Protocol of the Session on December 12, 2019

Das sehen Sie allein schon am Aufschlag zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Kollegin Wölfle, bei den Summen der 4 und 8 Millionen € sind unterschiedliche Titel gruppiert. Sie können sie aber finden. Das zeigen wir Ihnen noch vor nächs ter Woche. Das gibt alles Sinn.

(Beifall des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜ NE)

Manchmal ergibt sich das einfach haushalterisch so.

Am Ende geht es auch um die gestärkte und die starke Bür gergesellschaft. Eines möchte ich schon jetzt exemplarisch sa gen: Menschen mit Behinderungen, psychisch Kranke, Schwu le und Lesben wurden von den Nazis ermordet. Dass wir heu te, Kollegin Lösch – Sie waren hier eine der großen Aktiven in der letzten Periode –, die Arbeit von Menschen in ihrer un terschiedlichen sexuellen Identität so stärken und als Pflicht aufgabe dieses Landes sehen, wird unserer historischen Ver antwortung gerecht. Wir sind stolz, dass wir das so machen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Chris tina Baum AfD: Bravo! Bravo!)

Erlauben Sie mir, exemplarisch auf die Stärkung des Ombuds systems für Kinder und Jugendliche einzugehen. Wir haben die Heimgeschichte, bei der der Staat versagt hat, die Schwächs ten zu schützen, wirklich rigoros aufgearbeitet. Wir haben den Fonds gut umgesetzt. Wir werden jetzt in dieser Ombudsstel le vorangehen. Kollege Poreski, wir hatten den Fachtag. Es ist auch ihm persönlich zu verdanken, dass wir in der letzten Periode über die Baden-Württemberg Stiftung, bei der wir uns bedanken, so weit gekommen sind. Es war ein langer Weg, bis wir diese Ergebnisse erzielen konnten. Wir werden den ehemaligen Heimkindern in dieser Ombudsstelle weiterhin ei ne Anlaufstelle bieten, weil noch immer Menschen in die Be ratungsstellen kommen.

Dazu zählt auch, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Wir sind aktiv. Die Länder waren aktiv. Aber – mit Verlaub – das, was die Bundesjustizministerin jetzt vorgelegt hat, ist viel zu schwach.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Das liegt nicht an uns!)

Die Kollegin Giffey, die ich mittlerweile sehr schätze – im SGB-VIII-Prozess ziehen wir an einem Strang –, hat das auch gesagt. Das ist einfach nicht die Wirkung, die wir benötigen, meine Damen und Herren. Da müssen wir Gas geben.

Dass wir im nächsten Jahr die Landesstrategie „Starke Kin der – Chancenreich“ machen, steht uns, glaube ich, gut an. Herr Poreski hat die Referenzzahlen genannt, die im Übrigen auch mit unserem ESF-Programm, das wir noch für die För derperiode 2019 beschlossen hatten, korrespondieren. Das er gibt ein richtiges Bild.

Dazu passt auch unsere Neustrukturierung der Schulsozialar beit, die ins Gemeinwesen hineingeht und keine Ersatzleis tung für nicht mehr getätigten Unterricht ist. Vielmehr macht sie die Kinder und Jugendlichen in ihrer Lebenswelt stark. Ich glaube, auch da sind wir gut aufgestellt.

Zum „Masterplan Jugend“ hat Herr Poreski gesagt: Wir sind, lieber Herr Teufel, liebe Kolleginnen und Kollegen, unserem Versprechen aus den Zusatzverabredungen zum Koalitions vertrag gerecht geblieben. Wir haben gemeinsam die Jugend szene im positiven Sinn befriedigt. Starke, engagierte junge Menschen innerhalb und außerhalb der Verbände, die sich mit unserem demokratischen Gemeinwesen identifizieren, sind der Scheck auf unsere Zukunft. Das sind nämlich genau die jenigen, die dann, wenn wir einmal mit einem E-betriebenen Rollator draußen herumfahren, hier drinnen für uns Politik machen.

(Beifall bei den Grünen)

Darum stärken wir das Freiwillige Soziale Jahr. Das Gesell schaftsjahr – pro und kontra Pflicht –: Erlauben Sie mir, dass ich sage: Wir sind stolz, dass wir diese Summe haben. Wir ha ben zurzeit keine Not, engagierte junge Menschen zu finden. Es ist tatsächlich so, dass die Überzeugung, die es auch beim Bundesfreiwilligendienst gibt, sehr groß ist.

Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben jetzt insgesamt ein Plus von 2,5 Millionen €. Wir haben jetzt jährlich 6,5 Millio nen €, mit denen wir dieses tolle Projekt starten.

Im Übrigen wissen Sie vielleicht: Im Jahr 1964, also vor 55 Jahren, wurde es nach dem freiwilligen Diakonischen Jahr mit der Begründung des Pflegenotstands bundesgesetzlich einge führt – 1964!

Ich komme noch mal zur starken Pflege. Dazu ist jetzt schon sehr viel gesagt worden, was man so nicht stehen lassen kann. Meine Damen und Herren, in der Pflegeberufereform werden wir als Anteil des Landes 16,3 Millionen € im Jahr 2020 und 26,2 Millionen € im Jahr 2021 zum Ausbildungsfonds beitra gen. Wir haben trotz der ungünstigen Umsetzung, die uns schier das Kreuz gebrochen hat, weil der Bund die Curricula so spät und so schlecht geliefert hat – das letzte war im Juli –, heute schon mehr Ausbildungsplätze neu akquiriert als vor her. Das ist auch die Zukunft.

Natürlich, Kollege Haußmann, werden wir auch im Ausland erworbene Abschlüsse anerkennen, werden wir Partnerschaf ten eingehen. Wir haben Projekte mit den Philippinen. Wir wollen mit Tunesien und mit anderen stärker als bisher ko operieren. Bundesminister Spahn ist zu nennen. Wir tun alles. Auch zu den Geflüchteten haben wir gute Programme ge macht. Da sind wir wirklich erfolgreich. Aber der Pflegebe ruf braucht finanziell und gesellschaftlich eine Aufwertung.

Ich möchte noch einen Satz zu dem sagen, was in der heuti gen Debatte mit der Wissenschaftsministerin Thema war. Wir brauchen selbstverständlich auch die akademisierte Pflege. Wir brauchen die Karriere am Bett als akademisierte Pflege mit einer intelligenten Arbeitsteilung.

Professor Rothgang – der Kollege Poreski hat richtigerweise darauf hingewiesen – – Wenn wir den Sockel-Spitze-Tausch ernst nehmen, werden wir in Zukunft für die Umsetzung ei ner lebensweltorientierten Begleitung und Pflege im Alter un gefähr 100 000 Assistenzkräfte brauchen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Es ist echt ein bisschen laut.

Der Minister findet es auch ein bisschen laut.

Ihr habt eine große Freude, ich sehe es.

Für einen Redner ist es ein bisschen laut.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Das interessiert niemanden, das ist das Problem!)

Ich meine, es ist natürlich so: Wenn die Fraktionsspitzen in die Sozialpolitik kommen, muss man ein bisschen aufpassen, weil das eine sehr differenzierte Angelegenheit ist.

(Zurufe)

Jetzt haben wir ein Späßle gemacht. Machen wir weiter.

(Zurufe)

Der Sockel-Spitze-Tausch ist für uns entscheidend. Das ist an gesprochen worden.

Natürlich sind bei uns die Zuzahlungskosten am höchsten. Gott sei Dank! Wir haben Gott sei Dank auch das höchste Lohnniveau in der Pflege. Stellt euch mal vor: Dieser Pflege mindestlohn von Herrn Spahn liegt bei 11,05 €. Wir liegen vermutlich bei plus/minus 17 € in Baden-Württemberg. Der Pflegemindestlohn bringt uns also überhaupt nichts. Wir ha ben eigenständige Entwicklungen. Wir sind eigenständig in der Versorgungsplanung.

Ich möchte schon noch was dazu sagen: Wir geben insgesamt für die Pflegeberufereform zusammen mit den anderen Mit teln 67,8 Millionen € aus. Das ist gigantisch. Ich habe es ja schon mal gesagt: Ich war bei der ersten Pflegeberufereform Lehrling. Jetzt bin ich Minister bei der nächsten Reform. Ich war damals im ersten Lehrjahr.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was sind Sie bei der nächsten Reform?)

Bei der nächsten Reform fahre ich mit meinem E-betriebe nen Rollator mit einer Selbsthilfegruppe,

(Heiterkeit)

und der Karl ist in meiner Nähe.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gut!)

Wir haben in diesem Haushalt doch die Kurzzeitpflege noch mal mit 1 Million € gestärkt.

Wir haben im Innovationsprogramm insgesamt 2,5 Millio nen €. Wir schaffen solitäre Kurzzeitpflege. Wir haben jetzt im Entlassmanagement aus der Erkenntnis des Modellprojekts „Sektorenübergreifende Versorgung“ Projekte, die wir regel haft vom Krankenhaus in die Zwischenstation umsetzen.

Ich möchte schon noch eines sagen: Erinnern Sie sich an Frau Kricheldorff? Ich weiß es noch wie heute. Sie hat zu uns et was gesagt, was auch immer wieder lesenswert ist. Ich habe das echt immer auf meinem Schreibtisch liegen. Das ist so ei ne Schwarte.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Also die Unter lagen von ihr!)

Sie hat zu uns etwas gesagt, was ein bisschen die Antwort auf die Frage von Frau Wölfle ist: Sie müssen sich entscheiden, ob Sie das hospitale, schematische Modell

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Richtig!)

mit sehr vielen Zimmern oder ob Sie das lebensweltorientier te Modell machen.

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: So ist es!)

Wir haben uns für das lebensweltorientierte Modell entschie den. Wir wollen, dass der Pflegebedarf in den Wohnformen und auch die Kontinuität der Sorge mitwandern. Wenn Sie in unser Pflegestrukturgesetz schauen: Das ist natürlich ein Pa radigmenwechsel. Dann wandelt es sich mit, und dann sind wir doch wieder beim Quartier. Denn im Quartier mit unse

ren jetzt 400 Partnerinnen und Partnern machen wir bürger gesellschaftlich getragen genau die Formen: von der häusli chen ambulanten Pflege, wo auch von Frau Mielich ein toller runder Tisch gelenkt wird, bis hin zu kleinen Wohnformen.

Meine Damen und Herren, als wir 2011 hier angefangen ha ben, gab es im Landkreis Esslingen, am Kaiserstuhl und noch sonst wo drei bis fünf rechtlich im Graubereich befindliche sogenannte Pflege-WGs. Im nächsten Jahr werden wir min destens 500 haben. Zugegeben, die Hälfte davon sind Men schen mit Eingliederungshilfe, aber auch mit differenzierter Eingliederungshilfe und zukünftig auch mit binnendifferen zierter Unterstützung aus der Pflegeversicherung. Das ist üb rigens ein sehr großer Erfolg von uns allen, die hier mitgear beitet haben, auch in den Bund-Länder-Debatten. Wir kom men dort zu einem Durchbruch.

Klar, uns fehlen Pflegekräfte. Mich stimmt es bitter, dass wir genehmigte Plätze haben, die wegen Personalmangels nicht belegt werden können. Aber das können Sie auch mit einem 25-Millionen-€-Investitionsprogramm nicht erreichen. Denn auch diese Investitionsflächen werden am Ende, wenn wir sie nicht umbauen, wenn wir nicht ein anderes Verständnis von Sorge und Pflege gewinnen, nicht belegt sein.

Darum: Wir sind auf dem richtigen Weg. Nominal zählt noch immer, dass wir rein rechnerisch mehr stationäre Plätze als belegte Plätze haben. Aber ich gebe zu, dass es enger wird, aber nicht wegen der Landesheimbauverordnung.