Protocol of the Session on November 14, 2019

setzt werden müssen, indem z. B. eine Unternehmensteuerre form angepackt wird, indem z. B. der Soli vollständig abge schafft wird und nicht eine Reichensteuer durch die Hintertür eingeführt wird, liebe SPD.

(Abg. Daniel Born SPD: Das ist das größte Problem in Europa!)

Das wäre ganz dringend notwendig, um hier im europäischen Wettbewerb mitzuhalten und sich auch international behaup ten zu können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Auch im Bereich der Außen- und Handelspolitik – damit span ne ich den Bogen wieder zur europäischen Ebene – brauchen wir ein entschlossenes Handeln und ein entschlossenes Auf treten der Europäischen Union insgesamt, insbesondere dann, wenn sich Staatenlenker in den USA oder in China in Han delsdisputen verstricken, unter denen auch unsere Wirtschaft leidet. Da müssen wir uns klar behaupten und uns entspre chend einsetzen. Dazu brauchen wir ein geschlossenes Auf treten.

Darum ist nicht jeder Tag, an dem die Brexit-Frage ungelöst ist, gut für Europa. Vielmehr ist diese Hängepartie ein großes Problem für Europa. Denn wir haben sowohl, was die Eini gung betrifft, aber auch, was die Unternehmen, die auch mit Großbritannien unternehmerisch tätig sein wollen, betrifft, keine klare Sicherheit im Hinblick darauf, wie es vorangehen kann. Da brauchen wir klare Entscheidungen. Diese sind lei der lange, lange überfällig.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nebenbei wollte ich noch ansprechen – das mache ich nur in aller Kürze –: Es ist sehr bedauerlich, dass man es nicht ge schafft hat, mit Nordmazedonien und Albanien Beitrittsver handlungen aufzunehmen.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Das fehlt gerade noch!)

Leider hat man das gleich abgewiesen, weil man gesagt hat, die Europäische Union sei dazu nicht bereit. Das ist natürlich eine Sache, die äußerst negativ zu bewerten ist. Wir stecken gleich den Kopf in den Sand, anstatt wenigstens einmal zu sprechen; denn im Dialog können wir auch eine zukünftige Zusammenarbeit vorbereiten.

Ich komme damit zum Schluss. Wir müssen bei allem BrexitTumult zum Tagesgeschäft zurückkommen, zu den wirklichen Problemen, die neben dem Brexit auch noch tatsächlich vor handen sind, und beginnen, diese Probleme zu lösen. Mit die sem Appell beende ich meine Rede.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Nicolas Fink und Rainer Stickelberger SPD)

Ich will jetzt der Ordnung halber, Herr Abg. Gall, bekannt geben, dass der Landtag am 8. November informiert wurde, dass Herr Minister Wolf von Frau Staatsministerin Schopper vertreten wird. Ich glaube, das ist zu Beginn des heutigen Tages nicht gesagt worden, und ich

habe es zu Beginn dieses Tagesordnungspunkts auch nicht ge sagt. Das tut mir leid; das ist natürlich nicht erkennbar.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich habe es nur deswegen gesagt, weil er vorhin noch da war!)

Nun darf ich Frau Staatsministerin Schopper das Wort ertei len.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Kurz und knapp!)

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Murmeltiereffekt ist heute schon ein bisschen anders. Zumin dest in dem Film, in dem Bill Murray mitspielt, ist der Punkt, an dem es einmal anders wird, genau der Tag, an dem es ei nen Schritt weitergeht. Das Happy End ist nahe.

(Heiterkeit bei den Grünen und der SPD – Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Sind Sie das Hap py End?)

Daher wollen wir es doch in der Richtung – – Das Happy End haben Sie erreicht, wenn die Sitzung zu Ende ist. Das ist auch nach mir.

Aber jetzt zum Ernst der Dinge. Wie gesagt, ich vertrete Herrn Minister Wolf. Er ist heute in einer dringlichen Angelegenheit außer Haus und hat mich gebeten, ihn zu vertreten. Ich den ke, da kommen wir schon zu Schuss. Aber es ist klar, Sie mussten es wissen. Daher haben wir das jetzt auch aufgeklärt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Er hätte die Vertretung kaum besser wählen können! – Oh-Rufe)

Dann ist es doch wunderbar.

Ich will mit einem Satz der designierten Präsidentin der Eu ropäischen Kommission, Ursula von der Leyen, beginnen, die ihre politische Leitlinie so überschrieben hat: „Eine Union, die mehr erreichen will“.

Ihr erstes Ziel für diese Amtszeit als Kommissionspräsiden tin hat sie mit „A European Green Deal“ überschrieben. Sie hat damit den Klimaschutz in den Mittelpunkt ihrer künftigen EU-Kommissionspräsidentschaft gestellt. Konkret hat sie an gekündigt, die Klimaneutralität bis 2050 gesetzlich festzu schreiben,

(Abg. Udo Stein AfD: „Neutralität“!)

die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 50 % zu senken, wenn möglich sogar um 55 %, den Emissionshandel – ein wahrlich altes Thema, das endlich ins Laufen kommen muss – auszuweiten, die sektorenübergreifende Biodiversitätsstra tegie voranzutreiben und rund 1 Billion € in die grüne Trans formation der Wirtschaft zu investieren. Ich finde, das ist ein sehr ambitioniertes Programm und auch unbedingt notwen dig.

Ich glaube, es liegt auch in unserer Verantwortung – das sage ich insbesondere hier –, den Klimawandel zu bekämpfen – in der Europäischen Union, im Bund, im Land, in den Kommu nen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Ministerpräsident Kretschmann hat vor Kurzem den Antritts besuch bei Ursula von der Leyen gemacht und hat ihr zuge sagt, dass wir sie in diesen Belangen unterstützen

(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Geld, Geld, Geld, Geld!)

und sie in diesem Punkt wirklich deutlich flankieren.

Ein weiterer Schwerpunkt ihres Programms für die nächsten Jahre lautet: „Eine stärkere Rolle für die Bürgerinnen und Bür ger in der EU“. Ich glaube, auch bei diesem Thema kann man, wenn man sich Baden-Württemberg anschaut, durchaus sa gen: Dazu können wir auch etwas beitragen.

„Wir gehen schon mal vor“, so lautete das Motto des Europa dialogs in Baden-Württemberg, den Minister Wolf und unse re Staatsrätin Erler gemeinsam nach vorn gebracht haben. Da sind wir vorangegangen. Mit dem Europadialog und den grenzüberschreitenden Bürgerdialogen haben wir mit den Menschen im Land eine breite Debatte über das geführt, was die EU ausmacht, was kritisiert werden kann, was aber auch lobenswert ist.

Die Kommissionspräsidentin hat nun eine eigene zweijährli che Konferenz zur Zukunft der EU angekündigt, bei der die Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen sollen. Ich glaube, mit unseren Erfahrungen – auch da haben wir Unterstützung zugesagt – ist da durchaus vieles auf den Weg zu bringen, um dann tatsächlich diese viel beschworene Distanz, die ja im mer beklagt, bekräftigt wird, aber die es auch zu schließen gilt, ein Stück weit zu überwinden.

Die EU muss also ihre Handlungsfähigkeit stärken. Das ist et was, was wir hier auch immer wieder feststellen, ob beim Kli maschutz, bei der Gestaltung des digitalen Wandels, auch bei der Reform des Asylsystems und beim Erhalt der Wettbe werbsfähigkeit. Darum müssen wir die Weichen stellen, und deshalb muss auf der EU-Ebene die richtige Weichenstellung vorgenommen werden. Auch ich beklage, dass wir das erst zum 1. Dezember mit der neuen Kommission haben werden.

Aber nichtsdestotrotz, glaube ich, sind die Hausaufgaben groß, gerade auch noch einmal angesichts dessen, dass der EU-Haushalt für die kommenden sieben Jahre ansteht. Auch Günther Oettinger hätte das sehr gern vorher noch abgeschlos sen. Wir hätten es, glaube ich, auch alle gern gehabt, dass dies jetzt nicht in die neue Kommission, nicht in das neue Verfah ren mit hineingeht, weil wir glauben, dass das Ganze dadurch einfach noch einmal verlängert wird.

Die finnische Ratspräsidentschaft hat jetzt erst einmal einen Vorschlag vorgelegt. Die Mitgliedsstaaten liegen in ihren Po sitionen noch weidlich auseinander. Daher müssen wir auch von unserer Seite immer wieder bekräftigen, wo wir für die Zukunftsbereiche noch mal mehr oder genügend Mittel sehen wollen. Das treibt auch uns die Sorgenfalten auf die Stirn; das muss man einfach so sehen. Schon wegen der Kürzungen, die jetzt ins Haus stehen – Forschung, Innovation, Digitalisierung, Klimaschutz –, gibt es mit Blick auf den EU-Haushaltsent wurf der Kommission noch einige offene Punkte, welche wir durchaus kritisch begleiten müssen.

Sie und auch Herr Fink haben es gesagt: Der Brexit ist noch immer ein Thema. Da ist tatsächlich das Murmeltier der rich tige Vergleich. Aber ich glaube, die Frage, wie der Austritt nach der Verlängerung bis zum 31. Januar gestaltet wird, wer den wir erst nach den dortigen Wahlen wirklich beurteilen können. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber ich hoffe zumindest, dass wir einen geregelten Austritt bekommen und keinen NoDeal-Brexit. Die Beziehungen, die wir mit Großbritannien so wohl im universitären Bereich als auch im wirtschaftlichen Bereich haben, sind zu wichtig, um sie aufs Spiel zu setzen. Aber da liegt der Ball leider nicht in unserem Feld. Den Elf meterpunkt hätte ich gern, von dem aus man den Ball ins Tor schießt, um so den Brexit zu vermeiden.

Ich freue mich, hier zu sprechen – deswegen habe ich auch gern die Vertretung für Minister Wolf übernommen –, weil ich auch gern etwas zum Donauraum sagen will. Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie, Herr Becker, das Thema schon ange sprochen haben und dass auch aus den anderen Fraktionen da zu etwas kam.

Ich beklage ähnlich wie Herr Karrais, dass die Beitrittsver handlungen mit Albanien und Nordmazedonien beim letzten Treffen des Rates im Oktober gescheitert sind. Wir haben das wirklich mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen, auch aufgrund der Dringlichkeit und der Schwierigkeiten, die sich gerade im Westbalkan auftun. Der Weg in die Europäische Union ist lang, der europäische Weg ist noch steinig. Daher ist es umso wichtiger, dass man diesen Ländern eine Perspek tive gibt.

Herr Gall und Herr Rombach haben beide an der Reise, die wir nach Bosnien-Herzegowina gemacht haben, teilgenom men. Wenn wir sehen, was die Menschen dort mit der euro päischen Perspektive verbinden, welche Hoffnungen, aus ih ren verkrusteten Strukturen, die sie zum Teil dort haben, aus zubrechen, in Zukunft ein normales und gleichwertiges Le ben in Europa zu führen – schlicht die Hoffnung auf ein bes seres Leben –, dann müssen wir da die Tür nach Europa öff nen und die wirklich schwierigen Kapitel nach und nach be arbeiten, damit dort auch die Demokratie, die Rechtstaatlich keit einziehen können. Das wäre ein wichtiger Punkt. Ich glau be daher, es wäre wichtig – Kommissar Oettinger hat uns da auch immer unterstützt –, dass wir das hier im Haus mitneh men und dass wir da an einem Strang ziehen.

(Beifall des Abg. Dr. Alexander Becker CDU)

Ich möchte einfach noch die Befürchtung, die auf der Reise geäußert wurde, deutlich machen: Wenn sich Europa abwen det – die Enttäuschung wird dann enorm sein –, wenn andere Mächte und Ideologien das entstehende Vakuum dann für sich nutzen, dann haben wir unsere Verantwortung aufs Spiel ge setzt und sind mit unserer Verantwortung nicht richtig umge gangen. Daher der dringende Appell, da entsprechend tätig zu werden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)

Angesichts der späten Stunde nur noch eine kleine Anmer kung an Sie, Herr Fink. Sie hatten die Frankreich-Konzepti on angesprochen. Ich glaube, Sie müssen noch einmal danach suchen, in welchen Häusern schon etwas vorhanden ist. Wir haben schon Mittel im Verkehrsbereich, im Eucor-Bereich, im

Bereich des Umweltministeriums und des Innenministeriums. Im Bereich des Staatsministeriums sind wir noch in den Ver handlungen. Ich glaube, auch da kommen wir zu einem Er gebnis, über das Sie sich das nächste Mal freuen werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Abg. Daniel Born SPD: Wir suchen die Murmeltie re!)

Suchen Sie nach den Murmeltieren. Bis zum Februar ist noch eine Weile hin. Dann ist normalerweise der Murmeltier tag.