Nach dem Willen der AfD würde ab sofort im Gesetz stehen, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister keine Kreisräte sein dürfen – ein halbes Jahr nach der Wahl. Soll nun schon wieder gewählt werden,
oder sollen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister noch vier einhalb Jahre Kreisräte bleiben, obwohl im Gesetz steht, dass dies nicht möglich ist?
(Abg. Stefan Räpple AfD: Bei Ihnen gehen noch hun dert Jahre! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])
Ja. – Das Ganze wäre der Kreistage, wichtigen demokratischen Entscheidungsgremien, und der dort engagierten Mandatsträgerinnen und Mandats träger nicht würdig. Wir Grünen schätzen und anerkennen de ren Arbeit und möchten auch in Zukunft einen respektvollen Umgang miteinander pflegen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute zum ersten Mal den Gesetzentwurf der AfD zur Unvereinbarkeit von Bürger meister- und Beigeordnetenamt mit dem Kreistagsmandat.
§ 23 – Wählbarkeit –, § 24 – Hinderungsgrund –, alles durch einander, oder wird einfach nur das Ziel in den Vordergrund gestellt: „Bürgermeister und Beigeordnete raus aus den Kreis tagen“? Was ist die Botschaft?
Wenn wir nun über die semantische Unzulänglichkeit hinweg sehen und uns auch ein Stück weit über sie hinwegsetzen und im Gesetzentwurf weiterlesen, fragen wir uns: Wann kommt
es denn? Wann kommt irgendetwas Konkretes? Und dann – Sie erwarten es richtig – kommt nichts. Es folgen Allgemein plätze, aneinandergereihte Bedenken, Befürchtungen, Unter stellungen, wie wir sie eben gerade auch wieder vom Kolle gen Sänze vernommen haben – nichts Konkretes, nichts Ge naues.
Ich bin nicht der Verteidiger der Landräte. Deswegen sage ich zu dem Vorwurf gar nichts. Es ist im Übrigen ein Gesetzent wurf, der ein Thema aufwärmt, das schon wiederholt disku tiert worden ist. Frau Dr. Leidig hat durchaus Sympathie da für erkennen lassen, eine Sympathie für diesen Gesetzentwurf, die ich aufgrund meiner kommunalpolitischen Erfahrung nicht habe. Deswegen bin ich gespannt auf die Ausschussberatun gen.
Bisher hat man eine solche Regelung abgelehnt; denn – auch das ist betont worden – die Wählbarkeit und das Wahlrecht sind hohe Güter und sollten nicht von Inkompatibilitätsrege lungen überlagert werden.
Deswegen habe ich auch in der Geschichte des Landtags nach geschaut und eine richtige Entscheidung aus dem Jahr 2015 gefunden. Damals ging es ebenfalls um Hinderungsgründe, allerdings bezogen auf die verwandtschaftlichen Beziehun gen. Die Damen und Herren Kollegen, die schon damals hier waren, wissen das noch. Im Wesentlichen stand bei dieser ge setzlichen Überlegung im Vordergrund, den Zugang zu Wahl ämtern zu öffnen, zu verbreitern.
Es lohnt sich, ein Zitat aus der Begründung des damaligen Ge setzes anzuführen – Sie können es in der Landtagsdrucksache 15/7480 nachlesen –:
Um Interessenkollisionen bei Entscheidungen im Gemein derat zu begegnen, erscheinen die Befangenheitstatbe stände ausreichend.
Zu meinem persönlich großen Bedauern weiß ich aus eigener Erfahrung, dass bei der letzten Kreistagswahl im Landkreis Karlsruhe zwei Bürgermeisterkollegen, die ich sehr geschätzt habe, nicht mehr wiedergewählt wurden. Es passiert also tat sächlich. Der Wähler ist nämlich nach meiner Erfahrung cle ver.
Wer aus Furcht vor angeblichen und durch nichts belegten Ab hängigkeiten meint, Wahlberechtigten vorschreiben zu müs sen, wen sie nicht wählen dürfen, dem fehlt ein Grundvertrau en in die Demokratie. Das trifft für uns nicht zu. Wir haben Vertrauen in ein funktionierendes Gemeinwesen.
Zum Schluss fasse ich die bereits von Frau Kollegin Dr. Lei dig erwähnten Stellungnahmen der kommunalen Landesver bände zusammen und betone auch noch einmal die Gemein samkeit, dass sich die Mitgliedschaft von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und Beigeordneten in Kreistagen in der Vergangenheit außerordentlich bewährt hat. Ich weiß, wovon ich rede.
Die Diskussionen und nicht zuletzt auch die Entscheidungs findungen in den Gremien profitieren in hohem Maß vom Sach- und Fachverstand der Bürgermeister und Beigeordne ten.
Wir können daher nur mit allem Nachdruck dafür wer ben, an der bestehenden kommunalverfassungsrechtli chen Regelung festzuhalten.