Nein, meine Damen und Herren von der Koalition, es bleibt dabei: Sie haben ein unzureichendes Verständnis von Trans parenz und Öffentlichkeit des Haushaltsgeschehens, jeden falls in der Planung, und Sie scheinen sich dessen nicht wirk lich bewusst zu sein. Das ist empörend, und das gebe ich hier zur Kenntnis.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir ist es ein Anliegen, wirklich noch einmal klarzustellen: Koalitionsvereinbarungen und erst recht Nebenabreden dazu sind Vorentscheidungen, die von po litischen Parteien getroffen werden, bevor überhaupt eine Re gierung gebildet wird.
Dann entscheiden in der Regel die Parteitage, ob auf Grund lage eines Koalitionsvertrags eine Regierung gebildet wird. Erst dann beginnt das Regierungshandeln. Dass Vorentschei dungen getroffen werden, dass dazu Koalitionsverträge ge
macht werden, die Vereinbarungen zwischen den Koalitions partnern sind, damit sie die Gewähr bieten, dass sie auch über die Legislaturperiode hin stabil regieren können, ist seit Jahr zehnten in der Bundesrepublik Deutschland üblich. Das hat sich in Deutschland im Vergleich mit vielen Ländern bewährt. Wir sind dazu in der Lage. Wir waren auch in der Lage, trotz einer schwierigen Wahlentscheidung, die nicht die gewünsch te Koalition, die verschiedene Lager angestrebt haben, zustan de kommen ließ, eine Regierung auf die Beine zu stellen und vertraglich zu vereinbaren, was wir für das Land machen wol len. Das ist im Koalitionsvertrag festgelegt.
Ich kann nur noch einmal wiederholen: Die Nebenabsprachen dienen dazu, Dinge, die im Koalitionsvertrag aufgrund der Haushaltslage nicht quantifiziert sind,
zwischen den Koalitionspartnern dahin gehend abzustimmen, was die prioritären Vorhaben im Laufe der Legislaturperiode sind. Sie stellen Größenordnungen dafür dar, was zu den ein zelnen Punkten entschieden worden ist. Nur so können Sie vermeiden, dass Sie andauernd in grundlegende Konfliktsitu ationen kommen, und das wollen wir nicht.
Wir sehen es an der Großen Koalition in Berlin, dass es nicht gut ist, wenn sich eine Koalition unentwegt über wichtige Pro jekte nicht einigen kann. Dem haben wir hier entgegenge wirkt.
Das heißt natürlich nicht, Herr Kollege Rülke, dass es keine Konflikte mehr geben könnte, aber es ist eine Maßnahme, um sie zu begrenzen, und zwar in der Weise zu begrenzen, dass die Koalition nicht zu einer Streitkoalition wird oder gar aus einanderbricht.
Das haben wir verantwortlich so entschieden. Ich verantwor te deswegen, dass wir diese Nebenabsprachen getätigt haben. Diese Verantwortung nehme ich auf mich.
Deswegen will ich noch einmal sagen – ich habe es schon ein mal erläutert –: Die Alternative dazu ist, dass man erst dann entscheidet, wenn Haushaltsberatungen oder bestimmte An träge oder Gesetzesinitiativen anstehen, die haushaltswirksam sind. Auch das kann man machen. Wir aber haben uns anders entschieden, weil wir wussten, dass es sich um zwei fast gleich starke Partner handelt, die bisher im Gegensatz zueinander standen, dass es nicht einfach wird und dass es des Vertrau ens und aller Anstrengung bedarf, um dieses Land voranzu bringen, um nicht nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zu nehmen, sondern wirklich Projekte herauszuschälen, die für dieses Land evident wichtig sind. Ich habe von Ihnen, von der Opposition, noch keine Kritik an dieser Priorisierung gehört.
Die können Sie aber vorbringen. Wir warten geradezu darauf, dass Sie sagen: „Nein, dies sind nicht die richtigen Prioritä ten, wir setzen andere.“ Das erwarten wir sogar von Ihnen,
bei denen Sie die Schwerpunkte setzen, und sich hier nicht nur in Metadiskussionen ergehen. Das würde ich erwarten.
Deswegen hat es nichts damit zu tun, dass wir hier irgendwel che Rechte des Parlaments außer Kraft setzen oder beeinträch tigen würden oder sonst irgendetwas in dieser Art tun würden.
Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Die parlamentarischen Verfahren sind klar festgelegt, und an diese wird sich die Re gierung halten. Letztlich entscheiden die Regierungsfraktio nen – jedenfalls die Mehrheit im Parlament –, was hier ge macht wird und was nicht. Das ist auch ganz klar; darüber brauchen wir auch kein Wort zu verlieren.
Manchmal habe ich den Eindruck: So kann man wirklich nur reden, wenn man beabsichtigt, die nächsten zehn oder 20 Jah re nicht mehr zu regieren.
(Beifall bei den Grünen und der CDU! – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Davon gehen wir aus, Herr Ministerpräsident! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das klingt aber sehr hochnäsig! – Abg. Dr. Stefan Fulst- Blei SPD: Hochmut kommt vor dem Fall! Der Heili genschein hat jetzt schon einen Riss!)
Wer führt eigentlich Koalitionsverhandlungen? Koalitionsver handlungen werden von den Führungsleuten einer Partei ge führt; das waren jeweils vier Vertreter: vier Vertreter der CDU und vier Vertreter der Grünen. Dabei waren die Spitzenkan didaten, die Vorsitzenden der Parteien und die Fraktionsvor sitzenden ebenfalls anwesend. Die entscheiden das. Dann wird es entschieden und den Parteitagen vorgelegt.
Das, was Sie, Herr Kollege Stoch, jetzt kritisiert haben, ha ben wir in der KHV gemacht. In der KHV hat man schließ lich entschieden: Was sind die prioritären Projekte, was kann man machen und was nicht?
Das, was wir vorentschieden haben, kommt genau auf dem selben Weg in die Fraktionen. Der einzige Unterschied ist der: Wir haben dies in einer gewissen Vorausschau auf fünf Jahre gemacht – die Begründung dafür habe ich genannt –, damit wir nicht jedes Jahr in tiefe Konflikte geraten.
Das kann man so machen. Wir haben es jetzt so gemacht. Das muss man aber nicht so machen. Man kann es auch anders machen. Wir haben uns für diesen Weg entschieden, und an diesem Weg ist nichts, aber auch gar nichts skandalös.