Protocol of the Session on July 20, 2016

Ich muss das in Zukunft wirklich sorgfältiger machen; da ha ben Sie recht, Kollege Rülke.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Nebenabreden sind grundsätzlich nichts Verwerfliches. Wo es notwendig ist, konkretisieren sie das, was bereits im Koaliti onsvertrag vereinbart wurde. So soll gewährleistet werden, dass später keine Konflikte zwischen den Koalitionspartnern aufgrund unterschiedlicher Interpretationen entstehen.

Nebenabreden haben also einen Zweck: Sie dienen dem Zu sammenhalt einer Koalition. Das ist ihr Sinn. Darum macht man sie.

(Abg. Wolfgang Drexler und Abg. Martin Rivoir SPD: Koalitionsvertrag!)

Das gilt umso mehr, wenn wir uns die besondere Entstehungs geschichte dieser Koalition anschauen. CDU und Grüne ha ben jahrelang politisch hart gestritten. Wenn wir nun aus ge

meinsamer Verantwortung für das Land eine Koalition gebil det haben, die zuvor keiner der Partner angestrebt hat, sind klare und präzise Verabredungen unabdingbar. Sie dienen dem Aufbau des notwendigen Vertrauens und dem Zusammenhalt der Koalition. Beides ist wichtig; denn die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass wir dieses Land fünf Jahre lang ordentlich, gut und verlässlich regieren.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Abg. Dr. Schweickert?

Nein, jetzt füh re ich erst einmal etwas aus.

Deswegen haben wir in unserem Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir den Haushalt konsolidieren, den Sanierungsstau wei ter abbauen und in Zukunftsbereiche investieren wollen. Ich habe in meiner Regierungserklärung dargelegt, dass das ein überragendes Ziel ist. Deswegen haben wir bereits während der Koalitionsverhandlungen abgeschätzt, was uns in den kommenden fünf Jahren für einmalige und für strukturelle In vestitionen voraussichtlich zur Verfügung steht. Anschließend haben wir dann eine Priorisierung vorgenommen, weil wir uns darüber im Klaren waren, dass wir nach Maßgabe der Dinge bei der gegenwärtigen Haushaltslage nicht alle Projekte wer den umsetzen können. Also, wenn es schlechter läuft, muss sowieso noch einmal alles auf den Prüfstand, wenn es besser kommt, kann man mehr umsetzen, wie in diesen Priorisierun gen festgeschrieben.

Ich will noch einmal sagen: Das sind reine innerkoalitionäre Orientierungen, um die es da geht. Sonst hätte man sie ja in den Koalitionsvertrag geschrieben.

(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Eben!)

Es ist genau der Sinn dieser Abreden, dass die Koalitionäre abschätzen können – wir haben unterschiedliche Gewichtun gen in dem, was wir tun –: Was steht für die jeweiligen Pro jekte zur Verfügung? Das ist der ganze Sinn der Abreden. Das muss man natürlich, verehrte Sozialdemokraten, nicht ma chen.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Das haben wir nicht gemacht. Das Ergebnis ist: Wenn man diese Verabredung vorausschaubar auf die folgenden fünf Jah re nicht macht, dann hat man die Konflikte eben bei jeder Haushaltsberatung.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Schon jetzt!)

Jetzt muss man entscheiden – das kann jeder so machen, wie er es möchte –: Welchen Weg wählt man?

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ein Weltbild ist das!)

Wir haben den zweiten Weg gewählt, und zwar aus gutem Grund, den ich genannt habe. Hier haben sich zwei zusam mengefunden, die sich erst einmal nicht gesucht haben. Die müssen erst Vertrauen ausbilden. Es ist ganz wichtig, dass man das absehbar, soweit man das überhaupt abschätzen kann, ein

fach vereinbarend macht, damit man nicht dauernd in Kon flikte gerät. Denn wir waren uns einig: Wir wollen keine Kon fliktkoalition.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Nicht mehr und nicht weniger steht darin, und daran ist über haupt nichts skandalös.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD: Oh, doch!)

Es ist schon auffällig: Sie haben so gut wie keine einzige Maß nahme nennen können – Sie haben eine Maßnahme mit den Amtsgerichten und den Landgerichten genannt –, die Sie für falsch halten.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nicht falsch! Widersprüchlich! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Zum Beispiel! – Abg. Sascha Binder SPD: Der Zweck hei ligt die Mittel!)

Sie sagen, im Koalitionsvertrag stehe etwas ganz anderes. Das ist alles nicht der Fall.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Machen die Gerichte auch nicht!)

Wir haben diese Nebenabreden gar nicht bestritten.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Es ist vollkommen klar: Alles, was im Koalitionsvertrag steht, muss erst einmal umgesetzt werden,

(Zuruf: Haushaltsvorbehalt!)

etwa in einem Haushaltsgesetz, in Anträgen, und dann kom men diese ins Parlament.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Es ist also ein ganz normales Verfahren, das dadurch in kei ner Weise infrage gestellt wird. Insofern geht die Kritik, Herr Meuthen, die Sie gebracht haben, vollständig ins Leere.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Das sind alles Vorentscheidungen, die wir da fällen. Entschie den wird hier im Parlament und sonst nirgendwo.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Das bleibt auch so!)

Ich will Ihnen noch einmal sagen, Herr Stoch: Wenn wir es anders gemacht hätten, solche Vorfestlegungen gar nicht ge troffen hätten, dann wüssten Sie es schon gar nicht. Dann er führen Sie es genau dann, wenn die Haushaltsberatungen an stehen.

(Abg. Sascha Binder SPD: Das ist normal!)

Also, das bleibt so. Daran ändert sich überhaupt nichts. Das, was wir in einem Haushalt einbringen, gilt – und gar nichts anderes.

(Abg. Sascha Binder SPD: Das ist reine Show!)

Insofern haben die Koalitionsvereinbarungen nur eine provi sorische Verbindlichkeit.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Noch niemals ist alles, was im Koalitionsvertrag stand – schon gar nicht, was die Größenordnung der Ausgaben betrifft –, so umgesetzt worden, wie man es sich am Anfang vorgestellt hat. Das ist auch klar.

Wir heben also 43 Projekte hervor, die für unser Land beson ders wichtig sind und die wir deswegen von der Ausstattung mit Finanzmitteln her bevorzugt angehen wollen: von der Di gitalisierung über die Stärkung der Grundschulen, Realschu len und Gymnasien, über ein Klimaschutzprogramm bis hin zur Schaffung von 1 500 Polizeistellen.

Insgesamt habe ich zwei Drittel dieser 43 Projekte in meiner Regierungserklärung angesprochen und sie dadurch in ihrer Bedeutung für unsere Koalition schon hervorgehoben.

(Zuruf: Und der Rest?)

Die großen Blöcke habe ich darüber hinaus auch beziffert. Auch weitere Projekte haben wir in der Folgezeit beziffert: von der Verbesserung der technischen Ausstattung der Poli zei über den KinderBildungsPass bis hin zur Erhöhung der Naturschutzmittel. Das ist also alles überhaupt kein Geheim nis.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Zugleich habe ich in der Regierungserklärung angekündigt, dass wir einen ehrgeizigen Konsolidierungspfad einschlagen werden. Wir werden die Schuldenbremse einhalten, und wir werden die Deckungslücke in den kommenden Jahren Schritt für Schritt schließen. Alles ist dem klar untergeordnet. Für all das gilt selbstverständlich ein Haushaltsvorbehalt. All das, was die Einhaltung der Schuldenbremse gefährden könnte, wird diese Koalition nicht machen. Das ist ganz sonnenklar.