmittelskandal. Das, finde ich, lie be Kolleginnen und Kollegen, ist ein Skandal!
Denn wer Vertrauen schaffen will, muss die Lebensmittelüber wachung stärken. Statistisch gesehen, findet in manchen Be trieben in Baden-Württemberg gerade einmal alle 20 Jahre ei ne Kontrolle statt. Wir sind daher froh, dass Grün-Schwarz mit diesem Haushalt endlich die überfällige Kehrtwende ein leitet und sich für mehr Veterinäre einsetzt. Sie haben dafür reichlich Zeit gebraucht, aber vielen herzlichen Dank, dass Sie dieses wichtige Anliegen, zu dem bereits FDP/DVP und SPD in vorherigen Haushaltsberatungen Anträge gestellt hat ten, nun selbst aufgegriffen haben.
Auch auf dem Feld des Tierschutzes brauchen wir verstärkte Kontrollen. Denn nur dann, wenn alle sicher sein können, dass es ausreichend Kontrollen gibt, werden die Rechtschaffenen nicht in Mitleidenschaft für die schwarzen Schafe gezogen.
Ich habe es bereits eingangs angesprochen: Unser ländlicher Raum wird sich verändern – eine Veränderung, die wir gestal ten wollen, eine Veränderung, bei der wir den Landwirtinnen und Landwirten in unserem Land Mut machen wollen und müssen, ihnen helfen müssen, Artenschutz umzusetzen und dem Klimawandel zu trotzen.
Wir wollen die Landwirte in unserem Land stärken, damit durch sie auch zukünftig gute heimische Produkte auf unse ren Tellern zu finden sind. In Dorfläden werden heimische Produkte angeboten. Unsere schöne Landschaft lädt zum Er holen ein, und mittendrin wird an Innovationen von morgen gearbeitet. Aber unser ländlicher Raum ist eben mehr. Er ist für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Lebensmit telpunkt mit großer Zukunft.
Ja, ja. – Ob in Bad Ditzenbach oder Forbach, wir wollen den Menschen mehr geben, denn sie verdienen mehr, liebe Kolle ginnen und Kollegen: mehr Engagement für den ländlichen Raum, mehr Engagement für den Verbraucherschutz, mehr Engagement für den Tierschutz. Wenn Sie dies erfüllen, könn ten wir dem Einzelplan 08 zustimmen. Leider bleiben Sie da hinter zurück.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit nur zwei Unterbre chungen war das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers seit fast 40 Jahren fest in Händen der CDU und der CSU.
Ich komme noch darauf. – Hier im Land waren 66 Jahre mit CDU-Landwirtschaftsministern nur einmal von fünf Jahren mit einem grünen Landwirtschaftsminister – ich hoffe, das bleibt uns in Zukunft erspart – unterbrochen. Deshalb ist die Verantwortung für dieses Politikfeld ganz klar zuweisbar.
Heute beträgt die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe noch ein Fünftel der Zahl von vor 50 Jahren. Das möchte ich ein fach als Feststellung in den Raum stellen, wenn Sie sagen: „Alle unsere Betriebe profitieren davon.“ Die Vergangenheit spricht eine andere Sprache.
Sie sind im Bund genauso mit in der Verantwortung gewesen. Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.
Politisch stehen die Bauern seit 2014 durch die Russlandsank tionen und den unsicheren EU-Haushalt unter Druck. Die Ge sellschaft nimmt die Bauern in Verantwortung für das Insek tensterben, für weniger Hasen, für weniger Rebhühner, für Ni trat im Grundwasser, für ausgeräumte Landschaften, für Tier transporte, für quasi jede Sau, die aktuell durchs Dorf getrie ben wird. Das ist eine bodenlose Sauerei, denn den Landwir ten in unserem Land verdanken wir das Essen, das wir auf dem Tisch haben.
Herr Abg. Stein, ich habe heute schon ein paar Mal gebeten, auf die Ausdrucksweise zu achten. Für Sie gilt das auch.