Verehrte Kolleginnen und Kollegen, heute beraten wir in zweiter Lesung die Änderung des Nachbarrechtsgesetzes.
Wie Kollege Winkler bereits feststellte, sind die zeitlichen Ab stände zwischen den Änderungen des Nachbarrechtsgesetzes nach dessen Inkrafttreten stets kürzer geworden.
Wir, der Landtag von Baden-Württemberg, nutzen mit dieser Novellierung die uns gegebenen Möglichkeiten, um in zwei erlei Hinsicht präventiv zu handeln.
Lassen Sie mich aber eine Anmerkung machen: Gute Nach barschaft, Rücksichtnahme, gegenseitiges Verständnis und manchmal auch ein offenes Wort im richtigen Tonfall machen das Leben auf beiden Seiten des Gartenzauns leichter. Da es aber oft nicht so ist, bedarf es auch hier der Rechtssicherheit.
Wir nehmen erstens Luft aus immer wieder drohenden ge richtlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten heraus, indem wir die energetische Sanierung an den Grundstücksgrenzen erst ein mal klar begrüßen, rechtlich fördern und Rechtssicherheit ge währleisten.
Mit dieser Novellierung gehen wir auch weiter als das gelten de Bundesrecht. Wir haben unsere guten Gründe, nicht zu war ten. Denn zweitens will der vorliegende Gesetzentwurf die Hürden für die energetische Sanierung von Altbauten senken und den Einsatz regenerativer Energien fördern.
Gerade bei Altbauten besteht großes Energieeinsparpotenzial – etwa durch Wärmedämmung. Leider verhindert bzw. er schwert das jetzige Nachbarrecht hinsichtlich der Grenzab standsregelungen oft die nachträgliche äußere Wärmedäm mung. Eine Dämmung innerhalb der Zimmer ist vielfach teu rer und scheidet somit auch aus finanziellen Gründen oftmals aus.
In den letzten Tagen konnten wir in verschiedenen Medien le sen, dass die Energiekosten zwischen 2002 und 2012 um 43 % gestiegen sind. Im gleichen Zeitraum entwickelten sich die
Löhne jedoch nur um 17 % nach oben. Das hat spürbare Aus wirkungen für die Menschen in diesem Land. Ein Vierperso nenhaushalt muss heute, 2014, im Schnitt 4 % des verfügba ren Einkommens für Heizung und Warmwasser aufwenden, Tendenz steigend.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, damit wir hier die Kli maziele erreichen und unsere Altbauten langfristig nicht zu teuren, Energie fressenden Domizilen werden, bedarf es der vorgelegten Änderung. Dieser Intention folgen, wie ich fest stellte, auch die anderen Fraktionen. Ich möchte mich an die ser Stelle bei den Kolleginnen und Kollegen für die bislang noch kurze, doch sehr konstruktive Zusammenarbeit und Ih re Beiträge herzlich bedanken.
Unsere Beratungen finden auch positiven Anklang außerhalb des Parlaments. Der Städte- und der Gemeindetag in BadenWürttemberg sowie zahlreiche Gruppen und Verbände haben sich für diese Änderung ausgesprochen. Das zeigt, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Nach barrechtsgesetzes einen Schritt in die richtige Richtung dar stellt.
Lassen Sie mich deshalb noch einmal betonen, dass ich die Intention des Gesetzes begrüße und unterstützenswert finde. Es ist ein wichtiges Problem, das durch diese Novellierung angegangen wird.
Wir alle wissen, dass der richtige Umgang mit dem Klima wandel für uns alle eine, wenn nicht sogar d i e entschei dende Zukunftsaufgabe darstellt. Die Änderung des Nachbar rechtsgesetzes ist ein weiterer kleiner Baustein im Kampf ge gen den Klimawandel.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, im weite ren Verlauf der Beratungen dieser Gesetzesänderung zuzu stimmen.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir haben über diesen Gesetzentwurf in der ersten Lesung im Konsens diskutiert. Wir haben hierü ber dann auch im Ausschuss im Wesentlichen im Konsens ge sprochen. Die Vorredner haben in sehr anschaulicher und aus führlicher Weise beschrieben, worum es geht. Darunter war sogar eine kapitale Jungfernrede, was man bekanntlich auch selten erlebt.
Angesichts dessen möchte ich mich auf folgenden Hinweis beschränken: Das geplante Gesetz erscheint uns vernünftig, und wir werden es in der zweiten Lesung unterstützen.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir in der zweiten Lesung heute die Novellierung des Nach barrechtsgesetzes verabschieden können. Herr Kollege Gü rakar hat darauf hingewiesen: Die Praxis wartet auf dieses Ge setz. Der Städte- und der Gemeindetag, aber auch viele Pri vateigentümer haben sich geäußert. Mit diesem Gesetz wol len wir gerade den Privateigentümern die Möglichkeit geben, ihren Beitrag zum Klimaschutz in diesem Land zu leisten – gerade in einem Land wie Baden-Württemberg, in dem sehr viele private Eigentümer leben und wo es traditionell viele Häuslebauer gibt, ist dies wichtig.
Mit Klimaschutzzielen beschäftigen wir uns in diesem Ge setz, wenn wir die Möglichkeit zur Aufbringung von Wärme dämmungen erleichtern wollen und eine klare Regelung für Überbaumöglichkeiten schaffen. Das ist vor allem in unseren engen, verwinkelten Dorf- und Stadtgebieten mit historisch gewachsener Bausubstanz wichtig, wo wir diese Zwänge ha ben und Nachbarinteressen zwischen Grundstückseigentü mern zum Ausgleich bringen müssen.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Verschattung von Grundstü cken durch Bepflanzungen und durch Bäume. Auch das ist ein Problem, das wir gelöst haben im Hinblick auf die Nutzung von Solarenergie, von Fotovoltaikanlagen – ein dringendes Bedürfnis auch im Hinblick auf den Beitrag zur Energiewen de, der hierdurch auf privaten Grundstücken geleistet wird.
Ich glaube, wir haben einen guten Ausgleich gefunden zwi schen den Interessen des Grundstückseigentümers, der inves tieren will, und denen des Nachbarn, der von diesen Investi tionen betroffen ist.
Herr Dr. Scheffold, Sie haben angesprochen, dass die Rege lung sehr kompliziert sei. Dies hängt damit zusammen, dass wir es mit Pflanzen und Bäumen zu tun haben. Jede Pflanze, jeder Baum entwickelt sich anders, wächst anders. Deswegen haben wir eine entsprechende Regelung, die diesem Umstand folgt, schaffen müssen.
Ich glaube, wir haben eine gute Novellierung des Gesetzes hinbekommen. Ich gehe davon aus, dass sie auch im Publi kum auf breite Zustimmung treffen wird. Der Bestand ist ge schützt. Niemand muss die Gefahr gewärtigen, dass er seinen Baumbestand jetzt im Hinblick auf die Novellierung verän dern muss. Das Gesetz gilt für Neuanpflanzungen von Bäu men, und es belässt den Zustand, wie er bisher besteht. Das ist, glaube ich, ganz wichtig, um Befürchtungen auszuräumen.
Im Übrigen glaube ich, dass mit dem Gesetz auch Streit ver mieden wird, denn im Gegensatz zur bisherigen gesetzlichen Regelung schaffen wir eine konkrete Abstandsregelung, was den Überbau angeht. Dann gibt es nichts mehr zu streiten, denn er ist mit 25 cm definiert. Die Grenzabstände sind eben falls definiert, und die Verjährungsfrist ist klar geregelt.
Ich glaube, mit diesem Gesetz kann auch die Praxis in Nach barstreitigkeiten gut leben – wobei wir natürlich alle daran in teressiert sind, dass solche Streitigkeiten erst gar nicht entste hen. In diesem Sinn bedanke ich mich für die einvernehmli che Beratung in der ersten Lesung, in den Ausschussberatun gen und heute in der zweiten Lesung.
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/4384. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Stän digen Ausschusses, Drucksache 15/4632. Der Ausschuss emp fiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Einstimmig zugestimmt.
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Einstimmig zugestimmt.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist dem Gesetz einstimmig zugestimmt und Tagesordnungs punkt 3 erledigt.