Es gibt auch keine erfolgreiche Demokratie ohne Führung. Auch das muss man klar sagen. Sonst würden Koalitionsver handlungen von ganzen Fraktionen oder Parteitagen geführt. Das machen sie aber nicht, sondern sie delegieren sie im Ver trauen an ihre Spitzenleute, die diese Verhandlungen führen. Das ist allgemein üblich. Weder die FDP noch die SPD macht das eine Bohne anders als wir.
Deswegen wäre ich einmal ein bisschen vorsichtig, jetzt so zu tun, als wäre es ausgeschlossen, dass in Fraktionen Fraktions vorsitzende – die waren nämlich dabei – Führungsaufgaben übernehmen.
Sie müssen nämlich über die Frage, was man vereinbart und was nicht, entscheiden. Sie müssen anhand der Erfahrung, die sie mit ihren Fraktionen haben, abschätzen können, ob ihre Fraktionen dies mittragen oder nicht. Anders kann man doch überhaupt nicht erfolgreich verhandeln.
Ich will noch einmal sagen: Es ist hier wirklich nichts skan dalös. Jetzt wissen Sie es übrigens ja ohnehin alle.
Das, was Sie über das Bildungszeitgesetz gesagt haben, ist völlig korrekt. Im Koalitionsvertrag selbst steht:
werden wir die Novellierung so ausgestalten, dass bei be triebsbezogenen Fortbildungen weiterhin der volle An spruch an Freistellungen besteht. Bei Fortbildungen oh ne betrieblichen Bezug werden bis zu zwei Urlaubstage mit den Freistellungen verrechnet.
Das ist sozusagen die Linie, mit der die Koalition dann in Ver handlungen eintritt, wenn dies ansteht – unter der Maßgabe: „wenn sich bei der Evaluierung keine gegenteiligen Anhalts punkte ergeben“. Sonst hätten wir in dieser Frage keinen Kon sens erzielt. So einfach ist das. Man muss bei einem solchen Vorgang Kompromisse erzielen. Das ist ganz normal festge legt, und daran ist überhaupt nichts skandalös.
Das ist Ihr gutes Recht; das ist auch Ihre Pflicht. Niemand wird einen Blumentopf gewinnen, wenn er so etwas vertei digt. Das ist mir schon klar.
Aber bestimmte Dinge muss man trotzdem machen, wenn man eine Regierung erfolgreich durch fünf schwierige Jahre führen wird. Das ist eben auch klar – für Sie nicht, aber für mich.
Sie, die Journalisten und die Öffentlichkeit können das ja al les kritisieren; das müssen Sie auch. Aber daraus entsteht für Sie keine Verpflichtung – für mich schon. Ich bin als Minis terpräsident mit dafür verantwortlich – neben meinem Stell vertreter –, dass diese Koalition gut arbeitet, dass die Bevöl kerung davon ausgehen kann, dass die Koalition über fünf Jahre stabil und zuverlässig arbeitet. Dafür bin ich verantwort lich, und deswegen muss ich manches machen, was Ihnen und anderen nicht passt. Das verstehe ich, aber ich mache es in vollem Bewusstsein der Verantwortung trotzdem und nehme die Kritik auf mich. Aber ich nehme die Kritik zum großen Teil gar nicht an, weil ich überzeugt bin, dass das, was wir machen, korrekt ist und die Rechte des Parlaments in keiner Weise beeinträchtigt. Ich bin sicher, dass es Grundlage dafür ist, die Koalition erfolgreich zu Ende zu bringen.
Mit Blick auf die Herren Fraktionsvorsitzenden haben Sie, Herr Kollege Stoch, nach § 82 Absatz 4 der Geschäftsordnung das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Erneut haben wir vom Ministerpräsidenten kein einziges Wort dazu gehört, warum es notwendig gewe sen sein soll, angeblich notwendige Festlegungen – Vorfest legungen, Leitplanken, wie auch immer Sie es nennen wollen –
Wenn wir heute über dieses Geheimpapier reden, werden wir nicht über 43 einzelne Sachbereiche sprechen. Denn viele der darin aufgeführten Punkte – da haben Sie vollkommen recht – sind für uns gute Punkte, weil sie teilweise eine Fortschrei bung unserer gemeinsamen Politik sind. Wir werden uns im Detail, wenn es um die konkrete Ausgestaltung geht, sehr wohl dazu äußern, ob wir dies für richtig halten oder nicht. Ich glaube, auch die Mitglieder Ihrer Regierungsfraktionen sollten sich dann gut anschauen, ob es wirklich so ist, dass diese Investitionen das Land voranbringen, oder ob es nur um das „Wünsch dir was“, um das Bedienen von Klientelpolitik geht, meine Damen und Herren.
Aber, Herr Ministerpräsident, auf den wesentlichen Punkt sind Sie nicht eingegangen – das ist für Parlamentarier frustrierend –, nämlich auf den Punkt, bei dem ein Widerspruch besteht zwischen dem, was im Koalitionsvertrag steht, und dem, was in diesen Geheimpapieren steht. Im Koalitionsvertrag steht nämlich ganz deutlich – ich habe es vorhin bereits gesagt; Sie sind wieder nicht darauf eingegangen –:
Wenn Sie diese Nebenabrede, dieses Geheimpapier, mit der Aussage beginnen, es handle sich um eine „Liste mit vom Haushaltsvorbehalt ausgenommenen“ Maßnahmen,
täuschen Sie die Öffentlichkeit. Denn das, was im Koalitions vertrag steht, ist eben nicht richtig und damit falsch.
Und, Herr Ministerpräsident, dann müssen Sie sich das hier im Parlament anhören, und das sind – mit Verlaub – auch kei ne Metadiskussionen.